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Politur in allen Kenntnissen und eine nonchalante Ver­trautheit im Umgang, Allen angenehm und Manchem erträglich geworden, und hatte er dadurch de» Baron bis zur Verblendung bestochen, so war er als Erzähler wirklich eminent. Die lebhaften Farben, womit er seine Beschreibungen ausschmückte, lieh einer noch so einfa­chen Erzählung Reiz und Interesse, und wenn er wollte, wie das gegenwärtig der Fall war, io konnte er den gleichgültigsten und abgespanntesten Zuhörer durch das Feuer seiner Sprache und die Wahrheit seiner Dar­stellung in Aufregung bringen.

Ein Ausruf des Abscheues nnd der Entrüstung ent­fuhr zugleich jedem der Zuhörer, .als er die vorer­wähnte Begebenheit zu Ende erzählt hatte. Tausend Verwünschungen wurden auf das Haupt des unglückli­chen Jünglings gehäuft, der, nach den von Carl an­geführten Umständen, klar und unwidersprechlich als Boll- Mrer des gräßlichen Mordes einstimmig erklärt wurde. Des Doktors Lheilnahme war zwischen dem Erzähler und seiner Mittheilung schwankend, doch er vermied jede Äeßerung.

»Dieser Exekution möchte ich selbst beiwohnen, die Todesqualen eines solchen Unmenschen könnten mich zu keinem Mitleid bewegen, sprach der Fürst von Olsebach, ein junger russischer Edelmann, nahm eine Prise Taback und überreichte artig dem Nachbar seine kostbare Dose, ein Juwel, das durch die Pracht seiner Steinfaffung die Augen blendete. »Hätte ich den Unglücklichen auf meinen Befizungen, ich würde ihn rädern lassen.

»Das verdiente er auch, der herzlose Kannibale," stimmte ein Anderer der Gäste bei.

»Möge ihm sein Lohn im andern Leben werden!" rief Carl heftig aus.

»Nicht doch," entgegnete der alte Baron darauf ge­lassen, »das wäre zu weit gegangen; aber gestehen Sie nur mein Lieber! Ihr Eifer für das Güte erhizt Sie," und hiebei klopfte er Carl gutmüthig auf die Schulter.

So hatte man sich über manche Gegenstände friedsam und heiter verbreitet, nur Doktor Leyden verharrte in seinem nachdenklichen Schweigen. Die Trennungsstunde war endlich gekommen, und dem Vorränge nach brach der Fürst zuerst auf. Ehe er wegging, erbat er sich seine Tabacksdose zurück. Der Nächstsizende, dem er sie zuerst präsentirt hatte, erklärte, selbe seinem Nachbar über­geben zu haben und so nach der Reihe, aber Niemand aus der Gesellschaft konnte darüber Rede stellen; Jeder hatte die Dose gesehen, Jeder in Händen gehabt, und doch konnte keiner sie vorweisen. Das Zimmer war ge­schlossen, von der Dienerschaft war Niemand herein­gekommen, die Thüren waren nicht geöffnet worden und Niemand war vom Tische aufgestanden, die Sache fing an ernsthaft und bedenklich zu werden, der alte Baron fühlte feine Ehre verlezt, hoffte jedoch im Stillen, es möchte nur ein übelangebrachter Scherz sein, und mit unterdrückter Aufwallung sagte er:Meine Herren Je­mand von Ihnen hat ohne weiteres die Dofe versteckt, wahrscheinlich, um unserm erlauchten Freunde hier ei­nen Schreck einzujagen, den er bald als Züchtigung verdient für die Sorglosigkeit, nicht genug ein Juwel zu beachten, das an seine 50,000fl. werth sein mag. Da aber seine Herrlichkeit mit Recht darüber ungehalten scheint, so bitte ich dringend, den Scherz einzugestehen und sie augenblicklich zu retourniren."

Er zwang sich hierbei zu einem Lächeln, als aber Niemand antwortete, sah er mit wachsender Peinlichkeit ein, daß er entscheidender zu Werke gehen müsse und somit fuhr er fort: »Meine Freunde! Es kann Sie nicht beleidigen, wenn ich auf eine Probe antrage, der wir uns Alle unterziehen müssen. Meines Hauses Ehre, wie die eines jeden von Ihnen, steht aus dem Spiele, ich darf das verlangen: wir müssen uns untersuchen lassen! Niemand als der Schuldige kann sich dem Vorschlag wibersezen!"

Leyden sprang hastig auf. »Beim Himmel nein! Eher wollt ich sterben!"

Ein Anderer war derselben Meinung und verwarf das Vorhaben, das wenigstens Zweifel und Mißtrauen folgern ließ.

Der Baron erbleichte vor Angst und Verlegenheit und warf einen vorwurfsvollen Blick auf Leyden, der zu sprechen begann:Lassen Sie gefälligst die Thüren schließen," sagte er mit dumpfer Stimme, »und be­wachen Sie selbe wohl." Man gehorchte. »Nun, meine Herren," fuhr er fort, »müssen Sie entweder die Un­fehlbarkeit der von mir anzuwendenden Mittel als richtig bestätigen, oder ich muß mich zum Jünger einer trrüge- rischen Wissenschaft bekennen. Hierauf sei's geschworen!" und somit zog er ein Taschenpistol hervor, »o er­schrecken Sie nicht, meine Freunde! Diese Masse will ich ganz allein gegen mich gebrauchen, und zwar in dem Falle, daß ich der Person Unrecht thun sollte, die ich jezt als schuldig angeben werde. Es wird Ihnen Allen erinnerlich seyn, daß ich mix vor Tisch die Freiheit nahm, mit Ihren Köpfen phrenologische Untersuchungen an- zustellen. Ich hatte dabei im Allgemeinen besonders wenig zu bemerken, und ich darf mit gutem Gewissen jedes jedes meiner Urtheile unterschreiben. Und nur über Einen aus Ihnen schwieg ich, in ihm konnte ich mich nicht irren, ich wünschte ihn nie genannt zu haben, feine Gegen­wart machte mich immer schaudern, so oft ich ihn ansah. Jener Herr, auf den ich anspiele, verräth sich auch schon durch sein Plözlich entfärbtes Angesicht. O versuchen Sie nicht zu lächeln. Ich entweder bin ein Schurke, daß ich mich von einer falschen Theorie irre führen lasse, oder Sie, Carl W...-find einDieb und Mörder; ich wiederhole, ja-ein Dieb und Mörder!

(Fortsezung folgt.)

Räthsel

Meine Mutter ist ein dummes

Doch große WeiSheü fließt aus mi^ ^

Kernenpreise Ln Neuenbürg vom 16. Sepü. 1843.

Der Scheffel:.18 fl. 36 kr.

» » . .16 fl. 30 kr.

,, » . ....16 fl. kr.

,, «, ......... 15 fl. 48 kr.

Durchschnitts - Preis . . 16 ss. 52 kr.

4 Pfund Kernenbrod.14 kr.

Gewicht des Kreuzerwecken 6 Loth.

Ledigirt gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenbürg.