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Amts- und Anzeigeblall für den Bezirk (Lalw.

71. Iahrga«-.

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Donnerstag. Len 30. Januar 1896.

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Amtliche Aekanutmachungen.

Bekanntmachung.

Nachdem vom K. Oberamt Herrenberg wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in Oberjesingen das Treiben von Rindvieh, Schafen und Schweinen außerhalb der Feldmarkgrenzen von Ober- jefingen und Kuppingen untersagt worden ist, wird dieses Verbot behufs thunlichster Verhinderung der Weiterverbreitung der Seuche auch auf die Gemeinde Deckenpfron« ausgedehnt und zwar zunächst bis zum 1«. Februar d. I.

Calw, den 27. Januar 1896.

K. Oberamt.

I. V.: Amtm. Gottert.

Bekanntmachung.

Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Akzenberg und Altburg ausgebrochen ist, wird L^s Treiben von Rindvieh, Schafen und Schweinen außerhalb der Feldmarkgrenzen der Gesamtgemein- -en Spetzhardt und Altburg sowie die gemein­schaftliche Benützung von Brunnen und Tränken daselbst zunächst bis zum 11. Februar d. I. verboten.

Calw, den 28. Januar 1896.

K. Oberamt.

I. V.: Amtm. Gottert.

Tagesneuigkeiten.

* Calw, 28. Jan. Gestern abend versam­melten sich einer Einladung des Gewerbevereins folgend sehr viele Einwohner der Stadt, besonders aus dem Gewerbe- und Handelsstand, im Dreiß- schen Saale, um einen Vortrag des Ingenieurs Beck won der Maschinenfabrik Eßlingen über -elektrisches Licht und elektrische Kraft- Utbrrtragung zu hören. Bekanntlich ist in neuerer

Zeit die Frage der Errichtung eines Elektrizitätswerkes in unserer Stadt lebhaft besprochen worden, da das Oelgaswerk manche Mängel zeigt, die nicht ohne er­hebliche Kosten beseitigt werden können, und da das Oelgas zum Betrieb von Motoren wegen der Höhe des Preises fast kaum Verwendung gefunden hat. Die Errichtung eines Elektrizitätswerkes begegnet hier einer günstigen Aufnahme und die Ausführung eines der­artigen Projektes ließe wohl nicht lange auf sich war­ten, wenn der Stadt durch das Gaswerk, auf dem noch rund 50,000 ^ Schulden lasten, nicht gleichsam die Hände gebunden wären. Das Gaswerk wird mit der Errichtung eines Elektrizitätswerkes fast wertlos und es müßte ein neues Unternehmen sofort mit der obigen Summe höher belastet werden. Die bürger­lichen Kollegien haben daher in dieser Frage einen sehr wichtigen und folgenschweren Schritt zu thun, der jedenfalls genau zu überlegen sein wird. Es muß hierin das Gesamtinteresse der Stadt wie das der einzelnen Gewerbe wohl erwogen werden; es wird nach dem Vorgang anderer Städte schließlich aller­dings nichts übrig bleiben als an eine Verwirklichung des von vielen Seiten gewünschten Planes zu gehen, aber glücklicherweise muß die Sache ja nicht überstürzt werden, da wir doch eine bessere Beleuchtung haben als viele größeren Städte Württembergs. Der Redner kam in seinem lichten und klaren Vortrag auf das Wesen der Elektrizität, auf die Stromleiter und die Stromerzeugung durch Elemente, auf die Dynamo­maschine, auf di« Erfindung der Glüh- und Bogen­lampe, auf die Vorzüge des elektrischen Lichtes gegen­über andern Beleuchtungsarten, auf die Verwendung der Elektrizität für Licht und Wärme und für Kraft­zwecke, auf das System der Stromerzeugung, auf das Wesen der Accumulatoren, auf die Arten der Leitung und noch auf die Vorarbeiten für Errichtung einer Zentrale zu sprechen. Den Kostenpunkt, der ja die

Hauptsache bildet, behandelte Redner sehr ausführlich. Aus den Mitteilungen ging hervor, daß eine 6kerzige Glühlampe 1,1 A eine lOkerzige 1,9 eine 16ker- zige 3 --Z, eine 25kerzige 4,7 H, eine 400kerzige Bogen­lampe 12 ^ pro Brennstunde kostet. Die Kosten des Stromes für Kraftzwecke sind erheblich billiger. Ein Motor von '/«Pserdekraft bezahlt 6 --Z, von 1 Pferde­kraft 20 -A von 2 Pferdekräften 38 A von 3 Pferde- krästen 58 pro Stunde. Rabatt tritt ein bei einer Brennzahl von 1400 Stunden. Eine Glühlampst fertig installiert kostet je nach Ausstattung 1015, eine Bogenlampe von 1000 Kerzenstärke 120 Die Kosten für Elekromotoranlagen wurden ebenfalls genau mitgeteilt. Zur Erzeugung von Elektrizität käme für hiesige Verhältnisse, da genügend« Wasserkräfte nicht vorhanden sind, als Antriebsmotor die Dampfkraft m Betracht. Der fesselnde Vortrag wurde durch prak­tische Demonstrationen, durch Vorführung der ver­schiedenen Lichtstärken, durch Inbetriebsetzung von Elektromotoren und deren Verwendung zu Arbeiten im Gewerbe trefflich unterstützt. Zu diesen Vorfüh­rungen von Licht und Kraft lieferte die Dampfmaschine der Dreiß'schen Brauerei in Verbindung mit einer Dynamomaschine die nötige Elektrizität. Mit etwa 30 Glühlampen war der Saal prächtig erleuchtet. Nach dem Beifall, der dem Redner gezollt wurde, scheinen die meisten Zuhörer sich für die wichtige Sache sehr zu interessieren; jedenfalls hat der Vortrag zur För­derung des Projekts wesentlich beigetragen. Der Vor­stand des Gewerbevereins, Hr. Handelsschuldinktor Spöhrer, sprach im Sinne aller dem Redner den geziemendsten Dank für den trefflichen Vortrag aus. Die Maschinenfabrik Eßlingen wird nun die nötigen Vorarbeiten machen und zu diesem Zweck Fragebogen zirkulieren lassen, um die Zahl der Glüh- und Bogen­lampen und der Elektromotoren und dadurch einen Kostenvoranschlag feststellen zu können.

11. (Nachdruck »eib«1«n-I

Entehrt.

Eine Sylvester-Geschichte aus dem Postleben.

Von C. Bernhard.

(Schluß.)

Daß in all den wenigen Fällen, wo er mich in Gesellschaft von C vilpersonen ^Lei einem Glase Wein traf, nicht ich, sondern diejenigen die Zeche bezahlt hatten, welchen ich hie und da eine unverhofft ihnen zufallende Summe Geldes, sei eS «in Lotteriegewinn oder eine kleine Erbschaft, auSzuzahlen hatte, das verschwieg der rhrenwerte College wohlweislich, obschon er eS genau wußte. Ich kann mich über Li« Sitzung, in welcher ich zum ersten Male in meinem Leben auf der Anklagebank saß. kurz fassen. Ich wurde nach einer glänzenden R de meines Verteidigers frei­gesprochen, und zwar leider nicht etwa, weil meine Unschuld erwiesen sei. sondern ,auS Mangel an Beweisen". Was letzteres heißt, das sollte ich bald erfahren. Frei hatte mich der Gerichtshof von drr Unterschlagung zwar gesprochen, aber meinen Vorgesetzten oben hinterm grünen Tisch schien das noch längst nicht zu genügen. Als ich nach einigen Tagen die Aufforderung von dem Dirrctor erhielt, ich möchte mich bei ihm m lden, da hatte das mich verfolgende Verhängnis bereits zum lktzten und schwersten Schlage gegen mich auSgeholt. WaS nützte es. daß, als ich bei dem Dircctor eintrat, er mir die Rechte entgegenstrcckt; und mir versicherte, daß er stets an meine Unschuld geglaubt habe, in seiner Linken hielt er ja bereits meine Ent­lassung-Verfügung. Durch mein auffälliges Verhalten während der Untersuchung, und in Erwägung, daß eS mir bis zur Stunde noch nicht gelungen war«, drn Vor­

fall mit dem verschwundenen Wertbriefe aufzuklären ein« Thatsache, durch welch« das Vertrauen zu mir bei meinen Vorgesetzte» und dem Publikum in einem hohe» Maße erschüttert sei glaube die Verwaltung eS nicht verantworten zu können, wenn sie mich in ihren Diensten beließe.

Das war der letzte und nicht der kleinste Wermutsbecher, dm ich zu leere» hat e. Ohne Stellung, des kleinen Besitztum- verlustig, auSgestoßen aus der Ge­sellschaft redlicher Menschen, kann ein Mensch für eine Minute Sorglosigkeit bei der Aufbewahrung fremden GuteS härter gestraft werden? Zu all dem Unglück kam noch, daß ich nirgends Arbeit erhalten konnte. Wer nimmt sich eines Menschen an, den eine Staatsbehörde fortgejagt hat, zumal wenn dieser Mensch, wie ich eS damals war, geistig und köiperlich so heruntergekommen. daß er zu keiner ernsten Arbeit mehr taugt? Wieder war eS jetzt mein brave- Weib, welches bei all den harte» Schicksalsschlägen den Kopf oben behielt. Eie und mein ältester Sohn, der sofort nach meiner Verhaftung da« Lehrerseminar verließ und sich nach einer lohnende» Arbeit umsah. damit die Mutter und Geschwister nicht zu darben brauchten, sie und er haben Tag und Nacht gearbeitet und mich und die anderm drei noch lebende» Kinder vor dem Hunger bewahrt. Sie waren eS auch, welche den Glauben an di« Wiederherbeischaffung d.S fremden Geldes nicht verloren. Und in der That, der Himmel hatte endlich ein Einsehen, denn kurz vor dem Termin, an dem ich mit Weib und Kird aus meinem kleinen bescheidenen Heim hinauszuziehen hatte, e- war zu Johanni, kam endlich, endlich da- ganze schmachvolle Nänkespiel eines elende» Buben gegen mich an den Tag, und ich hotte die Genugthuung, daß mein Verdacht, den ich vom ersten Augenbl cke an gegen denwilden Jakob" im Geheimen nährte sich bestätigte. Er war eS gewesen, der eine halbe Minute Abwesenheit meinerseits dazu benutzt hatte, mir den Wertbrief MS der Ledertasche im Briefträgerzimmer z« stehlen; wie er ja auch der Einzige gewesen war. der den ersten Stein auf mich