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treten oder irgend eine Veränderung in den sonstigen Verhältnissen vorzunrhmen, welche ge­genwärtig dasselbe dem Herzogthum Holstein verbinden," Der Brief schließt dann folgender­maßen: »Wir wollen unsere Zusage hiemü aus­drücklich wiederholen, daß wir unser Herzogthum Schleswig, wie bisher, so auch ferner im Besitz der ihm als einem zwar mit unserer Monarchie unzertrennlich verbundenen, aber zugleich selbst­ständigen Landestheile zuständigen Rechte schützen werden." Die Herzogthünier geriethen durch diesen offenen Brief in die größte Aufregung, sie protestirten gegen denselben, ganz Deutschland nahm ihre Partei und selbst der deutsche Bund sprach ein Wort zu Gunsten der erbberechtigten deutschen Fürsten.

Am 20. Januar 1848 starb Christian V1H. und nun bestieg Friedrich jVH. den Thron der Dänen. Das war das Signal, die Aufregung im Lande zu steigern. In Kopenhagen forderte der revolutionäre Pöbel sofort die vollständige Einverleibung der deutschen Länder; die Stände Schleswig-Holsteins dagegen verlangten eine ge­meinsame Verfassung und Aufnahme Schleswigs in den deutschen Bund. So standen sich die deutschen und dänischen Forderungen gegen­über, als überall in Europa die Grundlagen alles Bestehenden zu wanken anfiogen.

Die schleswig-holsteinische Armee machte mit dem Volke in den Herzogthümern gemein­same Sache; ohne Blutvergießen fiel die Lan­desfestung Rendsburg in seine Hände. Eine pro­visorische Regierung wurde nun gewählt» an deren Spitze W. Geseier stand. Sie verlangte Trennung von Dänemark. Die Losung zum Kampfe war gegeben. Die Geschichte desselben zu schreiben, wäre eine sehr trgurige Ausgabe. Deutsche Krieger schlugen sich ehrlich und tapfer für eine gute Sache. In Folge der Riederlage tei Danncvllke (23. April 1848) wurden dix Dänen aus Schleswig vertrieben; eine fernere Niederlage erlitten sie bei Hadersleben (den 29. Juli) und nun spielten die Preußen, welche die Hcrzogthümer zu Hülfe gerufen, eine in hohem Grade zweideutige Rolle, indrur sie den Waffenstillstand von Malmö (26. August) auf sieben Monate adschlossen und so Schleswigs Holstein die Verfolgung des siegreichen Vorge­hens unmöglich machten. Die Regierung der beiden Heriogthümer wurde theils von Däne­mark, theils von Preußen errichtef und alle seit dem März erlassenen Gesetze aufgehoben. So sahen sich die Hcrzogthümer wieder an Däne­mark verkauft. Zugleich war das deutsche Par­lament in Frankfurt schwach genug, dem Was- fenstillstand von Malmö seine Genehmigung zu eliheilen.

Am 26. Februar 1849 wurde der Waffen­stillstand gekündigt und der Krieg brach von Neuem aus. Die gemeinsame Regierung trat ob; an deren Stelle setzie die Bundesversamm­lung Revenilow-Preetz und Beseler als Statt­halter ein. Aber wieder wurde piel edle.s Blut

umsonst verspritzt. Bei Eckernsörde sprengten (5. April) die schleswig-bolsteinischen Artilleristeu das dänische Linienschiff Christian Vlll. in die Luft und zwangen die Fregatte Gesion, sich zu ergeben. Am 13. April erstürmten die deutschen Truppen die Düppeler Schanzen und trieben die Dänen nach der Insel Alfen; am 20. April wurden die Dänen aus der jütischen Grenzstadt Kolding verdrängt und am 23. vollständig auf's Haupt geschlagen.

Diese glücklichen Erfolge auf Seiten des deutschen Volkes kamen Preußen offenbar sehr ungelegen. Der Siez der guten Sache der deuischcn Herzogtbümer schien ihm für seine re« aklionaire, volksfeindliche Politik ebenso gut eine Niederlage zu bedeuten, wie für Dänemaik. ES entstand daher der Verdacht, daß es den Dänen Sieg, den Schleswig-Holsteinern Niederlage wünsche. Die letztere erfolgte denn auch in der Schlacht von Frederwia (6.Juli). Der hierauf abgeschlossene Waffenstillstand zwischen Preußen und Dänemark ist, gelinde gesagt, eine preußische Niederträchtigkeit. Demselben zufolge wurde Schleswig von Holstein getrennt und durch eine Demarkationslinie in einen südlichen und einen nördlichen Lycil geschieben, wovon der erste durch schwedisch-norwegische, der zweite durch paeußische Truppen besetzt wurde. Holstein sollte unter der von der Centrqlgewalt angeordneten Statthalter­schaft (Beseler, Revenilow, Preetz) stehen, Schleswig von einer dreiköpfigenLandesre­gierung" unter dem Vorsitz eines englischen Kommissärs im Namen des Königs von Däne­mark regiert werben. Vergeblich erklärte sich die schleswig-holsteinische Landesversammlung gegen vielen Vertrag; sie mußte sich fugen, da Preußen in einein geheimen Artikel versprochen hatte, eventuell den Waffenstillstand gegen die Hcrzogthümer mit de» Waffen in der Hanh durchzusetzen und seine Offiziere auS dem schscs« wigschcn Heere abzurufen, welche cs demselben in keiner andern Absicht überlassen hatte, als um die schleswig-holsteinische Angelegenheit in eigener Hand zu behalten.

Es war eine ganz und gar undeutsche Po­litik, welche die beiven deutschen Großmächte und der deutsche Bund in dieser Angelegenheit beob­achteten. AuS Furcht vor einem Erstarken des Volksbewußtseins * gaben sie hauptsächlich unter dem Einflüsse Rußlands deutsches Recht, deut? schcs Volk, deutsches Land, deutsche Interessen und deutsche Ehre preis. Gehören die Herzog- thümer nicht mehr zu Deutschland das sieht Jedermann ei», so ist dasselbe im Norden jedem feindlichen Angriff zugänglich» Hamburg und die preußische Gränze fortwährend bedroht. Einzig der Besitz derselben sichert Deutschland die ihm schon längst grbüvrende Bedeutung zur See. Ohne sie kann es nie eine deutsche See­macht werben. Die Größe, Stärke mnd Einheit Deutschlands zu verhindern und eS namentlich z ur Ser nie und nimmer aufkommen za lassen,

*) Damals wsr heute.