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fchluß scheint darauf berechnet zu feyn, in Berlin einen gewissen Eindruck zu machen, indem man bestrebt ist, den Prinzregenten selbst zur lieber« nähme des Oberbefehls über das dritte Armee­corps zu bewegen. Es darf aber angenommen werden, daß die bezüglichen Bemühungen ohne Erfolg bleiben werden.

Berlin, 7. Mai. Eine Trauerbotschaft durchzieht die Stadt: der Nestor der Wissen­schaften, der unsterbliche Alexander v. Hum­boldt, ist gestern Nachmittags um 2'/r Uhr ge­storben. Seine Nichte, Frau Ministerin Freiin v. Bulow, geb. v. Humboldt, und sein ihm seit fünfzig Jahren befreundeter Neffe, der Ge­neral der Cavallerie v. Hedemann, waren an feinem Lager, als er seinen hohen Geist ans- -quchte. Seine Neffen, zwei Herren v. Hum­boldt, waren auS Schlesien hrrbeigeeilt, um ihn in seinen lezten Tagen noch zu sehen. Alexan­der v. Humboldt war am 14. September 1769 geboren, stand also im neunzigsten Lebensjahre. Wie wir hören,>wird die Leiche Humboldt's mor­gen (Sonntag) früh im Tom ausgestellt wer­den; die Beerdigung findet am Montag in Te­gel, der Ruhestätte Wilhelm's v. Humboldt, statt. (Bolksztg.)

O e ft r e i ch.

Wien, 4. Mai. Briefe, welche von der k. Operationsarmee heute angelangt sind, lassen vermuthen, daß in den nächsten Tagen ein entscheidender Schlag erfolgen dürfte. Die Oesterreicher gehen mit ihrer Hauptmacht auf die zwischen Aleffandria und Casale eingekeilten Franko-Sarden geradeSwegs los, während ein mächtiges detachirteS Corps die Franzosen» welche von Genua kommen, in der Flanke bedroht. Ein Schreiben vom 30. April in der «Militär- , Zeitung" constatirt, daß die Piemontesen beim Herannahen der Oesterreicher sich hinter Aleffandria und die Verschanzungen an der Dora Balte« zurückgezogen, und daß die österreichische Armee demnächst den Feind an der Sesia oder an der Dora treffen dürfte. Die Beschaffenheit des Terrains ist der Entwicklung massenhafter Truppenkörper nicht günstig, und die 100,000 Mann, welche in'S Feld rücken, werden wohl nur in verhältnißmäßig geringer Zahl an einer Hauptentscheidung theilnehmen können. Die Truppen, welche bei den nächst Candia und Frassinetto vorgenommenen Demonstrationen ins Gefecht kamen, kämpften mit Ausdauer und Tapferkeit. Ihr Verlust wird auf 20 Ver­wundete geschäzt.

Ausland.

Belgien.

Brüssel, 4. Mai. Die Beziehungen Frankreichs zu England gestalten sich ernst. Lord Cowlcy hat eine Note seiner Negierung übergeben, in welcher die eventuelle Sper­rung der Meerenge von Gibraltar in Aussicht gestellt wird. Graf Walewski soll diese Eventualität als einen 038 cke Zuerre

bezeichnet haben. Eingeweihte Personen ver­sichern. daß England auf keinen Fall rus­sische Kriegsschiffe Gibraltar passi- ren lasse» werde. ES ist hieß dercvntre- eoup gegen die Ablehnung der Neutralisation des abriatisches Meeres. (Ostd. P.)

Frankreich.

Paris, 5. Mai. Mit der spanischen Regierung sind Verhandlungen angeknüpst worden. Frankreich verlangt nämlich von ihr, wie es heißt, die Absendung eines Hülfs-Corps von 25,000 Mann nach Italien. (K. Z.)

Paris» 7. Mai. Der »Moniteur" zeigt einen theilweifen Minist er Wechsel an. Das Innere ist dem Herzog von Padua, ehemali­gem Präfect, übertragen. Marschall Randon tritt an die Spize des Kriegsministeriums.

Miszellen.

Berlin. Eine hier erschienene und der Beach­tung ganz Deutschlands zu empfehlende Schrift kämpft mit vollem Recht gegen daS Borurtheil für ausländi­sche und gegen einheimische Fabrikerzeugnisse, rin Borurtheil, welches sich leider noch immer in den deutschen Landen der gedeihlichen Entwicklung der fabrikativen Gewrrbsamkrit als ein großes Hinderniß entgegenstellt, indem es den Markt für die deutschen Fadrikerzeugniffe, wenn dieielben als einheimische ge­kennzeichnet find, der englischen «nd französischen Con- rurrenz gegenüber, auf eine mehr als natürliche Weise erschwert. Die meisten deutschen Fabrikanten oder Handwerker haben bisher diesem Uebclstande dadurch auSzuweichen versucht, daß sie ihre Erzeugnisse, nnt den Firmen und Marken englischer und auch französi­scher Fabrikanten versehen, an den Markt brachten. Bei dem gegenwärtigen Standpunkt, welchen der deut­sche Gewerbfleiß zu Ehre des gemeinsamen Vaterlan­des einnimmt, möchte es aber nachgerade Zeit scyn, daß fich die gesammte öffentliche Meinung in Deutsch­land gegen den in Rede stehenden Unfug und gegen den dadurch der deutschen Nationalindustrie avgetha- nen Schimpf mit Nachdruck erhebe. Das Nachahmen oder vielmehr Fälschen fremder Firmastcmpel verwirrt sogar die Begriffe über Mein und Drin, und gewöhnt allmählich an Rücksichtslosigkeit gegen die Rechte An» derer. ES erniedrigt und demoralisut sowohl den Fa­brikanten als auch die mit ihm wirkenden Arbeiter, da sie dadurch eine Handlung begehen, die in allen civilisirten Ländern, wen» sie in anderer Form auf- tritt, gleich einer Infamie behandelt wird, und die in hohem Grad geeignet ist, alles Selbstvertrauen, allen Muth und Selbstachtung zu zerstören. (A. Z.)

(Handarbeit und Maschinenarbeit.) Bon der industriellen Entwicklung des Erzgebirges entwirft die wissenschaftliche Beilage der »Leipziger Ztg." in einer Reihe von Briefen eine interessante Schilderung, der wir die Mittheilung entnehmen, daß die jezige Spinnerei fast ebenso viele Menschen ernährt, als die alte Handspinnerci, nämlich e». 12,000 gegen 1S>,000 vor Einführung der Spinnmaschine, diele aber weit besser; mittelbar beschäftigt sie aber dreimal so viel Leute ES bestätigt dieß sohin wieder den Sa,, daß die Maschinen nur momentan Hände entbehrlich ma­chen, in der That aber durch die vermehrte Produktion eine größere Zahl von besser bezahlten und weniger angestrengten Menschen erhalten, als es durch Hand­arbeit möglich ist. Welcher Ausdehnung die Spinnerei übrigens noch fähig ist. zeigt der Umstand, daß noch die Hälkte des in Deutschland verbrauchten GarucS aus England eingeführt wird.

Redaktion, Druck und Verlag der M e e h'schen Buchdruckerei in Ueuenbürg.