In seinem neuesten Roman.Auf der Höhe" sagt Berthvld Auerbach das schöne Wort: Wahr­haft frei ist der Wille des Monarchen, der sich treu an das Gesetz bindet, frei die Nechtsschranke anerkennt. Ein solcher Monarch war der jüngst verstorbene König von Belgien. Er blieb stets fern vom Rath der Selbstsüchtigen, die ihren Vorlheil finden in der Trennung zwi­schen Thron und Land. Er achtete das Ge­setz als das Höchste, das ein Volk sich selber gibt. Er wechselte seine Grundsätze nicht, wenn auch die Geschicke aller Nachbarvölker be­deutsame Wandlungen durchgemacht hatten. In den Schmeichlern der königlichen Machtvoll- Vollkommenheit erkannte er die Untcrwühler der Throne. Er schützte die Freiheit der Pa>- theien und wählte nicht die Unierdrückungssucht des Parieiwesens zum Stützpunkt seiner Herr­schaft. Ec sah ein, daß kein Mensch in der Welt einsichtiger sein kann in dem, was das Volkswohl fördert, als ein Volk, welches die Sorge für sein Wohlergehen in freier Wahl seinen Vertretern anvertaut. Nicht in den Vor- urtheilen, die ihm schmeichelten, sondern in den Uriheilcn des Volks suchte und fand er die Wahr­heit, auch wo sie se »er Regierung entgegr» sein mochte. Deßhalb wurde Belgien so glücklich regiert, und d-shalb war die Trauer res ganzen Volkes so aufrichtig an dem Grabe seines Kö­nigs. Das Wort, welches er im Jahre 1848 aus sprach:Wenn das Glück Belgiens cs for­dert, opfere ich willig meine Krone und meine Dynastie", ist das schönste Denkmal, das sich je ein Fürst gesetzt hat.

Württemberg.

Stuttgart den 30. Dez. Seine Maje- stät der König haben heule dcu Diözcsanaus- schuß der Siabt Stuttgart in Audienz empfan­gen, um aus dessen Munde die von der heu­rigen Diözesansynode der Haupistadl beschlossene unterthänige Bitte um Ausbau der evangelischen Kirchenvcrfafsung, hauptsächlich durch Einfüh­rung einer Landeesinede, enigegenzunchmen. Seine Majestät geruhten nicht nur der genann­ten Deputation ein sehr eingehendes und wohl­wollendes Gehör zu schenken, sondern gaben auch die erfreuliche Versicherung, daß Höchst Sie, in Anerkennung der vorgelragenen Bitte als einer wohl begründeten, Vorlagen in der ge­wünschten Richtung beim Mnisterrath Sich in naher Zukunft werden machen lassen.

Miszellen.

(Die folgende merkwürdige Thatsache aus dem Thicrleben) hat sich vor wenigen Tagen in Win- gershausen bei Schotten (Überhcfsen) zugetragen. Die Katze des dortiger Bürgermeisters Becker fing im Felde ein lebendiges Rothkehlchen, brachte dasselbe un« beschädigt nach Hause und ließ es in der Stube wie­der frei, worin es Jedermann gesund und munter berumffiegen und laufe» sehen kann. Die Sache selbst ist vollständig verbürgt. Zur Erklärung der vorstehend erwähnten Thatsache möchte der Umstand dienen, daß Bürgermeister Becker im vorigen Winter ein Rothkehl- chen in der Stube hielt, an welches die Katze vollstän­dig gewöhnt war. Die Katze mag aus diesem Grund das Vögelchen geschont haben. Möglich daß die Katze auch das gefangene Vögelchen für das entflohene hielt- oder daß es dasselbe Rothkehlchen war, das die Katze wicdererkannte.

(Lebensalter der Gelehrten des Al­ter th u m s.) Den Plato ereilte der Tod am Schreib­tische im 8l. Jahre; Sophokles dichtete im 80. Jahre seinen Oedipus auf Kolcnos; Jsokrates schrieb den Panathenaikos in seinem 94. Jahre und Georgias starb, 107 Jahre alt, ohne in seiner Thätigkeit nachzulafsen; eben so Aristoteles im 83-, Anakrcon tm 85. und De­mokrit hoch in den 90er Jahren. Warum wohl diese so alt geworden? Weil sie so mäßig gelebt haben.

(Telegraphisches Curiosum.) In dem Telcgraphen-Bureau zu P. wurde dieser Tage Abends kurz vor 9 Ubr ein Telegramm nach dem württember- gischen Städtchen M. ausgegeben. Adresse mit zwei Worten kamen Abends am Bestimmungsorte an, der Rest der Depesche am andern Morgen. Warum? Weil die Glocke die neunte Stunde verkündete und somit der Dienst des Telegraphisten für diesen Tag zu Ende war!

InsBuch der Toaste" gehört der Trinkspruch eines Feuerwehrmannes ln London. Ich schlage Ihnen vor, sagte er, aufdic Gesundheit unserer Frauen zu trinken, welche unser Fest verschönern. Die Flam­men, welche aus ihren schönen Augen sprühen, sind vie einzigen, welche wir weder löschen können noch wollen, und für welche keine Versicherungsanstalt zu finden ist.

(Zur Trichinenfrage.) Es ist nach Virchow ganz sicher, daß eine Trichine, die der wirklichen Sie­dehitze (80° R.) ausgesetzt wird, unzweifelhaft stirbt, ja, daß dscß schon eintritt bei einer Temperatur, bei welcher das Eiweiß gerinnt (50 bis 60° N.). Aber eben so sicher ist es, daß sehr häufig beim Kochen und Braten diese Höhe kaum erreicht wird, und daß wenn sie erreicht wird, doch nicht das ganze Fleisch daran Thcil nimmt. DieZ ist namentlich dann nicht der Fall, wenn große Stücke tm Zusammenhang gekocht und ge­braten werden. Hier kann kein Zweifel darüber sein, daß die Trichinen von einer tödtenden Temperatur im Innern des Fleisches nicht erreicht werden, und daß daher die Gefahr durch solches Kochen und Braten nicht beseitigt ist. Ueber diele Verhältnisse besitzen wir direkte Versuche. Küchenmeister (Zeitschrift VI. S. 3l4) fand, daß große Stücke Wellfleisch, die unzerschnit- ten in den Kessel gelegt waren, nach nur halbstündi­gem Kochen außen eine Temperatur vou46°R., innen von 44° hatten; nach mehr als halbstündigem Kochen nahmen sie nach außen eine Temperatur von 62° bis 64°, und wenn sie mehrfach durchschnitten in een Kessel gelegt worden, nach einstündigcm Kocher, innen eine Temperatur von 50° bis 60° an. Eine Bratwurst und Eotclctts erreichten 50°, Frankfurter Wurst 5l°, Schwei­nebraten, der innen »och blutig war, 52° R. Fiedler fand, daß Trichinen eine Temperatur von 30° bis 40° R. sehr wohl vertragen, daß sie auch bei 50° bis 52° R. nicht sofort sterben, obwohl sie sich dann nicht mehr lange zu erhalten vermöge». Es folgt also aus dic'er Zusammenstellung, daß das gewöhnliche Sieden von Brat« und Frankfurter-Wurst, so wie die Zubereitung von Coteletts und blutigem Braten eben nur an die Temperatur heranreicht, wo die Trichinen sterben. Die Ergebnisse der Versuche aber, welche Küchenmeister in Gemeinschaft mit Haubncr und Leisering anstellte, sind : 1) die Trichinen werden getödtet durch längeres Eiu- falzcn des Fleisches und durch vierundzwanzigstündigc heiße Räucherung der Würste; 2) sie werden aber nicht getödtet durch eine dreitägige kalte Rauch-Näuchcrung, und es scheint auch, daß das Kochen des Fleisches zum