/

^ 27 .

Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

7 V. IahrMK.

"'Lrschemt Dienstags, Donnerstag- und SamStagS. Die (Kinrückung-gebühr beträgt tm Bezirk und in nächster Um» -eS«^ Pfg. die Zeile, sonst 1L Pfg.

LLonnementSpreir vierteljährlich in der Stadt SV Pfg. »«B So Pfg. Lrägerlohn, durch die Bost bezogen ML 1. 1V, sonst i» ganß Württsnberg ML 1. SL.

Amtliche Aekaavtmachsnge«.

Die Ortsvorsteher

«erden unter Bezugnahme auf den Ministerialerlaß vom 1. Februar d. I. (Min.-A.-Bl. S. 41) beauf­tragt, bis 6. März d. I. ein Verzeichnis der Schafbestände ihres Gemeindebezirks unter Angabe der Stückzahl derselben und Bezeichnung derjenigen Herden, welche zur Sommerweide auf eins andere Markung gebracht werden, bezw. eine Fehlanzeige hieher vorzulegen.

Sämtlichen Schafbssitzern ist zu eröffnen, daß vor Beendigung des Heilverfahrens dir Abfahrt einer Herde, bei welcher die Räude festgestellt wird, auf die Sommerweide nicht gestattet werde, worüber Voll­zugsnachweis hieher zu erbringen ist. Ferner sind die Schafbesitzer darauf hinzuweisen, daß es sich zur Abhaltung der Räude empfiehlt, neu angekaufte Schafe erst nach Ablauf von mindestens 4 Wochen und nach­dem dieselben sich bei der Untersuchung als unver­dächtig erwiesen haben, mit den übrigen Beständen zu vereinigen.

Calw, den 27. Februar 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

In Betreff des heurigen

Militar-Grsatzgeschirftes

wird vorläufig bekannt gegeben, daß die Musterung und Losung vom 28. März bis 2. April d. I. Pattfinden wird.

Wegen der Zurückstellungsgesuche Militär- Pflichtiger in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse wird auf die Bestimmungen der ZZ 32 und 33 der Deutschen Wehrordnung (Reg.-Blatt von 1889 Nr. 3)

und wegen derjenigen der Reservisten, Landwehrmänner und Ersatzreservisten auf Z 118 Z. 36, Z 120 Z. 5, Z 122 und 123 der Deutschen Wehrordnung hingewiesen.

Diese Zurückstellungsgesuche, wozu beim Ober­amt Formulare zu haben find, sollten mindestens 1V Tage vor dem Musterungstermin beim Oberamt einkommen, um dieselben prüfen und erforderlichenfalls ergänzen zu können. Zurück­stellungsgesuche, die erst uach der Musterung angebracht werden, könnten keine Berück­sichtigung mehr finden.

Da im letzten Jahre die Reklamationsgesuche vielfach verspätet eingekommen find, so hat die K. Oberersatzkommission die bestimmte Erwartung aus­gesprochen, daß dieselben künftig rechtzeitig eingereicht werden, also schon vor der Musterung, nicht erst vor der Aushebung oder nach dieser.

Die Ortsbehörden werden beauftragt, dis Be­teiligten in angemessener Weise darauf aufmerksam zu machen und für rechtzeitige Vorlage derartiger Gesuche Sorge zu tragen.

Calw, 28. Februar 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

Gebandebrarrd schabensumlage für 1895.

Nach der Ministerialverfügung vom 28. Dez. 1894 (Reg.-Bl. von 1895 S. 16) beträgt der für das Jahr 1895 umzulegende Brandschadensbeitrag von einhundert Mark Brandversicherungsanschlag neun Pfennig.

Die Gemeindebehörden erhalten die Weisung, in Gemäßheit der bestehenden Vorschriften für den

rechtzeitigen Abschluß der KatasterrevisionSgeschäste und Anlegung der Einzugsregister Sorge zu tragen. Der Einzug der Beiträge und deren Abliefernng an die Amtspflege ist ordnungsmäßig zu betreiben, so daß je die Hälfte der Umlage auf 1. April und 1. August d. I. an die Brandversicherungshauptkasse zur Ablieferung gelangt.

Calw, den 28. Februar 1895.

K. Oberamt.

_ Voelter._

Deutsches Reich.

Berlin, 27. Febr. (Deutscher Reichs­tag.) Die Anträge Auer und ColbuS betr. Aufhebung des Diktatur-Paragraphen in Elsaß- Lothringen wurden nachdem Abg. Preiß (Elf.) sich dafür ausgesprochen, angenommen. Fortsetzung der Beratung des Antrages Hitze und Gen. betr. die gewerblichen Verhältnisse der Ar­beiterinnen etc. Abg. Molkenbuhr (Soz.) polemisiert gegen den Abg. Schall und erklärt, sitten- verderbend wirke nur die Niedrigkeit der Löhne und die zu lange Arbeitszeit. Die Hausarbeiten müßten auch unter das Arbeitrrschutzgesetz gestellt werden. Abg. Barth (fr. Dg.) erkennt das Bedürfnis einer Regulierung der Arbeitszeit an, will jedoch die Ar­beiter dadurch nicht geschädigt wissen. Abg. Hüpeden (Cons.) erklärt mit seinen Freunden für den Antrag stimmen zu wollen. Abg. Schall (Cons.) verwahrt sich gegen die ihm vom Abg. Molkenbuhr vorgeworfene Vertretung der kapitalistischen Sache. Redner hält die hohen Löhne nicht immer für gut und würde lieber sehen, daß die jungen Mädchen anstatt in die Fabriken auf das Land gingen. Von einem Normal­arbeitstag wolle er nichts wissen. Abg. Möller

IseuitteLon.

pi-chdruck »krbolen-1

Der Sonderling.

Roman von P. Felsberg. ^

(Fortsetzung.)

XII.

Die Baronin von Felde» mußte zu der Verlobung ihrer Tochter ihre Zu­stimmung geben; aber es geschah nicht freudigen Herzens. Günther hatte es nicht verstanden, ihre Gunst sich zu gewinnen. Rosa freute sich über das Glück ihrer Schwester; sie gönnte ihr alles, Reichtum und Glanz, das einzige Element, in dem sich Gertrud wohl zu fühlen vermochte. Sprach auch ihr Verlobter, Graf Günther Schönburg, jetzt davon, in ein« kleine Garnison übersiedeln zu müssen, so glaubte sie doch nicht recht daran und dachte nur, daß er ihre Liebe zu ihm prüfen wolle. Gertrud stimmte in alles ein, was er wünschte; später, dachte sie, wenn sie erst seine Gattin war, dann würde es anders werden, so wie sie eS sich gedacht. Wie sehr Günther Schönburg sie liebte, welches Opfer er ihr brachte, indem er das Leben in der Residenz um ihretwillen aufgab, wußte sie nicht. Sie fand ihn wohl verändert, ernster und nachdenklich, nicht mehr so leichtlebig in seinen Ansichten wie früher, und ihrem Scharfblick entging es auch nicht, daß Doktor Justus einen ganz bedeutenden Einfluß auf ihn besaß. Wie dies so plötzlich gekommen, wußte sie sich natürlich nicht zu erklären, aber sie haßte Justus noch glühender als früher; sie war stolzer und hochmütiger gegen ihn als jemals, so daß Günther zuweilen er­schrak und sie ermahnte, ihr Benehmen zu ändern.

Aber Gertrud lacht^ nur spöttisch auf und biß sich dann auf die Lippen, um die grollenden Worte zu unterdrücken, die ihren Verlobten reizten.

.Doktor JustuS verdanken wir unser Glück, Gertrud, Geliebte, denke daran," ^mahnte Günther einmal, und seine Braut erglühte vor Zorn.

.Günther, das glaubst Du, ich nimmermehr!" Sie war zu stolz, ihm zu be­kennen, daß Doktor Justus sie geliebt, daß sie seine Liebe verachtet hatte, weil er nur ein Arzt war, und sie nach dem Grafen Schönburg schmachtete, der sie aus ihrer Armut emporheben sollte. Sie hielt eS für eine Beleidigung, daß JustuS es gewagt, um sie zu werben; nicht um die Welt hätte sie einer Menschenseele davon gesprochen.

Doktor JustuS mußte nun wieder öfter zu Rosa kommen, und er freute sich, wie wunderbar sie sich erholte. Von der Verlobung ihrer Schwester sprach sie voller Freude. Er hatte gefürchtet, daß eS anders sei; er glaubte doch, daß Günther des jungen Mädchens Herz gewonnen, da- sich in unglücklicher, unerwiderter Liebe zu verzehren gedroht hatte. .Sonderbar," dachte er, .wer anders soll eS sein?"

Er dachte nicht an sich, und doch hätte er cs merken können, daß er eS war, dem Rosas Herz entgegenjudelte, wenn er kam, und um dm es trauerte, wenn er ging, und wenn er fern blieb.

»Rosa, machen Sie, daß Sie zum Richtfrst der Fabrrk gesund sind; Sie dürfen nicht fehlen dabei." sprach Doktor JustuS eines Tages, und Rosa lachte ihm zu»

»Ja, ja, das will ich auch. Mein Fuß ist ganz gut dank Ihrer Hilfe, und mein dummes Herz ist jetzt auch ganz still; ich fühle mich wohl, Doktor!"

Rosas blaue Augen blickten Justus strahlend an, voller Liebe, ihr Blick hing an ihm wie gebannt, ihre kleine Hand bebte in der seinen, und holde Röte stieg in ihr liebe« Gesichtchen, das sie plötzlich senkte, als er voll fragenden Staunens sie ansah.

Eine Ahnung der Wahrheit durchzuckte plötzlich JustuS. War er eS, den sie liebte? fragte er sich betroffen, und schweigend ging er dann aus dem Herrenhaus zu Felde», sein Haupt leise gebeugt, in tiefes Nachdenken versunken.

»Rosa liebt Dich!" Der Gedanke bewegte sein Herz. Wie konnte er s» blind sein, wie konnte er es so lange übersehen? fragte er sich jetzt und dachte zu­rück an ihre Freude, wenn er kam, ihre Trauer, wenn er ging. »Rosa!" klang «S