101

liegt aber in der Politik Englands sowohl wie Rußlands, während Frankreichs Interesse in der schwebenden Frage weniger betheiligt ist.

Inzwischen brach der Krieg zwischen Echtes« wig-Hvlstein und Dänemark wieder aus. Die Schleswig-Holsteiner schlugen sich auf'S Tapferste. Doch was half's? Im schlimmsten Sinne des Wortes waren sie von dem preußischen Ober­kommando angeführt. So wurden z. B. die Dispositionen der Schlacht bei Jdstedt in der Weise genossen, daß das Ccntrum der schleswig- holsteinischen Armee Himer dem Langensee und der rechte Flügel, am andern Ufer desselben ste­hend, gar nicht ins Treffen kommen konnten. Der linke Flügel allein setzte den Dänen einen so tapfer» Widerstand entgegen, daß diese schon im Begriff waren, sich zurückzuziehen. In die, sem Augenblick ließ der Oberbefehlshaber Willis» sen zum Rückzug blasen und führte das Heer zum eiligen Marsche hinter die Eider. Am 10. September schlugen die Schleswig-Holsteiner die Dänen bei Eckernförde und Kochendors, am 28. September griffen sie diese in Friedrichstabt an; allein jedesmal erhielten sie im entscheidenden Augenblick den Befehl zum Rückzug.

Bereits im Juli 1850 Hane Preußen mit Dänemark einen für letzteres durchaus günstigen Frieden abgeschlossen. Der wiedcrerstandene deutsche Bund erklärte, daß er diesen Frieden zue Ausführung bringen werde. Preußen rief seine Beurlaubten aus dem schleswig-holsteini­schen Heere ab, in den Olmützer Konferenzen fielen die Würfel über die Herzogtümer, ein österreichisches Heer rückte in dieselben, die schles­wig-holsteinische Armee löste sich auf, die Lan­desversammlung mußte sich unterwerfen, das Staatsgrundgesctz, von 1848 wurde aufgehoben. So waren die deutschen Herzogtümer wieder vollständig den Dänen prcisgegeben, welche nach Schleswig sofort (185l)< nach Holstein im Jahr 1852 zurückkehrten, um die Rechte der Staats- gläubiger zu kassiren, einen braven Volksstamm der Waffen, die zum Theil auf Kosten der beul- scheu Ration erworben, zu berauben, die Schiffe Schleswig-Holsteins, ein Theil der deutschen Flotte, hinwegzuschleppen und die deutsche Bun- desfestung Rendsburg, unsere einzige Schutzwehr bis Magdeburg, zu schleifen! Und zu dem Al­lem wurde das System der Dänisirung auf eine Weise wieder sin'S Werk gesetzt, die nicht himmelschreiender sein kann.!

Solche Bestrebungen sollten eine» ferneren Stützpunkt durch das sog. londoner Protokoll erhalten.

Mit gänzlicher Hintansetzung aller verfas­sungsmäßigen Rechte Schleswig-Holsteins de- wirkte nämlich der verstorbene Däncnkönig am 17. Juli 1851 die Unterzeichnung einer Urkunde, Lurch welche der Prinz Fricderich von Hessen als mutmaßlicher Thronfolger und die übrigen in der Hauptstadt anwesenden Mitglieder der königlichen Familie ihre Rechte auf den dänischen Thron dem Prinzen Christian von Glüüsburg

und dessen erbberechtigten Nachkommen abtraten. Derselbe ist mit einer Prinzessin von Hessen, einer Tochter der ursprünglich erbberechtigten Landgräfin Charlotte, vermählt. Am 8. Mai 1852 erteilten die auf der Londoner Conferenz versammelten Großmächte dieser Verabredung ibre Genehmigung und sprachen sich für die Jn'eglilät der dänischen Monarchie als eines einigen und unteilbaren Staalskorpers im In­teresse des europäischen Gleichgewichts aus. Dank jedoch den Bemühungen Bayerns und Badens hat der deutsche Bund als solcher das Londoner Protokoll, nach welchem der gegenwärtige- nenlönig zugleich auch Herrscher über die Her­zogtümer «ein soll, nicht anerkannt und ist das­selbe auch für die Unterzeichner in keiner Weise bindend- Es ist ein widercechtlicher Akt, der eben­sowohl mit den verfassungsmäßigen Rechten Schleswig-Holsteins, wie mit den Erbrechten der Herzoge von Hplstein-Augustenburg in schnei­dendem Widerspruch steht.

(Schluß folgt)

Miszellen.

Ein Stückchen vom alten Blücher.

(Schluß.)

Das gab ein schönes Geschrei, als die wilde Bestie so unerwartet den erschrockenen Damen zu Fü­ßen gelegt wurde und aus den blutrünstigen Augen einen grimmigen Blick, der von der Blutgier und Erbarmungslosigkeit seiner Race zeugte, über die Ge­sellschaft schoß. Nur Frau von W. blieb ruhig. Sie erhob sich aus den Kiffen des Divans, auf dem sie Platz genommen, unv dem Rittmeister beide Hände reichend, sagte sie:Herr von Blücher, Sie find aus dem Metall gefertigt, aus welchem die Vorsehung di« großen Männer zu bilden Pflegt. Ihr jetziger Wir­kungskreis beengt Sic, und die Beziehungen, in wel­chen wir Alltagsmenschen uns leidlich wohl zu fühlen pflegen, errrgen Ihnen Eckel und Verdruß. Dcßhald suchen Sie in Ungeheuerlichkeiten eine Zerstreuung. Eine solche ist Ihre heutige Thai. Ich möchte sie dcß- halb ausscheltcn, ich kann aber Ihrem Muth, Ihrer Ritterlichkeit die Anerkennung nicht versagen, und da­rum nehme ich Ihr seltenes Weihnachtsgeschenk gern »nd freudig an. Ich verspreche Ihnen, daß das Thier bis an sein Lebensende sorgsam gepflegt werden soll." Und indem ihre Stimme bis zum leisen Flüstern hinab­sank, schloß sic:Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch, und darum muß man sich schon daran gewöhnen, von Ihnen auf eine ungewöhnliche Weise ausgezeichnet zn werden.

Damit entzog sie dem Rittmeister ihre Hände die dieser wiederholt an seinen Mund gezogen hatte, während sich die lebhaft erregte Frau in die Kiffen des Divans zurückfallen ließ, schrie Herr von W.: Mein Hcrzensbrudcr, der Rittmeister von Blücher, unser pomcrischer Herkules soll leben! Hurrah!" Und dje anwesenden Gäste und das Hausgesinde ließen ein dreimaliges Hurrah erschallen, von dem die Fenster­scheiben erzitterten.