«ine Begrüßung durch die Bürgerschaft statt, die sich im Zuge mit Lampions beim Schlöffe einfand. Der Gesangverein trug Gesänge vor und der Schultheiß hielt eine Ansprache, welche freundliche Erwiderung durch den Gutsherrn fand.
Stuttgart, 30. Dez. Regierungs-Präsident v. Hä der len ist wegen seiner bekannten Brochüre im Disziplinarwege in eine Geldstrafe von 500 M. genommen worden. Die Nachricht, er habe dagegen Beschwerde erhoben, ist, wie der „S. M." hört, nicht richtig.
Kohlberg, 29. Dez. Einen neuen Industriezweig hat der homöopatische Arzt Schlegel in Tübingen erschlossen. Er kaufte von der hiesigen Gemeinde 4 Morgen von dem altbekannten Basaltberg Kohlberg. Dieser besteht seiner Hauptsache nach aus Basalttuff, einem aschenartigcn, schwarzen Eruptivgestein. Von diesem sind nunmehr 60 ebm probeweise nach Nürtingen zur Verarbeitung verfrachtet worden. Es soll aus demselben ein mineralisches Düngermittel hergestellt werden.
VomHeuberg, 28. Dez. Eine in Aldingen «inberufene Versammlung sämtlicher Fuhrleute des Heubergs will einen Normaltarif per Kilometer für Holzfuhrwerke aufstellen. Schon seit Jahren kauften Papierfabriken in Mannheim, Waldhof-Waldhof und Heilbronn Langholz auf dem Heuberg zur Anfertigung von Papierzellstoffen. Die Beifuhr des Holzes aus den Wäldern ans die Eisenbahn geschah bisher, infolge der Konkurrenz um einen Spottpreis. Die Bauern wollen nun laut G. T. den Weg der Selbsthilfe beschreiten, indem sie sich solidarisch verpflichteten, das Holz nur noch gegen eine festgesetzte Taxe per Kilometer zu führen.
Biberach, 28. Okt. Die auf morgen abend projektierte Christbaumfeier der Steigerkompagnie mußte durch einen sehr bedauerlichen Unglücksfall abgesagt werden. Der Lieutenant der Kompagnie, Wagnermeister Arnold, ein allgemein geachteter Mann, erlitt durch einen Sprung aus ganz unbedeutender Höhe einen so unglücklichen Beinbruch, daß der Fuß amputiert werden muß.
Haigerloch, 29. Dez. In Bittelbronn verunglückte gestern Morgen in der Frühe eine 70jährige Frau, indem ihre Kleider beim Anzünden des Feuers in Brand gerieten. Die Frau scheint mit den brennenden Kleidern in die Stube geflüchtet zu sein und sich auf ihr Bett geworfen zu haben. Vorbeigehende Fabrikarbeiter bemerkten den dadurch ausgebrochenen Brand in der Wohnstube, wo man die Frau mit völlig verbrannten Kleidern und schrecklichen Brandwunden am ganzen Leibe auf dem brennenden Bette liegend vorfand. Trotz schleunig herbeigerufener ärztlicher Hilfe starb die Frau an ihren entsetzlichen Wunden.
Grendelbruch, 28. Dez. Ein sonderbares Wild erlegte der Jagdhüter Maurer von hier in der Nähe der vielen Touristen bekannten Rothlach, nämlich einen — wild gewordenen Ochsen. Derselbe war am 8. d. M. dem Winzer Meyer aus Rosenweiler entlaufen, als die Scheune des Ackerers Bronner niederbrannte, und hatte sich 13 Tage in
den Waldungen umhergetrieben. Dem Eigentümer erwächst ein ziemlich bedeutender Schaden, da das Tier während seines Umherirrens an Körpergewicht viel einbüßte.
Konstanz, 29. Dez. Holzhändler Konstantin Heim von Jettweiler bei Winterspüren befand sich am Donnerstag abend auf der Heimfahrt von Ueberlingen. Bei ihm war ein Bekannter namens Lehn. Kurz vor der Einfahrt in den Hof Heims stürzte, dem „Nellenb. Boten" zufolge, das Chaischen über den Straßendamm und die Insassen gerieten unter dasselbe. Als Lehn unter dem Fuhrwerk hervorgekrochen war und den Heim hervorziehen wollte, bemerkte er, daß dieser tot war. Eine Gehirnerschütterung war die Ursache. Lehn selbst brach das rechte Schulterbein.
Konstanz, 29. Dez. Von einem schweren Unglück ist eine Familie in Basel betroffen worden. Dieselbe saß beim Frühstück, als es einem 9 Monate alten Knäblein unbemerkt gelang, den Topf mit siedend heißer Milch zu fassen. Die Milch ergoß sich dem Kinde über Hände und Füße und verbrühte eS derart, daß es nach 4 Tagen unter entsetzlichen Schmerzen verschied.
Mannheim, 28. Dez. Zwei Pseudo- Engländ er, Erzgauner wie sie im Buche stehen, haben einen Handwerksmeister in Ludwigshafen riesig angeschwindclt, indem sie ihm vormachten, sie hätten als Abgesandte der Königin von England dem Prinzregenten von Bayern vier Pferde als Geschenk überbracht, wären aber auf der Rückreise von allen Mitteln entblößt worden, indem ihnen der Koffer mit Geld auf der Eisenbahn abhanden gekommen sei. Nun sei guter Rat teuer. Wenn sie wüßten, wo ein Leihhaus wäre, würden sie einstweilen einen Brillantring, der ca. 700 Dl. gekostet habe, versetzen, bis Ihre englische Majestät ihrem telegraphisch geäußerten Wunsche zufolge Geld hierher senden würde. Unser Handwerksmeister — er hatte gerade überflüssige 100 zu Hause — war „gutmütig" genug, streckte den „Herren" 100 gegen den Brillantring vor, machte aber ein langes Gesicht, als er nach dem zu langest Ausbleiben der „Engländer" einen Goldarbeiter um den Wen des Ringes frug. Ganze 50 Pfennig! lautete die Antwort des Fachmannes und nun ging ihm der bekannte Seifensieder auf. Die polizeilich erstattete Anzeige hatte zur Folge, daß einer der „Engländer", ein geriebenes Schneiderlein aus Köln, in einem Gasthause zu Mannheim verhaftet wurde.
Frankfurt a. M., 31. Dez. Der Besitzer des hiesigen Cafö Bauer Joh. Preinitz hat sich vergangene Nacht erschossen. Als Ursache wird ein schweres Kopfleiden angegeben.
Berlin, 29. Dezbr. Die Einweihung der Paulskirche fand heute vormittag in Gegenwart des Kaiserpaars statt.
Berlin, 29. Dez. Ueber die Stellung der einzelnen Regierungen zu der Tabakfabrikatsteuer weiß die „Südd. Tabakztg." zu berichten: Einig mit der preutz. Regierung sind die Regierungen von Württemberg und Elfaß-Lothringen. Diese beiden Staaten machen kein Hehl daraus, entschiedene Anhänger des Tabakmonopols zu sein und in Folge
dessen jeder Tabaksteuer, besonders der Fabrikatsteuer, zuzustimmen. Die Regierungen Bayerns, Badens und Hessens nehmen diesen Standpunkt nicht ein. Baden fordert eine Zollerhöhung, um den Tabakanbau zu vermehren; Bayern verlangt gleichfalls eine Zollerhöhung von 10 Mk. für den Doppelzentner, um die in den billiger« Preislagen arbeitende Schneid- tabakfabrikation auf den Jnlandtabak zu verweisen, „wodurch der Absatz des inländischen Produkts zunehmen würde." Die Regierungen Bayerns und Badens nehmen in diesem Punkte eine andere Stellung seit der letzten Vorlage ein. Früher berechneten sie, durch den Wegfall der Jnlandsteuer würde der überseeische Tabak nicht allein um die -20 Mk. für den Zentner Tabak an Zoll im Nachteil sein, sondern auch um die weitere Verteuerung dieser Zolldifferenz durch die Fabrikatsteuer. Diese Erwägung ist in den Finanzministerien Badens und Bayerns inzwischen als unzutreffend aufgegeben worden, weil — so wird betont — die leichteren Stengel im überseeischen Tabak, der leichtere Tabak überhaupt, Packung rc., jene weitere Steuerdifferenz von ca. 3 Mk. bei Tabaken für billigere Fabrikate illusorisch machen würde. Hessen nimmt zwar den gleichen Standpunkt ein, möchte auch gerne weitere Reichseinnahmen sehen, weist jedoch die Befürchtung nicht von der Hand, daß die Fabrikatsteuer der hochentwickelten Industrie Gießens, Hanaus, Offenbachs, Steinheims und anderer Orte des Großherzogtums verderblich werden könnte.
Helgoland, 29. Dezbr. Wie der „Hamb. Börsenh." berichtet wird, ging am 23. d. M. bei starkem Nordwest die See sehr hoch und überflutete das Unterland teilweise. Am Nordstrand ist viel Strand verloren. Seit 1855 hat man dort Aehnliches nicht erlebt.
Nizza, 29. Dez. Ein Schweizer schreibt der „Neuen Züricher Zeitung" von hier ein luftiges Stückchen über Französische Zollbeamte und russische Reisende. Wir lesen da: „Ein Russe in dessen Gesellschaft ich den letzten Teil meiner Reise Genf- Nizza machte, erzählte mir, daß man von ihm an der Grenze, ich glaube in Belmont, für 400 Stück Cigaretten 11 Franken Zoll verlangte. Diesen Betrag zu erlegen hatte er keine Lust, zog seinen Talisman in Form eines russischen Paffes hervor und erklärte, daß er die Cigarreten von Rußland mitgebracht. Die Wirkung war eine sofortige, der Zollbeamte fand eS plötzlich ganz natürlich, daß dies der Bedarf des russischen Bundesbruders auf der Reise sei. Mein Gewährsmann zahlte nichts und war jedenfalls für die Reise nach Nizza sehr reichlich mit Cigaretten versorgt."
London, 31. Dezbr. Aus San Francisko wird gemeldet, daß die Polizei daselbst eine geheime Gesellschaft von Chinesen entdeckt hat, deren Zwecke in der Entthronung der jetzigen Dynastie in China bestehe. Die Gesellschaft verfügt über bedeutende Geldmittel und über Waffen und habe bereits durch ihren Abgesandten in China eine Revolution vorbereitet.
— In Silverlake (Oregon) war am Weihnachtsabend eine Anzahl Personen festlich versammelt, als eine Lampe explodierte und den Saal in Brand steckte; 41 Personen sind verbrannt und 16 verletzt worden.
.Lehren Sie es mich," bat Rosa mit rührender Kindlichkeit.
JufiuS beugte sich stumm und küßte die Hand des Mädchens, welches ein edles Weib zu werden versprach, so wie er nur eins gekannt, dessen Bild im Ahnensaal zu Schönburg hing.
Eine tiefe, stumme Verbeugung vor Gertrud Felde», welche diese mit einem leichten Neigen ihres Kopfes und einem helleren Blick ihre- Auges erwiderte, ließ Rosa lächelnd den Kopf schütteln.
„Er ist stolz, stolzer noch all sie — das freut mich," dachte das junge Mädchen, welchem dir kalte Zurückhaltung ihrer Schwester dem Arzte aegenüber ausgefallen war. Er hatte ihr gleiches mit gleichem vergolten, und doch dachte Rosa an die Blicke der Bewunderung, die er für ihre Schwester gehabt, als er sie beobachtet hatte.
„Und nun betrachten Sie unser HauS ganz als daS Ihrige," bat herzlich Frau von Werden den Arzt beim Abschied, und Werden selbst schüttelte Justus die Hand in echter deutscher Art.
Sie blickten ihm beide eine Weile nach.
„Konrad — ich ahne ein seltsames Geheimnis, ich glaube, unser Doktor JustuS — ist-*
„Run?" fragte begierig Werden und lachte, als seine Gattin ihm ein Wort in« Ohr flüsterte.
„Nein, mein Kind, diesmal glaube ich nicht an Deine Ahnung."
„Wir werden e« ja sehen." lächelte die Dame, und ihre dunklen Augen blitzten schelmisch den Gatten an; dann wandte sie sich rasch ihren Gästen zu.
„Sollte sie recht haben? Ihr Blick war so — so — wie ich ihn kenne — so sicher ihrer Ahnung."
Doklor JustuS ritt nach Schönburg, seine Toilette zu wechseln, ehe er zu seinen Kranken ging.
Auf dem Schlöffe herrschte rege« Leben. Die Fenster der ersten Etage waren weit geöffnet, und man schien beschäftigt, r« wohnlich dort zu machen. „Der junge
Herr Graf haben telegraphiert,, daß dieselben heute abend ankommen werden; der Wagen ist bereits zur Station gefahren" — meldete der Diener dem Arzt auf dessen Frage, was daS Leben im Schlöffe zu bedeuten habe.
„Schon jetzt," entschlüpfte es Doklor JustuS.
Es blitzte in seinem Auge auf, und ein rasches Wort schwebte ihm auf den Lippen, dann aber umspielte sie ein belustigtes, stille« Lächeln. Als er in sein kleines „Japan" trat, sprach er leise: „Er thut, als ob er schon jetzt der Herr hier wäre."
m.
Lieutenant von Schönburg kam als ein müder, abgespannter Mann nach dem Schlöffe seines Onkels, um dort Erholung und Stärkung zu suchen. Man sah es den bleichen, erschlafften Zügen des jungen Mannes an, daß ihm dieselbe not that.
In kurzer, herrischer Weise begrüßte er die Dienerschaft des Schlaffes; den Verwalter würdigte er einiger freundlicher Redensarten, drückte ihm sogar herablassend die Hand bei der Ankunft.
„Wird langweilig werden," meinte er dann und drehte den Schnurrbart zwischen den Fingerspitzen, „Doktor will's — marode — sonst nichts — Ruhe — Landluft — bis zum Manöver Urlaub zudiktiert!" beantwortete er in abgebrochenen Sätzen die teilnehmende Frage des SchloßverwalterS nach seinem Befinden. .Feine Nachricht vom Herrn Graf — meinem Onkel?"
„Seit einigen Tagen ist deS Herrn Grafen Arzt und Freund, Doktor JustuS, hier."
„Ah! Wa« will er hier?"
Der Verwalter zuckte die Schultern und erwiderte, daß vom Grafen Schön« bürg der Befehl erteilt sei, Doktor JustuS als seinen Gast zu behandeln, so, als ob er selbst anwesend sei.
Sinnend blickte der junge Mann eine Weile vor sich hin, dann winkte er dem Verwalter verabschiedend mit der Hand. „Wenigstens ein Gesellschafter! Arzt, Ge»' lehrter — wohl ein trockener Geselle, aber Freund deS Onkels, muß mich in acht nehmen!" lautete das kurze Selbstgespräch, dann warf der Offizier sich ermüdet auf rin bequeme« Ruhebett und schloß die Auge«. (Fotts. folgt.)