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schreibt: Gegenüber verschiedenen in der Presse auf- getauchten Behauptungen, wonach der preußische Ge­sandte in Stuttgart bei einem dort vorgekommenen Duell als Sekundant oder Zeuge fungiert haben soll, können wir nach unfern Informationen Mitteilen, daß Herr von Holleben bei dem fraglichen Zweikampf irgend welche Funktion nicht ausgeübt hat.

Paris, 1. Jan. Bei dem Neujahrsempfang im ElysS brachte der russische Botschafter Baron v. Mohrenheim als Doyen des diplomatischen Corps, dessen Glückwünsche für das Wohlergehen des Prä­sidenten Faure zum Ausdruck. Er sagte u. a.: Möge Frankreich, dem allgemeine Sympathie und Achtung entgegengebracht wird, die Erfüllung der Glückwüunsche insbesondere in dem endgiltigen Obsiegen der heiligen Sache des Friedens finden, der es unaufhörlich und so edelmütig machtvolle Unterstützung geliehen hat, wodurch es für seinen Teil in reichem Maoße und dazu beitrug, der dankbaren Welt das hohe Gut des Friedens zu sichern. Präsident Faure erwiderte u. a: Es ist mir angenehm, daß die lange Anwesenheit des Barons von Mohrenheim als Botschafter in Paris diesen dazu bestimmte, mir dis Glückwünsche auszu­drücken. Ich schätze mich glücklich, in so gerechter und beredter Weise die Werke der Regierung der Repu­blik und die Gefühle würdigen zu hören, von denen ihre Politik geleitet wird. Dergleichen Wünsche, nach dem Einvernehmen und der Einigung, von denen die Mächte sich beseelt zeigen, rechtfertigt das Vertrauen, welches Sie mir so fest an der Schwelle des neuen Jahres bezeigen. Dies Vertrauen wird noch gefestigt durch die ausgezeichneten Beziehungen, welche zwischen Frankreich und den übrigen Mächten bestehen, übrigens nicht die einzigen Bürgschaften, welche das verflossene Jahr gesichert hat für den Frieden der Welt. Die Mithilfe Frankreichs wird niemals den Werken fehlen, welche bestimmt sind, die Nationen und Regierungen in dem gemeinsamen Gedanken der Gerechtigkeit und der hochherzigen Sympathie für den Frieden zu ver­einigen.

Der Kaiser von Rußland hat an den Prä­sidenten Faure folgendes Telegramm gerichtet:An­läßlich des Jahreswechsels ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen meine aufrichtigen Glückwünsche darzubringen und Ihnen meinerseits wie auch im Namen der Kai­serin die besten Wünsche für die Wohlfahrt Frank­reichs auszusprechen. Unter den angenehmsten Er­innerungen des soeben verflossenen Jahres wird die­jenige an die reizvollen Tage, die ich in Ihrem schönen Vaterlande verlebte, unauslöschlich bleiben.

gez. Kaiser Nicolaus II."

Paris, U Jan. Wie aus Pont l'Evsque gemeldet wird, ist der Bankier David mit Hinter­lassung eines Defizits von nahezu einer Million flüchtig geworden. David soll falsche Wechsel in sehr be­deutendem Betrage in Umlauf gesetzt haben. Das Nizza er Zuchtpolizeigericht hat den Hotelier Schuh­mann, der am 15. Novbr. v. I. den Liebhaber seiner

Frau, den bayer. Grafen Montgelas mit einem Re­volver ziemlich schwer verwundet hatte, zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Vermischtes.

(Eine geheilte Spiritistin.) Der Straßb. P. schreibt man aus Paris: Eine begüterte Witwe in Paris» die sich dem Spiritismus ergab, wurde von einer angeblichen Freundin und einem Medium in merkwüridiger Weise ausgebeutet. Das Medium erklärte nämlich, daß die Witwe in einer früheren Existenz" die Königin Elisabeth von Eng­land und ihre Fbeundin Maria Stuart gewesen sei. Das Schicksal führe beide Frauen jetzt wieder zu­sammen, damit Elisabeth die von ihr befohlene Hin­richtung der Maria Stuart wieder gut machen könne. Auf dieses Orakel hin zögerte die Witwe nicht, ihrer jüngeren Freundin alles zu Gefallen zu thun und ihr bedeutende Summen Geldes vorzustrccken. Damit nicht zufrieden, warf sich diere'i'ncarnirte" Maria Stuart zum MeLium auf und erklärte, daß der Neffe ihrer Freundin Niemand anders sei, als Bothwell, der zweite Gatte der Maria Stuart, und daß daher Elisabeth ihre Verbindung nicht verhindern dürfe. Die Witwe fuhr fort, die Sünden der Königin von England zu büßen und gab dem jungen Paare Geld zu einem Ausflug nach der schottischen Heimat. Erst in ihrer Abwesenheit sing sie zu zweifeln an und befragte ein drittes Medium, das ihr den guten Rat gab, sofort den Polizeikommissar in Bewegung zu setzen. Sie befolgte den Rat und erfuhr alsbald, - die reincarnirte Maria Stuart eine bekannte Hochstaplerin sei. Vom Spiritismus dürfte die Dame für immer geheilt sein.

Wie alt ist die Erfindung desGla- fes? Nach der asten Erzählung des Plinius soll das Glas von Phöniziern erfunden worden sein, die durch Sturm an die Mündung des Flusses Belus vertrieben wurden. Als sie am Rande dieses Flusses, der sich in das Mittelländische Meer ergießt, im Sande ihre Speisen kochten, sei (so berichtet Plinius) durch Schmelzen dieses Sandes das erste Glas ent­standen. Diese Fabel hat ihren Anlaß jedenfalls in der Thatsache gehabt, daß an der Mündung jenes Flusses ein Sand gefunden wurde, der sich sehr gut zur Glasfabnkation eignete, und dazu nicht nur im Altertum, sondern noch bis in das späte Mittelalter benutzt wurde. Thatsächlich aber ist das Glas viel älter, als das Volk der Phönizier. Die ältesten Denkmäler der Glasmacherei finden sich im alten Wunderlande Egypten. Die Egyptologen sind zu un­einig über die Chronologie der egyptischen Geschichte, als daß man genauer sagen könnte, in welche Zeit der Beginn der Glasmacherkunst mit Sicherheit ge­setzt werden muß, aber aus Inschriften kann man den Schluß ziehen, daß diese Kunst schon 4000 bis 6000 Jahre alt ist. Menes, der um das Jahr 5000 v. Chr. lebte, soll die Stadt Memphis angelegt haben.

und die ältesten Mumien aus Memphis tragen GlaS- verzierungen Ganz sicher ist die Glasbläserei dar­gestellt an den Wänden der Grabkammern in Pakkara aus der Zeit der 5. Dynastie, die um das Jahr 3900 v. Chr. regierte. Die Pyramiden sollen um das Jahr 2500 o. Chr. errichtet worden sein und zu dieser Zeit hatte die Glasfabrikation schon einen hohen Grad der Entwickelung erreicht, denn man fand in den Grabkammern der Pyramiden Glasperlen, gläserne Trinkgefäße, gepreßte Götter- und Tier­gestalten aus Glas, ja sogar Mosaiken und gefärbte Gläser als Nachahmung von Edelsteinen, so daß man Bewunderung empfinden muß vor jenen so alten und doch so bedeutenden Leistungen.

Ein Riesenbaum. Ein wahres Unikum von einer Tanne wurde letzte Woche im Ertinger Gemeindewald gefällt. Der untere Durchmesser be­trägt 2 Meter, in der Höhe von einem Nieter teilte sich der Stock in 7 Stämme, das Meßgehalt des Ganzen beträgt gut 23 Fcstm. Das aufbereitete Scheiteiholz ergab 28 Raummeter, rechnet man dazu noch den im Boden sitzenden kolossalen Stock samt Wurzel und Astwerk gering geschätzt nur zu 6 Raum­meter, so beträgt das aufbereitete Quantum Brenn­holz dieser Rusenfamilie auf einen Stamm insgesamt 34 Raummeter.

Litterarisches.

Die Annoncen-Expedition Hassen st ein und Vogler A. G. hat wieder ihren Zeitungskatalog nebst Notizkalender, gleichsam als Weihnachtsgabe für das inserierende Publikum, in der 31. Ausgabe erscheinen lassen. Den alten treuen Freunden dieser Weltfirma wird die Herausgabe des vornehin aus­gestatteten Bandes wie bisher auch diesmal willkom­men sein und gewiß neue Anhänger erwerben. Das von Woche zu Woche anwachsende Material, welches über das gesammte Zeitungswefen, nicht nur des deutschen Reiches und der europäischen Länder, sondern aller Weltteile Auskunft giebt, ist, nach den inzwischen vorgekommenen Acnderungen, berichtigt, durch alle Neuerscheinungen ergänzt und so übersichtlich zusam- mengestcllt und geordnet, daß auch Unkundige in diesem Kataloge einen zuverlässigen Führer durch die Erzeugnisse der Zeitungsprcsse aller Länder finden. Die Annahme des Gesetzes zur Bekämpfung des un­lauteren Wettbewerbs wird als willkommene Zugabe umsomehr einzusehen sein, als dessen nähere Bestim­mungen wohl noch nicht allgemein bekannt sind. Die Firma, welche ihren Hauptsitz in Berlin hat, verzeichnet eine große Anzahl von Filialen und sieht sich durch dieses über die ganze Kulturwelt ausge­spannte Netz von Niederlassungen und sonstigen Be­ziehungen in den Stand gesetzt, dem Publikum mit jeder gewünschten Auskunft zu dienen.

Gottesdienste

am Hrscheinungsftst, 6. Januar.

Der Kirchenchor singt: »Lobet den Herrn, ihr Heiden all". Predigtlicd: 116.

9'/- Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Dekan Roos. 5 Uhr: MissioilSstunde im Vereinshaus, Herr Stadt­pfarrer Schmid. Das Opfer deS Tages ist für die Basler Mission bestimmt.

an des alten Herrn von Warnbeck Stelle in Falkenhorst herrschen und es Otto bis dahin nicht gelungen sein würde, die Hand einer sehr reichen Erbin zu erlangen.

Die Prophezeihungen trafen nicht ein, denn Edgar von Warnbeck, der Majoratserbe, wurde noch vor seinem Vater durch einen Sturz mit dem Pferde von einem raschen Tode ereilt; bald darauf folgte ihm der alte Herr von Warn­beck, und Otto war alleiniger Besitzer von Falkenhorst und Blankfeld, war einer der reichsten Edelleute der Provinz. Der unfreiwillige Abgang vom Militär war ausgeschlossen, er dachte aber auch fürs erste an keinen freiwilligen, sondern nahm- nur einen kurzen Urlaub und ließ sich aus seiner bisherigen Garnison zu einem der Kavallerie-Regimenter in Berlin versetzen, um mehr in der Nähe seiner Güter zu sein. -

Auch mit der Wahl einer Gemahlin schien es ihm noch gar nicht zu eilen. Jetzt wo ihm alle Thüren offen standen, und Mütter, die ihre Töchter vor dem aussichtslosen Lieutenant in Sicherheit zu bringen gesucht, dem reichen Standes­herrn sich sehr entgegenkommend bewiesen, machte es ihm Vergnügen, bald da, bald dort Hoffnungen und Erwartungen zu erregen, sich aber immer im ge­eigneten Augenblick, ohne daß man ihn eines leichtfertigen Spiels beschuldigen konnte, recht gewandt aus der Schlinge zu ziehen und dabei sein ungebundenes, galantes Leben fortzusetzen.

Ta begegnete ihm etwas Neues: er stieß bei einer Bewerbung auf Gleich­gültigkeit bei der Mutter, auf Widerstand bei der Tochter.

Auf seinem Gute Falkenhorst einige Wochen weilend, um die Jagden ab­zuhalten, hatte er Adelheid von Letten kennen gelernt. Das schöne, eigenartige Mädchen mit dem dunklen Haar, dem weißen Gesicht und den großen, dunklen, rätselhaften Augen gefiel ihm, ihr bald sprudelnd lebhaftes', bald schwärmerisch träumerisches Wesen interessierte ihn; es war etwas abweichendes von allem.

was er bisher kennen gelernt. Seine Besuche in Lettenhofen wurden häufiger; er zeichnete Adelheid auffällig aus, ohne im Anfänge ernstere Absichten zu haben als auf andere Damen, denen er seine Huldigungen dargcbracht. Die kühle, abweisende Art des jungen Mädchens stachelte ihn an; er warb um sie und er­hielt einen Korb.

Nun aber war sein Stolz verletzt; man sollte nicht sagen, Warnbeck habe ein Ziel, das er sich gesteckt, nicht erreicht. Er zog sich zurück, beobachtete, wußte den Baron, sowie Bodo von Letten gänzlich für sich zu gewinnen und erneuerte, nachdem er vorsichtig fein Feld sondiert zu haben glaubte, seinen Antrag.

Wieder wurde er abgewiesen, und knirschend vor Ingrimm gestand er sich, daß der Grund davon jener armselige Hauslehrer sei, aus dem sie in Lettenhofen eine Art von Halbgott machten, während er ihm vom ersten Tage seiner Be­kanntschaft an eine instinktive Abneigung eingeflößt hatte. Bei aller Bescheiden­heit, bei der feinsten Beobachtung der gesellschaftlichen Form verkehrte Bodmer in den Kreisen der adligen Gutsbesitzer und Offiziere doch mit der vollen Frei­heit, des Gleichberechtigten, und das brachte Warnbeck gegen ihn auf, che noch die Eifersucht in ihm erwacht war.

Nun diese seine Augen schärfte, sah er, und das empörte ihn aufs äußerste, daß Adelheid weil mehr den Hauslehrer zu suchen schien als dieser sie; ja, es wollte ihn fast bedünken, als wende jener der jüngeren Schwester mehr Auf­merksamkeit zu und die leidenschaftliche Adelheid suche eine Gewalt über seine Seele, die sie entweder nie besessen oder an die erst vor kurzem aus der Pension zurückgekehrte Hildegard verloren hatte, im stillen, aber aufreibenden Ringen wiederzugewinnen.

(Fortsetzung folgt.)