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Nr. 213

Dienstag, den 13. September 1927

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101. Jahrgang

Abschluß der Generaldebatte in Genf

Mottas Kritik am Völkerbundsrat

Genf, 13. Sept. In der gestrigen Vormittagssitzung wurde die Generaldebatte abgeschlossen. Vor Eintritt in diese gab der Präsident Mitteilung von einer Nockefellerstif- tung von zwei Millionen Dollar für Errichtung einer gro­ben VölkcrbnndSLibliothck. Die Versammlung quittierte diese Stiftung mit lebhaftem Beifall. Alsdann gab der Prä­sident Kenntnis von den Wünschen Hollands, den abgeän« dcrten holländischen Entschlies;ungsentrvurf zur Kommis- ftonsarbeit zuzulassen. Da die Versammlung gegen diese holländische Angabe keinen Widerspruch erhob, erklärte der Präsident den holländischen Vorschlag als für die dritte Kommission zur Bearbeitung angenommen.

Darnach ergriff als erster Redner zur Generaldebatte der schweizerische VnndeSpräsident Motta das Wort. Der schweizerische Hanptdelcgierte ließ durchblicken, daß die Schweiz durch die vorläufige Beseitigung des Genfer Proto­kolls enttäuscht sei. Auf den Abschluß zahlreicher Schieds- vcrträge im Laufe der verflossenen drei Jahre hinweisend, sprach Motta die Hoffnung aus, daß durch das Zustande­kommen eines Systems von Schicdsverträgen die Erhal­tung dcS Friedens gesichert würde. Motta unterstrich be­sonders die Bedeutung der Unterzeichnung des Artikels 38 des ständigen Haager Wcltgcrichtsljo'es durch Dentschlanü und die bevorstehende Annahme dieser Klausel durch Frankreich und wahrscheinlich auch durch andere Staaten.

Die polnische Resolution charakterisierte Motta als ein Verlangen Polens, durch eine Kundgebung gegen den An­griffskrieg die Stärkung der Fricdenstendcnzen in Europa zum Ausdruck bringen zu wollen. Motta glaubt, daß in der Kommission eine Verschmelzung des holländischen An­trags ans Wiederanfuahme des Genfer Protokolls und der polnischen Resolution zustande kommen werde.

Ueber die Arbeitsweise des VölkerLundsrates, namentlich über die geheimen Verhandlungen, sprach sich Motta in auf­fallend kritischer Weise aus. Er beantragte, daß die öffent­lichen Ratssitzungen einen tieferen Einblick in die Vorgänge ermöglichen möchten und hob die Enttäuschung der im Rate nicht vertretenen kleinen Staaten über die Methoden des Vülkerbundsrates hervor. Von Wichtigkeit ist das Wort des schweizerischen Hanptbevollmächtigten:Eine Großmacht

kann sich den Luxus gestatten, aus dem Völkerbund auszu- tretcn, doch ein kleiner Staat reicht, denn er ist mit dem in­ternationalen Leben auf das innigste verbunden." Die Aus­führungen Mottas gipfelten in dem Schlußwort:Wir müs­sen Vertrauen in uns selbst, Vertrauen in die anderen und Vertrauen in den Völkerbund haben." Nach einem kurzen Appell von Vilegas-Chile zugunsten einer eingehenden Be­handlung des polnischen wie des holländischen Vorschlages wurde die Generaldebatte um 1 Uhr geschlossen.

Der Beginn der Kommissionsarbeiten

Graf Bernstorff drängt ans Zusammentritt der Abrüstungs­konferenz.

TU. Genf, 13. Sept. In der gestrigen Nachmittags­sitzung des Völkerbundsausschusses für Abrüstungsfragen richtete Neichstagsabg. Graf Bernstorff an den Präsidenten der Kommission, den tschechoslowakischen Außenminister Be- nesch, die Anfrage wie die Erklärungen des Präsidenten bei der Eröffnung der Kommission über die Aufgaben der vor­bereitenden Abrüstungskommission aufzufassen seien, nach denen die Abrüstungskommission nur mit der Beschränkung, nicht aber mit der Herabsetzung der Rüstungen sich beschäfti­gen solle. Er sei der Auffassung, daß die Kommission sich mit einer Herabsetzung der Rüstungen zu befassen habe. Eine Konferenz für die Beschränkungen wäre keine Ab­rüstungskonferenz. Es wäre zwecklos, eine derartige Kon­ferenz einzuberusen. Deutschland habe die Abrüstuugs- bedingung des Friedensvcrtrages bis zum letzten Punkt durchgeführt. Für Deutschland handele es sich jetzt darum, daß die übrigen Mächte die im Versailler Vertrag festgc- legtcn Verpflichtungen zur allgemeinen Abrüstung ent­sprechend den Bestimmungen durchführen. Ans diesem Grunde sei das Problem der Beschränkung der Rüstungen für Deutschland bedeutungslos. Dagegen sei von größtem Interesse für Deutschland das Problem der Abrüstung. Graf Bernstorff richtete an den Präsidenten die Bitte, zn dieser Frage Stellung zu nehmen.

Graf Bernstorff richtete sodann an den Präsidenten die zweite Anfrage, ob tue Abrüstungskoi^erenz noch in diesem Jahre, und zu welchem Zeitpunkt sie znsammeutreten werde. Er müsse dringend auf baldigen Zusammentritt der Kon­ferenz drängen.

Die Beamtenbesoldungsreform

Der Neichsfinanzminister über die Neuordnung

TU. Magdeburg, 13. Sept. Im Nahmen der Mittel­deutschen Beamtentagung hielt Reichsfinanzminister Dr. Köhler eine groß angelegte Rede über den vom Reichs- kabinctt im wesentlichen gebilligten Entwurf der Beamten- besoldungsreform. Einleitend kennzeichnete er in großen Zügen die Entwicklung der Beamtenbcsoldung in den ein­zelnen Etappen seit dem Gesetz vom Jahre 1920 und wies darauf hin, daß zumal infolge der Inflation und der da­mit in Zusammenhang stehenden Erscheinungen die Not der Beamtenschaft so groß geworden sei, daß mit dem Kampf um das nackte Leben die Stellung des deutschen Beamten zum Schaben für den Staat gesunken sei und nannte eine sofortige Reform der Besoldung eine absolute Staats- Notwendigkeit.

Sinn und Zweck der Beamtenbcsoldung haben sich im Laufe der jüngsten Vergangenheit grundlegend geändert. Die Reform dürfe sich nicht nur auf die Höhe der Bezüge, sondern müsse sich auch auf die Beschwerden erstrecken, die immer wieder wegen der Zusammcnpressung von Nicht­zusammengehörigen und des Auseinandcrreißens »on Zu­sammengehörigen in den Gruppen erhoben wurden.

Die neue Besoldungsrefvrm baut sich grundsätzlich wie­der auf dem Gruppensystem auf und bleibt in der Zahl der Gruppen sowohl bei den aufstcigcndcn wie auch bei den Einzelgehältern vollständig im Nahmen des bisherigen.

»Die heutigen Anfangs- und Aufriickungsgruppcn haben z B. die Beamten bei 10 und 11, 7 und 8, 3 und 4 zu- sammcngefaßt und mit einer automatischen Ausrückung aus­gestattet. Die Neuregelung wird für Zehntansende von Be­amten der Anfangsgrnpe wieder die Möglichkeit eines wei­teren Vorrückens schaffen. Auseindcrgehörigcs wurde aus- einandergenommen, handwerksmäßig vorgebildete Beamte

z. B. für sich behandelt, die Beförderungsstellen, also die jetzigen Gruppen 12, 11, 4 usw. durch feste, unwiderrufliche und pcnsionsfühige Zulagen herausgehoben, selbstverständ­lich unter Verleihung der Amtsbezeichnung Oberreg icrungs- rat, Oberinspektor usw. Durch diese Maßnahme, die auch die bisherige Verschlechterung des Besoldungsdienstalters aufhcbt, ist auch das System der Schlüsselung vollständig beseitigt. Die Anforderung der Beförderungsstellen erfolgt jeweils im Haushalt nach Maßgabe sachlicher Bedürfnisse. Anfrücknngszeit und Aufrücknugsstufe sind im allgemeinen

dieselben geblieben, die zweijährige Zulagefrist ist bei- Lehalten.

Die Fraucnzulage wird in das Grundgehalt eingebaut. Erst auf das durch die Frauenzulage erhöhte Grundgehalt wer­den die neuen prozentualen Erhöhungen gegeben. Beim Kindcrznschlag fällt die Differenzierung nach dem Alter weg, für jedes Kind soll unter gewissen Voraussetzungen bis zum 21. Lebensjahr ein gleichmäßiger Zuschlag von 20 Reichsmark monatlich gegeben werden. Die Bezüge der Soldaten und Offiziere der Wehrmacht sollen in einer An­lage zum Besoldungsgesetz für sich geregelt werden. Das neue Besoldungsgesetz sieht

bei den untersten Besoldungsgruppen Erhöhungen im Durchschnittsbetrag von etwa 25 Prozent vor, die geltend nach den mittleren Besoldurrgsgrnppeu hin bis ans etwa durchschnittlich 21 Prozent nud bei den höheren Gruppen auf etwa 18 Prozent gehen.

Gruppen, die schon stark herausstanden, sind teilweise mit geringeren Erhöhungen, Gruppen, die bisher stark vernach­lässigt waren, zum Teil mit wesentlich höheren Sätzen be­dacht wordxn. Die bisherige Gruppe 2 z. B. enthält neben einer namhaften Erhöhung des Anfangsbezuges eine Er­höhung von 33 Prozent. Eine der jetzigen Gruppe 1 ent­sprechende Gruppe gibt es nicht mehr,

Der Minister erläuterte den

Tages-Spiegel

I« Genf wurde gestern die Generaldebatte abgeschloffen Die Kommissionen habe» nunmehr ihre Arbeiten ans> genommen.

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In -er Abrüstnngskommission forderte Graf Bernstorff de« baldigen Zusammentritt der Abrüstungskonferenz.

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Die Vertreter der Locarnomächte werden heute ihre erste Zusammenkunft in Genf abhaltcn.

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Am Donnerstag erfolgen die Neuwahlen der ausscheidenden unständige« Natsmitglieder.

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Wie verlautet, verläßt Vriand bereits morgen Genf, um an einem Ministerrat znr Regelung dcS Falles Rakowski in Paris teilznnehmcu.

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Der Amerikaner Nockeseller stiftete zwei Millionen Dollars für den Ausbau -er Völkerbnndsbibliothek.

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Der italienische Bizckonsnl in Paris ist gestern dem Atten­tat eines Italieners zum Opfer gefalle«.

x Sinn der Reform

genauer an der bisherigen Gruppe 7 (gehobene mittlere Be­amte) als Eingangsstelle und Anfrücknngsmöglichkeit in die Gruppen 8 und 9. Das Anfangsgrundgehalt in der Gruppe 7 beträgt zurzeit einschließlich Fraucnzulage 2454 N.lk, das Endgrundgehalt 3576 R^t, in Gruppe 8 41V4 3H Künftig wird das Anfangsgrundgehalt auf 5906 N/lt erhöht werden. Das Endgrundgehalt der Gruppe 9 betrug bisher einschließ­lich Frauenznschlag 4698, also 669 nrehr gegenüber dem Endgehalt der Gruppe 8. Künftig beträgt der Unterschied 799 R^t, und zwar tritt der Beamte in diesen erhöhten Be­zug sofort bei seiner Beförderung, nicht erst bei Erreichung des Endgehalts der vorigen Gruppe.- Der Wohnungsgeld- zuschnß soll in der bisherigen Form beibehalten und nicht nach Gruppen getrennt werden. Das Ortsklassenverzeich­nis wird alsbald neu aufgestellt. Eine Kürzung der Bezüge der weiblichen Beamten ist an sich nicht vorgesehen, dagegen als Ausgleich dafür, daß die ledigen Beamten von vorn­herein auch den Betrag des Frauenzuschlags in Höhe von 144 R^k erhalten, eine entsprechende Kürzung beim Woh­nungsgeldzuschuß. Zugunsten der Schwerkriegsbeschädigten ist eine Verbesserung des Besoldungsdienstalters beab­sichtigt, das gleiche gilt für die Versorgungsanwärter. Der Aufwand für die Durchführung des Besoldungsgesetzes ist bei der eigentlichen Reichsverwaltung auf jährlich 155 Mil­lionen Mark berechnet, dazu kommen die Kosten der Reform der Bezüge der Kriegsbeschädigten mit etwa 179 Millionen Mark jährlich. Eine entsprechende Vorlage wird dem Neichsrat demnächst zugehen. Zur Schaffung der für die Reform notwendigen. Mittel kommen Steuererhöhungen oder eine Erhöhung der Eisenbahntarife nicht in Frage. Der Minister unterstrich, daß die Finanzen des Reiches unter allen Umständen in Ordnung bleiben und die Gewißheit herrschen müsse, daß das Reich alles unterläßt, was diesem Grundsatz entgegenstehe.

Die Mittel für die Besoldnngsresorm sieht der Reichsfinanzminister in den erhöhten Einnahmen aus Steuern und darin, daß er in starkem Umfange lau­fende, vom Reichsrat und Reichstag bewilligte Ausgaben eingeschränkt habe. Durch den vom Reich beschrittenen Weg werden Länder und Gemeinden mehr oder weniger ge­zwungen werden, auch ihre Vesoldnngsordnung durchzu- prüfcn und entsprechend zu ändern. Reich und Preußen gehen in der Besoldungsvorlagc grundsätzlich einheitlich vor. Das schließt nicht aus, daß Preußen für Beamte seiner Verwaltung, für die es vergleichbare Reichsbeamte nicht gibt, Zwischenstufen einführt. Der Minister drückte den Wunsch aus, daß auch die anderen Länder, sowie die Ge- meiick:u über die Sätze des Reiches nicht hiuausgeheu. Eine Aenderung des Finanzausgleiches könne, nachdem erst vor einem halben Jahre eine Neuregelung der Be­ziehungen zwischen Reich nud Ländern vorgeuommen sei, nicht in Frage kommen, dagegen sei die Hoffnung auf steigende Erträgnisse «nd damit auf höhere Ueberwci- sungen aus Einkommen- und Körpcrfchastssteuer zu Ländern und Gemeinden Ha chaus berechtigt.

In den nächsten Tagen werde er, der Minister, bereits dem Haushaltsausschuß des Reichstages Vorschläge wegen der Auszahlung von Abschlagszahlungen auf den 1. Oktober unterbreiten.