Wendigkeit gewisser Reformen anerkannt, sich aber bisher gegenüber den viel weiter gehenden englischen Ansprüchen — die englische Nationalunion in Johannis bürg verlangt z. B. auch das Englische neben dem Holländischen als Staatssprache — mit der Mehrheit des Volksrats tapfer gehalten. Der Herd der Gäh- rung ist in Johannisourg; von dort aus ist auch schon mit einem Aufruhr der Kaffernarbsiter in den Minen gedroht worden. Wie einst die Boeren aus den Diamantfeldern des Kaplands hinausgedrängt wurden, so sollen sie sich jetzt dem Gelüsten der Engländer nach ihren Goldfeldern und nach der Errichtung eines großen südafrikanischen Reiches fügen. Um den Ansturm vor 15 Jahren abzuschlagen, genügte ihr Opfermut und ihre Tapferkeit; jetzt gegenüber den in ihrem eigenen Lande angezettelten Wirren bedarf es außer jener Eigenschaften noch eines hohen Maßes von Weisheit und staatSmännischer Kunst.
Ein Bruch des Völkerrechts.
Am Abend des letzten Tages im alten Jahre wurde durch Wolffs Büreau folgende Depesche aus Prätoria verbreitet: „Eine 800 Mann starke bewaffnete Bande der Chartered Company ist mit 6 Maximgeschützen und anderen Kanonen im Transvaal eingedrungen. Sie befindet sich bereits in der Nähe von Rustenburg und scheint nach Johannisburg Vordringen zu wollen. Präsident Krüger hat sofort den Befehl erteilt, das weitere Vordringen der Aufrührer mit Waffengewalt zu verhindern, und erläßt einen Aufruf zur Verteidigung an alle Bürger. Ein bewaffneter Zusammenstoß scheint unvermeidlich." Gleichzeitig brachten deutsche Blätter Londoner Mitteilungen, wonach dort beruhigende Nachrichten aus Transvaal eingetroffen sein sollten. Eine andere Londoner Mitteilung besagte, das Kabel mit Johannisburg sei unterbrochen. In solchen Ausstreuungen war das englische Bestreben zu erkennen, die Wahrheit möglichst spät bekannt werden zu lassen.
Der Einfall von Truppen der Chartered Company in das Gebiet der südafrikanischen Republik zur Unterstützung der englischen Wühlereien im Transvaal ist ein Bruch des Völkerrechts, eine Verletzung des von den Boeren mit England geschloffenen Vertrags (1883), der die Selbständigkeit Transvaals anerkennt. Die Chartered Company, der von Cecil Rhodes geschaffene Sturmbock zur Erweiterung des englischen Besitzes in Afrika von Süden nach Norden in einer möglichst ununterbrochenen Linie vom Cap bis zum Nil, ist mit königlichen Rechten ausgestattet; ihr voller Name ist auch Royal Chartered Company. Während von England fortgesetzt die europäische Humanität zum politischen Einschreiten gegen die Grausamkeiten in Armenien angerufen wird, geschieht in einem friedlichen Staatswesen von Südafrika von englischer Seite ein Schritt, der einer räuberischen Vergewaltigung nicht unähnlich ist.
Deutschland darf eine solche Vergewaltigung nicht zulaffen, die die Rechte Tausender von Deutschen in Transvaal berührt, den deutschen Handel mit Transvaal gefährdet und den bestehenden politischen Zustand in Afrika zum Nachteil der Entwicklung unserer Schutzgebiete zu verändern droht. Die Entrüstung darüber ist in Deutschland allgemein und
gleich bei Liberalen wie bei Konservativen. So schrieb B. die liberale „Vossische Zeitung" schon in ihrer eujahrsnummer: „Ein solches Vorgehen darf nie und nimmer geduldet werden, und die deutsche Reichsregierung hat die Pflicht, sofort energische Schritte zu ergreifen, um die gefährdeten deutschen Interessen un Transvaal und gleichzeitig die unserer stammverwandten Buren zu schützen. Es kann nicht scharf genug gegen die britische Vergewaltigung protestiert werden, und hoffentlich ist der gegenwärtig in Berlin weilende Staatssekretär der südafrikanischen Republik, Dr. Leyds, der schon mehrmals im Auswäriigen Amte verkehrte, in der Lage, der Regierung in Prä- toria die drahtliche Zusicherung zu geben, daß die Unabhängigkeit des Transvaal unangetastet bleiben muß."
Wie ernst unsere Regierung die Sache auffaßt, geht daraus hervor, daß sich der Staatssekrekär des Auswärtigen Amtes, Freiherr v. Marschall, unmittelbar nach Empfang der Nachricht von dem Eindringen englischer Banden im Transvaal am Dienstag in Begleitung des Direktors der Kolonialabteilung, Dr. Kayser, nach Potsdam begab, um Seiner Majestät Vortrag zu halten. Man kann sicher sein, daß darauf sofort die nötigen Schritte zur Wahrung der deutschen Interessen eingeleitet worden sind.
Deutsches Deich.
Ueber das Befinden des Prinzen Alexander ist am Neujahrstage das nachfolgende Bulletin ausgegeben worden: „Eine langsame Rückbildung der Lungen-Entzündung hat begonnen. Trotz andauernden Fiebers bleibt der Kräftezustand nach guter Nachtruhe und genügender Nahrungsaufnahme ein günstiger."
Der Reichskanzler Kürst zu Hohenlohe und Gemahlin haben am Dienstag Morgen die Rückreise von Wien nach Berlin angetreten. Zur Verabschiedung hatten sich der Minister des Aeußern, Graf Goluchowski, und der deutsche Botschafter Graf zu Eulenburg mit dem Botschaftsrat Prinz von Lichnowsky und dem Botschaftssekretär Prinzen zu Schönburg-Waldenburg auf dem Bahnhofe eingefunden. Der Abschied zwischen dem Fürsten zu Hohenlohe und dem Grafen Goluchowski war sehr herzlich. Graf Goluchowski hatte die Fürstin bis zum Wagen geführt und verweilte dort in anregender Unterhaltung mit dem Fürsten und der Fürstin bis zur Abfahrt des Zuges.
Mit den kaiserlichen Prinzen, die, wie wir bereits berichtet haben, in der Kadettenanstalt in Plön erzogen werden sollen, werden je drei Kadetten Unterricht erhallen; die hierzu ausersehenen Kadetten sollen bereits bestimmt und nur unter Berücksichtigung ihrer Zeugnisse ausgesucht sein. Unter den für den Kronprinzen bestimmten Mitschülern befinden sich zwei Bürgerliche und nur ein Adeliger. Der Kronprinz erhält den Unterricht der Untersekunda, Prinz Eitel Fritz denjenigen der Untertertia.
Daß der Großherzog von Baden von der Stellung als Generalinspekteur der 5. Armeeinspektion zurückzutreten beabsichtigt, wird von der „Münchener Allgemeinen Zeitung" als unrichtig erklärt. Im Gegenteil sei sicher verbürgt, daß der Großherzog vor
ganz kurzer Zeit erklärt hat, „ich werde so lange dem Kaiser dienen, bis ich nicht mehr kann "
Wie der Centralausschuß für Jugend- und Volksspiele, hat auch die deutsche Turnerschaft durch ihren Ausschuß jede Beteiligung an den sogenannten olympischen Spielen in Athen im Jahre 189 8 abgelehnt. Auch der belgische Turnerbund, der nieder - ländische, der eidgenössische, sowie der schwedische Turnerbund haben die erhaltenen Einladungen abgelehnt, da sich der Geist des Programms mit ihren ernsten Bestrebungen nicht vertrage.
Der aus Berlin geflüchtete Rechtsanwalt Tr. Friedman« hat etwa eine halbe Million Mark Schulden hinterlassen, trotz der mehrfachen Arrangements, die für den Entflohenen seit fünf Jahren von Freunden geschahen. Bis Ende voriger Woche waren in der Friedmannschen Wohnung für ca. 300 000 Mark Pfändungen oorgenommen worden. Wie sich neuerdings herausgestellt, hat Dr. Friedmann auch Wechselfälschungen begangen.
Ueber den Aufenthalt des früheren Chefredakteurs der Kreuzzeilung, Freiherr« von Hammerstein, im Auslande wird noch berichtet, daß seine Familie, Frau und zwei Töchter, seine Reise mitgemacht haben. Sie waren sowohl in Korfu als auch auf Sicilien und begleiteten ihn ebenso nach Athen. Unter dem Namen Herbert korrespondierte Frhr. v. Hammerstein von Athen aus für deutsche Blätter, deren Redaktionen natürlich nicht missen konnten, daß ihr Berichterstatter, der eine außergewöhnliche Vertrautheit mit den griechischen VerhältüHen verriet. Niemand Anders sei, als der ehemalige Redakteur der „Kreuzzeitung". Die „Münch. Neuest. Nachr." veröffentlichten Berichte dieses Dr. Herbart, die wegen ihrer Sachkenntnis und ihres zutreffenden Urteils in der griechischen Presse Aufmerksamkeit erregten und vielfach studiert wurden.
Ausland.
Die Lage bei Zeitun ist unverändert. Nachdem die auf einem Berge stehende Kaserne von Höhen aus bombardiert worden war und die Aufständischen sich zurückgezogen hatten, erfolgte seitens der Türken die Besetzung der Kaserne. Die unterhalb des Ka- sernenbcrges terrassenförmig angelegte Stadt bietet zahlreiche günstige Verteidigungsabschnilts, deren Einnahme schwierig ist und schwere Kämpfe erfordern dürfte.
Nach der vom nordamerikanischen Repräsentantenhause angenommenen Tarifreform zahlt die jetzt freie Rohwolle der Klaffen 1 und 2 60 Proz. der Sätze des Mac Kinley-Tarifs von 1890 und Wolle der Klasse 3 den vollen Satz von 1890. Woll- waren zahlen also Zuschlag zum jetzigen Zoll 60 Proz. der spezifischen Gewichts- oder Flächenmaßzölle deS Mac Kinley-Tarifs. Nur Teppiche und ähnliche Wollfabrikate zahlen als Zuschlag den vollen Flächenmaßsatz des Mac Kinley Tarifs. Das jetzt freie Holz und Holzwaren zahlen 60 Proz. der Mac Kinley- Sätze, alle übrigen zollpflichtigen Waren außer Zucker sind mit einem Zollzuschlag von 15 Proz. der gegenwärtigen Zollsätze belegt.
Nach Meldungen aus Kuba werden die Aufständigen auf ihrer Rückzuzsbewegung von den
Dein aufgeregtes Wesen gestern und heute zu erklären. Du wolltest mich täuschen j und vermagst doch das, was Dein Herz bedrückt, jetzt nicht länger mehr allein zu tragen. O, sag'S nur, ich bin gefaßt — ganz gewiß, Hedwig! Bäte, bitte, erzähle, was weißt Du von chm?"
Die Kranke konnte nicht weiter reden. Ein heftiger Hustenanfall erschütterte ihren schwachen Körper. Rasch trat Hedwig an ihre Seite und ergriff ihre Hand. Aber die Tante rief schaudernd: .O. wie kalt Du bist, Hedwig!" Dann nahm sie deS jungen Mädchens eisigen Hände zwischen die ihrigen und preßte sie lebhaft. „Du bist krank, Kind, und daran ist wieder er, der Nichtsnutz. Schuld."
.Bäte, liebe Tante, ängstige Dich nicht unnötiger Weise und verurteile Han« nicht eher, bis Du ihn gehört hast. Warum muß er denn in Deinen Augen absolut gesunken sein? Bedenke, wenn er jetzt hier zur Thür hereinkäme, krank und elend, und Dir alles der Wahrheit gemäß beichtete, würdcst Du seinen Worten nicht mehr Glauben schenken, als denen seiner Wirtin in Berlin, die ihn wahrscheinlich aus Rache verleumdet hat?"
Die Kranke schüttelte seufzend den Kopf. „Du glaubst selbst nicht, was Du sagst. Kind! Wenn er frei wäre von jeder Schuld, wenn er ein reines Genüssen hätte, dann brauchte er sich n cht vor uns zu verstecken. Ach, Du willst wohl nur mne häßliche, bittere Wahrheit überzuckern; aber das gelingt Dir dieses mal nicht, Hedwig; ich merke e« ja an Dir — auch Du traust ihm nicht mehr. Du sprichst von Rückkehr. Bon einer solchen kann nur dann die Rede sein, wenn er seinem Namen kerne Schande bereitet hat: vor einem Ehrlosen müßte ich die Thür schließen, den will und mag ich nicht sehen — niemals!" rief aufgeregt die Kranke.
Hedwig erbleichte; in solcher Aufregung hatte sie die Tante noch nicht gesehen.
„Was ich glaube. Tante, hat ja wenig Wert; ich habe kein Recht, von HanS Rechenschaft über sein Verhalten zu fordern. Ich möchte Dir nur Mitteilen, daß Dein Sohn sich nach seiner Mutter sehnt und daß er den Augenblick kaum abwarten kann, D.ch wieder zu sehen. Ich bäte Dich inständig, höre ihn erst, ehe Tu rhn verurteilst. Wenn Han« wirklich gefehlt haben sollte, so hat er dafür schwer büßen
müssen. Er ist krank, leidend, und in diesem Zustande hat er drei Tage lang in Berlin umherirren müssen. Jetzt will er eine gute Stelle wieder erhalten haben, ja noch mehr, er will im Besitze von Geldmitteln sein, die ihn und uns für lange Zeit vor Nahrungssorgen schützen können, so behauptet er." Der Kranken Hände ergreifend, sprach Hedwig sanft und mit Wärme im Ton: .Erschrick nicht, Tante — ich habe Dir eine wichtige Mitteilung zu machen: Dein Sohn ist bereits zmückge kehrt — HanS steht draußen vor der Thür und bittet um Einlaß."
Hiernach wandte sich Hedwig erleichtert zur Seite. „Gott sei Dank! Jitzp ist's heraus. Möge Gott ihren Sinn zum Guten lenken." sagte sie leise.
Ja, nun war'S heraus, ihr Geheimnis. Die Kranke stieß einen leisen Schrei der Überraschung aus; sprachlos starrte sie das junge Mädchen an, welches mit Spannung auf eine Antwort wartete.
Verlassen wir Beide «inen Moment und sehen wir, was sich kurz vor Hedwigs Rückk.hr erreignet hatte.
In der festen Überzeugung, daß Hans nach Empfang deS Geldes sofort nach Hause gereist sein würde, hatte Hedwig sich um sieben Uhr zum Bahnhofe begeben, um ihn zu erwarten. Sie wollte die Erste sein, welche ihn in der Heimat begrüßte.
Da HanS, nach seiner eigenen Schilderung, äußerlich sehr heruntergekommen auisehen mußte, so hatte sie cS nach Rücksprache mit eurer verheirateten HauSgenofsin, der sie häufiger beim Nähen von Kinderkleidchen behülflich gewesen war, so eingerichtet, daß er erst bei dieser sich umkleiden konnte, bevor er vor seiner Mutter erschien. Ein noch gut erhaltener Anzug und etwas Wäsche besaß seine Mutter noch von ihm. er brauchte vor dieser also nicht wie ein Stromer zu erscheinen. Die Tante sollte zunächst überhaupt nicht erfahren, wie schlecht es HanS nach dem Verlassen des Krankenhauses ergangen war, sondern beim ersten Wiedersehen nur den besten Eindruck von ihm gewinnen. Hatte Hans ihr dann erst der Wahrheit gemäß die Ursache seines langen Schweigens erzählt und die Behauptungen in dem verläumderischen Briese seiner Wirtin in Berlin widerlegt, dann würde sich auch die Liebe der Kranken wieder schnell dem Sohne zuwenden und ein Mutterherz am