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aber nicht ausreichenden „Klösterles" zu Gut kommen soll. Der Bazar darf sowohl nach der Fülle der beigesteuerten Gegenstände wie nach der harmonischen Anordnung als außerordentlich gelungen bezeichnet werden. Besondere Anziehung hat für die Besucher ein KioSk in der Mitte, in welchem, wie der „Schwarzw. Bote" berichtet. Gaben Ihrer Majestäten des Königs und der Königin sowie Ihrer Kais. Hoh. der Frau Herzogin Wera ausgelegt sind.
Winnenden, 19. Nov. Vor einigen Tagen hatte ein Reisender nachts in der Nähe des Bahnhofs die Bekanntschaft eines fremden Frauenzimmers gemacht, dessen Fingerfertigkeit es gelang, die in 45 bestehende Barschaft des Gesellschafters unbemerkt an sich zu bringen. Erst als der Bestohlene nach der Verabschiedung behufs Lösung einer Fahrkarte in seine Tasche griff, wurde er des Verlustes gewahr. Trotz sofort erstatteter Anzeige konnte die Thäterin nicht ausfindig gemacht werden.
Oberstenfeld, 20. Novbr. Der gesamte heurige Herbstertrag beträgt 2180 bl gegen 1750 bl im Vorjahr. Verkauft wurden 1720 bl um 32000 Der Gesamterlös belief sich im Jahre 1893 auf 60 000 Der Durchschnittspreis ist Heuer 18,6 im Vorjahr betrug er 43 per kl. Die hiesige Weingärtnerschaft kelterte aus 5556 Ztr. Trauben 200 bl Wein und erzielte hieraus eine Einnahme von 3874 was auf das bl 19,3 macht. Auf
3 bl kamen demnach 840 Pfd. Trauben L 6,7 -H.
Heidenheim, 17. Nov. Gestern nachmittag passierte auf der Markung Heuchlingen ein schweres Jagdunglück. Der Jagdpächter Liebert ging mit Lindenwirt Eberhard auf die Jagd. Letzterer glaubte plötzlich, in der Nähe im Wald einen Rehbock zu erblicken ; er ergriff das Gewehr des Liebert und drückte ab. Da ertönte Hilferuf und als die beiden „Jägd- ler" sich dem Ort, von wo der Ruf ausging, näherten, fanden sie zu ihrem Schrecken ihren 70 Jahre alten Mitbürger Bosch, dem die ganze Schrotladung in den Unterleib gedrungen war, am Boden liegend. Bosch wurde von den beiden nach Hause geleitet, wo ihm ärztliche Hilfe zu teil wurde; aber heute früh starb der Mann an den Folgen seiner Verletzungen. Der unglückliche Schütze wurde nach dem „N. T." verhaftet.
Metzingen, 19. Nov. Nach dem „Gen.-Anz." hat Fabrikant Fr. Henning von Metzingen die ihm von demokratischer Seite angebotene Landtagskandidatur angenommen.
Rottweil, 20. Nov. Letzten Sonntag spielte die Musik von Deißlingen im Gasthof zur Krone in Laufen hiesigen Oberamts, wo dann auch getanzt wurde. Ein Italiener, welcher auf den 20 Jahre alten Plust von Bühlingen OA. Rottweil wegen eines Mädchens eifersüchtig war, verfolgte denselben beim Verlassen der Wirtschaft und stieß ihm noch innerhalb des Dorfes Laufen sein Messer derart in den Unter
leib, daß das Eingeweide sofort heraustrat. Plust ist heute früh seinen Verletzungen erlegen. Der Thäter, dessen Name noch nicht festgestellt ist, wurde in Deißlingen festgenommen und dem Untersuchungsrichter am hiesigen Landgericht vorgeführt.
Pforzheim, 20. Nov. Der Unfug, welcher schon mehrfach mit den über Nacht beim Jnselweg stehenden Wagen und Karren verübt wurde, will kein Ende nehmen. In der Nacht zum letzten Sonntag wurde ein Handwagen, nachdem zuvor die Räder herausgemacht worden waren, in die Enz geworfen.
E> Pforzheim. Vergangenen Montag abend nach 11 Uhr wurde ein im Wagenschuppen des Bürgermeisters PH. Schickle im benachbarten Orte Eutingen ausgebrochener Brand in seinem Entstehen gelöscht. Der Schuppen war hoch mit Stroh eingefüllt. In ganz unmittelbarer Nähe des brennenden Strohs lag fest schlafend der in Eutingen bedienstete Taglöhner Ad. Angen st ein von Kieselbronn. Derselbe wurde in Haft genommen unter dem Verdacht, den Brand durch Fahrlässigkeit veranlaßt zu haben. — Im Bezirksorte Ispringen ist der Landwirt Trautz so unglücklich das Garbenloch seiner Scheuer herabgefallen, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.
Mannheim, 19. Nov. Von den Tabakinteressenten Mannheims und der Umgebung wurde gestern eine Versammlung behufs Bekämpfung der in Aussicht stehenden Tabaksteuervorlage einberufen. In derselben gelangte eine Resolution zur Annahme, die die neue Tabaksteuer verwirft.
Freiburg, 18. Nov. Gestern wurde unter Bezeugung aller studentischen Ehren die Leiche eines Studierenden zur Bahn gebracht, der nach siebentägigem schmerzvollem Krankenlager einer Vergiftung erlegen ist. Es war dies ein Sohn des Oberbürgermeisters Bötticher von Magdeburg, Mitglied des Korps Hasso-Borussia. Der junge Mann litt öfter an Magen- und Kopfschmerzen und pflegte als Gegenmittel Antipyrinpulver zu nehmen. Als er gestern vor acht Tagen wieder von solchen Schmerzen geplagt war, holte er sich fünf Pulver. Durch irgend eine Verwechslung waren unter diesen zwei, die nicht Antipyrin, sondern Su Klimat enthielten. Bötticher nahm eines der letzteren, worauf die schrecklichen Wirkungen, insbesondere Darmblutungen, sich alsbald einstellten. Rettung war unmöglich.
München, 19. Nov. Nach dem heutigen Polizeibericht sind die Fälscher und Verbreiter der seit Frühjahr 1893 hier und in der Umgegend häufig ausgegebenen Falsifikate von Fünfzigmarkscheinen in einer Mpfigen Bande ermittelt worden, wovon inzwischen einer gestorben und einer flüchtig ist; 5 sind hier und 1 in Stuttgart verhaftet worden. Die eigentlichen Hersteller sind 4 Photochemigrafen wovon 3 verhaftet sind; sämtliche Apparate derselben wurden beschlagnahmt.
Straßburg, 18. Nov. Die heutige end-- giltige Abreise des Reichskanzlers Fürsten Hohen- lohe-SchillingSfürst erfolgte unter großartigen Kundgebungen. Vom Morgen an waren Vereine aus den verschiedensten Teilen deS Landes in die beflaggte Stadt eingezogen. Um 5 Uhr abends hatten sich alle Teilnehmer, im ganzen etwa 250 Vereine, dazu die Studentenschaft der Kaiser-Wilhelms-Universität und die ältern Schüler der höheren Unterrichtsanstalten, als mehrgliedriges Spalier auf dem Weg vom Statthalterpalast bis zum Bahnhof, mit Fackeln und Lampions aufgestellt. Zwölf Musikkorps waren auf der ganzen Streck« verteilt. Inzwischen hatten sich die Mitglieder des Festausschusses, sowie die Sänger des Elsaß-Lothringischen Sängerbundes — 45 Vereine — im Hof des Statthalterpalasts eingefunden, um dem scheidenden Statthalter ein Ständchen zu bringen. Der Fürst war mit seiner Familie unter der Vorhalle erschienen. Nachdem mehrere Chöre gesungen waren, hielt der erste Vorsitzende de» Festausschusses, Bürgermeister B a ck, eine Ansprache, worin er hervorhob, kein Zwang, keine irgendwie geartete äußere Einwirkung habe diese Kundgebung hervorgerufen; sie sei dem in allen Schichten der Bevölkerung vorhandenen Herzensbedürfnis entsprungen, den Mann noch einmal öffentlich zu ehren und ihm zu danken, unter dessen Verwaltung Elsaß-Lothringen neun Jahre ruhiger, friedlicher Entwicklung habe verleben dürfen. Möge das deutsche Volk in seiner Gesamtheit dem neuen Reichskanzler ein gleiches Maß . von Verehrung und Vertrauen entgegcnbringen, wie Elsaß-Lothringen es dem scheidenden Statthalter bewahren werde! Fürst Hohenlohe erwiderte: Die Beweise freundlicher Gesinnung, welche ihm von den Bewohnern StraßburgS und einem großen Teil der Bevölkerung von Elsaß-Lothringen entgegengebracht, werden, rührten ihn tief. Er bitte, allen Mitbürgern zu sagen, daß ihm der Abschied vom Reichsland sehr, sehr schwer werde. WaS er in diesen Tagen hier erlebt habe, sei die größte Auszeichnung, die einem im öffentlichen Leben wirkenden Mann zuteil werden könne. Er sei stolz darauf und werde die Erinnerung, daran als den schönsten Lohn eines arbeitsamen Lebens bis an sein Ende im Herzen tragen. — Inzwischen waren die Wagen vorgefahren, die den. Fürsten mit seiner Familie 'zum Bahnhof führten. Nun entzündeten die Spaliere ihre Fackeln und unter brausenden Hochrufen auf dem ganzen Wege fuhr den Wagenzug durch diese via trinwxbalis. In den Kaiserzimmern des Bahnhofs waren die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden versammelt, während auf dem Vorplatz die Vereine aufmarschierten. Der Reichskanzler, der immer und immer wieder am Fenster erscheinen mußte, winkte der Menge dankend zu,, die das Lied „Deutschland, Deutschland über alles" anstimmte und wiederholt in stürmische Hochrufe ausbrach. Diese Szenen wiederholten sich auch auf dem Bahnsteig und bis zur Abfahrt des Zuges.
„Ader heute wird sie mit Ihnen jedenfalls über persönliche Angelegenheiten, ^ über Ihre Stellung hier im Hause sprechen." rief Dorothea lebhaft, „ich bitte, legen Sie ihr Helles Kleid an, darin sehen Sie noch schöner aus. Ach, ich wünsche nichts sehnlicher, als daß Sie ihr recht gefallen möchten!"
Mehr, um die in der Genesung Begriffene nicht durch Widerspruch zu erregen, als aus eigener Neigung that Angelika, was jene wünschte. Dann begab sie sich in den jenseits deS Korridors gelegenen kleinen Salon, wo sie von Frau Dreßler schon erwartet wurde.
XV.
ES ist hier die geeignete Stelle, um auf den unbekannten Herrn zurückzukommen, der am Abend vorher vom Kutscher deS EanitätSratS die Adresse des letzteren erfragt hatte und dann in dessen Wohnung erschienen war.
Auf der Visitenkarte, die er dem Arzte durch einen Diener übergeben ließ, stand:
Gerhard von Dewitz,
Kapitän auf Sr. Maj. Korvette Delphin.
Der Sanitätsrat hatte darauf dm Besuch des Marineoffiziers angmommen und dieser die Bitte ausgesprochen, ihm eine vertrauliche Mitteilung machen zu dürfen. Dies Gesuch war, da der Kapitän auf den SanitätSrat den angenehmsten Eindruck gemacht, sogleich auf die verbindlichste Weise bewilligt worden, und Herr von Dewitz teilte nun dem Doktor mit, daß er vor einiger Zeit auf Urlaub in der Residenz gewesen wäre. Auf der Rückreise von dort habe er im EisenbahncoupS ein junges Mädchen kennen gelernt, das zum Besuch einer Verwandten nach hiesiger Stadt gereist wäre. Erst im letzten Augenblicke sei ihm Kenntnis geworden, daß diese erwähnte Verwandte die Besitzerin des sogenannten „toten Hause»" sei.
Der Sanitätsrat wurde sehr aufmerksam.
Herr von Dewitz erzählte weiter, daß er zur Besatzung de« „Delphin" gehöre und mit diesem Kriegsschiffe in den AußendockS deS Hafens überwintert habe. Daher kenne er d:e lokalen Verhältnisse der Stadt ganz gmau, also auch die Existenz jenes originellen Hauses, dem der Stadtklatsch und jahrelange Überlieferungen einen
so finstern Charakter verliehen, und über dessen geheimmsvolle Bewohner so manches Unbegreifliche und Unheimliche verbrechet worden war. Er teilte ferner dem Sanitäts- rat mit, daß er vergebens versucht hätte, offen und ehrlich zu Frau Dreßler zu gelangen, wie er dann endlich Angelika im Gartenpavillon wiedergesehen, später aber dort nur Arbeiter und jenen unheimlichen Mann getroffen, der ihm den Eingang in das HauS versagt habe. Auch machte er durchaus kein Hehl aus seinen leidenschaftlichen und ernsten Gefühlen für die junge Dame einerseits, und andererseits aus seiner Sorge um deren Schicksal im Innern jenes unheimlichen Hause». Er bat nun um Auskunft, ob die Geliebte erkrankt sei und wie eS möglich wäre, zru derselben zu gelangen.
Der Sanitätsrat wußte nach diesen Mitteilungen deS Korvettenkapitän« sogleich. daß jenes schöne junge Mädchen, das er für eine Dienerin an Dorothea'» Krankenbett gehalten, die Gesuchte sei. Zunächst beruhigte er den Kapitän mit der Nachricht, daß Angelika gesund sei, und daß seine ärztlichen Besuche nur einer bevorzugten alten Dienerin der Frau Dreßler gegolten hätten.
Der Doktor wandte nun der jungen Waise größere Aufmerksamkeit zu und wußte Frau Dreßler für dieselbe zu interessiren.
Die stolze Wittwe kam allmählich zu der Erkenntnis, daß da» junge Mädchen, welches sich am Krankenlager so brav benommen, in ihrem Hause ein höchst einsames und trostloses Dasein führe, und etwas wie Mitgefühl schlich sich in ihr Herz. Dieser Regung nachgebend, ließ sie Angelika eines Abends zu sich rufen.
Auf ihren Befehl hatte der Diener dem Salon eine hellere Beleuchtung geben müssen, als eS sonst der Fall war. Unmerklich kehrte Frau Dreßler zu den glänzenderen Gewohnheiten jener glücklichen Jahre ihres Lebens zurück. Sie hatte auch den Theetisch mit funkelndem Silbergeschirr dekoriren lassen, das seit einem Dezennium nicht aus dem Buffet herausgenommen worden war, und in verschiedenen kostbaren Majolckavasen dufteten farbenprächtige Blumen aus ihrem Park.
(Fortsetzung folgt.)