Beilage zum Errzthäler Ne. 1VL
Mittwoch den 23. Dezember 1863.
AL» Auf I. Januar hat die neue Halbjahrs - Bestellzeit begonnen. Die verehr!. Leser sind freundlichst gebeten, ihre geneigten Bestellungen rechtzeitig zu machen. Auswärtige wie gewöhnlich bei ihren nächsten Postämtern.
In Folge Errichtung der Landpost geschieht die Versendung des EnzthälerS im ganzen O beramtS-Bezirke durch die Königliche Postanstalt. Sämmtliche auswärtige geneigte Leser bitten wir, ihre Bestellungen künftig immer unmittelbar bei den K. Postämtern ihres Postbezirkü, also in Neuenbürg, Wildbad, Calmbach, Höfen oder Herrenalb zu machen. Die Postboten können solche Bestellungen auch mündlich an das Postamt bringen.
Durch die Postämter im Bezirk kostet der Enzthäler gemäS der Uebereinkunft auch im entfernten Bezirksort nicht mehr als 1 fl. 1 kr. halbjährlich und 3 1 kr. vierteljährlich.
Der Enz, häler eignet sich zu Bekanntmachungen der verschiedensten Art; bei der er« leichterten und schnelleren Beförderung und bei der fortwährenden Zunahme des Blattes unter allen ständen erreichen sie ihren Zweck bestens und können wir mit vollem Rechte uns dem fer« ncren Wohlwollen unserer geehrten Leser empfehlen.
Redaktion des Enzthälers.
Miszclten.
Dem alten Blücher ist mancherlei „wunderlich Zeug" passirt und Andern mit ihm. Als er nach den Kriegen zum letzten Mal sein Vaterland Mecklenburg besuchte, wollte man ihn in Teterow feierlich empfangen. Vor der Stadt zwischen Scheunen war eine Wache ausgestellt, die seine Ankunft melden sollte. Die guten Leute konnten sich einen Fürsten und Feldmarschall nicht andersdenken, als mit vielen Ordenssternen, Federhut und Schärpe und vierspännig fahrend. Nun kam eine gewöhnliche zweisoännige Kalesche mit zwei Herren im bürgerlichen Anzug, von denen der Eine aus einer Meerschaumpfeife fürchterlich dampfte. Zwischen den Scheuern zu rauchen, war verboten; also hielt die Tborwache den Wagen an und sagte: Wer zwischen den Scheuern raucht, dem kostet es die Pfeife. — Wirklich, sagte der alte Herr. Na, da habt Ihr sie, lieferte die Pfeife ab und fuhr durch Teterow. Der nachfah- rende Packwagen klärte die Bürger auf, wen sie polizeilich bestraft hätten. Sie schickten ihm die Pfeife zurück, aber er lehnte sie mit een Worten ab: „Wat mal futsch ist, det nehm ich nich wieder "
Als neuer Beweis vcr wunderbaren Kraft eines Wortes zur rechten Zeit kann folgender Vorfall dienen, der in der Gegend der zwei Meilen von Dresden entfernten Stadt Pirna sich ereignete. Auf der Wanderung nach einem benachbarten Dorfe zur Schulrevision tritt einem Landprediger in der Abenddämmerung auf der Straße plötzlich ein riesenhafter Mensch in den Weg, mit der Frage: ob er Geld bei sich habe? — „Nein!" antwortete mit Festigkeit der Geistliche, und fügte dann, sich einen Schritt zurückzichend, in einem der Würde seines Amtes und dcr Dringlichkeit dcS
Augenblicks angemessenen Tone hinzu: „Dein Lebenlang habe Gott vor Augen und im Herzen, und hüte dich, daß du in keine Sünde willigest, noch thuest wider Gottes Gebot!" Und entwaffnet durch diesen Spruch, bleibt der gewiß mit keiner löblichen Absicht Herangetretene erst wie eingewurzelt stehen, um sich sodann schleunigst mit den Worten zurückzuziehen: „Sie haben Recht; schlafen Sie wohl!"
Eine Kosakenpatrouille stößt in dcr Nähe von Kowno auf einen fahrenden Schüler aus dem Bereiche der Photographie. Die Kosaken, ihn für verdächt-g haltend, nöthigten ihn, seine LegitimationSkartcn vor- zuzeigcn. Nachdem das geschehen, verlangen sie auch zu wissen, was er sonst noch für Dinge bei sich führe. Dcr Photograph, der wohl einffeht, daß hier „Macht vor Recht" geht, öffnet ruhig sein Reisenecessaire, voll- gefällt mit Chemikalien mancherlei Art. Die Söhne dcr Wildniß greifen zunächst nach einer Flasche mit einem Fluidum, das klar wie gebranntes Wasser ihrem „Wuttke" wie ein Ei dem andern ähnelt. Sie hatten sich nicht getäuscht, der Inhalt war Mgradiger Spiritus, das Riechen und Schmecken war eins, die Flüssigkeit war dis auf die Nagelprobe verschwunden. Einer zweiten und dritten Flasche entnahmen sic Aether und Collodium. Endlich bemerkten sie noch eine Fla'che versteckt in der Ecke des Koffers stehen, mit aufgelöstem Cpan.Kalimn lblausaurcs Kali). Mit Begier griffen sie darnach. Der Photograph glaubt jetzt aus Menschenfreundlichkeit das Wcitertrinken inhibiren zu müsse». Pantomimisch gibt er ten Fremdlingen zu verstehen, „der Inhalt sei Gift!" auch zeigt er auf die Tvdten- kopssvignette der Flasche. Doch sie sehen nichts mehr, hören nichts mehr und sitzen die Flasche des Todes an den Mund. „Bis hierher und nicht weiter!" rief der doppelt geängstigte Photograph aus und fchlng mit