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die Ablösung schon jezt erklären wollen, so ist hievon dem Oberamte Anzeige zu machen wel­ches eine Bescheinigung hierüber auszustellen hat. Die Erklärung der Grundbesizer wird in der Art herbeigeführt, daß der Ortsvorsteher, sobald einer oder mehrere Besizer zehentpflichtiger Gü­ter darauf autragen, einen Durchgang aller üb­rigen Besizer solcher Güter veranstaltet und das Resultat dem Gemeiuderath vorlegt, welcher zu untersuchen hat, ob die Besizer von zwei Drit- theilen der zehcntpflichtigen Güter sich für die Ablösung ausgesprochen haben. Ist dieses der Fall, so macht der Ortsvorsteher dem Oberamte davon Anzeige,, unter Bemerkung des Tages der Bornahme ins Durchgangs.

Das Oberamt hat sofort dafür zu sorgen, daß der dießjährige Zehentertrag solcher Mar­kungen in derart ausgenommen wird, daß er nach den Pressen, welche das bevorstehende Ze« hentablösungs-Gesez in Gemäsheit des Art. 19 des Gesezes vom 14. April d. I. festsezen wird, in Geld berechnet werden kann. Wo der Zehen­ten von den Pflichtigen in Geld oder in ver­tragsmäßig bestimmten Frucht-Quantitäten ent­richtet wird, bedarf es keiner besonder» Vorkeh­rung, und es ist auch da, wo bisher gewöhnlich Natural-Einzug Statt fand, zu empfehlen, dann, wenn die Zehentablösung angemeldet ist, für die­ses Jahr überein Geld- oder Frucht-Surrogat sich zu vereinigen. Wenn aber eine solche Ver­einigung nicht zu Stande kommt und Natural- Einzug Statt findet, ist der Zehentertrag auf die möglichst einfache und sichere Weise unter Beiziehung von Vertretern der Berechtigten und Verpflichteten festzustellen, was bei Fruchtzehen­ten am einfachsten durch Einschäzung, wie sie zum Zweck einjähriger Zeitverpachtung geschehen würde, bewerkstelligt werden wird.

Die Oberämtcr werden beauftragt, diese Ver­fügung, durch welche das gegenwärtig bestehende Nechtsvcrhältniß keine Aenderung erleidet, son­dern nur eine künftige gesezliche Maaßregel möglich gemacht werden soll, alsbald durch die Jntelligenzblätter bekannt zu machen.

Stuttgart den 17. Juni 1848. Duvernop.

Von vorstehender Ministerialverfügung in Betreff des diesjährigen Zehentbezugs werden hiemit die Gemeindebehörden zur eigenen Nach­achtung und Bekanntmachung in ihren Gemeinden in Kenntniß gesezt.

Neuenbürg, den 2. Juli 1848.

K. Oberamt.

Rronik.

Deutschland.

Vom Neckar, 22. Juni. Aus derOr­ganisation der Arbeit" ist also bei unfern Nach­barn jenseits des Rheines Nichts geworden. Ein glänzenderes Zeugniß der Unfähigkeit hat

sich wohl noch Niemand ausgestellt, als dieso­cialen" Philosophen unserer Tage, die mit ein Paar zauberähnlichen Maßregeln ein wahres Schlaraffenleben herbeizurufen behaupteten, und nun, da sie einige Wochen das Ruder geführt, eine ganze Nation in die entsezlichste finanzielle und industrielle Verwirrung gebrachtdie statt die Arbeit zuorganisiren" sie vernichtet haben, die, statt dem fleißigen Arbeiter die Arbeit zugarantiren" alle Faullenzcr und.Ta­gediebe Frankreichs auf Kosten des gesammten Volkes nährten, und den Führern Gelegenheit gaben, ihrer Sittenlosigkeit und Ausschweifung zu fröhnen! Es wäre freilich ein schönes Ding, wenn Hülle und Fülle überall ohne Arbeit vor­handen wäre; da aber dem einmal, nach der Natur der Dinge auf dieser Erde, nicht so ist, so bleibt eben nichts Anderes, um sich zu nähren, als fleißig zu arbeiten. Ein Gutes haben aber dieNationalwerkstätten": sie haben Denen, wenn sie nicht sehen, handgreiflich gezeigt, wo­hin es führt, wenn die Fauttenzer Herren wer­den. Nur freilich ist die Erfahrung ein wenig theuer, und es kann ein Volk leicht darüber un­tergehen.

Württemberg.

Von den 27 in Frankfurt anwesenden württembergischen Abgeordneten haben für den Erzherzog Johann gestimmt 16: Fallati, Gfrörer, Häßler, Hofmann, Kauzer, Mathy, Moriz Mohl, Robert Mohl, Murschel, Römer, Rämelin, Scho­ber, Schott, Fürst von Waldburg Zeit, Wieß, Wurm; auf Heinrich von Gagern haben gestimmt.: Fezer, Frisch, Nägele, Pfahler, Nödinger, Uh- hand, Bischer; auf Johann Adam von Jtzstein: Hentges, Tafel: der Abstimmung enthalten hat sich Zimmermann.

Preußen.

Posen, ,20. Juni. In . wie kolossaler Weise die Russen zu übertreiben wissen, besonders wenn es sich um die*Stärke ihrer militärischen Streit­kräfte handelt, ist zwar hinlänglich bekannt, in­dessen dürfte es nicht uninteressant seyn, zu ver­nehmen, daß das große, für hunderttausend M. abgesteckte russische Lager bei Kalisch nur von etwa 16,000 Mann bezogen worden ist. Zwar heißt es nun, daß der übrige Theil der Armee plözlich Befehl erhalten habe, gegen die krakaui- sche Grenze vorzurücken, indessen weiß man schon, wie viel, oder vielmehr wie wenig auf derglei­chen Nachrichten zu sezen ist. Es ist überhaupt hiernach wahrscheinlich, daß die im Königreich Polen zur Zeit konzentrirte russische Armee über­haupt weit hinter ihrer angegebenen Stärke zu­rückstehe, und daß sie ausschließlich die Aufgabe habe, die Grenzen zu decken und jeden etwaigen Aufftandsversuch der Polen im Innern nieder­zuhalten. Das Land ist übrigens jezt vollständig, ja man kann sagen, hermetisch verschlossen, denn Niemand, er mag Pässe besizen oder nicht, wird ein-oder ausgelassen.