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daS Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähig­keiten und Kenntnisse und 'guter Leumund.

Der Beginn deS Kurses ist auf Montag, den 7. Februar 1898 festgesetzt. Da jedoch zu einem Kurs nur sechs Teilnehmerinnen zugelafsen werden können, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Wochen noch weitere Kurse zu veranstalten und die sich An- meldenden nach ihrem Ermessen in die einzelnen Kurse einzuweisen.

Gesuch« um Zulassung zu dem Kurs find mit einem schultheißenamtlichen Zeugnis über die Erfüllung der obengenannten Bedingungen spätestens bis zum 22. Januar 1898 an dasSekretariat der K. Zentralstrelle für die Landwirt­schaft in Stuttgart" einzusenden.

Stuttgart, den 24. Dezember 1897.

v. Ow.

Tagesneuigkeiten.

** Teinach,2. Januar. Am 31. Dezember verschied nach längerem Leiden der in weiten Kreisen bekannte Hirschwirt L. Andler hier. Die Beerdig­ung fand heute mittag 2 Uhr statt, zu welcher der in Rom in Stellung stehende älteste Sohn eben noch rechtzeitig eintraf. Nach kurzer Andacht im Trauer­hause bewegte sich ein nicht endenwollender Zug Leid­tragender nach dem Friedhofe. Die ungewöhnlich große Beteiligung von Freunden und Bekannten aus Nah und Fern, sowie der mit Blumen reich geschmückte Trauerwagen legten Zeugnis ab von der allgemeinen Beliebtheit, welcher sich der Verstorbene bei Lebzeiten erfreuen durfte. In der Trauerrede schilderte Herr Pfarrer Scholl in treffenden Worten den biederen, offenen und Schtdeutschen Charakter des Dahinge­schiedenen, der, trotzdem ihn sein Beruf ans Weltliche fesselte, doch als ein guter Christ gestorben ist. Schon seit 7 Jahren durch den Verlust eines Fußes gebrech­lich, hat er es immer noch verstanden, sein Geschäft mit Umsicht zu leiten, so daß jeder Gast gerne bei ihm einkehrte und künftig den biederen Gruß deS Haus­herrn beim Betreten desHirsch" sehr vermissen wird.

In Breitenberg verunglückte beim Neujahrsschießen ein junger Mann, indem dem­selben durch die Schußladung eine Hand zerrissen wurde, so daß er am Sonntag morgen in die Klinik nach Tübingen sich begeben mußte.

<8 Calmbach. Das leidige Neujahrs­schießen hat hier einen jähen Abbruch erfahren, in­dem der 17 Jahre alte Steinhauer Grether seinen älteren Bruder in die Seite schoß, so daß dieser ohn­mächtig niederstürzte und heftig blutend vom Platze getragen wurde. Der herbeigerufene Arzt hofft auf Erhaltung des Lebens.

^ ^ « Schömberg OA. Neuenbürg. (FeuerS- brunst.) Am vergangenen Freitag, als am letzten Tag im alten Jahr, entdeckte ein Kurgast, welcher mit dem ersten Zug in Liebenzell abfahren wollte, früh

4'/- Uhr, daß in dem Hinteren Gebäudeteile des Schuhmachers G. Maisenbacher hier Feuer aus­gebrochen war. Der Kurgast machte zwar sofort Lärm, aber in wenigen Augenblicken stand Haus und Scheuer in vollen Flammen, so daß an deren Erhaltung nicht mehr gedacht werden konnte. Trotz dem thalkräftigen Eingreifen der hiesigen Feuerwehr, die bald durch die von Schwarzenberg, Langenbrand und Oberlengen­hardt unterstützt wurde, brannte auch das anstoßende Wohnhaus und Scheuer des G. Strobel nieder. Weiter wurde das vor 8 Jahren erbaute größere An­wesen des Bäckers Fr. Kling, ein zweistöckiges Wohnhaus mit Scheuer, ein Raub der Flammen. Die Abgebrannten sind versichert und haben mit ihrer zum Teil wenig geretteten Fahrnis Unterkunft im Ochsen und Lamm gefunden.

Nagold, 29. Dez. Wie seit langen Jahren, so wurden auch am heurigen Weihnachtsabend die 25 Kinder der Kleinkindsrschuls in Berneck von Freifrau v. Gültlingen, Gemahlin unseres verehrten Neichstagsabgeordneten, Landgerichtsdirektor Freiherr v. Gültlingen, reich beschenkt; da gab cs für jedes Kind Kleidungsstücke, Spirlwaren, Gutle und Nüsse. Die Freude und der Dank waren natürlich groß. Möge die hochherzige Spenderin noch lange Jahre an der Seite ihres Herrn Gemahls in Gesundheit wirken.

Stuttgart, 30. Dez. Amtliche Mitteilung. (Expreßgutverkehr.) In der Zeit vom 15. bis 24. Dezember 1897 sind in Stuttgart 20050 Expreß­gutsendungen abgegangen und 10371 solcherSendungen angckommen, zusammen 30421, d. i. gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahrs mehr 4584 Sendungen. Auch der Personen- und Gepäckoerkehr war Heuer stärker als im Vorjahr. Die von der Generaldirektion zur Bewältigung des stärkeren Personen-, Expreßgut- und Postverkehrs getroffenen Maßnahmen, Ausführung von Vorläufern zu den meist belasteten Schnell- und Personenzügen, Einstellung besonderer Wagen für den Expreßgutverkehr in gewisse Züge, Einlegung eines besonderen Post- und Expreßgut-Zuges auf der Strecke Stuttgart-Ulm haben sich bewährt.

Stuttgart, 31. Dez. Diphtherieheilserum. Die Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning zu Höchst a. M., die chemische Fabrik auf Aktien, vorm. E. Schering zu Berlin und die Fabrik chemischer Präparate von Sthamer, Noack und Cie. zu Hamburg, haben sich bereit erklärt, die vom Kgl. württ. Medi­zinalkollegium mit ihnen vereinbarte Preißermäßigung für diejenigen Fläschchen des Diphtherieserums, welche aus Staats- oder Gemeindemitteln sowie von Kranken­kassen im Sinne des Krankenkassengesetzes oder von Vereinigungen bezahlt werden, oder der öffentlichen Armenpflege dienen, nicht nur den amtlichen Ver­mittlungsstellen, sondern auch ihren direkten Abnehmern zu gewähren, wenn diese die amtlich beglaubigten Be­lege einsenden.

Stuttgart, 31. Dez. Auf dem Fangelsbach­friedhof wurde gestern Oberreallehrer a. D. Th. Beyttenmiller beerdigt. Neben den Freunden und

Kollegen erwiesen der Präsident des Württ. Krieger­bundes Oberhofmarschall Frhr. v. Wöllwarth und die vier KriegervereineKönigin Olga",König Wilhelm II.",Militärinvalidenverein" und ^Krieger- und Sängerbund," deren Ehrenmitglied der Verstorbene war, demselben die letzte Ehre. Th. Beyttenmiller hat, wie Stiftungsprediger Prälat v. v. Burk in der Grabrede erwähnte, sein poetisches Talent bei patri­otischen Feiern oft in den Dienst der Kriegervereine gestellt. Kränze legten außer diesen Vereinen nieder: Herr LehrenkrauS Namens des Kernerverrins Stutt­gart, dessen Mitbegründer und Vorstand Beytten­miller war (sein Vater war ein Freund Th. Ker­ners gewesen), sowie namens der Friedrich-Eugen- Realschule Oberstudienrat Rektor Schumann.

Cann statt, 30. Dez. Heute wurde in einem Steinbruch der bekanntlich aus Sauerwasserkalken ge­bildeten Terrasse, die sich zwischen Cannstatt und Münster unterhalb des Burgholzes hinzieht, ein Stoß- zahn vom Mamut auSgegrabcn. Das gut erhaltene Fundstück, das über zwei Meter Länge aufweist, stak in der Tuffsandschichte, in der die fossile Säuge­tierreste im Cannstatter Thal in der Regel sich fin­den, soweit sie nicht aus dem Diluviallehm stammen, in einer Tiefe von etwa 4 Mtr. unter dem Humus. Der Zahn wird an das Naturalicnkabinet nach Stutt­gart übergcsührt werden, wo er sich neben seinen zum Teil weltberühmt gewordenen Vorgängern wohl wird sehen lassen können.

Rottweil, 31. Dez. In Stetten OA. Tutt­lingen wurde dieser Tage eine silberne Hochzeit ge­feiert. Zur Ehrung des Jubelpaars hatte der Ge­meinderat beschlossen, den Festtag durch Böllerschüsse einzuleiten und solche auch während des Kirchgangs abzugeben. Zu diesem Zwecke wurden die Böller am Vorabend in ein abseits des Ortes an der Donau ge­legenes Waschhäuschen verbracht, uni sie anderen Tages gleich bei der Hand zu haben. Irgend ein Schalk hat nun in de« dem Feste vorangehenden Nacht, sei eS, daß er dem Jubelpaare nicht gut gesinnt ist, oder daß er dem Gemeinderat eine Nase drehen wollte, sämtliche Böller gestohlen, so daß also nicht geschossen werden konnte.

Heilbronn, 31. Dez. Ein vor noch nicht allzulanger Zeit aus dem Zuchthaus ''offener Maschinenschlosser aus dem OA. Weinsberg, verlobte sich mit einem Mädchen auS dem Bezirk« Brackenheim und wollte demnächst Hochzeit haften. Wegen einer Verfehlung kam er aber in Haft und das Verhältnis wurde gelöst. Gleichzeitig entstand aber auch der Ver­dacht gegen den Bräutigam, daß er in Münzfälscherei arbeite, was Anlaß gab, bei demselben eine Durch­suchung vorzunshmen. Der Verdacht bestätigte sich und wurde außer verschiedenem zur Falschmünzerei geeignetem Material auch ein bereits fertiges, wenn auch etwas plumpes 1 ^ Stück auf dem Modell liegend vorgefunden. Ueberdies wurde eine Masse Werkzeug gefunden, wie Feilen, Hämmer u. s. w., welche er seinem früheren Arbeitgeber gestohlen hat.

Natürlich mit Ausnahme der künftigen Schwiegersöhne. Heute eingeladen, mit süßen Worten und süßen Speisen ausgenommen, und morgen ist es so sicher, wie einmal eins, daß der Postbote einen Brief bringt ungefähr folgenden Inhalts; Da ich, theure Freundin oder theurer Herr, ihren edlen hochherzigen Charakter gestern das Glück hatte, kennen zu lernen, und weiß, daß es Ihnen zur besonderen Genugthuung gereicht, Thränen zu trocknen. Unglückliche zu trösten, so werden Sie mir meine Bitte, die Bitte einer Mutter, die nur für das Wohl ihrer Kinder lebt, nicht abschlagen, und mir u. s. w. u. s. w. folgende Summe vorschießen."

Wieder ein brüllendes Gelächter.

Hübner, haben Sie ein solches Schriftstück?"

Ich nicht, aber eine nahe Verwandte von mir."

Und sie fiel darauf herein?

Gott bewahre, so dumm war sie nicht; aber sie hielt es für gut, mich zu warnen."

Vergebens hatte von Chick dem sich immer mehr in seiner Rede Ereifernden abmahnende Zeichen zu geben versucht. Nun fuhr er wie elektrisirt in die Höhe.

Hinter dem Stuhle Hübners stand plötzlich wie aus der Erde gewachsen die große hagere Gestalt Bodins.

Nur das eine Wort:Schurke!" hinter den Zähnen hervorpressend, hob der Rat die knochige Faust, und ehe der erschrockene junge Mann nur zur Er­fassung der Situation kam, fühlte er schon mit wuchtiger Kraft Schlag auf Schlag auf sein Gesicht niederfallen, so daß ihm das Blut aus der Nase schoß.

Baurat Olten der bisher sich vorsichtig in der Ferne gehalten hatte; hielt es jetzt doch für geboten, näher zu treten und dem Wütenden in den Arm zu fallen

Bodin, Bodin, genug," rief er,kommen Sie fort von hier!"

Lassen Sie mich," brüllte dieser, mit Augen die wie die eines Wahnsinnigen glüthen,Ich schlage ihn tot, den Hund, tot!"

Aber vergeblich war sein Ringen. Viele Arme hielten ihn fest und schoben den Widerstrebenden langsam der Thüre zu.

Haft!" schrie Hübner, wutentbrannt, und mit blutüberströmtem Gesicht ihnen den Weg vertretend.

Ein Wort habe ich noch an den Herrn Rat zu richten.Wissen Sie, wie man das nennt, mein Herr, was Sie eben gethan haben? Einen Ueberfall, einen mörderischen, heimtückischen Ueberfall I Gefiel ihnen etwas nicht, was ich sagte, so hätten Sie auf andere Art Rechenschaft fordern können, wie es unter Ehren­männern üblich ist. Uebrigens, meine Herren, Sie sind Zeugen. Ich habe keinen Namen genannt."

Nein, keinen Namen," schallte es im Chor.

Schlimm genug, wenn man sich getroffen fühlt."

Unterdessen war Chick, bleich und tief erschüttert durch das Vorgefallene, an deS Baurats Seite getreten.

Bringen Sie den alten Herrn fort," bat er leise,um seiner selbst willen. Man weißt sonst nicht, was daraus werden kann."

Noch immer stemmte der Rat sich gegen die umklammernden Hände. Ein krampfhaftes Zucken ging durch seinen Körper. Die Lippen waren fest zusammen­gepreßt, das Gesicht lodenbleich, nur die Augen funkelten unheimlich unter den Brillengläsern hervor.

Machen Sie ein Ende," flüsterte der Baurat ihm zuredend ins Ohr.Der dumme Junge hat's ordentlich bekommen; jetzt aber ist's genug. Sehen Sie nicht welches Aufsehen die Scene macht? Denkm Sie nur an ihre Stellung, ihre Familie."

Der Rat antwortete nicht. Einen Moment starrte er dem Redenden fassungslos ins Gesicht, dann griff er nach dessen Arm und wankte, von ihm ge­halten, dem Ausgang zu. (Forts, folgt.)