Die Ursachen des Sinkens der Getreidepreise seit einer Reihe von Jahren sind in Deutschland und Frankreich der Gegenstand vielfacher Erörterung geworden. In Frankreich hat das laud- wirthschaftliche Ministerium durch die sich mehrenden Klagen der Landwirthe veranlaßt, eine Untersuchung dieser Verhältnisse angeordnet. Hie- b«i zeigte sich, daß während Frankreich früher ein getreideeinführendes Land war, cs seit den letzten Jahren über seinen eigenen Bedarf hinaus produzirt und jährlich große Mengen von Getreide ausgeführt hat. Während die Bevölkerung Frankreichs von 1821—61 um 20 Proc. gestiegen ist, hat sich die Getreideprodnktion um das Doppelte in derselben Zeit vermehrt. Während 1815—19 49 Millionen Hektoliter Weizen produzirt wurden, betrug die Produktion von 1860—64 über 99Mill. Hektoliter.
Die Gründe dieser Produktionssteigerung fand man in der Verminderung anderer Kulturen zu Gunsten des Getreidebaues, in der Vergrößerung der Ackerfläche durch Kultur von Wald-, Heide- und Weideflächen und überhaupt in einer rationelleren und intensiveren Wirthschastsweise. Zu dieser Mehrproduktion trat die Konkurrenz von amerikanischen, russischen und ungarischen Weizen, die über Marseille und andere Häfen nach Frankreich gelangten. Die Folge dieser Verhältnisse war, daß der Weizen pro Hektoliter vom Anfänge des Jahrhunderts bis 1864 von 22 auf
21 Frks. herabsank. Es wäre dieses Sinken an sich weniger empfindlich für die Landwirthe gewesen, wenn nicht die Arbeitslöhne und Abgaben gleichzeitig bedeutend gestiegen wären.
Im südwestlichen Deutschland ist Bayern derjenige Staat, welcher am meisten Korn produzirt und hauptsächlich in die Schweiz ausführt. Bei einer Produktion von 3 Millionen Scheffel Korn über seinen eigenen Bedarf erleidet dieses Land durch die nunmehr dem Verkehr erschlossenen Da- uauländer nicht nur auf seinen eigenen Schrannen eine bedeutende Konkurrenz, sondern ist auch von seinem Hauptabsatzorte, der Schweiz, verdrängt. Die Arbeitslöhne sind sehr hoch und die Zahl der Arbeiter ist gering, indem ein die Niederlassung erschwerendes Gesetz eine rasche Vermehrung der ländlichen Bevölkerung nicht zuläßt. Gewerbe und Industrie, die nächsten, besten und sichersten Abnehmer für den kornbauenden Landwirth, sind verhältnißmäßig wenig entwickelt und sind deßhalb gerade die Landwirthe auf die Ausfuhr eines großen Theils ihrer Produkte angewiesen. In Folge der bezeichnet«: Umstände sind die Münchener Schrannenprcise in den Perioden 1850/60 bis 1860/65 von 21 fl.
22 kr. auf 19 fi. 47 kr. pro bayerischen Scheffel Weizen herabgegangen; daher die Klagen der bayerischen Landwirthe.
In ähnlicher Lage befindet sich Württemberg. Schon im Jahre 1862 hatte die Stuttgarter Handels- und Gewerbekammer den wahrscheinlichen Einfluß der österreichischen Getreidc- und Mehleinfuhr angedeutet und spricht sich in ihrem Jahresberichte für 1864 darüber folgendermaßen aus:
„Mit dem Aufschwung der Gewerbe und des Handels in den Jahren 1856 und 1857 hoben sich die Getreidepreise beträchtlich, aber seit 1862, wo die München-Salzburg-Wiener Bahn in vol
len Betrieb kam, begannen sie zu sinken. Bei den fast um 100 Procent gestiegenen Arbeitslöhnen und fast um 50 Proceut gestiegenen Pachten würde die Fortdauer solcher Preise, oder gar ein noch tieferes Sinken, für den württem- bsrgischen Bauernstand bedenklich werden. Dazu kommt, daß Oesterreich seine ungünstige Handelsbilanz nur durch gesteigerten Export seiner land- wirthschastlichen Ueberschüsse zu verbessern vermag. Die Eisenbahnen schreiten unaufhaltsam südwärts und die Verbesserung des übrigen Straßenweseus folgt ihnen auf dem Fuße. Mit den gestiegenen Preisen wird der ungarische Landwirth aber auch seine Produktion vermehren, und zwar in dem Maße, sals die gesunkenen Preise in den Bezugsländern den Getreidebau beschränken müssen. Darüber kann kein Zweifel sein, daß die österreichischen Donauländer auf ihren wohlseilen Grundstücken mit niedrigen Arbeitslöhnen, günstigen Boden- und klimatischen Verhältnissen noch lange mit ungleich geringeren Kosten Getreide zu erz ugen vermögen, als Süd- deutschlaud. Es wird dieß so lange sortgehen, bis die diesseitigen und jenseitigen Preise nur noch die Fracht zur Differenz haben. Somit ist also noch lange an keine Besserung dieser Verhältnisse zu denken, eher an eine Verschlechterung, luden: unsere Güterpreise sinken werden. Dieß aber und der verminderte Ertrag aus dem Boden muß auch die Gewerbe benachtheiligen. Sicher wird sich jener Export noch auf das Schlachtvieh ausdehneu, wie dies bereits angefangen hat, wenn einmal Stallfütterung und Mästung mehr aufgekommen sind."
(Fortsetzung folgt.)
Kronik.
Deutschland.
Karlsruhe, 13. Sept. Die Cholera, welche im Gefolge des Krieges in die Main- uud Taubergegnd eingedrungen, hat ihr Ende noch nicht erreicht. Am heftigsten herrscht sie in einigen Orten des Amtes Tauberbischofshcim, in Schönfeld, wo von einer Bevölkerung von nur 524 Seelen 137 erkrankten und 49 starben, und in Dittigheim mit 1037 Einwohnern, von denen 134 erkrankten und 49 starben. Grünsfeld zählt 116 Erkrankungen, doch nicht mehr als 18 Todesfälle; ebenso Gerlachsheim nur 4 unter 36. Heftiger ist die neueste Verbreitung in Walldürn.
Württember g.
Stuttgart, 15. Sept. Mit dem heutigen Tage werden die Infanterie- und Jägerbataillone guf den Wiuterstaud beurlaubt, und gleichzeitig werden für die präsenten Truppen Herbstferien eintreten.
Herrenalb. Vieh- und Krämer- Markt Freitag den 21. September.
Frankfurter Course vom 15 Sept. Gcldsorten.
Pistolen. 9 fl. 4t
Friedrichs'dor.9 ff. 56
Holländische 10 fl.-St. ... 9 fl. 46
20-Frankenstücke .9 ff. 23
Dukaten ........ 5 fl. 3t
Englische Sovereigns . . . 11 fl. 47
Preußische Kassenscheine Gold p. Pfd. fein Hochhaltig Silber p. Pfv. fein
43 kr. - 57 kr. kr. kr. kr. kr.
- 24
- 51
1 fl. 44Vs- 45>/»kr.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Reue „bürg.