Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Nachdem die Maul- und Klauenseuche »in Oberkolltvangen erlösche» ist, wird das s. Zt. erlassene Verbot des Treibens von Rindvieh, Schafen und Schweinen außerhalb der Feldmarkgrenzen dieser Gemeinde wieder zurückgenommen.

Calw, 26. Januar 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

^ 14.

Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Nm- >«buag S Pfg. die Aeile, sonst 18 Pfg.

Donnerstag, den 31. Zanuar 1895

LbonnementlpreiS vierteljährlich in der Stadt SV Pfg. and SV Pfg. Lrägertohn, durch die Post bezogen DL 1. 18, saust i« ganz Württemberg Mr. 1. SL.

Deutsches Reich.

Berlin, 29. Januar. Reichstag. Ver­ordnung über den Zollzuschlag auf spanische Waren, 2. Lesung, dazu Resolution v. Sa lisch (kons.1, die Regierungen um Vorlage eines Gesetzentwurfs zu er­suchen, wonach auch zollfreie span. Waren mit Zöllen belegt werden können; ferner Zusatzantrag Hammacher (n.lib.) die Zölle für zollpflichtige Waren zu verdoppeln. Barth (Freis. Ver.) be­kämpft die Anträge als wirkungslos und die Industrie schädigend. Hammacher wünscht die Anträge der Zolltarifkommission zu überweisen. Der Bundesrat müsse größere Befugnisse, erweiterte Kampfmittel er­halten. Nachdem v. Sa lisch seine Resolution be­gründet, Barth nochmals dagegen, v. Stumm (Reichsp.) sich dafür ausgesprochen, stimmt das Haus der Verordnung zu und überweist die Anträge Salisch und Hammacher der Zolltarifkommission. Es folgt die 1. Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung in Ver­bindung mit dem vom Zentrum eingebrachten Ent­wurf, welcher Aehnliches anstrebt, Schädler (Ztr.)

kritisiert die Regierungsvorlage, welche sich nicht durch besondere Klarheit auszeichne und begrüßt nur die Bestimmungen über die Konzession von Schauspiel­unternehmungen, weil durch die modernen Bühnen gegen Ehe und Religion großes Unheil angerichtet werde (Beifall im Zentrum). Redner begründet ein­gehend den Zentrumsentwurf.

Berlin, 28. Jan. In der Reichstags-Com­mission zur Beratung der Umsturzvorlage wurde heute die Debatte über Z 111a (Anpreisung von Vergehen und Verbrechen) fortgesetzt. Nbg. Barth (freis. Ver.) beantragt in der Reihe der im Paragraphen ange­führten Vergehen den Landfriedensbruch und die Er« Pressung zu streichen, dagegen die Herausforderung zum Zweikampf aufzunehmen. Außerdem will er den Wortlaut des Z 111a so gefaßt wissen, daß bei der Erpressung die Absicht vorliegen muß, zur Begehung der bezeichneten strafbaren Handlung anznreizen. Abg. Spahn (Centr.) zieht einen in der vorigen Sitzung vom Centrum gestellten Abänderungsantrag zu Gunsten der Form des Antrags Boltz (natl.) zurück. Nach dem Anträge Boltz ist der Z 111 a wie folgt zu fassen: Die Strafvorschriften, die nach Z 111 für den Fall der erfolglosen Aufforderung gelten, finden auch gegen Denjenigen Anwendung, welcher auf die im § 110 bezeichneten Weise ein Verbrechen oder ein der in dem angeführten Paragraphen vorgesehenen Vergehen in solcher Weise oder unter solchen Umständen als rühmlich oder erlaubt darstelle, daß die Darstellung geeignet ist, zur Begehung solcher strafbaren Handlung zu reizen. Abg. Barth (fr. Ver.) bezeichnet den Antrag Boltz als unannehmbar, er sei noch kautschukartiger als die Regierungsvorlage. Abg. Munckel (fr. Vp.) bezeichnet den Antrag Boltz ebenfalls ats unannehmbar. Abg. Stumm erklärt sich vorbehaltlich einer schärferen

Fassung in zweiter Lesung für den Antrag Boltz. Abg. Lenzmann (freis. Volksp.) erachtet es als notwendig, ausdrücklich zu konstatieren, daß ein Kompromiß hergestellt sei zwischen Centrum und Conservativen, Reichspartei und Nationalliberalen. Es erscheine also fast überflüssig, noch weiter zu reden. Di» heutige Haltung des Centrums sei mit dessen bisheriger Haltung unvereinbar. Bei der Ab­stimmung wird der Antrag Barth gegen 6 Stimmen abgelehnt, dagegen der Antrag Boltz mit 20 gegen 7 Stimmen angenommen. Abg. Schädler (Centr.) stimmt gegen den Antrag, vr. Lieber (Centr.) enthält sich der Abstimmung.

Berlin, 28. Januar. Der Verband der Deutschen Kriegervereine hat anläßlich des Geburts­tages des Kaisers gestern eine Versammlung abgehalten, welche von circa Tausend Personen besucht war. Nach dem Hoch auf den Kaiser wurde in einer Debatte erörtert, daß den noch übrig gebliebenen unversorgten Kriegern von 1870/71, 1866, 1848/49 ein sogenannter Ehrensold gewährt werden solle. In dieser Hinsicht soll bei Kaiser und Reichstag petitioniert werden. Lrwähnt wurde noch, daß ein solcher Ehrensold be­reits in Frankreich gesetzlich festgelegt sei.

Berlin, 29. Jan. Wie verlautet, beauf­tragte der Kaiser den Botschafter General v. Werder, am Sarge des verstorbenen Ministers v. Giers einen Kranz niederzulegen.

Berlin, 29. Jan. Nach derNordd. Allg. Ztg." wurde gestern der Reichskanzler vom König von Sachsen in längerer Audienz empfangen und mit dem Besuch des Großherzogs von Baden beehrt. Der König von Württemberg stattete dem Reichskanzler am Sonntag einen Besuch ab.

^ kl!. sRachdruikriotni.I

Der: Sonderling.

Roman von P. Felsberg.

(Fortsetzung.)

Er dachte an anderes, und der Gedanke, der ihn jetzt beschäftigte, schien einen überwältigenden Zauber auf ihn zu üben. Seine breite Brust hob und senkte sich in tiefen, schweren Atemzügen, sein Auge, das voll Sehnsucht hinüber nach Felde» geblickt, schloß sich eine Minute, seine Lippen öffneten sich, und leise hauchte er, als frage er sein Schicksal: »Gertrud, liebst Du mich?*

Er hatte sie lange nicht gesehen. Gertrud mied ihn fest jenem Abend, an -ein er die Geschichte seines Freundes «zähst; sie blieb unsichtbar, wenn er kam, und traf er doch mit ihr zusammen, dann hatte sie nur einen stolzen, kästen Gruß. Ab« ihr jäh« Farbenwechsel, ihr Erblassen und Erröten, wenn sie seinem Blicke begegnete, zeigte ihm doch, daß « ihr nicht so gleichgültig war, wie sie glauben machen wollte.

JustuS wußte, was die stolze Seele Gertrud FeldenS bewegte; die aufkeimende Neigung zu dem einfachen Landarzt wollte sie bekämpfen. Sie, die Baroneß Felde», dünste sich zu hoch für ihn, ihr Streben ging hinauf zur Höhr; Rang, Reichtum, Glanz und LuxuS waren ihr der Inbegriff ihres ersehnten Glückes.

Er kannte sie gut. Er durchschaute ihre Seele, und doch reizte ihn ihre Schönheit und d« Gedanke, daß sie ihre stolzen Pläne aufgeben könnte um seinet­willen, aus Liebe zu ihm.

Mit dem Gedanken an Gertrud, mit d« Hoffnung, sie zu sehen, und d« be- Ilimmten Absicht, sie nicht so leicht loSzulassen, wenn sie ihm in den Weg trat» kam «r ins alle Herrenhaus zu Felben. Ein glückseliges Lächeln flog üb« Rosas Ge-

sichtchen. als sie ihn «blickte. Ihr Herz klopfte so stürmisch, daß sie die Hand dar­auf pressen mußte, und ihre Stimme klang beklommen, da sie ihn willkommen hieß.

»Wie kalt Ihre Hände stnd, Fräulein Rosa, was haben Sie, Sie sind so erregt?' forschte d« Arzt, und Rosa sah zu ihm auf, unbefangen und kindlich.

»Mein Herz köpft zuweilen nur so stark, ab« eS geht imm« bald vorüb«; gefährlich wird eS wohl nicht sein.*

»Haben Sie oft dieses Herzklopfen?* fragte mit leicht« Besorgnis JustuS.

»Nein nur zuweilen * lächelte Rosa. Sie wußte ganz gut, wovon eS kam, aber das durste sie ihm nicht verraten.

Dostor JustuS blieb lange. Rosa plauderte erregt und lebhaft: « hörte ihr sonst sehr gern zu, aber heute war «zerstreut, er wartete vergebens, daß Gertrud kommen sollte, und scheute sich doch, nach ihr zu fragen.

ES begann plötzlich Dämmerung zu werden. Am Horizont ballten sich dunkle Wolken zusammen; unruhig flatterten die Schwalben um das Herrenhaus, imm« tief« und tief« ihre Kreise ziehend, daß ihre langen Schwingen beinahe di« Erd« streiften.

Di« Baronin trat ans Fenst« und meinte besorgt:Wo Gertrud nur bleibt? Sie ist im Wald nach Schönburg zu wenn das Gewitter sie überrascht!*

Als ob « auf sein Stichwort gewartet, so rasch erhob sich d« Dostor und empfahl sich den Damen; « schützte das heraufziehende Gewitter vor, seinen plötz­lichen Ausdruck zu entschuldigen. Nun wußte er, wo er Gertrud zu suchen hatte. Rosa blickte ihm sinnend nach; sie schleppte sich mühsam mit ihrem kranken Fuß ans Fenst«. Ihr Blick hing an sein« Gestatt wie gebannt, als er davonritt, sein Pferd anspornend zu sausendem Galopp. Er jagte dem Walde zu, der nach Schön­burg führte.

»Ich dachte eS mir,* flüsterte Rosa, und eS zuckte verräterisch um ihren Mund; ihre Hand legte sich wieder auf ihre Brust. eS köpfte nicht stürmisch, freudig darin.