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Beilage zum Gnzthüler Nro. L8.

Donnerstag, den 26 . Juli 1866 .

Kronik.

Deutschland.

Ein bedeutender Schritt zum Frieden ist geschehen. Oesterreich hat sich der Forderung Preußens, einen Waffenstillstand nur in Form eines Präliminarfriedens abzuschließen, bequemt, es hat die preußischen Präliminarien, so wie sie von Frankreich modificirt und, wie es heißt, er­mäßigt wurden, angenommen, und damit ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß der endlich zu Stande gekommene Waffenstillstand auch den de­finitiven Frieden bringen werde. Als gewiß darf man annehmen, daß Preußen die Einver­leibung von Schleswig-Holstein und einiger Theile von Hannover und Knrhcssen zur Verbindung seiner beiden Landeshälsten stipnlirt hat; auch darüber ist kein Zweifel mehr, daß das Wiener Cabinet eingewilligt hat, die Reorganisation des deutschen Bundes mit Ausschlich Oesterreichs ge­schehen zu lassen. Darin nun, daß nur der Aus­schluß Oesterreichs stipnlirt ist, scheint zu liegen, daß keine anderen deutschen Staaten von dem mit Preußen zu schließenden künftigen deutschen Bunde ausgeschlossen sind. Allein wir dürfen uns nicht verbergen, daß die Sache mit den süd- westdeutschen Staaten nicht so einfach steht. Man weiß, welche Lösung Louis Napoleon, unter dessen Aegide der Waffenstillstand nun einmal zu Stande kommt, als die dem französischen Staatsinteresse allein zuträgliche herbeizuführen sucht, nämlich die einer Trennung des außeröstcrreichischen Deutschlands in zwei Theile: einen unter Preußen stehenden Nordbund und einen scheinbaren selbst­ständigen Südbund, der ein bequemes Werkzeug in den Händen der französischen Staatskunft wäre. Es scheint nun allerdings, daß über die^'poli- tische Gestaltung Südwestdeutschlands noch nichts endgültig festgesetzt ist. Aber eben deshalb gilt cs, sich zu rühren, eben deshalb ist noch die Möglichkeit für das Volk vorhanden, seinen Willen ansznsprechen und in die Wagschaale zu werfen. Wir haben das Beispiel der Italiener, daß durch entschlossenes Wollen ein Volk auch wider den Willen Napoleons etwas durchzusetzen vermag. (N. d. S. M.)

Württembcr q.

Königliche Verordnung, bctr. die sofortige Einberufung der eingeübten landwehrpflichtigen Mannschaft des ersten und zweiten Aufgebots. Karl, von Gottes Gnaden, König von Württem­berg. Im Hinblick auf die gegenwärtige Lage ver­ordnen und verfügen Wir nach Anhörung Unseres Geheimenraths Kraft des Z 89 der Verfassungsur- knnde wie folgt: Art. 1, Für den Zweck der Landes- vertheidigung und unter Beschränkung auf den­selben haben sich zu sofortiger Dienstleistung be­reit zu halten: a) Die zu einjährigem Dienst im activen Heer Zugelassenen, nachdem sie bis zum Ablauf der gesetzlichen Dienstzeit ihrer Alters- claffe zur Verfügung des Kriegsministers ge­standen waren, b) Diejenigen Landwehrmänner der Altersklassen 186 l, 1862, 1863 und 1864,

welche nach Maßgabe des Art. 4 des Gesetzes .-V. vom 21. März 1861 seiner Zeit mit den Rekruten zu kurzen Waffenübungen einberufen waren, e) Die Excapitulanten der Jahrgänge 1861, 1862, 1863 und 1864. Hiernach tritt die in den Artikeln 59 und 63 des Kriegsdienst­gesetzes angeordnete Reihenfolge des Aufrufs der Landivehr, sowie der Art. 64 Abs. 1 desselben Gesetzes für den vorliegenden Fall außer An­wendung Art. 2. Die Untersuchung über die Diensttüchtigkeit der dem zweiten Aufgebot un­gehörigen Landlvehrmänner geschieht bei den Truppenabtheilnngen, zu denen sie einberufen werden. Art. 3. Ansprüche auf Befreiung, Ent­bindung und Zurückstellung vom Landwehrdienst (Art. 5, 60 des Kriegsdienstgesetzes und Art. 2 des Gesetzes eL. vom 21. März 1861), sind inner­halb der° ersten drei Tage nach dem Erscheinen dieser Verordnung im Staats-Anzeiger geltend zu machen. Spätere Anmeldungen bleiben un­berücksichtigt. Art. 4. Als Normallag (Art. 30 des Kriegsdienstgesetzes) in Beziehung auf die Benrtheilung eines Grundes zur Befreiung, Zu­rückstellung und Entbindung von der Landwehr- psticht ist der Tag anzusehen, an welchem die gegenwärtige Verordnung im Staats-Anzeiger bekannt gemacht wird. Art. 5. Die im Art. 64 Abs 2 des Kriegsdienstgesetzes angedrohten Strafen finden auf Diejenigen Anwendung, welche dem Einberufungsbefehl nicht Folge leisten. Unsere Minister des Innern und des Kriegswesens sind mit der Vollziehung dieser Verordnung beauftragt. Gegeben Stuttgart, 20. Juli 1866. (gez.) Karl. Der provisorische Chef des Jnstizdepartements: Neurath. Der Minister der auswärtigen Ange­legenheiten : Für denselben: Taube. Der Minister des Innern: Geßler. Der Minister des Kirchen- nnd Schulwesens: Golthcr. Der Stellvertreter des KriegSministers: Generalmajor Edelmann. Der Finanzminister: Renner.

Bekanntmachung des Oberrekrutirnngsraths, betreffend die Einberufung der eingeübten land- wehrpflichtigen Mannschaft ersten und zweiten Auf- bots. 'Nachdem durch die K. Verordnung vom Heu­tigen die im Art. 1 derselben bezeichnten Land- wehrpflichtigen zum Dienste aufgeboten worden sind, werden die Oberäniter bezüglich der Voll­ziehung dieser Verordnung auf die denselben zu­kommenden besondern Instructionen hingewiesen. Zugleich wird Folgendes bekannt gemacht: 1) Die Befngniß zur Auswanderung und zum Reisen und Wandern ins Ausland ist, soweit cs nicht schon durch den Aufruf vom 21. Juni 1866, Staats-Anzeiger Nr. 147, geschehen, von dem Tage an eingestellt, an welchen! diese Bekannt­machung im Staats-Anzeiger erscheint. Heirathen, welche nach diesem Tage geschlossen werden, haben die Wirkung nicht, daß daraus ein An­spruch auf Zurückstellung in das dritte Aufgebot hergeleitet werden könnte. 2) Wer ohne ge­nügenden Entschnldigungsgrund der Einberufung nicht Folge leistet, wird, wenn er sich noch inner­halb der ersten dreißig Tage, von dem Tage an gerechnet, wo er bei seiner Trnppenabtheilung