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Stimmung, wie auch die darausfolgende Gaben- und Gewinnst Verlosung zu Heiterkeit manchen Stoff gab.

Da alle hiesigen Vereine ohne Unterschied ge­laden waren und dieselben auch der Einladung Folge leisteten, waren die großen Räumlichkeiten derLöwen­halle" voll besetzt. Küche und Keller des Wirtes ließen nichts zu wünschen übrig, daher auch die ani­miertest« Stimmung bis zum Schluffe Platz griff und die Oberhand behielt.

Erst nach Mitternacht löste sich die in wohl­befriedigter Verfassung befindliche Versammlung auf, um die nachhaltigsten und wohlthuendsten Eindrücke mit nach Hause zu nehmen.

Nachdem dies« beiden Vereine den Reigen der Christbaumfeiern eröffnet, wird am Neujahr-Abend der GesangvereinFreundschaft" und am 23. Januar der Turnverein seine Weihnachtsfeier abhalten. Auch die Etuisfabrik Ulrich L Cie. wird ihren ca. 250 Beschäftigten eine Abendunterhaltung bereiten. Lx.-

Vaihingen a. E. 22. Dez. DaSoon Siemens und Halske errichtete Elektrizitätswerk der Walzenmühle Weil u. Cie. hier, wurde letzten Samötag Abend eröffnet. An der Feier beteiligten sich u. a. O.A.Mann Grieb, die bürgerlichen Kol­legien und die bei Ausführung des Werks in Thätig- keit gewesenen Techniker und Handwerksmeister. In der Post wurden Ansprachen aus den Besitzer, sowie die Erbauer und Leiter des Werks u. s. w. ausgebracht.

Heilbronn, 29. Dezbr. Schon-seit einiger Zeit wurden in der hiesigen Synagoge die bemalten Fensterscheiben eingeworfen, wodurch der israelitischen Kirchengemeinde ein Schaden von etwa 40 ^ ent­standen ist, ohne daß man irgend welche Anhalts­punkte für die Thäterschaft hatte. Gestern abend ist es nun dem Schutzmann Gutbrod gelungen, die Thäter in der Person von 2 je 13jährigen Volksschülern zu ermitteln. Da hinlänglich Zeugen vorhanden sind, so sind auch die Thäter geständig. Die ausgesetzte Be­lohnung von 40 fällt dem betr. Schutzmann zu.

Heilbronn, 29. Dez. Alljährlich um diese Zeit geht durch die Blätter die Mahnung, bei dem Verbrennen von CH ristbäumen recht vorsichtig zu sein, da gar leicht eine Explosion entstehen könne, wenn die Aefie des Tannenbaumes in größerer An­zahl zur Heizung benützt werden. Bei der Verbren­nung derselben entwickeln sich nämlich Gase explosiver Natur, die im Explodieren im stände sind, einen Kachelofen oder leicht gefugten eisernen Ofen aus­einander zu treiben. Alljährlich hört man aber auch von Unfällen, die durch Nichtbeachtung der angeratenen Vorsicht entstanden sind, und ereignete sich gestern hier rin gleicher Fall, der allerdings noch glimpflich genug ablief, indem durch die Gewalt der Explosion nur die Ringe, auf welchen ein leerer Topf stand, samt diesem in die Höhe geschleudert wurden. Also nochmals: Vorsicht!

Kirchheim u. T., 28. Dezbr. Wegen Ver­dachts, einen im Juni d. Js. in Bissingen verübten Diebstahl von Wertpapieren im Betrag von 8000 ^ verübt zu haben, wurde dieser Tage der Bäcker Holpp von dort, der sich durch Ausgabe von Coupons verdächtig gemacht hatte, verhaftet. Di« Kaffe des vor einigen Tagen verhafteten Gemeinde- pflegerS Keller von Jesingen soll ein Defizit von von 2000 ^ aufweisen, für welches jedoch Deckung vorhanden ist. Keller hat sich dadurch verdächtig ge­macht, daß er bei verschiedenen Geschäftsleuten hier Darlehen aufzunehmen versucht hat.

Regensburg, 27. Dez. Am 25. d. Mts., nachmittags, sind in dem Vororte Weichs auf dem Eise eines alten Donaukanals sechs Kinder ein- gebrochen, wovon drei Mädchen ertranken, während die Knaben sich retten konnten. Doch ist ein Knabe nachträglich gestorben.

Altona, 28. Dez. Der hiesigen Polizei ge­lang es, einer in Hamburg sich aufhaltenden großen Verbrecherbande auf die Spur zu kommen. 4 Mit­glieder der Bande sind bereits verhaftet.

Wien, 28.Dez. Der niederösterreichische Landtag ist heute nach einem begeistert aufgenom­menen Hoch auf den Kaiser Franz Josef eröffnet worden. Es wurden Interpellationen eingebracht wegen des Verhaltens der Polizei bei den jüngsten durch die Studenten verursachten Demonstrationen, sowie wegen der Ausführung des TheaterstücksDie Bürgermeisterwahl" durch den Direktor des Hofburg- theaterS, Burckhardt, welches die THStigkeit der Be­amten abfällig kritisiert; ferner wurde ein dringender

Antrag eingebracht, der dis gesetzliche Feststellung der deutschen Sprache als Unterrichtssprache in den Volks­und Bürgerschulen Niederösterreichs angesichts der tschechischen Agitation verlangt.

AuS Luzern, 27. Dez., schreibt man der N. Zürich. Ztg.": Gestern abend verbreitete sich in der Stadt Luzern die Kunde, der einzige 22 Jahre alte Sohn des Stadtrats Hofft etter-Häflinger sei am PilatuS abgestürzt und als Leiche nach Hause gebracht worden. Wie verlautet, erfolgte das Unglück beim Abstieg vom Chrisiloch gegen Klimsen- horn. Ich habe im Winter und zwar unter gleichen Witterungsverhältniffen, wie die gegenwärtigen sind, jenen Weg auch schon gemacht und kann mir daher ungefähr vorstellen, wie das Unglück passiert sein mag. Das vom Chnsiloch gegen Klimsenhorn hinunter­führende, in seinem oberen Teil ordentlich steile Weg- ^lein war mit hartgefrorenem Schnee ausgefüllt. An einzelnen Stellen, wo die Sonne gut zukam, hatte sie den Schnee geschmolzen und in blankes Eis verwandelt, so daß ich für gut fand, an einigen jener Stellen mich zu setzen und sie vorsichtig rutschend zu passieren. An einer solchen Stelle mag der junge Hr. Hofstetter ausgeglitten und die steile, von Felsen unterbrochene Geröllhalde, die den Raum zwischen Klimsenhorn und Chrisiloch ausgefüllt, heruntergestürtzt sein. Der Pi­latus gilt im allgemeinen als ein harmloser, leicht zu begehender Berg. Aber er hat seine Tücken und es vergeht denn auch kein Jahr, in dem er nicht sein Menschenopfer fordert.

Gibraltar, 29. Dez. Die deutschen Kreuzer Deutschland" undGefion" sind gestern nach­mittag nach Port Said in See gegangen.

Vermischtes.

Der Kampf der verschiedenen Be­leuchtungsmethoden ist gegenwärtig auf allen Linien mit erneuter Heftigkeit entbrannt. Eine Weile lang schien es, als ob die Elektrizität bei ihrem SiegeS- zug in der Technik auch mit den bisher bekannten Beleuchtungsarten aufräumen wollte. Da kam das Gasglühlicht, welches mit einem Male der Gasbe­leuchtung neuen Aufschwung verlieh. Von einer ganzen Anzahl anderer in Vorschlag gebrachten Beleuchtungs- Methoden ist die aussichtsvollste zweifellos diejenige mittelst Acetylen. Dieses Gas, dem Leuchtgas ähn­lich, hat die Vorteile größerer Leuchtkraft bei bedeuten­derer Billigkeit. Man sagte bisher diesem Gas noch leichte Explosionsfähigkeit und Schwierigkeit der Kon­struktion eines geeigneten Brenners nach. Nach einer Mitteilung des Bureau für Patentschutz und Ver­wertung Dr. I. Schanz u. Co. Berlin, Breslau, Kattowitz, Köln, Leipzig, Stuttgart, Mannheim, Würz­burg ist nunmehr durch ein neues im Ausland bereits mit Erfolg eingeführtes Verfahren die Aufgabe, ein explosionsfreies Acetylen zu erzeugen, vollständig ge­löst, indem der Erfinder das Acetylen bereits in dem Erzeugungs-Apparat selbst mit Luft mengt und so nicht das eigentliche Gas, sondern ein Lustgemisch desselben zur Verbrennung bringt, wofür jeder bis­her bekannte Brenner benutzt werden kann. Ein« Gesellschaft für die Ausbeutung dieser zukunftsreichsten aller Beleuchtungsmethoden ist auch in Deutschland im Entstehen.

Von beteiligter Seite ging uns nachstehendes Ein­gesandt zu, welchem wir hiemit, ohne Stellung zum Inhalt zu nehmen, Aufnahme gewähren. D. Red.

Die Abschaffung der Kebrnsliinglich- krtt der Ortsvorsteher.

Die Frage der Abschaffung der Lebenslänglich- keit der Ortsvorsteher ist ein Glied in der Kette des Streits zwischen Autoritätsherrschast und Majoritäts- Herrschaft.

Die Vertreter des Autoritätsprinzips sagen un­gefähr: Der König, die Beamten, die Abgeordneten, die Ortsvorsteher, die Gemeinderäte u. s. w. haben ihr Amt nur nach ihrer Ueberzeugung auSzuüben und sind im letzten Grunde nur Gott und ihrem Gewissen Rechenschaft über die Ausübung desselben schuldig.

Die Vertreter des Majoritätsprinzips sagen: Der Wille der Mehrheit des Volks ist maßgebend und der Abgeordnete, der Ortsvorsteher, der Ge­meinderat u. s. w. hat nur diesen Willen zu vollziehen.

Unsere Staats einrichtungen entsprechen nun aber immer noch mehr dem Autoritätsprinzip als dem Majoritätsprinzip; jedoch sind dem Majoritäts­prinzip durch die allgemeinen Wahlen beträchtliche Konzessionen gemacht worden, da es mittelst derselben in die Macht der Wähler gelegt ist, solche zu wählen, von welchen sie annehmen, daß sie ihren Willen thun

werden. Aber auch z. B. die Landtags- und Reichs­tagsabgeordneten sind keineswegs verpflichtet, sich nach dem Willen ihrer Wähler zu richten, können und sollen vielmehr ihr Mandat ganz nach ihrer Ueber­zeugung ausüben, einerlei, ob dieselbe mit der Ansicht ihrer Wähler harmoniert oder nicht.

Von unseren politischen Parteien tritt am meisten für das Autoritätsprinzip ein die konservative. Derselben ist die Majoritätsherrschaft jetzt schon zu weit gediehen.

Für das Majoritätsprinzip tritt vornehmlich die sozialdemokratische Partei ein. Sie will vor allem Abschaffung des erblichen Königtums, Wähl­barkeit sämtlicher Beamten und der Richter durch das Volk, Abstimmung des Volks über zu erlassende Ge­setze u. dergl.

Die übrigen Parteien wollen weder dem einen noch dem anderen Prinzip die Herrschaft ganz über­tragen, wollen sowohl der Autorität, als der Ma­jorität gewissen Einfluß zugestehen. Ueber das Maß des Einflusses, welches jedem Prinzip einzuräumen ist, sind aber die Ansichten wieder verschieden. Die Volkepartei z. B. ist mehr für die Majoritätsherrschaft als die Deutsche Partei und will der Masse des Volks mehr Einfluß auf die Herrschaft eingeräumt haben, als sie bereits besitzt.

Von diesem Gesichtspunkt aus betreibt die Volkspartei auch schon lange die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher. Sie will damit erreichen, daß der Ortsvorsteher sein Amt noch mehr im Sinne der Mehrheit seiner Gemeindeangchörigen führt, als es bisher mitunter schon geschehen ist. Und die anderen Parteien haben sich notgedrungen so ziemlich entschlossen, der Volkspartei in dieser Frage Heeresfolge zu leisten, da die Forderung der Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher nach und nach eine Forderung eines großen Teils der Wählerschaft geworden ist und die anderen Parteien deshalb befürchten mußten, ihre Anhängerschaft zu verlieren, wenn sie in dieser Frage nicht nachgebe» wollten. Unter dem Volk gewinnt aber das Majoritäts­oder demokratische Prinzip immer mehr an Boden und nebenbei spielt in dieser Frage, persönlicher Haß, gegen den gerade im Amt befindlichen Ortsvorsteher bei mar chem eine Rolle. Mancher, der lebhaft für- die Abschaffung der Leb» "nglichkeit der Ortsvorsteher eintritt, würde ebenso energisch für die Lebenslänglich­keit eintreten, wenn er selbst Ortsvorsteher wäre.

Es ist somit die Abschaffung der Levcnsläng- lichkeit der Ortsvorsteher eine Errungenschaft des Majo­ritätsprinzips gegenüber dem Autoritätsprinzip. Nun ist aber selbst unsere Volkspartei keine absolute An­hängerin des Major itätsprinzips. Oder doch? Was würde sie zur Abschaffung des erblichen Königtums, zur periodischen Wahl der Staatsbeamten und Richter durch das Volk, zur Abstimmung des Volks über zu erlassende Gesetze sagen?

Man fragt deshalb, warum wurde gerade die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher herausgegriffen? Ist eS vielleicht aus Zweckmäßigkeits­gründen -geschehen? Wenn je, welche Zweckmäßig­keitsgründe sprechen dafür, bei Besetzung der OrtS, vorsteherstellen das Majoritätsprinzip mehr zur Gelt­ung zu bringen? Es wird auf diese Fragen eine genügende Antwort schwerlich gegeben werden können. Denn alles, was für die Abschaffung der Lebens­länglichkeit der Ortsvorsteher vorgebracht wird, kann auch für die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Staatsbeamten vorgebracht werden. Und wie ist's mit dem erblichen Königtum? Oder soll dieses eben bei Gelegenheit Nachfolgen?

Nun sei dem wie ihm wolle, di« Lebensläng­lichkeit der Ortsvorsteher wird nun eben einmal ab­geschafft, ob das zweckmäßig ist, wird sich dann schon zeigen.

Freilich für die Ortsvorsteher selbst ist es nicht so zweckmäßig, wenn sie nur auf einen bestimmten Zeitabschnitt gewählt werden, wie wenn sie auf Lebens­zeit gewählt werden. Denn die meisten Ortsvorsteher haben eben bei Uebernahme des Amtes in ihren sonstigen geschäftlichen Beziehungen Veränderungen zu treffen und ist es dann fraglich, ob sie in dieselben ohne weiteres wieder eintreten können, wenn sie nach zehn Jahren durchfallen. Es kann deshalb schon Vorkommen, daß mancher, welcher eine Wahl auf Lebenszeit an­genommen hätte, eine solche auf beschränkte Zeit adlehnt

Und was die Verwaltung der Gemeinde an­betrifft, so wird keineswegs behauptet werden können, daß ein öfterer Wechsel in der Person des Ortsvor»