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Tagesneuigkeiten.
Calw. Während bei uns im Thals mehr Regen als Schnee niederging, schneite es auf dem Wald in den letzten Tagen fast ununterbrochen. In mehreren Ortschaften mußte der Bahnschlitten in Thätigkeit gebracht werden. Eine vorzügliche Schneebahn bietet gegenwärtig die Strecke von Würzbach nach Neuweiler.
2 . Althengstett, 23. Dez. Wie in letzter Zeit sich überall Betrügereien und Diebstähle häufen, so ist auch von hier aus etwas davon zu berichten. Vor einigen Wochen wurde einem alten, armen Taglöhner sein sauer durch Steinschlagen erworbener Verdienst im Betrag von 4 ^ gestohlen, ohne daß man den Thäter ermitteln konnte. In der letzten Nacht wurde in das Haus des Metzgers W. eingebrochrn und aus der Ladenkasse der Metzig ca. 40 ^ Geld entwendet. Möchte es doch den Bemühungen der Polizei gelingen, diese frechen Diebe zu entdecken.
Wildberg, 20. Dez. Am Sonntag nachmittag entfernte sich der 80 Jahre alte Ortsarme Joh. Georg Schmid von Effringen aus seinem Kosthause, was übrigens öfters vorkam. Am Dienstag vormittag wurde nun Schmid von Holzmachern beim Waldeckerhof, Markung Stammheim, tot aus der Nagold gezogen. Die Holzmacher glaubten anfänglich, es schwimme blos ein Kleidungsstück daher. Beim Versuche, dasselbe herauszufischen, bemerkten sie erst, daß es ein menschlicher Körper war. Schmid, welcher sehr schwerhörig und halb erblindet war, ist ohne Zweifel infolge eines unglücklichen Sturzes in die Nagold gefallen und konnte sich vor Altersschwäche nicht mehr retten. Einige Stunden vor Auffindung der Leiche wurde er von Kohlersthal, wo er übernachtete, der Nagold entlang der Thalmühle zu laufend gesehen. (Gesellsch.)
Herrenberg, 20. Dez. Der seitherige Abgeordnete, Schultheiß Schürer, hat sich bereit erklärt, eine Wiederwahl zum Landtag anzunehmen.
Stuttgart, 20. Dez. Unter den in Württemberg ausgehobenen Rekruten befanden sich Analphabeten 1, also 0,01"/«; es folgt Baden mit 3, also 0,03°/»; Bayern mit 9, also 0,09°/°; Sachsen und Hessen mit 0,04°/»; Mecklenburg-Schwerin mit 0,12°/°; Elsaß-Lothringen mit 0,14°/°; Preußen mit v,37"/° (577 Mann) im ganzen Reich waren es nach einer amtlichen Statistik 617 oder 0,24°/°. Württemberg steht somit in Beziehung auf die Bildung seiner Bevölkerung am günstigsten unter den Bundesstaaten.
Stuttgart, 22. Dezember. In einer sehr zahlreich besuchten demokratischen Versammlung sprach gestern abend Rechtsanwalt Dr. Elias über das Landtagswahlprogramm der Volkspartei. Es wurde beschlossen, die Rede in Druck erscheinen und als Flugblatt zur Verbreitung bringen zu lasse«. Nach Dr. Elias sprach Reichstagsabgeordneter Galler über die am Montag zum Abschluß gelangte Reichs
tagssession. Die Versammlung genehmigte eine Resolution, die aufs schärfste das Vorgehen der Berliner Staatsanwaltschaft und der Reichsregierung wegen ihres Angriffs auf das Verfassungsrecht des deutschen Volkes verurteilt und ihr unverhohlenes Mißtrauen gegen die Richtung ausspricht, welche die Reichsregierung eingeschkagen hat.
— In Tübingen ereignete sich bei der Beerdigung des Restaurateurs Adam vom Waldhörnle am letzten Sonntag ein peinlicher Zwischenfall. Als der Sarg versenkt werden sollte, blieb er in der Mitte des Grabes stecken und keilte sich derart fest, daß, wenn man ihn losbringen wollte, sich der Sargdeckel löste. Durch diesen Zwischenfall wurde der bei der Leichenfeierlichkeit anwesende Geistliche verhindert, seines Amtes ganz zu warten, und die Trauerversammlung verließ den Kirchhof vor Beendigung des Begräbnisses.
Tübingen, 20. Dez. Ueber den Stand der Kandidatenfragen ist zu berichten, daß heute Privatier Walcker von hier einer Abordnung der Deutschen Partei gegenüber sich zur Annahme der Landtagskandidatur für die Stadt Tübingen bereit erklärt hat. Mit ihm ist unserer Sache ein Vertreter gewonnen, welcher der allgemeinen Achtung und des Vertrauens seiner Mitbürger sich erfreut.
Sulz a. N., 21. Dez. Der gestrige Viehmarkt war sehr stark befahren, indeß wurden wegen der hohen Preise wenig Käufe abgeschlossen. Zugeführt wurden 65 Ochsen, 199 Stiere, 62 Kühe, 88 Kalb- innen, 79 St. Kleinvieh, 2 Pferde und 144 Schweine. Die Preise stellten sich für Ochsen auf 950—1250 für Stiere auf 550—950 ^ pro Paar. Kühe kosteten 180—310 Kalbinnen 200—320 Kleinvieh 130—180 ^ pr. Stück. Das Paar Milchschweine wurde zu 28—36 ^ abgesetzt.
Pfäffingen, 21. Dez. Ein billiges Milchkalb verkaufte kürzlich ein hiesiger Bürger an einen Metzger aus der Stadt. Der Eigentümer muß sein Kalb für schwerer gehalten haben als es in Wirklichkeit war, denn er ging mit dem Metzger folgenden Handel ein: Der Metzger bekommt von dem Kalb einen Zentner lebendig Gewicht umsonst, zahlt aber für jedes weitere Pfund, das das Kalb wiegt, 5 Das Kalb wog nun netto 105 Pfund und kostete somit 25 gewiß ein billiger Handel bei dem gegenwärtigen hohen Viehpreis.
Reutlingen, 21. Dez. Heute morgen waren eine Anzahl von Arbeitern der Gebrüder Feucht auf dem Güterbahnhof beschäftigt, einen Wagen dem Güterschuppen zuzuschieben. Während dessen kam, ohne ein Zeichen zu geben, eine Lokomotive hinterher und drückte zwei der Arbeiter so stark zwischen die Puffer, daß dieselben schwer verletzt wurden und für längere Zeit arbeitsunfähig sein werden.
Schramberg, 20. Dez. Die Chefs der Gebrüder Junghansschen Uhrenfabrik hier fanden
gestern laut „Schr. Anz." auf ihrem Arbeitstisch ein-' schmuckes, sinnreich verziertes Kästchen vor, in welchenr sich ein Uhrwerk ihres Fabrikats befand und deirr folgender Glückwunsch beigefügt war: „Seinen verehrten Chefs bringt im Namen des Personals von Kontrollzimmer 1 den herzlichsten Glückwunsch zur Herstellung der millionsten Uhr in diesem Jahr! Der Abteilungschef Gräf." (Bedenkt man, daß die Hamburg- Amerikanische Uhrenfabrik in Schramberg annähernd die Hälfte dieser Zahl jährlich liefert und daß die großen Geschäfte von Schwenningen, Furtwangen, Triberg, Lenzkirch rc. nicht zurückstehen, so kann man, sich einen Begriff von der Bedeutung der Uhrenindustrie des württembergischen und badischen Schwarzwaldes machen.)
— Bei Göppingen wurde Dienstag Nacht, zwischen 11 und 12 Uhr auf dem Bahngeleise der Körper eines jungen Mannes gefunden, dem der Kopf abgefahren war. Derselbe heißt Karl Roth, ist Schlosser und von Lautenbach gebürtig. Er arbeitete seit 1 Jahr bei Gebr. Böhringer in Göppingen. Der Grund, welcher ihn zum Selbstmordtrieb, ist unbekannt.
Göppingen, 22. Dez. Bei der gestrigem Bürgerausschußwahl ging der Wahlvorschlag der demokratischen Partei durch.
— In Wolf sch lugen hat ein 25 Jahrs alter Fabrikarbeiter auf bedauernswerte Weise sein Leben eingebüßt. Tags zuvor brachte dessen.- Mutter einen Krug Branntwein ins Haus; der Sohn trank davon soviel, daß der alsbald eintretenden Schläfrigkeit Bewußtlosigkeit folgte, welche mit dem Tode endigte. Aerztliche Hilfe konnte keine Rettung: bringen.
Berkheim, 21. Dez. In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch wurden Herrn Restaurateur- Deuschle „zum Rößle" 2 Sack Gerste gestohlen. Der Spitzbube war indes ehrlich genug, die leeren Säcke, für die er anscheinend keine Verwendung gehabt hat, in der folgenden Nacht wieder an dem alten Platze abzuliefern.
Waldsee, 20. Dez. Der Fürst von Wolfegg. erlegte bei einer Treibjagd rm Moos bei Kißlegg. einen weißen Fuchs.
Frankfurt, 21. Dezember. Das eingestürzte Haus befindet sich Ecke der Dreieich- und- Seehofstraße. Als Bauunternehmer wird von der einen Seite der Spenglermeister Jäkel, von der anderen Seite ein gewisser Möller genannt. Schwerverwundet sind von 21 beim Bau beschäftigten. Arbeitern 6. Mit leichten Verwundungen kamen 13 davon. Einer der Maurer, Fischer, ist tovt, ein Arbeiter wird angeblich vermißt, doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß sich derselbe gerettet hat. Vor Beginn der Aufräumungsarbeiten mußte eine stehengebliebene Brandmauer umgelegt
einem solchen darf man nicht sprechen, weil es ist, als ob man von sich selbst Gutes sagen sollte; aber ich glaube, er hat sich Mühe gegeben, immer das Rechte zu thun. Ob dies nun das Richtige war, weiß ich nicht/
Der Gutsbesitzer nickte verständnisvoll und lenkte das Gespräch auf andere Dinge, bat den Arzt, in seinem Hause vorzuspreche«, um die Grüße vom Grafen Schönburg seiner Gattin selbst zu bestellen, deren besonderer Liebling der junge Graf stets gewesen war.
Doktor Justus folgte der Einladung gern und verbrachte eine angenehme Stunde bei den allen Eheleuten, die kinderlos waren und, diesen Mangel sehr empfindend, einander so viel Zärtlichkeiten spendeten, wie e» mit dem guten Tone nur verträglich war. Besonders Herr von Werden verstand e«, durch seine herzlichen Aufmerksamkeiten gegenüber seiner Gattin dieser beständige Huldigungen darzubrmgen, di« sie, errötend wie eine glückliche Braut, annah«.
ES war eine herzerquickende Stunde für Doktor JustuS, und freudig nahm er die Einladung an, den nächsten Sonntag auf dem Werdensche» Gute zu verbringen. Einige gute Freunde wurden erwartet, auch die Damen von Felden.
Unter Händedrücken schied der Arzt, begleitet von den Segenswünschen des glücklichen allen Paares, das in ihm bald den warmherzigen Menschenfreund und den trefflichen Arzt erkannt hatte.
Sie hofften ihn zu behalten al« einen Segen für die Gegend, die so sehr eines ManneS bedurfte, wie er war. aufopfernd» uneigennützig.
„Ich weiß nicht, Konrad," begann Frau von Werden und blickte sinnend dem Davonreitenden »ach, .findest Du nicht eine Aehnlichkeit bei dem Dollar? Er hat blaue Augen mit einem so wechselnden Ausdruck, wie ich sie nur selten gesehen habe; aber gesehen Hab« ich sie schon, dessen bin ich sicher."
„Plag sein, mein Kind, aber im ganzen sieht er aus wie ein rechter, echter Deutscher ,om alten Schlag, und die sehm sich oft ein wenig ähnlich. E» freut »ich, daß er da ist, und hoffentlich Hallen wir ihn fest hier."
„Die Nachbarschaft belebt sich wieder. Felde«», auf SchSnburg der Arzt und
später der Graf; ich denke, der Winter wird recht angenehm werden," bemerkte Frau von Werden und blickte sinnend vor sich hin.
„Nun, wa» sinnst Du, befällt Dich wieder Dein Ahnungkvermögen?" lächelte er. und errötend blickte seine Frau zu ihm hinüber; in den dunklen Augen blitzte es schelmisch auf:
„Mir ahnt da ein ganz seltsames Ding. Sonntag will ich eS Dir gestehen, nicht früher, sonst lachst Du mich gar aus."
„Nein, ich verspreche Dir. nicht zu lachen! Sprich nur, meine Sibylle, Deine Ahnungen sollen mir heilig sein, solange bis sich das Gegenteil herausstellt," neckt« Herr von Werden.
„Gedulde Dich bis Sonntag, bis unsere Gäste Abschied genommen, dann will ich Dir Rede stehen; heut könnte eS zu früh sein, und ich möchte Deinen. Glauben an mein AhnungSvermögen nicht einbüße»."
„DaS wirst Du nie. Du hast die Generalprobe zu gut bestanden," lächelte schelmisch der Gutsherr und blinzelte mit den Augen zu seiner Gattin hinüber.
„Als Du mir weiß machen wolltest, Du liebst mich nicht, als Du mich anbrummtest wie ein alter Bär und Dein gute» Herz verbargst unter einer ganz, grausamen Halsstarrigkeit, Du böker, geliebter Mann!"
„Zu unserem Glück war es notwendig," sprach ernst und weich Herr von Werden; „unsere Liebe ward gestählt dadurch, sie bewies sich als fest, dauernd für» Leben."
Eine Minute lehnte Frau von Werden ihren Kopf mit dem vollen, silberweißen Haar an die breite Brust ihres Gatten, dann blickte sie auf zu ihm und flüsterte ihm zu: „ES war eine schwere Zeit der Prüfung, durch di« wir glücklich wurden."
Die Gatte» blickten sich in die Augen, drückten sich die Hände fest und innig,, sie wußten, daß sie zusammengehörten. Voll und schön tönte die» Bewußtsein durch ihr gemeinsamer Leben, da» sich hinzog in endloser Harmonie.
(Fortsetzung folgt.)