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der Rohheit der Menschen in bedauerlichem Grabe auSgesezt sein. Der Beispiele die diese Ansicht begründen, sind so unendlich viele, wir können sie leider durch mancherlei Thatsachen noch vermehren. In einer Stadt j. B. stach ein Megger den zu transportirenden Kälbern die Augen aus, damit sic ruhiger giengen! An vielen Orten werden Kälber, kaum geboren, aus dem Stalle i geführt, und wenn sie auf dem Wege erschöpft zusammensinken, mit Prügeln wieder aufgejagt, auf den fleischlosen Kopf, auf die schuzlosen Beine und Rippen gehauen bis ne nach wenigen Schritten wieder niederstürzen, weil sie eben zu schwach find zu gehen; ähnlich geht cs den Schweinen, die an heißen Sommer- tagen ohne Erquickung lange Märsche machen müssen, auf dem Wege vor Ermattung liegen bleiben, mit Stößen und Schlägen weiter getrieben werden. Kälber und Schweine werden auf Bretter gebunden in den Wagen gelegt, deren hervorstehende Aeste und Kanten durch das Schütteln des Wagens während der Fahrt die Haut der armen Geschöpfe durchfegen. Zuchtstieren wird nicht selten zur leichteren Bändigung ein Ring durch die Nase gebracht, natürlich als Eisenstab, der in der Nase stehend erst geschmiedet wird! Thiere nach großer Anstrengung Stunden lang in der Kälte oder Zugluft stehen, mit Peitschen in die Augen schlagen, den Hunden Ohren und Schweif abschneidcn und eine Menge dergleichen Quälereien sieht man oft! Wer gibt dem Menschen ein Recht seine Mitgeschöpfe so zu quälen? Wenn er höheren, edleren Gefühlen und Rücksichten nicht zugänglich ist, sollte er doch wenigstens aus Egoismus anders handeln. Daß der Genuß des Fleisches gequälter, halbtodt gehezter Thiere dem Menschen keineswegs zuträglich ist, dürfen wir wohl nicht erst bemerken. Wie kann es aber auch anders kommen? Wo Unwissenheit und Rohheit solch empörende Akte verüben, da muß man am Ende noch nachsichtiger urtheilen als da wo man voraussezen kann daß der Thäter die Scheußlichkeit seiner Handlungen einsiebt.
A u s l a n o.
Griechenland.
A tbcn, 22. Okt. (Ueber Smyrna.) Der König hat abgedankt und ist abgereist — wohin weiß man noch nicht.
„Triest, 24. Okt., 11 UbrVorm. Hier angelangte Depesche» melden, daß ganz Griechenland imAufstande und eine provisorische Regierung ernannt worden ist. Flüchtige Familien aus Akaxnanien sind in Santa Maura angelangt."
Miszellen.
Neger-Loos.
(Schluß.)
Ein schöner Neger, wohlgewachsen und kräftig, galt in jener Epoche höchstens 4-506,000 Reis; wehe dem Armen, wenn der Rachedurst des Weißen jener Summe entsprach! Senhor Soares fühlte jn diesem Augenblick, ich will nicht sagen Gewissensbisse (wenn man weiß ist, hat man keine Gewissensbisse, ein menschliches Geschöpf mit schwarzem Antliz seinen Henkern zu überliefern) sondern etwas wie Mitleid, ein Mitleid von
Furcht und Kälte durchzogen. — „Drei Conto'S!" schrie der Fazcndeiro. „Sind Sie taub oder stumm? Drei Conto'S! Ich biete drei Conto'S für Chicro!" — „Sie geben mir drei Conto'S für Chicro I" stieß der Senhor heraus, dem sich bei diesem Wort die Zunge löste. — „Ich sagte drei Conto'S und wiederhole jezt, daß ich den Mina mit drei Conto'S bezahlen werde." Noch einen Augenblick zauderte SoareS Pinto; aber seine lezten Skrupel schwanden bei dem Gedanken: ich gewinne fünfhundert Procent bei dem Geschäft. DaS Auge des Fazcndeiro flammte noch immer. — „Nun, ist der Handel geschlossen?" fragte er — „Chicro gehört Euer Gnaden," war die Antwort.
Zwei Blize sprühten unter den Brauen des Portugiesen hervor; zugleich bewegte sich der Citroncn- Palito, welchen er kaute, heftig zwischen seinen Lippen und richtete sich in einer drohende senkrechten Stellung auf. Das waren die einzigen äußern Zeichen seiner Gefühle. — «Kommen Sie gleich mit mir zum Label« lon, der den Kaufcontrakt aufsezen wird.« Nach wenigen Stunden waren alle Formalitäten erledigt. Chicro war mit einer Kette an beiden Händen und einem Fuße vor seinem ehemaligen Herrn nicdergeknict; er bat um seinen beii^o« (Segen). Soares erfüllte den Wunsch des Schwarzen; dieser merkte wie die Stimme seines Herrn zitterte, und feine Trunkenheit schwand vollends. Senhor Soares Pinto zeigte eine wenn auch vorübergehende Bewegung ihm, seinem Sklaven, dem Neger ! Entsezlich mußte also das Geschick sein, welches ihm bei seinem neuen Gebieter bevorstand. — »Vorwärts!« wiederholte zum zweiten Male der Fazcndeiro, und zu einem andern Schwarzen wendend, fügte er hinzu: «Faß den Schlingel bei der Kette und schlepp' ihn hinaus." — Chicro's Augen suchten Soares Pinto; aber dieser schämte sich seiner Gefühle gegen einen Schwarzen und war verschwunden, um nicht in der Achtung deS Käufers noch tiefer zu sinken. Der Portugiese verließ mit Chicro und dem zweiten Sklaven, der ihm ebenfalls gehörte, die Straße <io» keseaäore«, wo Senhor Soares Pinto wohnte. Bald hatten sie ein Gebäude mit schwarzen Mauern und n edrigem Dach erreicht; der Schlammboden zeigte vor dem Eingänge zahlreiche Spuren nackter Füße. Bekanntlich ist die Fußbekleidung den Sklaven untersagt. Ohne Rücksicht auf die Jahreszeit, ihr Alter und Geschlecht, selbst auf ihren Gesundheitszustand, müssen diese Unglücklichen mit bloßem Füßen gehen: die Fußbekleidung ist in Brasilien ein Symbol der Freiheit. Jene nichts weniger als anstößige» Spuren vor der Thür, verbunden mit einem seltsamen Geruch, welcher dem Vorübergehenden die Kehle zuschnürt und ihn zu ersticke» droht (er ist dem von verbrannten Knochen und von Scharfem Schweiße ähnlich und ein charakteristisches Merkmal der Orte, wo sich viel Neger aufhalten) bezeich» neten hinlänglich die Bestimmung des Hauses. Tiefer Geruch war die Catinga, daS Gebäude derCalabonqa (der Kerker). In der Mitte des Hofes erhob sich ein Pfahl; der Fazcndeiro gab Befehl, Chicro dort anzu- bipden. Dieser hatte, seit die Drei das Haus Soares Pjnto's verließen, keinen Laut über seine Lippen kommen lassen; jezt aber umfaßte er die Knie seines neuen Herrn. Für einen Neger aus dem stolzen Stamm Mina war dies ein Akt unerhörter Unterwürfigkeit-