die jungen, feurigen Pferde reißaus. Infolge einer raschen Wendung derselben wurden zwei von den Kindern sogleich aus dem Schlitten hinausgeschleudert, wobei eines derselben, ein bei seinen Großeltern hier auf Besuch befindliches etwa 6jähr Büblein, an einem Läufer des Schlittens mit dem Fuße unglückseliger« weise hängen blieb. In rasendem Galopp rannten dis Pferde nun durch den Ort, die Richtung thalab- wärts gegen Dätzingen einschlagend und das Kind ein grausiger Anblick, hinter sich herschleifend.

Nachdem die Pferde auf diese Weise etwa 5600 m zurückgelegt hatten, wurde das Kind los und konnte merkwürdigerweise einigen zu Hilfe eilenden Männern fast unversehrt, von einigen stärkeren Hautabschür­fungen abgesehen, entgegen gehen, begleitet von einem Mädchen, das mittlerweile ebenfalls aus dem Schlitten geschleudert wurde. Die Uebrigen kamen, nachdem die Pferde zum Stehen gebracht wurden, mit dem Schrecken davon, doch dürfte ihnen die Lust zum Schlittenfahren auf einige Zeit vergangen sein. ^"

Nagold, 3. Jan. Wenn unser Bahnsteig nicht gerade im Lichterglanz erstrahlt, sondern sich in geheimnisvolles Duster hüllt, so empfinden das wohl nicht all« Ankömmlinge in so angenehmer Weise, wie kürzlich ein Besucher unserer Stadt. Er kam eben vom Abendzuge die Staige herunter und sah sich mit einemmale in der Umarmung einer jugendlichen Tochter Nagolds, die sich bei dem -blendenden« Glanz der Be­leuchtung in der lieben Person ihres Romeo getäuscht zu haben schien. Der Pseudo-Romeo machte sie in zartester Weise darauf aufmerksam, daß er nicht der

Angebetete und überdies verheiratet sei!

Stuttgart, 31. Dez. Vor zahreicher Zu­hörerschaft wurde gestern der bekannte Guarnerius- Geigendiebstahl verhandelt gegen den wegen schweren Diebstahls und Unterschlagung angeklagten 29jährigen verheirateten Kaufmann Wilhelm Heinrich Janda von Würzburg. Wie bekannt, entwendete derselbe am 9.

September d. I. abends dem ihm befreundeten Violin­künstler Joseph Hummel aus besten Wohnung, Char­lottenstraße 23, im ersten Stock,in dessen Abwesenheft eine Guarnerius-Geige im Wert von ca. 12000 Die Strafkammer erkannte auf eine Gesamtstrafe von 2 Jahren Zuchthaus und 5jährigen Ehrverlust.

Stuttgart, 2. Jan. In der Neujahrsnacht wurden von der Polizeimannfchaft wegen Ruhestörung,

Händeln, Körperverletzung, Schießen und Abbrennen von Feuerwerk, Widerstands u. dergl. 230 Personen zur Anzeige gebracht. 11 Personen wurden festge­nommen. (Im vorigen Jahr war die Zahl der An­zeigen 136.)

Tübingen, 2. Jan. Ein trauriger Sylvester- Abend wurde der Weingärtnersfamilie L. zu teil.

Am Nachmittag ging der Ehemann gesund ins Feld, um etwas zu arbeiten, wurde aber abends von einem Vorübergehenden auf dem Acker liegend angctroffen.

Letzterer legte den Mann auf einen Handkarren, um ihn nach Hause zu bringen. Unterwegs verschied der Bedauernswerte, der Vater einer zahlreichen Familie ist.

ung des Schlosses, die blühenden Gewächse in Töpfen und Kübeln, welche die schöngeschweifte Freitreppe zierten, an. Spöttisch und verzerrt schienen die hohen Pfeilerspiegel in der mit Teppichen belegten, mit hohen exotischen Pflanzen und weißen Statuen geschmückten Vorhalle ihm sein Bild zurückzuwerfen.

Den Diener, der ihm den Neisemantel abgenommen und ihm beflissen die Thür öffnen wollte, mit einem gebieterischen Wink der Hand zurückweisend, schritt er weiter, von Gemach zu Gemach, durch die Fest- und Gesellschaftsräume, in welchen er die Nachbarschaft zu versammeln, in welchen er auch auserlesene Gäste aus der Hauptstadt zu bewirten gehofft, und durch die Privatzimmer, die er für seinen und seiner Frau Gebrauch, für den traulichen Verkehr der Ehegatten unter einander mit ihren nächsten Angehörigen bestimmt hatte.

Mit vollendet künstlerischem Geschmack, mit der sorgfältigsten Schonung der vorhandenen Formen und Gerätschaften, mit der feinsten Berechnung der Farbenwirkung war hier ein Wohnsitz geschaffen, in welchem die heitere Pracht des medicäischen Zeitalters in glücklichster Weise sich mit allem vereinte, was den Bedürfnisten der neuesten Zeit an Bequemlichkeit und an Behagen entspricht. Die für den besonderen Gebrauch der jungen Schloßherrin bestimmten Zimmer übertrafen aber an Schönheit der Ausstattung alle anderen. Hier waren die zierlichsten Möbel von vergoldetem Holze mit Brokatstoff überzogen, schwellende Ruhebetten, Chauseusen in verschiedenen Formen, eingelegte Tische und Schränke, Teppiche und Vorhänge von köstlicher Farbenpracht; hier zeigte jedes Fenster einen reizenden Ausblick auf herrliche Blumenanlagen, auf den vom dunklem Walde begrenzten See und auf glattgeschorene, sammetartige Rasenflächen. Einige nicht große, aber wertvolle Landschaften und Genrebilder von älteren französi­schen und neueren deutschen Meistern schmückten die Wände; Bronzen, Gläser Ms venetianischem Glase, Meißener Porzellanfiguren und andere reizende Spie-

gebliebenen Offiziere der regulären Armee hatte die Union gute Verwendung. Kautz wurde Regiments­kommandeur, bald nachher Brigade- und später Di­visions-General, als welcher er an verschiedenen Schlachten hervorragenden Anteil nahm. Nach dem Kriege trat er wieder ins reguläre Heer über, in welchem er verschiedene höhere Kommandosteüen be­gleitete. Er war der einzige Deutsche, der es im stehenden Heere der Ver. Staaten zum General ge­bracht hat. Seit einigen Jahren war er pensionierte

Konstanz, 25. Dez. An H. verlieren außer der Neichsbank, dem Neichsbankdirektor Dr. o. Loewe- nich und den Schwiegereltern, die für ihn die Kaution stellten, noch verschiedene Personen große Summen, die sie H. zur guten Verwaltung oder zu anderen Zwecken anvertraut hatten. So werden der Inhaber einer Heilanstalt in der Nähe von Konstanz, ferner die Schwägerin eines Radolfszeller Fabrikanten als geschädigt genannt. Ein Konstanzer Arzt soll 30000 Mark, ein Kreuzlinger Zahnarzt 80000 ^5 verlieren. Der Gesamtverlust an H. wird nahezu eine Million ausmachen. Hiesige Kaufleute oder Banken sind nicht beteiligt. Ueber H.'s Vermögen wurde gestern Konkurs verhängt. Nach einer De­pesche vom Spitalarzt in Wattwyl wird H. mit dem Leben davonkommen.

München. In einer der letzten Nächte fand- zwischen drei Feldartilleristen und etwa sechzig Zivi­listen eine angeblich von den Zivilisten provozierte und begonnene Schlägerei an der Ecke der Gabels­berger- und der Schleißheimerstraße statt. Die Ar­tilleristen deckten sich den Rücken durch ein Haus und hieben, nebeneinanderstehend, auf jeden Eindringenden, los. Von leichteren Verwundungen abgesehen, wur­den vierzehn Zivilisten und ein Kriminal-Gendarm erheblich verwundet und durch die freiwillige Sani-- täts-Kolonne auf die chirurgische Klinik gebracht. Die Artilleristen behaupteten das Feld und erklärten dev» herbeigerufenen Gendarmerie, die Säbel nur gegen die Garantie, daß sie nicht weiter angegriffen würden^ einstecken zu wollen. Einer der verwundeten Zivilisten,, die zumeist übelberüchtigte Leute sind, ist seinen Ver­letzungen erlegen, der Tod eines zweiten wird erwartet»

Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier im kaiserlichen Schlosse vollzog sich in üblicher Weise. Nach dem Empfange der Hofwürdenträger und des militärischen Gefolges wurde Gottesdienst in der Schloßkapelle abgehalten. Im weißen Saale erfolgte darauf dis große Neujahrsdefilierkour, an welcher der Reichskanzler, das preußische Staats­ministerium und die Präsidien des Reichstags sowie des preußischen Landtags teilnahmen. An die Defi- lierkour schloß stch der Empfang der Botschafter und kommandierenden Generale an. Hierauf begab sich der Kaiser zu Fuß zur Paroleausgabe. Nachmit­tags fuhr der Kaiser bei den Botschaftern und dem Reichskanzler vor.

Berlin, 1. Jan. DieNordd. Allg. Ztg."

lereim waren gerade genug vorhanden, um das Auge zu erfreuen, ohne durch Ueberladung zu stören und zu ermüden.

Baron von Warnbeck hatte sich den Augenblick so schön ausgemalt, wo er seine junge Frau in dieses Feenreich einfllhren würde. Im Voraus hatte er den Triumph genossen, wie die im Vaterhause einfach gewöhnte, aber für Glanz und Luxus recht empfängliche Adelheid bewundernd, überwältigt in­mitten dieser Herrlichkeit stehen und ihm, dein Spender derselben, ihre grenzen­lose Dankbarkeit bekunden würde. Jede Schranke, die vielleicht noch zwischen ihnen bestand, mußte vor diesen Beweisen seiner Großmut und Freigebigkeit sinken und wie anders war es nun gekommen! Alle seine stolzen Träume waren nun vernichtet, allein war er zurückgekehrt, und wieder war es weniger Liebe und Trauer um die gestorbene Braut, als Groll und Haß, was seine Seele erfüllten. Es war ihm, als habe sie ihm ein schweres Unrecht zugefügt, als habe sie ihm widerrechtlich einen Besitz entzogen, auf den er einen wohl­begründeten Anspruch gehabt.

Otto von Warnbeck war der jüngere von zwei Söhnen des Besitzers von Falkenhorst und Blankenfelde gewesen und hatte in seiner Kindheit und ersten Jugend wenig glänzende Aussichten gehabt, da die Güter ein Majorat bildeten, und für die jüngeren Kinder iin Familienstatttt nur eine mäßige Rente bestimmt war. Den Traditionen seines Hauses gemäß, ward er Offizier, zeichnete sich durch seine schöne Erscheinung, seine Gewandtheit in allen körperlichen Hebungen aus, war Sieger bei allen Rennen, ein bevorzugter Tänzer, ein Günstling her den Damen. Er genoß das Leben in vollen Zügen; man erzählte sich von Schulden in ganz ansehnlicher Höhe, die der alte Majoratsherr widerwillig ge­nug für seinen Zweitgeborenen bezahlt hatte, und prophezeite ihm eines Tages einen unfreiwilligen Abgang, wenn sein als etwas haushälterisch bekannter Bruder:

Schwieberdingen, 2. Jan. In der Syl­vesternacht wurden in Schwieberdingen auf das Wohn­haus des Schultheißen Zoller drei scharfe Schüsse abgefeuert. Eine Kugel blieb im Bett stecken und eine andere ist über dem Kopf des Kindes in die Wand eingedrungen. Die Thäter sind noch nicht ermittelt.

Winterbach, 2. Jan. Gestern Nacht, '/« nach 11 Uhr ertönte das Feuersignal. Es brannte das Haus des Joh. Keeser und stand in Hellen Flammen. Ein Nachbar bemerkte das Feuer zuerst und konnte noch frühzeitig die Bewohner des Hauses wecken. Es konnte noch ziemlich viel gerettet werden. Das Haus ist bis auf die Grundmauern niederge­brannt. Die Feuerwehren von Rohrbronn, Hebsack, Geradstetten und Grunbach waren schnell zur Stelle. In der Sylvesternacht vor 33 Jahren ist dasselbe Haus niedergebrannt.

Heilvronn, 31. Dez. Gemäß einer Ordre vom 11. ds. werden die Berittenen der Feldartillerie einen abgeänderten Säbel und eine Kuppel nach dem Muster der Dragoner erhalten. Es fällt somit der Schweberiemen, welchen die Artilleristen bis jetzt trugen, weg. In Zukunft werden die Berittenen dieser Waffe wie die übrigen Kavalleristen den Säbel beim Reiten nicht mehr am Lederzeug, sondern an der hiezu am Sattel angebrachten Tasche bei sich führen.

Heubach, 30. Dez. Am heiligen Abend eilte die Frau des Geschäftsführers Bez die Treppe hin­ab, um ihrem aus Ulm zurückgekehlten Sohn, einem Unteroffizier, die Hausthüre zu öffnen. Auf der untersten Stufe der frisch ausgewaschenen und teil­weise übereisten Treppe glitt die Frau aus und fiel so unglücklich, daß sie einen Schädelbruch erlitt, in­folgedessen sie heute früh starb.

Unterdeufstetten OA.Crailsheim, 3.Jan. Ein gräßlicher Unglücksfall hat sich in der Sylvester­nacht hier ereignet. Der Wagner Joh. G. handirte in der Wirtschaft des Jos. Rupp mit seinem scharf geladenen Revolver und schoß dabei den Wirt in den Unterleib, der schwerlich mit ^ dem Leben davonkommen wird. Beide sind verheiratet und jeder Vater von 3 Kindern. Rupp ist ein allgemein beliebter und geachteter Mann und es wendet sich ihm und seiner Familie die größte Teilnahme zu. Ueber den Thäter wird hart geurteilt.

Aus Baden, 2. Jan. In Seattle, Was­hington, Vereinigte Staaten, ist der General Aug. Val. Kautz im Alter von 67 Jahren gestorben. Kautz ist in Jspringen bei Pforzheim geboren und 1832 mit seinen Eltern nach Nordamerika ausge­wandert. Den mexikanischen Krieg 1845/47 machte er als Freiwilliger mit und trat hierauf in die Bundesarmee ein, in welcher er es bis zum Kapitän gebracht und manchen harten Strauß mit den In­dianern der Prairie bestanden hatte, als der Bürger­krieg 186165 ausbrach. Für die wenigen treu