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Wir sehen es auch wohl ein, daß die gegen­wärtige Selbstherrlichkeit der paar süddeutschen Staaten nicht immer so bleiben kann, wie sie jetzt ist. Wir müssen über kurz oder lang am deutschen Reichstag Theil nehmen, das erfordert die deutsche Einheit nach Außen und das ge­meinsame Interesse aller deutschen Volksstämme im Innern. Wenn nun unsere Regierung für das Landeswohl sorgen will, so muß sie bei Zeiten, d. h. so lange man ihr noch gute Worte gibt und günstige Bedingungen macht, sich aufs Unterhandeln legen. Sie kann sich viele und große Vortheile ausbedingen, z. B. daß Würt­temberg seine Einkünfte sowie die Bestimmung und Umlage der Steuern der Hauptsache selbst in der Hand behält (so daß also dieje­nigen Steuern, welche für unsere Verhältnisse besonders lästig wären, nicht eingeführt oder er­höht werden dürfen); daß unser Militär in Frie­denszeiten nicht außer Landes verlegt werden darf; daß unsere innere Verwaltung eine völlig selbstständige bleibt, ebenso die Gesetzgebung in Polizei, Landeskultur, Armenmesen und derglei­chen mehr. Unsere Regierung müßte aber er­klären, daß sie, wenn ihr diese Bedingungen garantirt werden, aufrichtig bei der Hand wäre, in den neuen Bund einzutreten. Dann erst wäre dafür gesorgt, daß wir nichtpreußisch" werden, sondern gute Württemberger bleiben und ordentlich deutsch sind.

Wenn hingegen unsere Regierung auf ihre Selbstherrlichkeit pocht, sich von Frankreich be­einflussen läßt und fort und fort sich feindselig gegen den norddeutschen Bund stellt, so wird dieser sich für einen so zweifelhaften Bundesge­nossen bedanken, und sagen: bleibt in eurer eigenen Superklugheit liegen, bis entweder Oesterreich, oder Frankreich oder Preußen euch erobert. Im letztem Fall würdet ihr dann preußisch, und könnet keine besonder,! Bedingun­gen mehr machen, und habt eure Selbstständig­keit verscherzt.

Diese Stellung wäre nicht gut württember- gisch und deshalb ist es dem Volke ein großes Anliegen, daß unsere Regierung nicht durch Eigensinn oder Unverstand die Selbstständigkeit, Freiheit und Ehre des Landes aufs Spiel setze. Jeder unbefangene Leser mag urtheilen, ob das ein Parteistandpunkt ist, oder nicht vielmehr der einzig gut württembergische Patriotismus.

Eßlingen. Nicht leicht hat ein Bürger und Abgeordneter ein so gutes Andenken hinter­lassen, als Desfner, der Gründer der Blech­fabrik, welcher vor etwa 20 Jahren starb. Er stimmte in der Regel mit der Opposition, mit Römer und Duvernoy, welche auch für das Wohlfeile waren. Aber er bewilligte gewöhnlich die Militärkosten, weil er sie für so nöthig hielt wie die Ziegel auf dem Dache und für Pflicht gegen Deutschland. Als um's Jahr 1834 die Regierung der Kammer den Zollvereinsvertrag mit Preußen vorlegte und der größte Theil der Liberalen dagegen war, weil er der Ruin un­serer Industrie wäre, weil Preußen uns nur aussaugen und seinen Absolutismus aufdrängen wolle, da trennten sich De ffer und Schott, die Väter der gegenwärtigen Abgeordneten, von den Liberalen und stimmten um der Einheit Deutschlands willen und in der Hoffnung, daß

es zur Anspornung unserer Industrie dienen würde, für den Zollverein. Die Wähler wis­sen die nöthige Vergleichung und Nutzanwendung selbst zu machen. (Schm. V.)

-fff Herrenalb, 18. März. Gestern Abend eigentlich improvisirte aber doch ziemlich stark besuchte Wählerversammlung. Herr Dör- tenbach erörterte sein schriftlich ausgegebenes Programm in gediegenem mündlichen Vortrage. Mehrere Redner aus Calw, Tobel und Her- reualb sekundirten wacker. Eine gegentheilige Ansicht war nicht zu vernehmen, trotz der be­sonderen Aufforderung des Vorsitzenden, Schult­heiß Beutter, an etwaige Gegner, sich zum Worte zu melden. Dagegen fand ein Hoch auf Hr, Dörtenbach, welches einer der Redner (Hr. Schultheiß Schuon von Dobel) am Schluffe sei­ner Rede ausbrachte, begeisterten Wiederhall.

Ausland.

Von einem christ-katholischen Herzog hat der Papst zwölf gezogene Kanonen zum Ge­schenk bekommen. Der heilige Vater ließ sich gerührt die Einrichtung der neuen Hinterlader erklären und ertheilte vem sinnreichen Geschütz den apostolischen Segen.

Paris, 16. März. Heute Nachmittag war große Aufregung im Konferenzsaale des gesetz­gebenden Körpers. Javal, ein Abgeordneter der Linken, vertheilte höchst merkwürdige Papiere. Derselbe ist Besitzer des Bazar Bonne-Nouvelle, wo im Jahre 1848 die lebhaftesten und beweg­testen Verhandlungen der Klubs stattfanden. Von dieser Zeit sind in den Händen Javal's Aktenstücke geblieben, welche als die eifrigsten Theilnehmer an jenen stürmischen Verhandlungen diejenigen Abgeordneten und Senatoren darstel­len , welche jetzt am stärksten gegen das Vereins­recht eifern. So wechselt manchmal die Ueber- zeu ung mit dem Platze, den man einnimmt.

Miszellen.

Ueber die Bereitung des Kaffee s.

Von Frhrn. Justus v. Liebig.

Der Verfasser ist zu seinen Versuchen über die zweckmäßigste Bereitungsweise des Kaffce's ursprüng­lich durch die Absicht veranlaßt worden, einen Kaffeeextrakt darzustellen, welcher für Reisende und Armeen auf dem Marsche dienlich seyn könnte, und er hat bei dieser Gelegenheit zuerst den Ein­fluß der ruft oder des Sauerstoffs der Luft auf den Kaffee wahrgenvmmen, durch welche seine guten Eigenschaften sehr wesentlich verschlechtert werden; er hat gefunden, daß ein wässeriger hei­ßer Auszug der gerösteten Kaffeebohnen, welcher frisch für den Genuß sich vollkommen eignet, beim raschen oder langsamen Verdampfen in hoher und niedriger Temperatur durch die Berührung mit der Luft seinen angenehmen Geschmack nach und nach völlig verliert; es bleibt eine schwarze, er- traktartige Masse, welche sich nicht mehr vollstän­dig in kaltem Wasser löst und sich wegen ihres üblen Geschmackes nicht mehr genießen läßt.

Für alle Methoden der Kaffeebereitung ist es zunächst erforderlich, die Kaffeebohnen mit der Hand zu sortiren; man findet darunter häufig fremde Dinge, Splitter, Holz, Vogelfedern, in der Regel eine Anzahl ganz schwarzer verschim­melter Bohnen, die man sorgfältig aussondern

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