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Ein Verein freisinniger Katholiken soll in Baden gebildet werden, um, wie der erlassene Aufruf sagt, die rechtswidrige Herrschaft der jesuito-ultramontanen Sekte abzuwehren und die alte Kirchenverwaltung mit Provinzial« und Diö- cesansynoden wieder zu gewinnen.

Dresden, 10. Okt. Das heutige Dres­dener Journal bestätigt, daß die Cholera in Wer­dau, wohin sie wahrscheinlich von Altenburg ein­geschleppt worden sei, aufgetreten ist. Vom 30. September bis zum 8. Oktober seien in Werdau gegen 30 Erkrankungen vorgckommen, von denen 7 mit dem Tode geendigt hätten. Leipzig und Umgegend sei bis jetzt völlig frei von der Cholera. Gegen die weitere Verbreitung der Epidemie seien die nothigen Maßregeln getroffen.

Köln, 9. Okt. Gestern starb hicrselbst im Bürgerhospitale die seit 1847 darin aufgcnom» mene Mutter Robert Blums.

Württemberg.

Stuttgart, 8. Okt. Die Weinlese ist nun nahezu im ganzen Lande vollendet und so läßt sich ans dem bisherigen Gange des Herbst­geschäftes schon eine Uebersicht gewinnen. Im Ganzen ist es quantitativ ein guter halber Herbst, strichweise weniger; strichweise mehr bis zu einem vollen reichen Herbst; qualitativ aber ist der heurige Jahrgang noch von keinem seiner Vor­gänger dieses Jahrhunderts übertroffen worden. Ganz besonders günstig stellt sich die Sache aber für unsere Weingartner durch die enorme Höhe der Preise heraus, die von 80 dis 150 fl. per Eimer schwanken, ein Preis, wie er noch nie im Herbst bezahlt worden. Der höchste Durch­schnittspreis des Jahrhunderts wird dem 1865er bleiben. Trotzdem geht der Verkauf rasch.

Unterm 7. dieß hat das 2. Jägerbataillon die Garnison Ulm bezogen. DaS Kommando des 3. Jägerbataillons befindet sich vom 12. Ließ an in Wiblingen, wo daö Bataillon am 18. d. M. vereinigt sein wird.

Weinsberg. Justinuö Kerners Denk­mal wird Mittwoch den 18. Oktober Morgens 11 Uhr eingeweiht.

Stuttgart. Am 29. Okt. findet ein ge­meinsames Feld-Mannöver der vereinigten In« gendwchrcn von Eßlingen, Geislingen, Gmünd, Göppingen und Stuttgart in der Gegend von Plochingen ron Hochdorf gegen Roßwälden und Ebersbach statt.

Wie dieNeckar-Zeitung" schreibt, wird der Bau des neuen Bahnhofes in Stuttgart wohl schwerlich vor Herbst nächsten Jahres de- endet werden.

Miszellen.

Beim Danket der Philologen-Versammlung zu Heidelberg wurde ein Lied »Das große Faß zu Heidel­berg" von Dr. I. V. Scheffel gesungen. Es führt in elf Strophen mit humoristischer Gelehrsamkeit die ver­schiedenen Nothbehclfe der alten Völker auf, um ihren Wein zu verwahren, bis endlich die Germanen das echte Faß erfanden. Die Aegypter sogen »des Palm- s afts heilige Fluth aus dicken Nilkanoben"; den Affprern »verschimmelte ihr Dattelwein in Keilschrift Thoncplin- dern"; der weise Salomonfüllte seinen Engeddiwein in Geisbockschläuche", die ihm einrohes Bouquet" gaben; der vorgeschichtliche Europäer trug seinen Meth in einem schmalen Legel"; die Kelten und Kimmerier

hattennur Bütte, Poti und Bottich"; Alt Hellas hatte die Faßform früh, pflog aberstatt Weins Philosophie in hohlen Tonnen", und das Vas der Römer war von Thon und ungeschickter Weise,spitz nach unten". Aber Das echte Faß zeigt deutschen Schwung Es gingen die Germanen Schon auf die Völkerwanderung Mit Trinkglas, Faß und Hahnen.

Dietrich von Bern rief oftmals froh Im Keller seines Schlosses:

Thata liubs fat, that mikilol Du liebes Faß, du großes I»

Und oft sah ihn der Gothen Heer Vergnügt dem Reichsschcnk winken:

Schafft eine Maß zu trinken her!

Skapia maziaia drinkan!"

Des Rothbarts Kaiscrmacht empfing Den Reichstag gern beim Fasse,

Und sang, wenns auf die Neige ging.

In althochdeutschem Baffe:

Jz rinnit nicht ein tropho mer.

Der win ist fortgehupsit . . .

Ou we, min grozaz vaz stat ler.

Sie hant mirz uz gesupfit! . . .

Von der Massenhaftigkeit deutscher Gastmähler im Mittelalter können wir uns einen Begriff machen, wenn wir in Dr. UlesChemie der Küche" in dem Eapitel über die Geschichte der Kochkunst lesen, daß bei der Hochzeit eines Herzogs von Landshut mit einer pol« Nischen Prinzessin in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts innerhalb 8 Tagen 3000 ungarische Ochsen, 62,000 Hühner, 5000 Gänse, 75,000 Krebse, 75 wilde Schweine, l62 Hirsche von den zahlreichen Hochzeits­gästen verzehrt und dazu außer dem Bier !70 Fässer Landshuter und 270 Fässer ausländische Weine ausge­trunken wurden. Das Fest kostete über 70,000 Duka- ten, nach dem damaligen Gcldwcrthe eine ungeheure Summe.

(Bienenzähmung.) Ein Bienenschwarm aus einem benachbarten Bienenstand ließ sich auf dem Fenster eines Ladens in einem der Hauptdurchgänge in Morpeth nieder. Der Ladenbefitzrr, welcher einige Kenntniß in der Bienenzucht besaß, hatte indeß im Verlauf einer sehr kurzen Zeit den ganzen Schwarm durch Anwen­dung von Chloroform vollkommen ruhig gemacht. Nach« dem die Bienen durch dieses Mittel vollständig harm­los geworden, wurden sie nach und nach alle sorgfäl« tig weggenommen und dem Eigentümer überliefert. Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß man durch Anwendung von Chloroform die Bienen ruhig und un» schädlich machen und ihnen, so lange sie in diesem Zu­stand sind, den Honig nehmen kann ein Verfahren welches, wie man zugeben wird, weit weniger empö« rend ist, als die gewöhnliche Praxis, sie allesammt zu vernichten. _

Als eine Faßglasur für Bierbrauer, die sich in ein­zelnen Brauereien schon seit Jahren bewährt habe, em­pfiehlt Dr. Dullo in der A. D. G. Ztg. folgende: das Innere des Fasses wird zweimal mittelst eines Pinsels mit einer Lösung van Vr Pfund Kolophonium, 4 Loth Schellack, 2 Loth Terpentin und t Loth gelbes Wachs >n einem Quart starkem Weingeist bestrichen; sobald der zweite Anstrich getrocknet ist, überstrcicht man noch einmal mit einer reinen Schellacklösung von 1 Pfd Schellack in 1 Quart starkem Weingeist. Dieser Fir­niß schließt alle Poren, springt nicht ab und gibt dem Biere durchaus keinen Geschmack. Auch beiden jetzigen Preisen der Harze ist die angeführte Faßglasur für die Dauer billiger als die Anwendung des Peches.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.'