Beilage zum Enzthäler Nro. S6
Mittwoch den 30. November 1864.
Kronik.
Deutschland.
Württemberg.
Die württembergische Staatsschuld betrug am 30. Juni v. I. 76,575,892 fl.» um 6,232,450 fl. mehr als im Vorjahre.
Stuttgart. Wie ich höre, soll Herr v. Varnbüler die Absicht haben, eine „Karte der Zukunft" der Kammer vorzulegen, d. h. einen Plan, der den Eisenbahnbau auf mehrere Jahrzehnte hinaus angeben würde. Ist dieser Plan festgestellt, so würde der Kammer nur übrig bleiben, von Periode zu Periode die Linien zu bestimmen, denen die Priorität des Baues zu- käme. Dieser Plan wäre genau die „Karte der Zukunft", die Herr v. Varnbüler einst von dem Minister v. Knapp verlangt hat. (S. B.)
Stuttgart, 25. Novbr. Herr Direktor v. Klein ist heute nach Karlsruhe gereist, um daselbst wegen Vereinbarung von Eisenbahnan- schlußverträgen die Verhandlungen in Gemeinschaft mit dem Frhrn. v. Thumb zu führen.
Ausland.
Im Staate New-Iork sind 2701 Meilen Eisenbahnen im Betrieb» deren Bau und Ausstattungskosten sich auf 131,220,542 L. belaufen, gegen 1020 Meilen im Jahr 1860.
Warschau, 21. Nov. Es wird versichert, daß das Klosteraufhebungsdekret die Sanktion des Kaisers erhalten habe. Alle beim Aufstande betheiligten Klöster werden vollständig unterdrückt und die wenigen Uebrigbleibenden unter Regie- rungsaufsicht gestellt.
Mathieu de la Drome kündigte vor vierzehn Monaten für die Zeit vom Anfang bis 20. Nov. d. I. die großen Ueberschwemmungen an, welche kürzlich in Italien, Spanien und dem südlichen Frankreich stattgesunden haben. In einem Briefe vom 17. d. Mts. prophezeit derselbe Meieorolog einen der größten Stürme dieses Jahrhunderts, welcher, mit den heftigsten Regengüssen begleitet, zwischen dem 28. Nov. und 3. Dez. d. I. besonders das östliche Italien heimsuchen würde. Heftige Stürme werden in den ersten 20 Tagen des Dezember folgen, besonders gegen den 9. bis 16.
Miszellen.
Der Gefandterrmord vor Rastatt.
(Aus „Momente deutscher Geschichte» von >G. Horn.)
(Schluß.)
Schon am 25. April war von österreichischen Husaren, die bereits seit mehreren Tagen die Gegend um Rastatt durchstreiften, ein mit Paß und Schild versehener Courier der französischen Gesandtschaft gefangen genommen und in das Standquartier des K. K. Oberst von Darbaczy nach Gernsbach gebracht worden. Die preußische Gesandtschaft wie der kurmainzische Direktorialgesandte Freiherr von Albini verwendeten sich bei dem Obersten für Freilassung des Couriers und die Zurückgabe der Depeschen. Der Oberst verweigerte jede bestimmte Erklärung und erklärte sich außer Stande, die Depeschen, die er bereits an die Behörde gesendet habe, zurückzugebcn. Demnach erschien den andern Gesandten die Abreise ihrer französischen College» bedenklich und der Minister Frhr. v. Albini schrieb daher an den Obersten: ob die französischen Gesandten, wenn sie mit Pässen des Frhr. v. Albini versehen wären, bei ihrer Reise irgend ein Hindcrniß zu besorgen haben i würden. Die mündliche Antwort lautete, daß die fran- , zösischen Minister mit Sicherheit reisen könnten und daß ihnen sogar em Termin von vierundzwanzig Stunden bestimmt sei, in welchem sie Rastatt verlassen haben müßten. Letzteres war auch den Franzosen in einem von demselben Offizier ihnen Lberbrachten Schreiben des Obersten bekannt gemacht worden.
Mit diesem Offizier war zugleich eine Abtheilung Szekler-Husaren nach Rastatt gekommen, die sich vor dem landeinwärts belegcncn Ettlinger Thore lagerten, sofort alle Thore der Stadt besetzten und den Verkehr zwischen dieser und den Vorstädten hemmten. Schnell vcrbretlete sich das Gerücht, daß alle zum Congreffe gehörige Personen weder hinein noch hinaus gelassen werden sollten. Wirklich erklärte auch der Rittmeister Burkard, er sei beordert, Niemand heravszulaffen, jedoch die Abreise der französischen Gesandten zu hindern habe er keinen Befchl. Die französischen Gesandten reisten nun mit ihrem Gefolge ab. Als sie an dem Rhcinauer Thor ankamen, fanden sie dasselbe gesperrt und die Passage ihnen verwehrt. Unmuthig ließen die Minister ihre Frauen mit der übrigen Begleitung am Tbore zurück und begaben sich nach der Wohnung des kurmainzischen Direktorialgesandten Frhrn. v. Albini. Dieser sandte sogleich zu dem die Wache befehlenden Offizier und erhielt von diesem die Antwort, daß nur aus Versehen der Wache die Ausnahme von der all»