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Beilage zum Enzthäler Nro. VS.

Samstag, den 22. September 1866.

FaildwirthschaMchrs.

Neuenb ü r g.

Preise für Güllenbehälter.

Der landwirthschaftliche Bezirks-Verein hat 5 Preise a 5 fl. für solche Personen ausgesetzt, welche mit ihren Dunglegen bisher keine Güllen- behülter verbunden hatten und solche nun in zweckmäßiger Weise anlegen.

Den 19. September 1806.

Der Vereinsausschuß.

Die gegenwärtige Lage der Landwirthe Württembergs.

(Fortsetzung.)

So weit die Stuttgarter Handelskammer und ganz ähnlich lauten die Auslassungen der Hell­brauner. Allein bücht bloß Ungarn ist es, das die Preise des Getreides drückt. Das Mehl ist ein wichtiger Welthandelsartikel geworden; an vie­len Hanelsplätzen sind Mehlfabriken entstanden, die ans russischem, ungarischem, deutschem Ge­treide Mehl bereiten, so in Marseille, Wien, Pesth und vielen, andern Orten. Das Getreide leidet mehr als die meisten andern Handelswaaren an hohen Transportkosten; in der Form von Mehl aber mindern sich diese um etwa ein Drittel, denn 3040 Proc. an Schwarzmehl bleiben zu­rück, während 6070 Proc. als Feinmehl das Land verlassen, Schiffe und Eisenbahnen brin­gen nach den großen Handelsplätzen Mehl und Getreide aus den billigst produzircnden Ländern, die den Preis für die Produkte der übrigen be­stimmen. Daher ist das Sinken der Getreide- preise keine lokale Erscheinung, sondern in allen kultivirten Ländern Europas fühlbar.

Wenn nun auch für uns zunächst der unga­rische Einfluß preisernicdrigend wirkt, so scheint es doch nicht, daß wir, wie die Handelskammer meint, dasselbe Schicksal mit den Preisen der Viehzucht erleiden werden.. Unstreitig haben die Donanländer Boden von relativ unerschöpflicher Fruchtbarkeit, und wenn es auch au Arbeitern da und dort fahlt, so erleichtert doch die große Ausdehnung der meisten Güter die Anwendung wohlfeilerer Maschinen.

Fraas inDie Ackerbaurriscn und ihre Heil­mittel. München 1866." führt an, daß im Do­nautieflande unter 10 Erudteu immer 6 reiche, 2 mittelgute, 1 geringe und 1 sehr schlechte .seien, wogegen wir und ebenso Frankreich unter 10 Erndten nur 2 reiche, ö mittlere, 2 nüttel- mäßige und 1 sehr schlechte haben, dabei seien unsere reichen Erndten dort nur mit mittelmä­ßigen zu vergleichen,

Ganz anders verhält es sich aber in Ungarn mit der Produktion von Futterkräutern, ein Um­stand, der uns Aussicht gibt, in der Viehzucht mit jenen Ländern konkurriren zu können. Zum großen Theil liegen die Donauländer in der Zone der Herbstregen, wo die Sommerregen seltener, die gerade für das sichere Gedeihen

der Gräser und anderer Futterkräuter unent­behrlich sind. Nicht selten leiden auch die Ge­treidearten an übermäßiger Dürre, wie dieß im Jahre 1863 in so großer Ausdehnung in Un­garn der Fall war, ja sogar die Luzerne miß- räth aus diesem Grunde häufig. Die Regen im Monat Mai entscheiden dort über die gesammte Erndte; fehlen diese oder fallen sie zu spärlich aus, so leiden am meisten die Futtergewächse. In den Puszten finden sich zwar weit gedehnte Weideflächen, ihrer Beschaffenheit nach aber mehr für Schafe und zwar Wollschafe, als für Rin­der, geeignet. Im Mai herrscht in jenen die reichste Vegetation, aber im Juni ist sie schon vorüber, um im September, wenn die Herbst­regen kommen, noch einmal, aber kürzer und schwächer sich zu entfalten. Unsere Länder da­gegen, in der Sommcrregenzone gelegen, haben im Sommer keinen Mangel an Feuchtigkeit, weß- halb auch sämmtliche Futtergewächse gut und sicher gedeihen.

So haben wir vorderhand in der Viehpro­duktion wenigstens keine gefährliche Konkurrenz zu befürchten, und können ruhig abwarten, bis Ungarn jenen Mangel seines Klimas durch die Benützung der Flüsse zur Bewässerung vermin­dert hat. Inzwischen werden die Ungarn feine Wolle produziren und uns vielleicht mit billigem Jungvieh versehen, welches letztere unseren Zwe­cken nur dienlich sein könnte.

Diese Betrachtungen weisen uns unzweifel­haft darauf hin, in nächster Zukunft unser Heil nicht mehr in vorwiegendem Getreidebau, son­dern in ausgedehnter Viehzucht und zwar beson­ders Fettviehzucht zu suchen, weil uns für letz­tere sehr gute Märkte offen stehen.

Der ungeheure Verbrauch von fettem Fleisch in den großen Städten hat die Zufuhren von Mastvieh außerordentlich gesteigert und selbst entferntere Orte mit ihren Produktionen herbei­gezogen. Als preisbestimmende Orte für Fett­vieh haben wir hauptsächlich Paris und London ins Auge zu fassen, während alle übrigen Märkte für Württemberg weniger in Betracht kommen können. Wenn jene Städte nur Vieh erster Qualität verlangen, so ist für die geringeren Qualitäten in kleineren Städten ein mehr lokaler, aber ebenfalls gegen früher gesteigerter Absatz zu finden.

Vortheilhafter Absatz von Mastprodukten er­fordert Racen von hoher Mastfähigkeit, eine Eigenschaft, wie sie nur an gewissen englischen Schafen und Rindern im höchsten Maße ansge­bildet ist. Unter den Rindern müssen die Shor- thorns verwendet werden, um durch Vermischung mit unserem vorhandenen, zum Theil werthvollen Material die gedachten Zwecke zu erreichen. Unter den Schafen sind die Southdowns geeig­net, unsere Bastardstämme mastfähiger, früh­reifer und im Körper vollendeter zu machen, ohne daß wir bei vorsichtiger Auswahl eine Ver­minderung der Wolleigenschaften zu fürchten hätten.