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„Aber da ich zuerst gesprochen habe, verlang' ich den Vortritt. Vorwärts Champagner!"
Der Soldat gehorchte. Während die Ankleidung Statt fand, sagte Monot: „Ich muß ein Gewehr in jede Hand haben. Untersucht die Steine und sorgt, daß sic gut sind."
Die Unteroffiziere und Soldaten hatten Anfangs geglaubt, der Lieutenant scherze. Als sie sahen, daß er Ernst machte, baten sie ihn dringend, von seinem gefährlichen Vorhaben abzustehen. „Seyd ohne Sorgen für mich, Freunde!" entgegnete der Offizier; „schwöret mir nur, keinem Menschen von der Sache etwas mit- zutheilen."
Die Soldaten versprachen es, und Monot marschirte mit seinen Gewehren ab. Ans dem Posten angelangt, lud er das eine Gewehr und legte cs auf die Erde, lud das andere und nahm es in den Arm. N'cht lange, so erschien der Mameluk, gab seinem Pferd die Sporen und zog zugleich die Zügel an, daß es stieg. Er warf es nach allen Richtungen herum und schoß dazwischen zwei Pistolen ab.
„Wart, Heuschrecke, ich will Dir Dein Geschwärm vertreiben!" sagte Monot und schoß sein Gewehr nach dem Rener ab, obwohl er wußte, daß er ihn nicht erreichen konnte. Der Reiter sezte sofort sein Pferd im pfeilschnellen Lauf nach der Schildwache. Monot vertauschte ruhig sein abgeschofsenes Gewehr mit dem geladenen, inahm seinen Feind aufs Korn und jagte ihm eine Kugel durchs Herz in dem Augenblick, wo derselbe die dritte Pistole ergriff. A f den zweiten Schuß kam der Sergeant mit etlichen Männern herbei. Monot hatte seine beiden Gewehre wieder geladen und ging mit dem einen im Arm auf und ab. Die Angekommencn liefen nach dem gefallenen Mameluken, nahmen ihm Kleider und Waffen ab, suchten aber vergebens das schöne Pferd zu erhaschen, welches nach der Stadt zurückgerannt war. Sie lösten ihren Lieutenant ab und führten ihn im Triumph auf ihren Posten zurück.
Monot, welcher noch zu St. Amand im Cherdepar- tement (in der Mitte von Frankreich) lebt, hütete sich wohl, die vom Oberbefehlshaber versprochene Rangerhöhung für sich in Anspruch zu nehmen. Zwar wäre es ihm nicht leid gewesen, Hauptmann zu werden, allein, daß ein Offizier Schildwache steht und zumal auf dem verlorenen Posten, ist gegen alle Kriegsregcln und straffällig. Denn der Offizier hat außer dem Gefecht nicht die Gefahr zu suchen, sondern durch Anweisung und Beaufsichtigung seiner Leute das Beste dieser und des ganzen Heeres zu fördern. Monot konnte also nicht in seinen Bericht sezen, daß er den Mameluken getödet habe, sondern mußte melden, der Champagne sei auf
den verlorenen Posten commandirt gewesen, der Mameluk habe sich wie gewöhnlich gezeigt und die Schildwache diesmal mit zwei Gewehren versehen, habe den Kopfabschneider gctödtet.
In Folge dieses Berichts wurde der steife Champagner zum Corpora! befördert.
Der herzogliche Hirschfänger.
Eberhard Ludwig, Herzog zu Württemberg, hatte emes Tags das Unglück, auf einer seiner Lieblingsjagden, durch die er seinen Sommeraufenthalt auf seinem Lust- schloffe A. zu verherrlichen pflegte, seinen Hirschfänger zu verlieren, an dem er so ganz mit Leib und Seele hieng, daß ihm keine Gnade zu hoch schien, um sie dem anzubieten, der ihm denselben wieder herbeischaffen würde. Wälder und Felder wurden von unzähligen Händen durchsucht, — Schaaren von Jägern und Landleuten forschten nach dem Lieblingsgewehr des Fürsten; aber jegliche Mühe war vergebens; der Hirschfänger war nirgends mehr zu entdecken.
Eine Summe von hundert Gulden, oder eine Gnade anderer Art war der bestimmte Dank für den redlichen Fi - der.
Acht Tage waren nun unter fruchtlosen Nachforschungen verschwunden, als früh Morgens ein schlichtes Bäuerlein an der Wache des Schlosses erschien, das den köstlichen Hirschfänger gefunden zu haben vorgab. Der wachthaltende Soldat, dem das schlichte Männchen zur rechten Stunde kam, weil er bei dieser Gelegenheit einige Gulden in die Ficke zu kriegen und die anscheinende Einfalt desselben zu prellen gedach'e, — drang in den clben, erst mit guten, freundlichen Worten, und dann mit Drohungen, ihm ein Viertel an der so leicht verdienten fürstlichen Gnade zu überlassen. „Nur von mir," sprach er mit der anmaßenden Miene eines bedeutenden Mannes, „von mir hängt es ab. Dir den Zugang zu dem Herzog zu gestatten, oder aber dich als einen Betrüger in Verhaft nehmen zu lassen, der, Gott weiß, auf welchem Wege zu dem Hirschfänger gelangt ist."
Tiefes Nachdenken heuchelnd, gab endlich das Bäuerlein dem unverschämten Prahlen des Schnurrbarts nach, der sich bereits auf die süße Gurgclwäschc freute, die er sich mit seinem Aniheil an der fürstlichen Gnade bereiten wollte, und dem Bauern in dieser Hestern Aussicht die Schloßpfortc öffnete.
„Woher, Bauer?" rief ihm auf der ersten Treppe im Schloß ein Herrchen entgegen, das in eitel Seide g kleidet, mit einem Bündel Papier unter dem Arm, leichtfüßig die Treppe hcrabgcflaitert kam. Der Bauer bekehrte ihn von der Ursache seines Besuchs.