599
und fortgenommen worden. Da stehen nun so viele Obdach- und Hilflose und der lange lange Winter ist vor der Thüre.
Ich wende mich, geehrter Herr, im Namen meiner armen Gemeinde an ihre christliche Theil- nahme, und durch ihre freundliche Vermittlung an die mildthätige Liebe unserer Glaudensbrüder in Deutschland. Kommen sie uns zu Hilfe in unserem Elend und helfen sie uns die schweren, tiefen Wunden heilen, die der große Sieg v. 6. August uns geschlagen hat. Vielleicht wäre es von gutem Erfolg, wenn sie einen Aufruf in deutschen Blättern in unserem Namen ergehen ließe». — Doch ich überlasse alles Ihrer Liebe. In aufrichtiger Hochachtung und herzlichem Danke C. Klein,
evang. Pfarrer in Fröschweiler b. Wörth, Unter-Elsaß.
Eingegangen sind: bei C. Seubert von Fr. Loos 2 fl., Fr. v. Lutz 5 fl., Heinr. Lerch 3 fl., Gebr. Lutz 10 fl., C. 10 fl., C. Klumpp 10 fl.; bei der Redaktion d. Enzth. aus der Sparbüchse eines kranken Töchterleins 1 fl. 45 kr., Fr. Kr. 30 kr., Stdtpfl. Blaich 2 fl.
Hiesür herzlich dankend, erklären wir uns zur Annahme weiterer Beiträge gerne bereit.
C. Seubert in Höfen.
Redaktion des Enzthälers.
Kronik.
Deutschland.
Versailles, 31. Okt. General Moltke ist in Folge der Strapatzen des Kriegs krank geworden. Bis jetzt hat sich ein hitziges Fieber bei ihm gezeigt, welches indessen den Aerzten keine ernstlichen Besorgnisse einflößt. (A. Z.)
Versailles, 3. Nov., Vormittags. In Folge der gestrigen Verhandlung hat Graf Bismarck dem Hrn. Thiers znm Behuf der Vornahme allgemeiner Wahlen in Frankreich einen fünfundzwanzigtägigen Waffenstillstand auf der Basis des am Tage der Unterzeichnung bestehenden militärischen Statusquo angeboten. (K. Z.)
Versailles, 4. Nov. Offiziell. Die Festung Belfort nach mehreren kleinen siegreichen Gefechten feit dem 3. Nov. von diesseitigen Truppen cer- nirt. — Aus der Mittheilung des kommandirenden Generals v. Zastrow ergiebt sich, daß bis jetzt in Metz vorgefundcn: 53 Adler und Fahnen, 541 Feldgeschütze, Material für mehr als 85 Batterieen, gegen 800 Festungsgeschütze, 66 Mi- trailleusen, gegen 300,000 Gewehre; Kürasse, Säbel rc. in größter Anzahl, gegen 2000 Mili- tärfahrzenge, sowie nicht verarbeitetes Holz, Blei, Bronce in großen Massen, eine vollständig eingerichtete werthvolle Pulverfabrik rc. (S. Bi.)
Die Aussicht, daß die Verhandlungen im deutschen Hauptquartier zum Waffenstillstand und zum Frieden führen werden, verstärkt sich. Die Ereignisse in Paris, welche der Telegraph meldet, sind zwar ein Ausbruch von Gegnern des Friedens, ihre Wirkung aber kann nur dem Frieden förderlich sein. Die erste Nachricht, daß über einen Waffenstillstand verhandelt werde, ries einen bewaffneten Aufstand hervor. Die Aussicht sich 25 Tage lang ruhig verhalten zu sollen, ist den Parisern unerträglich. Dieselben souveränen Volkshaufen, welche am 4. Sept. die Herren Favre,
Fern), Garnier-Pages u. s. w. auf den Schild erhoben, brachten sie jetzt hinter Schloß und Riegel, setzten einen Wohlfahrtsausschuß ein und waren im besten Zug Konvent und Guillotine zu spielen, bis am andern Tag die Nationalgarde sich aufraffte und dem Unfug ein Ende machte. (S.M.)
Amsterdam, 4. Nov. Aus Paris, 1. Nov- wird über Tours gemeldet: Gestern, 31. Okt., fand in Paris eine bewaffnete Kundgebung vor dem Stadthaus statt. Die Mitglieder der Regierung wurden daselbst gefangen gehalten, ein Wohlfahrtsausschuß und Kommune der Stadt Paris gebildet, welchem Lorian, Ledru Rollin, Victor Hugo und Flourens angehörten. Am 1. Nov. erschien eine Proklamation des Generals Trochu, welche diese Vorgänge mittheilt und außerdem meldet, daß gegen 8 Uhr Ab. Trochu, Arago und Ferry den Händen der Aufständigen durch das 106. Bataillon der Nationalgarde entrissen wurden, während Favre, Garnier-Pagas und Jules Simon gefangen blieben. Heute 3 Uhr Morgens nahmen diese beklagenswerthen Szenen durch das Einschreiten herbeigeeilter Nationalgarde ein Ende. (S. M.)
Berlin, 1. Nov. Die Besuche der Kaiserin Engenie und des kaiserlichen Prinzen, sowie des Marschalls Bazaine beim Kaiser Napoleon auf Wilhelmshöhe stehen mit deu Anschauungen und Bestreben der deutschen Politik in gar keinem Zusammenhänge. Dem Kaiser Napoleon ist eben die Freiheit des persönlichen Verkehrs gestattet. Die deutsche Politik hält ihrerseits unverändert den Gesichtspunkt fest, daß die künftige Konstitui- rung Frankreichs ausschließlich Sache dieses Landes sei. In die französische Regierungs- und Verfassungsfrage wird sich Deutschland nicht ein- mischen.
Der pr. St. Anz. vom 28. Okt. schreibt: Die Blicke von Millionen sind heute auf Metz gerichtet, wo sich ein denkwürdiges Ereigniß vollzieht. Nach 8 großen Schlachten und Gefechten, nach zahllosen kleinen Kämpfen, nach unsäglichen Mühsaien und Entbehrungen, zieht unser Heer als Sieger in den gewaltigen Waffenplatz. Die französische Hauptarmee, an ihrer Spitze drei Marschälle von Frankreich, senkt die Waffen. Es ist der Kern der französischen Heere, der sich unserem Königlichen Prinzen ergibt; Krieger von erprobter Tapferkeit, Führer von bewährter Tapferkeit, Führer von bewährter Umsicht. Die Sieger versagen dem Gegner, mit dem sie Monate lang gerungen, das Zeuguiß nicht, daß er es an Kühnheit, Muth und Ausdauer bei der Vertheidigung nicht habe fehlen lassen. Daß aber eine so große tapfere Armee einem solchen Geschicke anheim- falleu mußte, steht einzig in der Geschichte da. Indem unsere Sieger den schwerverdienteu Lorbeer mit dem Danke Ihres Königs und des Vaterlandes empfangen, erfüllt sie eine besondere stolze Genugthuung. Sie haben das Bewußtsein, daß sie in dem erkämpften Waffenplatze das stärkste Bollwerk für Deutschlands kräftige Vertheidigung im Westen und eine vorzügliche Bürgschaft zur Sicherung des Friedens errungen haben.
Nilliers sur Marne, 28. Oktober.
Denen es vergönnt ist, in diesen Tagen des Heiles die deutschen Waffen zu tragen, die schauen jetzt niit hoffnungsvoller Erwartung auf die reg-