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-r. AltHeng st ett, 27. Jan. Anläßlich der heute stuttgehabten Rechnungsabhör ist von den bürger­lichen Kollegien beschlossen worden, denjenigen nutzungs­berechtigten Bürgern, welche ihre Feldfrüchte gegen Hagelschlag versichern, einen Beitrag von einem Drittel der gesamten Versicherungskosten aus der Gemeindekasse zu gewähren. Durch diesen dankenswerten Beschluß ist es auch dem minder Be­mittelten ermöglicht, ohne allzugroße Kosten den Er­trag seiner Felder gegen Hagelschlag zu versichern. Es wäre sehr zu wünschen, daß auch andere Gemein­den dem lobenswerten Beispiel Althengstetts folgen und dadurch ihre Bürger zu möglichem zahlreichen Beitritt zur Hagelversicherung veranlassen würden.

x. Weilderstadt, 28. Jan. Se. Maj. der König ließ dem Holzmesser Hipp'schen Ehepaar, welches am letzten Dienstag, den 21. ds-, ihre goldene Hochzeit feierten, ein Geldgeschenk von 20 ^ über­mitteln. Nachdem in der vorletzten Woche der Bäcker und Taglöhner, Namens Schwartz, auf einem Diebstahl ertappt und tags darauf an das Königl. Amtsgericht Leonberg eingeliefert worden war, kamen in der letzten Woche dennoch wieder 2 Ein­bruchsversuche vor, in der Nacht vom Montag auf Dienstag in dem Wirtschaftslokal von Bierbrauer E. Schütz, am Donnerstag, abends '/,10 Uhr, in dem Hause des Hrn. Goldwarenfabrikanten Fr. Geisel (zum 2. Mal). In beiden Fällen wurde der Thäter vertrieben, ohne seinen Zweck erreicht zu haben.

Leonberg, 27. Jan. In der letzten Nacht wurde die Gemeinde Mönsheim wieder von einem Brande heimgesucht und zwar sind diesmal fünf Haupt- und sieben Nebengebäude abgebrannt. Der Gebäudeschaden beträgt 30,000 Auch dieser Brand ist ohne Zweifel durch Anstiftung entstanden; ein der Thal Verdächtiger ist vom Oberamt festgrnommen worden.

Vom Schönbuch, 25. Jan. Gestern wurde im Schönbuch in einem zum Revier Weil im Schön­buch gehörigen Waldteil bei Dettenhausen die gewal­tigste unter seinen Buchen gefällt. Der Baum, der den Freunden des Albvereins aus dem Vereinsblatt bekannt ist, hatte die stattliche Höhe von 30 Meter, der Stamm einen Umfang von über 4 Meter, jeder der fünf Aeste, in die sich der Stamm verzweigte, war für sich ein gewaltiger Baum. Aufbereitet wird der Baum ungefähr 28 Raummeter bestes Scheiter­holz ergeben. Da der Baum in der Zeit des großen Schneebruchs einst Schaden gelitten hatte, mußte dieser Niese des Waldes gefällt werden, nachdem er über 200 Jahre gegrünt hatte.

Feuerbach, 28. Januar. In der Dögras- (Lederfett-)Fabrik von Schill und Seilacher brach heute abend 8 Uhr auf bis jetzt unaufgeklärte Ursache Feuer aus, welches, unterstützt von den Fettvorräten, das ganze Gebäude innerhalb einer Stunde in Asche legte. Die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, die benachbarten Gebäude zu retten. Der Feuerschein war bei dem bedeckten Himmel weithin sichtbar.

Stuttgart, 26. Jan. Heute früh wurde hier ein Flugblatt verbreitet, welches die Mißstände

in der Konfektionsbranche beleuchtet und für den Fall, daß bis zum 1. Feb. d. Js. nicht die auf einem Berliner und einem Erfurter Kongreß stipulierten Forderungen von den Arbeitgebern angenommen sind, einen allgemeinen Streik in Aussicht stellt.

Stuttgart, 28. Jan. Strafkammer. Wegen Vergehens der fahrlässigen Brandstiftung war heute* der Hausknecht des Kaufmanns Gehrneg in der Eberhardsstraße hier. Wendelin Herrmann von Dell- mensingen OA. Laupheim, vorgeladen, welcher den am 28. v. Mts. morgens im Laden des elfteren ausgebrochenen Brand dadurch verschuldete, daß er vergaß, eine in die Nähe des defekten Rollladens ge­stellte brennende Kerze wegzunehmen und weaging, um einen Schlosser zu holen, während das Licht die Tüllgardinen und Fahnenstoffe am Schaufenster in Brand steckte, wurde zu einer Geldstrafe von 20 verurteilt. Bekanntlich wurde das Feuer durch die Berufsfeuerwache im Entstehen gelöscht; der Schaden an Fahrnis und Gebäude betrug ca. 1500

Tübingen, 28. Jan. Sonntag abend ge­rieten hier Vater und Sohn M., Weingärtner, in einen Wortstreit, welcher derart ausartete, daß der Sohn den Vater thätlich angriff und schwer verletzte. Der Sohn wurde in Haft genommen.

Ludwigsburg, 25. Jan. Im Alter von 84 Jahren ist hier gestern der Kupferstecher Prof. Karl Nördlinger aus dem Leben geschieden. Er war der älteste Sohn des Oberfinanzrats Nördlinger in Stuttgart, ein Bruder des früheren Professors der Forstwissenschaft in Tübingen, Oberforstrats a. D. Dr. Hermann N., und des Eisenbahningenieurs N. in Paris. Der Verstorbene wirkte eine Zeit lang als Zeichenlehrer am Katharinenstift in Stuttgart. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens in Paris und zog von dort erst während der Belagerung des Jahres 1870 weg. Unter mancherlei Abenteuern erreichte er damals sein Heimatland. Er wurde nämlich, als er in Bourges die Kathedrale dieser Stadt zeichnete, er­griffen und als Spion vor ein Kriegsgericht gestellt. N. verdankte seine Lebensrettung nur dem Umstand, daß er die französische Sprache völlig beherrschte. Es gelang ihm die Richter von seiner Unschuld zu über­zeugen; mit List wurde er dem Ansturm der Menge, die den Tod des Spionen verlangte, entrissen. In den letzten Jahren lebte N. zurückgezogen in Ludwigs­burg und Stuttgart.

Ludwisburg, 27. Jan. Der schon mehr­fach wegen Diebstahls und Betrugs bestrafte Joh. Georg Dietrich von Kleinbettlingen OA. Nürtingen befand sich unlängst als krank mit einem Bierführer der Aklienbrauerei hier im Bezirkskrankenhaus in einem Zimmer zusammen. Der Bierführer, welcher in Kornwestheim bei seinem Fuhrwerk verunglückte und in das Spital gefahren werden mußte, ließ seine Effekten bei einem Friseur dort zurück, was der An­geklagte im Spital in Erfahrung brachte. Als er nun aus dem Spital entlassen wurde, begab er sich sofort zu dem Friseur und gab an, daß er der Nach­folger des verletzten Bierbrauers sei und von diesem beauftragt worden, dessen zurückgelafsene Sachen ab­

zuholen. Der Friseur schenkte ihm Glauben und gab nun dem Betrüger die 2 Paar Stiefel des Bier­führers. Einige Tage darauf schrieb letzterer dem Friseur, und nun stellte sich der Betrug heraus. Dietrich wurde in seiner Heimat festgenommen und befindet sich nun beim K. Amtsgericht hier in Haft.

Backnang, 25. Jan. Die Kommission für die Murr korrektiv», die mit den angrenzenden Grundbesitzern und Interessenten wegen Leistung von Beiträgen, bezw. Abtretung von Grund und Boden, verhandelte, sieht nun ihre Bemühungen mit Erfolg gekrönt. Die bürgerlichen Kollegien haben beschlossen, daß die Korrektion durchgeführt und kommenden Som­mer (nach der Heuernte) mit ihr begonnen werden soll. Bei der heute in Reichenberg stattgehabten Wahl eines Ortsvorstehers wurde Schultheiß Epple von Unterheimbach mit Stimmenmehrheit gewählt.

Heilbronn, 27. Jan. Am gestrigen Sonn­tag ist es der hies. Polizei gelungen, einen Einbrecher auf frischer That abzufasse». Der Schutzmann be­merkte bei Ausführung ferner Patrouille ein verdäch­tiges Geräusch, er ging darauf zu, setzte seine Be­obachtung fort und halte schließlich das Glück, einen Eindringling in dem Moment zu überraschen, als er den Rudolf'schen Metzgerlasten verlassen wollte. Wie sich nachher zeigte, hatte d.r Dieb die Ladenkasse er­brochen und in die Taschen hatte er sich 2 Paar Würste gesteckt. Der Festgenommene ist ein 20 Jahre alter Kärcherssohn von hier. Eine noch in der Frühe des Sonntags vorgenommene Haussuchung lieferte der Polizei die Gewißheit, daß der junge Einbrecher alle in letzter Zeit hier vorgekommenen Diebstähle und Einbrüche verübt hat. Ein ganzer Korb voll Waren wie Zigarren, Seifen, Liqueur und Parfümerieflaschen (natürlich leer) eine Taschenuhr, eine goldene Brache, eine Tabakpfeife u. s. w. wurden in dem Schlafraum des Einbrechers vorgefunden. Auch Brechwerkzeug fiel der Polizei in die Hände. Angesichts dieses er­drückenden Beweismaterials mußte der Dieb, der sich Anfangs verstockt zeigte, zugeben nach und nach die Ernbrüche verübt zu haben.

Heilbronn, 28. Jan. In vergangener Nacht kurz nach 12 Uhr wollte ein Soldat des hiesigen Bataillons in einer Wirtschaft sich mit seinem eigenen Messer die Pulsader durchschneiden, was ihm auch einigermaßen gelungen ist. Dies genügte ihm aber nicht und er stach noch mehrfach gegen seine Brust, unter fortwährendem Schreien:Ich will sterben!" so daß er auch dort noch leichte Verletzungen davon- trug. Endlich wurde er auf die Polizeiwache ver­bracht, von wo aus seine Vorgesetzten in Kenntnis gesetzt wurden, und er später ins Militärlazaret über­führt wurde. Der Betreffende wurde seiner Zeit als unsicherer Heerespflichtiger eingestellt. Schon früher hatte er sich unerlaubter Weise von der Garnison entfernt und als er sich verfolgt sah, sprang er in den Neckar und schwamm über denselben. Er wurde aber auch damals bald wieder zurückgebracht.

Heilbronn, 28. Januar. Bei dem letzten Brande am Sonntag sollte es leider nicht ohne Un­glücksfall abgehen. Ein Feuerwehrmann, welcher

warf. Dark der umrmüdlichen Thätigkcit meines guten Directors, Licht in die dunkle Affaire zu bringen, war es diesem nach langem Forschen und Beobachten ge­lungen, den irechcn Räuber zu entlarven und ihm keinen Raub bis auf eine kleine Summe, die er in Gemeinschaft mit einem leichtsinnigen Frauenzimmer in der be­nachbarten größeren Stadt H. verjubelt, wieder abzujagen. Ach, ich kann Ihnen nicht schildern, wie mir zu Mute war, als mein früherer Vorgesetzter eines Morgens eS war in der Woche, welche dem Verlassen meines Besitztums voraufging zu mir ins I mmer trat, mir die Hand reichte und mit vor Freude z tternder Stimme cuSries: .Biümmer, wir haben ihn, den Schuft, der Sie und Jbre Familie ins Elend brachte! Hier ist der Wertbrief, eS fehlt nur etwas über 150 Matt an der Summe." Und dann erzählte er kurz, wie er eS angestcllt, um den längst verdäch­tigen Menschen als Dieb zu entlarven. Derwilde Jakob" hatte danach in schlauer Berechnung, daß es auffallen müsse, wenn er von dem gestohlenen Gelds hier in der kleinen Stadt etwas verausgaben würde, beim Dircctor mehrere Male um Ur­laub nach H. nachgesucht. Dem Chef war das sofort verdächtig vorgekommen, er genehmigte jedoch die Gesuche und reiste ihm heimlich nach; aber stets verlor er die Spur des Mensch-n in der Großstadt, bis ihn endlich am ätzten Sonntage vor Johanni der Zufall in eine Wirtschaft mit Damenbedienung führte, und hier war er endlich am Ziele seiner Nachforschungen angelangt. In dieser Wirtschaft war er kurze Zeit Augenzeuge eines tollen Saufgelages, bei welchem derwilde Jakob" ein halbes Dutzend Frauenzimmer mit Wein trvktirte. Unbemerkt verließ der Herr Director bald das Wwishai s. fuhr mit dem nächsten Zuge nach hier zurück, ver­ständigte im Geheimen die Polizei von seinen Wahrnehmungen, und diese begab sich sofort in die Wohnung de« .wilden Jakob", der erst mit dem Frühzuge um fünf Uhr im berauschten Zustande aus H. zurückkehrte. Der Postdirector sagte, zrl« er de« Menschen ansichtig wurde, diesem ohne Weitere« den Diebstahl auf den

Kopf zu und veranlaßte sofort die sorgfältigste Durchforschung seiner Wohnung. Nach stundenlangem Suchen fand man endlich den erbrochenen Wertbrief in einer geheimen, sauber mit Tapet« überklebten Wandöffvung oben unterhalb der Zimmer» decke. Es fehlten an der Summe nur zwei Emhundert-Markscheine, einen N st von diesen fehlenden zweihundert Mark in Höhe von vierzig Mark fand man noch im Besitz des frechen Räuber«. D-rwilde Jakob" wurde verhaftet und erhält später fünf Jahre Gefängnis. Das Übrige könnm Sie leicht erraten. Ich wurde al«- Postbeamter wieder angenommen, erhielt aus Verwendung meines Chefs eine nam­hafte Unterstützung und mein Sohn konnte nunmehr wieder an die Verwirklichung seines Wunsches, Lehrer zu werden, denken.Der alte Gott lebt noch!" so hatte meine Frau mich oft getröstet, wenn ich mit Gott und der Welt wegen des mir zugefügten Unrechts haderte. Sie hatte Recht behalten.

Sehen Sie, das ist der Grund. weshalb ich heut- am Sylvesterabend so schweigsam und ernst gestimmt bin. Solche Stunden. wie ich sie hier vor zehn Jahren am Sylvesterabend durchlebt habe, vergißt man nie."

Aber jetzt werfen Sie die trüben Erinnerungen hinter sich. Brümmer," rief ich, mich erhebend und ihm die Rechte entgegenstreckend aus,hören Sie, vom Turme dröhnen zwölf Schläge der Sylvesterabend, der sie zu so trüber Stimmung nötigte, ist vorüber, die Schwingen des neuen Jahre« regen sich bereits, allüberall jauchzt: man dem jungen Jahre entgegen. Stoßen Sie an, Gott verläßt Niemand, der seine Sache auf ihn stellt, und nunProsit Neujahr!'

Prosit N ujahr I" dankte der Alte meinem Gruß. und das erste freudige- Lächeln huschte dabei an diesem Abend über sein ehrliches faltenreiches Antl tz.

(End e.)