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unter das väterliche Dach zurückkehrte, verbreitete sich das Gerücht, ein junger, schöner Midshipman vom Bord eines wider die Schmuggler kreuzenden Kriegs­schiffes habe ihr Herz erobert.

Wie dem sey, jedenfalls kehrte Jenny als ein verändertes Wesen zu ihrem Vater zurück. Die grünen Wiesen, denen sie so gut gewesen, die junge Hafersaat, die sie so gern gesehen, die Kühe, die sie lieb gehabt und selbst gemolken, die Gespielinnen ihrer Kindheit, die in schlechten Kleidern redlich an ihr hingen Al­les das war ihr von Grund der Seele zuwider. Der Lärm und die Unreinlichkeit der Landwirthschaft eckelte sie an, und ihr Geschick dünkte ihr ein sehr unglückli­ches. Jenny hatte glänzende Zimmer gesehen und in der Stadt mit sogenannter guter Gesellschaft verkehrt. Mehrere ihrer Mitschülerinnen waren Edelfräulein, die ihre Verachtung alles Bürgerlichen keineswegs ver­hehlten und die arme Jenny mit den Kühen und Dün­gerwagen ihres Vaters so lange quälten, bis Jenny in der Angst ihres Herzens wünschte, cs möchte gar keine Kühe und Düngcrwagen in der Welt geben. Auch der junge Midshipman fand es unbegreiflich, wie ein so allerliebstes Mädchen die Tochter eines Mannes seyn könne, der Zeit seines Lebens hinterm Pfluge hcr- gegangen, und während er, im Fall ihr Vater ein wettergeprüfter Seemann gewesen wäre, ihre Schön­heit für ihr Geburt^recht erklärt haben würde, erklärte er sie jezt für eine seltsame Ausnahme.

Das väterliche Herz des alten Peter Mowbrap wurde ihm schwer, als er seine Tochter sich kümmern und härmen sah, ohne daß er wußte, warum. Dann und wann lud er die Nachbarn zu einem geselligen Lanze; er meinte, das werde seine Jenny aufheitern. Aber es heiterte sie nicht auf; schweigsam und ver­drießlich saß sie im Winkel, bis die Nachbarn fort waren. Da kaufte ihr der Vater schöne bunte Kleider; er hoffte, die würden ihr Freude, sie wieder zu der frühern fröhlichen Jenny machen. Sie nahm die Klei­der und dankte dem Vater kaum, schonte sie nicht oder ließ sie unberührt liegen. Endlich beschwor er sie bei seinem grauen Haar, ihm zu sagen, was sie heiter und glücklich machen könne, und von seinen Bitten ge­drängt, gestand sie, daß sie nur wieder heiter und glücklich werden könnte, wenn er seine Pachtung auf­gäbe und mit ihr nach Lyme in die Stadt zöge. Da­rauf war der ehrliche Pächter nicht gefaßt. Jenny wußte, wie gern er Landwirth war, wie lieb er seine Pachtung hatte. Wovon der Verstand abrieth, dazu drängte das Herz; lange schwankte er, welchem er folgen solle; zulezt folgte er dem Herzen. Zu ungün­stiger Zeit verkaufte er die Pachtung sammt Inventar und Allem, was sein war, wandte mit thränenden Augen der Wirthschaft den Rücken und zog mit der fröhlichen Jenny nach Lyme in die Stadt, hier von dem zu leben, was er in der Bank angelegt.

Nicht lange, so entdeckte Jenny, daß Glück und Heiterkeit nicht unbedingt in der Stadt, in der Stadt so selten wohnen wie auf dem Lande. Ihre vorneh­men Freundinnen waren Damen geworden, die sie ent­weder ganz übersahen, oder »wenn sie zu ihr kamen,

über den bäurischen Vater lachten. Und obwohl der junge Midshipman sie zärtlich liebte, konnte er doch nur wenig bei ihr seyn.

Damit fing Jenuys Unglück an. Eines Tages gerieth ganz Lyme in Bewegung. Es hieß, die Bank, dieselbe Bank, in welcher Peter Mowbray und gleich ihm viele Andere ihr Alles angelegt, habe die Zahlun­gen eingestellt. Jenny begriff, was ihr und ihrem Va­ter drohte. Der Vater war nicht zu Hause; Jenny eilte, ihn zu suchen. Sie wußte, wo sie ihn finden werde, und sie wollte ihn antreiben, seine Forderung geltend zu machen, ehe wirklicher Bankerott einträte. Sie fand ihn, wo sie ihn suchte, und wo er seit eini­ger Zeit am häufigsten war in einer Bierstube ne­ben einem Krug Ale, kaum fähig, die Gefahr einzuse­hen, die ihm drohte. Jenny trieb ihn fort; taumelnd vermehrte er den Haufen der Unglücklichen, die sich an der Thüre der Bank versammelt, und in weniger als einer Stunde kam er nach Hause, nüchtern, aber ein Bettler.

(Fortsezung folgt.)

Ein Eisenbahnabenteuer.

Ein ziemlich sonderbarer Fall ereignete sich jüngst auf einer englischen Eisenbahn. Eine junge, elegant gekleidete Dame, etwa 24 Jahre alt, auf dem Arm ein kaum 2 Monate altes Kind, stieg in das Coupe eines Wagens in dem bereits zwei Herren Plaz genommen- Während der Fahrt knüpften die drei Personen ein Gespräch an, das sie mehr und mehr näherte und das bereits so vertraut geworden war, daß die Dame den Äuth hatte, auf einer der Zwischenstationen einen der Herren zu bitten, ans einen Augenblick das kleine We­sen zu hüten. Die Bitte wurde galant erfüllt, allein die Dame kam nicht wieder. Man denke sich die Lage der Herren mit dem schreienden Kleinen. Bei genauerer Untersuchung fand man bei dem Kinde 2 Zehnpsund- noten und einen Brief, in dem stand, daß man das Kind seiner Zeit in der »Times" reklamiren werde.

Der »Corsaire" enthält Folgendes: »In England, wo es keine Verkündiger des Socialismus giebt, auch keine Leute, die eine Zwangsassociation begehren, be­stehen 14,000 Vereine für wechselseitige Unterstüzung, mit einem jährlichen Einkommmen von 70 Mill. Frs. und einem Gesammtkapitale von 160 Mill- Francs. Zn Frankreich, wo der Socialismus seine Dokto­ren, seine Apostel, seine Zeitungen und seine Redner­bühne hat, giebt es etwa nur dreißig Vereine von Köchen, die gerade nicht sehr einig sind, und blos ge­liehene Bratpfannen und viele Schulden bcsizen."

Gold-Course.

Stuttgart, den 15. Juli 1850. Würitemberg. Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr. Andere Dukaten ....... 5 fl. 40 kr.

Neue Louisd'or........ 11 fl. 6 kr.

Friedrichsd'or . ... 9 fl. 50 kr.

Holländische 10 ff. Stücke . . . . 9 fl. 48 kr. 20 Franks-Stücke.9 fl. 36 kr.

Redaktion, Druck und Verlag der M e e h'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.