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es der Landwirtschaftsgescllschaft mit ihrem Sub­missionsausschreiben nicht ernst gewesen und daß der Firma Stromcyer und Cie. in Konstanz von Anfang an ungefähr ein Drittel der Bauten zugedacht gewesen sei, da nur diese Firma mit ihrem vorrätigen Material so billige Preise stellen könne. Auch schon auf den Ausstellungen derLandwirtschastsgesellschaft in München und Berlin sei ein großer Teil der Ausstellungsbauten an auswärtige Firmen vergeben worden.

Neujahrsbriefverkehr in Stuttgart. Auch Heuer ist durch Probezählungen festzustellen ge­sucht worden, wie viele Briefschaften in den Neu­jahrstagen an die Einwohner von Stuttgart (ein­schließlich Berg und Heslach) durch die Post beliefert worden sind. Dabei hat sich ergeben, daß in der Zeit vom 31. Dezember 1895 morgens bis zum 2. Januar 1896 morgens zusammen etwa 647000 Brief- pofigegenstände durch die Briefträger abgetragen worden sind. Gegenüber dem Vorjahr mit 594000 Sen­dungen ergiebt sich eine Zunahme von rund 9 Prozent.

Für rauhe hochgelegene Gegenden, wo an den Straßen rc. Obstbäume nicht mehr ge­deihen, die gewöhnliche Eberesche oder Vogelbeere noch gut fortkommt und wohl auch meist zu finden ist, i veredle man diese ss schnell als möglich mit der neuen l mährischen eßbaren Eberesche um. Diese gedeiht da­selbst ebenfalls noch gut. Die jährlich an derselben reichlich erscheinenden roten Beeren geben als wie Preißelbeeren eingemacht und genoffen ein herrliches Kompott. Der Ertrag dieser Bäume ist wohl dann sicher eine gute und rentable Einnahme für solche Gegenden. Die österreichische Regierung setzt Preise aus für den Anbau dieser Sorte; auch in Schlesien sind ebenfalls schon Versuche gemacht worden, die auch zur allseiligen Zufriedenheit ausgefallen sind.

Auswahl der Edelreiser. Die besten Reiser findet man immer nur bei gesunden, kräftigen und gutgenährten Bäumen und zwar wähle man nur kräftige, mit vollkommenen Augen versehene, vorjährige Triebe dazu aus. Dieselben haben weit mehr Reserve­stoff in sich abgelagert, als die Reiser von kümmer­lich vegetierenden Bäumen. Denn da die Verwachsung zunächst nur durch gegenseitige Verbindung oder Aus­scheidung des Bildungssaftes der Unterlage und des Edelreises geschieht, so wachsen aus diesem Grunde kräftige Edelreiser mit viel Reservepvsf viel besser an als geringe von kränklichen Bäumen. Reifer von kranken Bäumen sollte man nie schneiden, denn die Krankheit vererbt sich oft auf den gepfropften Baum; dagegen erzeugen Reiser von gesunden und kräftigen Bäumen meistens auch wieder ihresgleichen. Zwei­jähriges Holz sollte man nie, oder nur notgedrungen verwenden, wenn es sich um die Vermehrung von Neuheiten handelt; dieselben wachsen in der Regel nicht gut an und verlangen auch mehr Sorgfalt.

Ein landwirtschastl. Bezirksverein des bad. Landes hat im Laufe des Spatjahres einige Mühlenbesitzer des in der mittleren Landesgegend gelegenen Vereins­bezirks um gutachtliche Aeußerung über die Frage des Absatzes des im Jnlande gebauten Getreides ge­beten. Von einem der Mühlenbcsitzer ist der Direktion hierauf eine Mitteilung zugegangen, die so beherzigens­werte Winke enthält, daß die Redaktion desWochen­blatts des landw. Vereins" in Baden sie zur Kenntnis ihrer Leser bringt und auch wir möchten diese Aeuße- rungen den Interessenten hier wiedergebsn.

Der Sachverständige spricht zunächst davon, daß nicht überall in dem Gebiete, in welchem er Getreide zu kaufen gewohnt ist, die richtige Weizenart gebaut werde.

In eurer Gemeinde sei beispielsweise vor Jahren der gelbe Sherifweizen eingeführt worden, der zwar anfangs ein quantitativ gutes Ergebnis geliefert habe, aber bald brandig werde. Heute noch zeigten alle. Weizenmuster, die man in jener Gemeinde zu Gesicht bekommt, blauen Anflug. Der Berichterstatter habe sich schon Mühe gegeben, die Landwirte zu einem Saatwechsel zu bewegen, jedoch habe er meist tauben Ohren gepredigt, obgleich er sich darauf habe berufen können, daß er mit rotem Grannenweizen in seiner eigenen Landwirtschaft nach Güte und Menge des Ernteergebnisses gute Erfahrungen gemacht habe. Der Berichterstatter fährt dann fort:

Die Müllerei bevorzugt einen roten härteren Weizen, weil derselbe zur heutigen Mahlart sich besser eignet und weil man die Erfahrung gemacht hat, daß rote härtere Weizen fast durchweg kleberhaltiger sind und eine bessere Backart geben, als die gelben."

Als besonders tadelnswert muß ich es bezeich­nen, daß viele Landwirte so wenig Sorgfalt auf das Herrichten einer säubern Ware verwenden. Wie oben schon bemerkt, hält es schwer, die Leute zu einem Saalwechsel zu bringen, selbst wenn die Degeneration offenkundig zu Tage liegt; ich kenne Fälle, wo seit 20 und mehr Jahren trotz allem Rückgang des Er­gebnisses immer wieder von eigener Ernte die Saat genommen wird viele Leute scheuen die geringen Mehrkosten einer neuen bewährten Sorte. Sodann läßt nach dem Dreschen das Putzen sehr viel zu. wünschen übrig. Wo mit Windmühlen gereinigt wird, weiden diese so schlecht bedient, daß ein großer Teil des Unrats mit dem Getreide zusammenfällt, ohne daß man sich die Mühe nähme, dieses noch einmal durch ein Handsieb gehen zu lasi-n. Wo auf Ma­schinen gedroschen wird, ist die Reinigung eine bessere, hauptsächlich die neueren Maschinen reinigen sehr gut und sortieren auch Körner.

Aber auch hier giebt es wieder besonders Schlaue, denen die Reinigung Verlust zu sem scheint und die darum hintennach bereits Ausgeschiedenes dem Getreide wieder zusetzen ! Für Bebauung des Getreides auf dem Speicher scheint vollends den Leuten alles

Der Widerspruch Württembergs gegen die Zulkersteucrvorlage soll derPost" zufolge bei der Beratung in der Bundesrats-Kommission über­wunden und die Vorlage mit Empfehlung der Kom­mission, sie anzunehmen, an das Plenum zurück­gegangen sein. Die Vorlage dürfte etwa in vierzehn Tagen dem Reichstage zugehen.

Fürst Bismarck befindet sich, wie ein früherer süddeutscher Neichstagsabgeordneter, der dieser Tage bei dem Fürsten zu Besuch geweilt hat, erzählt, ganz außerordentlich wohl und frisch. Der Abgeordnete unterhielt sich mit dem Fürsten fünf Stunden lang über politische und andere Fragen, und der Fürst legte dabei dieselbe staunenswerte Rüstigkeit und Be­weglichkeit des Geistes an den Tag, die der Abgeord­nete in früheren Jahren so oft in Berlin an dem Altreichskanzler zu bewundern Gelegenheit hatte. Dem Fürsten ist übrigens neulich wieder eine hohe Aus­zeichnung durch den Kaiser zu teil geworden. Der Altreichskanzler, der schon lange den Orden Friedrichs des Großen, das achtzackige blaue Kreuz für militärische Verdienste besitzt, ist nämlich jetzt zum stimmfähigen Ritter des Ordens xour 1s möiäts auch für Wissen­schaften ernannt worden. Dieselbe Auszeichnung ist außer dem Fürsten Bismarck noch vier berühmten Gelehrten zu teil geworden.

Ausland.

Die Depesche des deutschen Kaisers, wo­nach dem Oberstlieutenant Galliano der Rote Ader­orden 2. Klaffe verliehen wurde und die Offiziere und Soldaten zur Verteidigung Makalles beglückwünscht wurden, hat in ganz Italien einen überaus günstigen Eindruck hervorgerufen. Durch die Depesche würden die Banden derZuneigung und der Zusammengehörigkeit der beiden Nationen noch enger geknüpft. In diesem Sinne sprechen sich die italienischen Blätter aus.

Aus amtlicher türkischer Quelle verlautet, daß nach eingelausenen Berichten zur Zeit der Einnahme der Kaserne von Zeitun durch die Insurgenten 562 türkische Soldaten sich in derselben befanden; von diesen konnten sich zu verschiedenen Zeiten nur 97 in Sicherheit bringen. In dem Bach, der durch Zeitun fließt, wurden 60 Leichen von Muselmanen gefunden, welche auf das grausamste ermordet worden waren.

Vermischtes.

In einer Einsendung an daSNeue Tagbl." verwahren sich die Werkmeisterfirmen Paul Barth und Söhne, Jul. Hofacker, Jooß und Cie. und H.

Weiß von Stuttgart, Emil Haller und Gebrüder Klett von Cannstatt gegen den Vorwurf, daß sie der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft durch übertrieben hohe Preise es unmöglich gemacht hätten, ihre baulichen Bedürfnisse am Orte der Ausstellung zu befriedigen.

Die Einsender erheben ihrerseits den Vorwurf, daß

Hast zu einem Geständnisse mürbe zu machen. Erst nachdem die UntersuchungSacten I geschloffen und dem Staatsanwalt übergeben worden waren, wurde mir auf ganz I kurze Zeit gestattet, meine Frau in Gegenwart eines Beamten wieder zu sehen. Es war das nach monatclanger Trennung ein Wiedersehen, wie ich eS meinem ärgsten Feinde nicht wünsche. Minutenlang lagen wir unS in den Armen, keines Wortes mächtig. Und dann kam für mich ein Moment, der noch viel schrecklicher war. als derjenige meincr Verhaftung. Von aller West abgeschnitten, hatte ich über die Meinigen nicht das Geringste erfahren. So oft ich auch den Schließer, den einzigen Menschen, den ich außer dem Untersuchungsrichter in dieser Zeit zu Gesicht bekam, bat, er möge mir. wenn er es könnte, doch wenigstens etwas über meine Familie Mitteilen, da ich vor Sehnsucht nach Frau und Kindern schirr verginge, der herzlose Mann abrr hüllte sich in seine Dienstmstruction und schwieg. Und nun erfuhr ich erst aus dem Munde meiner mit der Sprache lange zögernden Frau, welche, sonst so rüstig md frischen Wesens, jetzt einem Schatten glich, daß der unerbittliche Tod unS die beiden jüngsten Kinder in einer Woche an der DiphtheritiS dahingerafft hatte. O, waS ich bei dieser Mitteilung empfand, wie sich mir das Herz in der Brust zu- sammenkrampfte, das kann kein Mensch mit Worte» beschreiben.Der alte Gott lebt noch!' halte meine Frau mir nach dem Unglück vor Monaten zugcrufen, und ich glaubte ihr als gläubiger Christ und im Vertrauen auf GotteS Vaterhuld in diesem Moment aber rang ich verzwe flungsvoll die Hände und verwünscht« Alles und Alle. Es giebt keinen gerechten Gott mehr, rief ich, sonst hätte er dieses alles nicht geschehen lassen können. Und wieder war sie eS» meine arme Frau, die mein wildempörtes Gemüt besänftigte und in meinen Augen den erlösenden Quell öffnete zum ersten Male seit langen Jahren konnte ich wieder weinen. Thränen ver­gießen um meine beiden Lieblinge, dir ihren unglücklichen Vater vor ihrem Tode nicht einmal Wiedersehen sollten. Ihr früher Tod, die still» Ergebung meiner Frau in Gottes W llen, stimmte mich merkwürdigerweise endlich milder. Ich wurde ruhiger. Nicht zum Letzten wirkte dabei auch wohl die Nachricht von meiner Frau mit, daß Niemand in der Stadt an meine Schuld glaube, alle College» und besonders der Herr Direktor, sie alle hätten vor dem Untersuchungsrichter günstig über Mich auS-

gesagt, nur derwilde Jakob" so nannten wir einen jüngeren, etwas leichtsinnige» College» hätte schleckt über mich gesprochen, aber man w sss auch warum. Der Mensch hatte sich kurz vorher nämlich um die Hand meiner ältesten Tochter beworben und sich einen Korb geholt. Erst als meine Frau wieder gegangen war m d die kahlen Gcfängnismauern mich wieder angrinsten, kam die Verzweiflung wieder über mich. Ich lebte wie ein Irrsinniger dahin. Bei jedem Geräusch glaubte rch die Stimme meiner beiden Lieblinge zu hören, wie sie gegen die tück sche Krankheit (welche übrigens in demselben Winter über 80 Kinder in der Stadt forderte) an- kämpften und nach ihrem Veter riefen, damit er ihnen helfe. Es waren schreckliche Stunden, die ich in dm dumpfen Gefängnis verbrachte. Als dann endlich der R egel vor meiner Thür klirrte, und man mich nach dem Schwurgerchtrsaal führte, als ich auf dem Flur des GerichtSgel-äudes in einem Spiegel mein Antlitz wieder sah, da wäre ich fast entsetzt zusammengebrochen vor dem Gesicht, das jener mir für einen kurzen Moment zeigte. Mein sonst so starkes dunkelbraunes Haar war gebleicht mein Gesicht von vielen Falten durchzogen und der Blick meiner Auge» glich demjenigen eines tiesverwuntxten und dem Tode verfallenen Menschen.

Ich brauchte nicht viel zu sprechen vor dem Richter. Der Anwalt, den mir das Gericht als Beistand gab. hatte den Ausführungen des Staatsanwalt« gegen­über sofort gewonnenes Spiel, als er eine eingehende Schilderung meines Vorlebens entwarf urd auf die Aussagen meines ersten Vorgesetzten und aller Beamten und College» sowie auf meine geregelten wirtschaftlichen Verhältnisse hinwieS. Einen Moment nur begegnete mein Blick demjenigen meines mir feindl ch gesinnten College», und dieser Blick genügte, ihn ganz zu durchschauen. Haß und Rachsucht das war die Triebfeder seines uncolleg alischen Handelns. Nun erfuhr ich auch, was der Mensch gegen mich auSgesagt hatte. Ich sollte weit über meine Verhältnisse hinaus gelebt haben. Er hätte wiederholt gesehen, daß ich mit C v lpersonen hinter einer Flasche Wem gesessen habe. So etwas könne er und die Anderen sich nicht erlauben, obschon mele von ihnen lange nicht so große Ausgaben für Frau und Kinder zu machen hätten als ich.

(Schluß folgt.)