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Wildbad/ den 10. Marz. Wenn von einer Seite behauptet wird es geschehe ru wenig*) zum Zweck der Verschönerung unserer Stadt, so möchten wir solche bitten sich von dem Etat der lezten Stadtpflegrechnungen zu überzeugen, was hierin gethan wurde. Wenn aber Einzelne meinen, es werde für Verschönerungszweckc zu viel ausgcgeben, io haben sie vielleicht unfern Ort als Schwarzwaldstädtchen, nicht aber als Kurort im Auge, der doch nrcht gegen andere minder bedeutende Bäder in seinem Urzustände belassen werden kann. Diß berücksichtigend, hat der Gemeinderath be­schlossen, 4 unansehnliche, baufällige Häuser unter­halb dem Schulgebäude auf den Abbruch anzukaufen um daselbst, da der Pia; binter denselben schon der Stadtgcmeinde gehört, ein Gebäude für Schullebrerwohnungen aufführen zu lassen, da das jezige sich als zu klein erweist. Weiter oberhalb des Schulgebäudes dem Siadtbauplan im Wege liegende alte Häuser sollten und werden vielleicht auch später dem Abbruch ver­fallen, um einem größeren Gebäude Plaz zu machen.

Calw, 7. März. In Sommcnhart, eine Stunde von hier und eine halbe Stunde von dem Städtchen Zavelstein entfernt, fand ein Bauer in der Nähe seines Hauses einen kleinen irdenen Hafen» worin sich gegen 200 silberne Münzen befanden. Die meisten dieser Münzen tragen die Jahrzahl 1626 mit der Unterschrift Ferdinand H. re.

Blaubeuren, 10. März. In einem benachbarten Orte hat sich vorgestern ein sehr trauriger Fall ereignet, der für die Betreffenden von den traurigsten Folgen begleitet ist. An­läßlich eines Holzverkaufs saßen verschiedene Männer aus der Nachbarschaft im WirthshauS beisammen. Aus scheinbar unschuldigen Späßen enspannen sich so ernstliche Streitigkeiten, daß es zu Tätlichkeiten kam, die damit endeten» daß einer der Betheiligten aus 5 Kopfwunden blutete, und lebensgefährlich darnieder liegt. Ein an den Händeln Unbitheiligter wurde von dem Thäter in Worten gröblich angelassen, worauf ihm derselbe mit unbewaffneter Hand eine Ohrfeige zu geben sich anschickte, die so kräftig aber auch so ungeschickt geführt wurde, daß der augenblickliche Tod eintrat. Die Leiche ist gestern nach vorausgegangcner gerichtlicher Sektion unter sehr großer Betheiligung begraben worden. Sämmtliche Betheiligte sind gehcirathet und die gerichtliche Untersuchung ist im Gange.

O e st r e i cd.

Wien. (Auto-Telegraphie.) Wer hat es nicht, wenn er einen telegraphische» Bericht von einem Freunde erhalten und wenn er die freundlichen Worte gelesen, bedauert, daß sie von wildfremder Hand hingezeichnct

*) allerdings, wenn man die immer fortschreitende Erweiterung der Bad-Anstalten, die Anlagen und Ver­schönerungen Seitens des Staats anerkennt und dann z. B. nur das von der öffentlichen Stimme längst verurtheilte sog. Croaten-Nest ins Auge faßt, das keineswegs mit den sonstigen Intentionen Wild- badS Schritt gehalten hat.

find? Dieses fromme Gefühl, da» der Kundige bisher belacht hat, darf weiterhin nicht mehr verspottet wer­den, da die Kunst jezt so weit ausgcbildet und die Wissenschaft dermaßen fortgeschritten ist, daß man nicht blos die Handschrift, sondern jede Federzeichnung mit Leichtigkeit durch den Telegraphen versenden kann. Der italienische Abatc Caselli, Rue Grenelle St. Germaiu in Paris, kann jeden Zweifler davon überzeugen. Er steht mit seinem Bruder, der in Marseille ein photo­graphisches Bürkau bat, durch einen Telegraphendraht in Verbindung; in seinem Atelier arbeitet eine Stahl- nadcl, leise aufstreichend, über ein durch Silberauf­lösung gesättigtes Papier, während in Marseille eine entsprechende Platinanadel das beschriebene oder ge­zeichnete Papierblättchen ebenfalls nach und nach von der Linken zur Rechten, von der Rechten zur Linken überfährt. Wenn die Platinanadel auf die mit ge- gewöhnlicher Tinte bedeckte Stelle kömmt, hört dir elektrische Verbindung der beiden Nadeln auf und tritt die entsprechende Stelle unter der Stahlnad-l in schöner blauer Farbe hervor. Eine Schr st, eine Zeichnung laßt-sich dermaßen, öfter hintereinander hervorbringeu, 'und zwar sollen in einer Stunde an 202l solcher telegraphischen Depeschen oder kürzer --Blizberichte" gegeben werden können. Wenn die dazu bereiteten chemischen Papiere durch die Regierung zum Preise einer Depesche seilgestellt würden, wie jezt Postmarken feilgestellt sind, könnte man durch die ganze Welt sich mittheilen, die Depeschen daheim selber schreiben und Z»-Ven Schalter dcS Bureaus werfen, ohne befürchten zu dürfen, daß ein Telcgravhen-Beamter einen Jrrthum begehen, oder daß ein Uebersezer an der Gränze einen Fehler verursachen könnte. Durch diese Einrichtung kann der Chinese in Berlin mit dem Chinesen in Paris verkehren, ohne daß ein Dolmetscher seine Hülfe anzu- bietcn hat. Auf diese Weise kann ein Verbrecher ver­folgt werden, kann die Polizei sein Bildniß ihm wie den S-batten seines Verbrechens nachsenden, können Wechsel und Lrcditbewllligungcn mit der Schnelligkeit des Blizcs fliegen und den Harrenden rasch aus der Verlegenheit reißen. Wer kann heute sagen, was der Wissenschaft morgen unerreichbar wird? Adate Caselli, der viel für die Wissenschaft gethan, lehnt, beschei­den die erste Ehre der Erfindung ab und erkennt die­selbe dem engl. Chemiker Blackwcll zu, die er bloß ins Leben gerufen und vervollkommnet hat.

Miszellen.

Caffier und Lehrling.

Wahr und erzählt von Bernard Wörner.

(Fortsezung.)

Die jungen Leute sahen sich durch den dummen Bauernjungen in ihrer Einnahme verkürzt, in ihrem Vergnügen gestört und konnten ihren Grimm kaum mehr bemeistern. Jede Arbeit, jedes Zusammensein lieferte neue Funken zur alten Gluth, selbst das Essen nicht ausgenommen. Am Mittagstische gab es Suppe, Fleisch und Gcmüs. Für Anton war das ein herrli­cher, kräftiger JmbiS; er dachte oft dabei mit Trauer an die lieben Seinen und an tausend und tausend arme Familien im Walde und auf dem Lande, die sich Iaht auS Jahr ein nach solchen Leckerbissen vergeblich