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Hannover, 26. Juni. Die Göttinger Professoren haben der ,,H.Z." zufolge für ihre abgesehen Kieler Kollegen die Summe von un­gefähr IIOO Thlr. jährlicher Beiträge gezeichnet.

Ausland.

Frankreich.

Paris, 29. Juni. Aus Algier sind sehr ernste Nachrichten eingetroffen. In der östlichen Provinz ist ein bedeutender Aufstand ausgebro­chen. Mehrere der angesehensten Stämme em­pörten sich im Augenblicke, wo man es am wenigsten vermuthete, und der Aufstand ver­breitete sich rasch weiter. Man besorgt, daß die in der Division von Constantine stehenden Trup­pen, selbst mit Hülfe der Subdivision von Bona, nicht im Stande seyn würden, die aufständische Bewegung zu unterdrücken. Der Kommandant jener Provinz verlangt eine Verstärkung von 10,000 Mann. Die Expedition von Kabylien, welche gegenwärtig im Gange ist, gestattet nicht, aus den übrigen Theilen der Kolonie Truppen herauszuziehen. Es würden also die Verstär­kungen aus Frankreich geschickt werden müssen.

Großbritannien.

London, 26. Juni. DerGlobc" bat ein Privatschreiben aus Port au Prince, wonach Kaiser Faustin seine Zustimmung dazu gegeben, daß Prinz Bobo, Oberkammerherr seines neuen Hofes, sich um die Hand der Lola Montez be­werbe; eine eigene Gesandtschaft soll zu dem Ende nach New-Aork gehen, um für den Prin­zen um ihre Hand zu werben.

Am erika.

Die mehrerwähnte New-Aorker Kunst- und Industrie-Ausstellung ok all untioiis wird, laut Beschluß der Direktion, am 2. Mai 1853 eröffnet werden. Durch Dekret des nordame­rikanischen Hauptzollamts ist das Ausstellungs- Gebäude zu einem zollfreien Entrepot erklärt. Die Aktien zum Bau des Gebäudes sind bereits sämmtlich untergebracht. An dem Zustandekom­men des Unternehmens ist nunmehr kein Zweifel.

T ü r k e y.

Die Auswanderung der Christen aus Bos­nien ist bereits Gegenstand einer diplomatischen Verhandlung zwischen Oestreich und der Pforte geworden. Oestreich ist zwar den Auswande­rungsplanen der Bosnier nicht sonderlich geneigt, nimmt aber das Recht in Anspruch, verfolgten Christen eine Freistätte zu gewähren.

Miszellen.

Brand der Amazone

in der Nacht des 5. Januar 1852.

Wem es wie uns begegnete, daß er die schauer­lichen Berichte des Seeunglückes las, das zu Anfang dieses Jahrs Statt Hatte, während der nächtliche Sturm an seine eigenen Fenster rasselte und die Ziegeln von den Dächern schleuderte, der wird wohl nicht in den Spruch des Egoisten Ovid eingestimmt haben, wenn er singt:

tzuu.m.jllvat immitos veritos auäiro oubantem! (Lieblich hört sich imBett das gräuliche Toben der Winde.)

Man brauchte keinen Bruder, keinen Freund auf der See zu haben, und doch mußte einem das Herz bluten bei dem Gedanken an die Unglücklichen, welche, durch den jähen Feuerlärm aus den Betten gerissen, nur den zweifachen Tod, in den Flammen oder in den Wogen, vor Augen hatten, dem auch leider die Meisten unterlagen. Soweit sich jenes traurige Ereigniß bis jezt aus den verworrenen Schilderungen der Augen­zeugen überblicken läßt, war Folgendes die Geschichte desselben:

Am 2. Januar Nachmittags 4 Uhr segelte das neuerbaute Dampfschiff "Die Amazone» aus dem Hafen von Southampton ab, um seine erste Fahrt nach St. Thomas auf der Insel Jamaika anzutreten. Es war das größte, aus Holz gezimmerte englische Dampfboot, hatte 310 Fuß Länge, eine Dampfkraft gleich der von 800 Pferden, ein Tragvermögen von 3000 Tonnen. Seine Erbauung hatte über 100,000 Pfund gekostet; es war zu seinem ersten Ausflug mit 50 Passagieren und einer Ladung im Werth von 100,000 Pfund Sterling befrachtet. Wind und Wetter waren günstig, die Passagiere in der besten Stimmung, theils den prachtvollen Bau des riesigen Bootes, theils die Schnelligkeit seiner Bewegung bewundernd. Am 5. hatte man den Eingang des irischen Kanals erreicht, und man machte sich schon Rechnung, die Fahrt in 13 bis 14 Tagen zu beenden. Da geschah es Nachts auf 1 Uhr, daß die Matrosen der Nachtwache die Flamme aus einer Lucke des Mitteldecks Hervorbrechen sahen. Das Allarmsignal wurde gegeben: Schiffsbe­mannung und Passagiere stürzten auf's Verdeck und sahen bald den ganzen Mitteltheil des Schiffes über und zwischen dem Radkasten in lichten Flammen. Der Brand war, nicht wie man Anfangs glaubte durch eine Ueberheizung der Maschine, sondern durch eine Unvor­sichtigkeit in der Oel- und Talgkammer herbeigeführt worden. Die Masse brennbaren Stoffes in der Um­gebung der Maschine, das viele frische Pech und das neue Fichtenholz des Schiffes verursachten ein so furcht­bares Ueberhandnehmen des Feuers, daß der Gedanke an eine Rettung des Schiffes sehr bald aufgegeben werden mußte.

Als der Feuerruf ertönte, dampfte die Amazone eben gegen den Wind, wodurch der Rauch und Qualm nach dem Hinterdeck getrieben und dem wackeren Ka­pitän das Lenken des Steuers fast unmöglich gemacht wurde. Dieser Ehrenmann, Kapitän Symons, war vom ersten Augenblicke an auf dem Punkte der Gefahr; mit merkwürdiger Kaltblütigkeit und Geistes­gegenwart gab er den Befehl zum Wenden. Dieses gelang ; aber die verdoppelte Schnelligkeit des Schiffes, das nun vor dem Winde daherflog, machte die Flam­men vollends übermächtig, und als man die Maschine zum Stillstand bringen wollte, hinderten Qualm und Hize jede Annäherung. So blieb nichts übrig, als die Rettungsboote auszusezen. Deren waren sieben, aber sie waren unzweckmäßig festgemacht und das Losbringen derselben nahm viele Zeit weg Die beschleunigte Be­wegung des Schiffes erschwerte das Aussezen der Boote ungemein, so daß die beiden ersten alsbald umschlugen und die armen Flüchtlinge, die sich schon gerettet glaub­ten, in den Wellen versanken.

(Fortsezung folgt.)