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Amts und Anzeigeblatl für den Bezirk (Lalw.

70 . Iahrgasg.

Erscheint Di en S t« g, Donnerstag und Gamstag. Die EinrückungSgebühr bettLyt tm Beztn und nächster Um* Gibuug S Pfg. die Zeile, sonst 1L Pf-.

LbonnementSprei» vierteljährlich in der Stadt -0 Psg. und ls. Trägerlohn, durch die Post bezöge» Mk. l. 15, sonst in Württemberg Mk. 1. SL.

Amtliche Aekanvtmachuvges.

Die Orlsdehörden für die Ardeilerverstcherung

werden angewiesen, die Nachweisungen bezw. Fehlanzeigen über Regie-Hoch- und Tiefbauten vom letzten Quartal binnen 8 Tagen hieher ein- zusenden.

Bemerkt wird, daß vom 1. Januar 1895 ab für die Regie-Tiefbauarbeiten der Ge­meinden keine Nachweisungen mehr einzureichen und keine Prämien mehr zu bezahlen sind. Sollte trotzdem von der Tiefbauberufsgenossenschaft in Berlin Aufforderung hiezu ergehen, so wäre sofort hieher Anzeige zu erstatten.

Calw, 2. Jan. 1895.

K. Oberamt. Boelter.

Kekannlinachrmg ^

in Betreff der Feldbereinigung auf Markung Stammheim.

Am Samstag den 26. Jan. d. I. findet von vormittags 10 bis 13 Uhr die Tagfahrt

über die in Stammheim in Ausführung begriffene Feldbereinigung auf dem Rathause daselbst statt.

Hiezu werden alle beteiligten Güterbesitzer mit dem Bemerken eingeladen, daß etwaige Einwendungen gegen die Besitzstandsaufnahme und gegen die vor­genommene Schätzung bei Ausschlußvermeidung bis zur Tagfahrt bei der Vollzugskommission oder in letzterer selbst vorzubringen sind und daß gegen die Versäumung rechtzeitigen Vorbringens solcher Ein­wendungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattfindet.

Die betreffenden Akten, der Situationsplan

mit den eingezeichneten Eigentums- und Bonitierungs­grenzen, die Bonitierungsprotokolle, das Bonitierungs­verzeichnis, das Besitzstandsregister und das Verzeich­nis über die ermittelten Wertserhöhungen und Ver­minderungen sind bis zum 26. Jan. d. I. zur all­gemeinen Einsichtnahme auf dem Rathause in Stamm­heim aufgelegt.

Die Mitglieder der Vollzugskommission sind auf Verlangen bereit, auf dieser Tagfahrt das von ihr eingehaltene Verfahren mündlich zu erläutern, wie auch der Vorsitzende der Kommission geneigt ist, Wünsche in Betreff der Zuteilung oder Zusammen­legung von Grundstücken entgegenzunehmen.

Calw, 2. Jan. 1895.

K. Oberamt.

^ Voelter.

Tagesneuigkeilen.

r. Altburg, 1. Jan. Vergangenen zweiten Chritzseiertizz. fand bei Bäcker Braun hier die Weih­nachtsfeier' des Veteranenvereins von Altburg und Umgebung statt. Dieselbe kann, trotzdem eine Gaben­verlosung unterblieb, dennoch als gelungen betrachtet werden. Für die Unterhaltung sorgten einige Mit­glieder obgenannten Vereins durch Vortrag humoristischer Stücke und Aufführung kleiner lebender Bilder, sowie der hiesige Gesangverein, der unter Leitung seines Vorstandes Schaible eine größere Anzahl Lieder und einige humoristische Vorträge zum besten gab. Der Vorstand des Veteranenvereins ermahnte in mehreren Reden die Kameraden zu treuem und festem Zusammenhalten und bat den Gesangverein um seine fernere Mitwirkung bei ähnlichen Anlässen. Höchst befriedigt kehrten sämtliche Teilnehmer nach Hause zurück.

-r Gechingen, 1. Jan. Das alte Jahr endigte hier mit einem erschütternden Todesfall. Gestern fiel die 59 Jahre alte Frau des Michael

Böttinger, eine geborene Theurer, von einer Leiter ihrer Holzhütte so unglücklich herab, daß sie einen Halswirbel verletzte und- augenblicklich tot war. Als ihre Angehörigen, die den Fall hörten, herbeieilten, war schon kein Leben mehr in ihr. Die unglückliche Familie ist besonders bedauernswert, weil auch der Vater und der einzige Sohn der Verstorbenen durch ein ähnliches Unglück ums Leben kamen, der Vater vor 30 Jahren durch einen Wagen, der mit Brettern beladen war und umfiel, der 13jährige Sohn vor 16 Jahren durch eine Tanne, die auf ihn stürzte.

Gültlingen, 1. Jan. Am letzten Samstag starb in Stuttgart im Alter von 56 Jahren Ober­regierungsrat Schittenhelm. Der Tod dieses Mannes erregt in hiesiger Gemeinde umsomehr leb­haftes Interesse als der Verstorbene in Gültlingen geboren ist. Sein Vater war der damalige Schul­lehrer Schittenhelm. Ursprünglich war der junge Mann für den Beruf seines Vaters bestimmt. Nachdem er als unständiger Lehrer mehrere Stellen bekleidet hate, erwarb er sich das Reifezeugnis zum Universitätsstudium. In Tübingen widmete er sich der Regiminalwissenschaft und wurde nach erstandener Staatsprüfung als Oberamtsaktuar in Oberndorf und Heilbronn verwendet. Später wurde ihm ein Lehrauftrag an der landw. Akademie Hohenheim übertragen. Seine Dienste als Mitglied der K. Zentralstelle sind all­gemein bekannt. In hiesigem Orte, wo er öfters bei seinen Verwandten (Familie Bichler) sich aufhielt, war er eine geachtete Persönlichkeit. Sein ver­hältnismäßig früher Tod erinnert unwillkürlich an den erst unlängst abgerufenen Regierungspräsidenten v. Schmid Häuser, der ebenfalls vom Volksschul­dienste zu höheren Staatsämtern sich emporschwang.

Hemmingen, 28. Dez. Der württ. Ge­sandte in Berlin, Frhr. v. Varnbüler, besuchte heute zum ersten Male mit seiner Gattin sein hie­siges Schloß. Aus diesem Anlaß fand heute abend

Iseuiktelon.

sRachdr»ck verbo1e».1

Der: Sonderling.

Roman von P. Felsberg.

(Fortsetzung.)

.Habe ich Ihnen wehe gethan," klang es zaghaft von Rosas Lippen, »daß -ich so über Ihren Freund sprach?'

.Nein o nein!" gab Justus rasch zurück.

.Ich glaubte, Sie verständen mich*

.Ja daS thue ich," erwiederte JustuS, und er hielt Rosa seine Hand hin, in die sie freudig einschlug. Ein stummer, warmer Blick begleitete das Bündnis, das beide geschloffen in dieser Stunde.

.Wenn man so ruhig daliegen muß, dann hat man Zeit, über all dies nach­zudenken," sprach lächelnd Rosa wie zu ihrer Entschuldigung.PapaS Pläne ver­wirklicht zu sehen, das wäre mein höchstes Glück. Er hoffte lange Jahre auf die Ankunft des Grafen Schönburg, das ersah ich aus seinen Schriften. Dem Grafen selbst hätte ich nicht den Mut gehabt, dies alles zu sagen; aber Sie haben , gleich mein Vertrauen gewonnen."

Und Sie, Fräulein Rosa, meine Verehrung," sprach warm der Arzt und küßte die kleine, weiße Hand deS Mädchens.

.Sagen Sie dies nicht, bitte, ich betrachte es als ein teures Vermächtnis meines Vaters, seine schönen Ideen verkörpern zu helfen. Verehrung verdiene und beanspruche ich nicht dafür. Ich bin ein armes, kranke« Mädchen, was soll an mir zu verehren sein?' kam «4 leise bittend über die feinen Lippen, um die eS zuckte in Unterdrücktem Weh.

.ES wird anders werden; schütteln Sie nicht so entsagungsvoll das Köpf­

chen dazu, haben Sie auch Vertrauen zu mir, zu Ihrem Arzt," sprach Doktor JustuS mit Zuversicht.

Die schönen blauen Augen deS Mädchens blickten zu ihm auf voll unendlicher Dankbarkeit. .Gehen Sie jetzt, bitte, zu den andern, sonst zürnt man mir, daß ich Sie hier festhatte."

.Ruhen Sie eine Stunde, es wird Ihnen wohl thun, liebe Rosa," bat Frau von Werden, als der Arzt dem Wunsche Rosa'S Folge geleistet hatte und in den Garten trat zu der übrigen Gesellschaft.

Bitte, nehmen Sie gar keine Rücksicht auf mich." erwiderte das junge Mäd­chen; .ich beobachte gern, wie die andern sich amüsieren; darum bin ich auch mit­gekommen, obgleich ich nicht in die Gesellschaft tauge; Mama hat mir so viel Liebes von Ihnen erzählt, daß ich mich schon gesehnt, zu Ihnen kommen zu dürfen."

.Liebes Kind, ich wollte, Sie könnten hier gesund und glücklich werden!"

.Daran glaube ich," lächelte Rosa,Doktor JustuS hat mir versprochen, mich zu Hellen."

Die Dame küßte die Stirn des Mädchens, das rührend schön aussah mit dem Lächeln fröhlicher Zuversicht.

Einen Augenblick schloß Rosa die Augen. DaS Lächeln haftete fest auf ihren Lippen; es war ihr wie eine beseligende Gewißheit von Glück und Freude inL Herz gezogen, seit sie mit JustuS von dem gesprochen, was sie bewegte, seitdem sie in Felde» war und den Nachlaß ihres Vaters studiert hatte.

Doktor Justus verabschiedete sich bald. Seine Pflicht rief ihn noch zu sein« Kranken nach Felden.

.Wir schön muß es sein," sprach Rosa zu ihm, als er von ihr Abschied nahm, ,chen Menschen ihr höchste« Gut, die Gesundheit, wiedergeben zu können; wäre ich ein Mann, ich glaube, ich würde auch ein Arzt!"

Auch den Frauen bleibt ein unbemeffeneS Feld, Gutes zu stiften," erwiderte Doktor JustuS.