Biber ach, 14. Aug. Die Angehörigen des Orgelbauers Scheffold saßen gestern abend 7 Uhr beim Nachtessen, als ein Fremder hereintrat und 6 Schüsse aus einem Revolver auf die Familie abfeuerte. Getroffen wurde die Tochter in die Schulter und einen Finger, die Mutter in das Bein. Das Dienst­mädchen erhielt einen Schuß auf die Brust, der aber am Korsett abprallte. Der Thäter ist ein früher im Hause gewesener Schlossergeselle Namens Tobias Dobmaier aus Bayern. Das Motiv der That ist verschmähte Liebe. Er kam gestern von Ochsenhausen, wo er in Arbeit stand, hieher, um die Mordthat auszuführen.

Bonlanden, OA. Leutkirch. Die von uns demSchw. M." entnommene Nachricht über den gräßlichen Tod des 70jährigen Oekonomen Schmid, der in einen brennenden Heuschober gefallen und verbrannt sein sollte, wird imD. Volks bl." in mehrfacher Hinsicht berichtigt. Der Verunglückte hieß Jos. Holzer, war 73 Jahre alt und ist nicht in den Flammen umgekommen, sondern andern Tags seinen Brandwunden erlegen.

T Pforzheim. Herr Aug. Benkisser, Besitzer des großen Hammerwerks hier, ist heute Dienstag nachmittag 2 Uhr im Alter von 75 Jahren verschieden. Die Stadt verdankt ihm manche Stiftung, wie auch ein neues von ihm erbautes Schulgebäude in der Neustadt Brötzingen. Den Armen war er ein ständiger Wohlthäter.

T Pforzheim. Einbruchdiebstähle scheinen gegenwärtig hier auf der Tagesordnung zu sein. In der Nacht vom letzten Samstag auf Sonn­tag wurde bei der Kleiderhändlerin Huber im alten Theatergebäude eingebrochen und mehrere Kleidungs­stücke gestohlen. Am Montag abend konnte der Thäter verhaftet werden. Derselbe ist der 18'/, Jahre alte Schlossergeselle Zwek aus Gotha. In der Restau­ration zum alten Fritz wurde im Büffet die Kasse erbrochen, ferner an einer Spieluhr der Einwurf­behälter mit 40 ^ Inhalt entleert.

Z> Pforzheim. Am Montag fiel das 2 Jahre alte Söhnchen des Bauzeichners Sch. unbe­merkt in die Enz. Am Altstätter Wehr wurde die kleine Leiche geländet. Im Bezirksorte E u t i n g e n hat sich die 18 Jahre alte Poliseuse Marie Klemm vergiftet. Liebeskummer soll die Ursache zum Selbst­mord gewesen sein. In der Verkaufshalle der Kurpromenade in Wildbad wurde in der Nacht zum Dienstag eingebrochen und Granatschmuck und Goldwaren im Betrag von etwa 56000 ^ ge­stohlen. An die Bahnverwaltung Pforzheim und an die hiesige Polizei kamen sofort Depeschen. Man vermutete, daß der Dieb mit Zug */«7 Uhr in Pforz­heim eintreffen könnte. Niemand durfte aussteigen, eine Schar Polizisten durchsuchte sämtliche Reisenden und deren Gepäck, jedoch ohne Erfolg. Den vielen Passagieren in 2. Classe war dies gewiß eine recht unliebsame Bescheerung.

Eisingen, 14. Aug. In unserer Gegend spuckt ein Schwindel. Es erscheint nämlich in den Ortschaften ein Händler mit einer Krätze voll Porzellan­geschirr auf dem Rücken und bietet Stück für Stück für 15 ^ an. Da er nun schöne Sachen obendrauf hat, so läßt sich manche Hausfrau vom Schein be­trügen und geht auf den Handel ein, den der Mann vorschlägt, nämlich den ganzen Korb voll zu kaufen um den oben angegebenen Preis. Allein unten im Korbe sind Kaffeetassen, gewöhnliche Teller und derlei Kleinigkeiten, die kaum die Hälfte des angegebenen Preises wert sind. Sieht sich die Hausfrau betrogen und will die Sachen nicht annehmen, so wird der Händler grob. So mußte eine Frau eine ganze Kräze voll kaufen, in welcher nicht weniger als 74 Stück und Stückchen waren. Da das offenbarer Schwindel ist, so möchten wir hiermit die Hausfrauen auf dem Lande vor derlei Händlern warnen.

Von der badischen Tauber, 10. Aug. Einen Beweis, wie entwertet gegenwärtig die Pflaumen im Tauberthal sind, liefert folgender Fall: Das fürstlich Leiningische Rentamt hat gestern das Erträgnis des Sommerobstes in Tauberbischofsheim versteigert, und kam hiebei auch ein Baum gelber Pflaumen zum Ausgebot; derselbe zählt zu den größten in der Markung, und es wurde für ihnEine ganze Mark" bezahlt. Nach dem Erträgnis des Baumes kommt der Zentner Pflaumen nicht höher als auf 15 Pfennige zu stehen.

Freiburg, 13. Aug. Eine Freiburger Fleischtaxe vom 21. März 1736 liegt vor uns. Sie ist geeignet, heute eine Sehnsucht nach der guten, alten Zeit zu erwecken. Während heute das Fleisch erster Qualität durchgehends 80 kostet, befiehlt die Fleischtaxe, welcher Massen aus Erkanntniß ves Ehr­samen Raths zu Freyburg das Vich gemetziget und verkaufst werden solle", daß das beste Ochsen- und Rindfleisch 1 Batzen und 2 Rappen, das mittlere 1 Batzen, das geringere aber nur 9 Rappen kosten darf. Ebenso das Kalbfleisch undSchaafffleisch", während Schweinefleisch bester Sorte 1'/- Batzen kostete. Das halbe Pfund Bratwürste kostete 9 Rappen, wobei zu bemerken ist, daß 10 Freiburger Rappen auf einen Batzen gingen, der nach heutiger Münze etwa 12 Pfennige beträgt. Nswxora wutantur.

(Schw. M.)

In Urspringen (Unterfranken) starb dieser Tage ein gewisser Jos. Goldberg, in der Umgegend alsGötz Josephle" bekannt, des Hunger­todes, aber nicht aus Not, sondern aus Geiz, denn er hinterläßt ein Vermögen von 50 000 Er war seines Zeichens ein Schneider; wenn er keine Arbeit hatte, bettelte er. Seine Nahrung bestand fast nur in Brod uns Kartoffeln. Einmal wurde er in Mannheim wegen Bettelns arretiert. Als man 20 000 ^ in Banknoten bei ihm fand, wurde von der Mannheimer Polizei in Urspringen nachgefragt, ob er diese Summe mit Recht besitze, und als vom Bürgermeister eine bejahende Antwort zurückkam.

wollte man ihn freilassen; Josephle aber bat, ihn noch> über Nacht in Haft zu behalten, damit er das Schlaf­geld erspare.

Berlin, 13. Aug. Das Berl. Tagebl. erhält aus Württemberg die Mitteilung, der kommandierende General des 13. Armeekorps, General v. Wölkern, werde nach den Manövern seinen Abschied nehmen; als sein Nachfolger soll der preußische General v. Lindequist bestimmt sein.

Berlin, 13. Aug. Nach derKreuzztg." ist . die Absicht, das neue Reichstagsgebäude unter Ein­berufung des Reichstags am 18. Okt. einzuweihen,, aufgegeben worden, weil bis dahin das nötige Arbeits­material für den Reichstag noch nicht fertig gestellt, sei. Die Eröffnungsfeier erfolge daher wahrscheinlich erst in der 2. Hälfte des November.

Königsberg, 14. Aug. DieKönigsb.Hart^ Ztg." meldet amtlich, bei den Erkrankungen in Nied- zwedzen handele es sich nicht um Vergiftung durch verdorbene Heringe, sondern die Untersuchung der Verstorbenen habe Oliolsru aoiatiou ergeben.

Aus Stockerau, 10. Aug., wird dem Neuen Wiener Tagbl." gemeldet: Im Donauarme, der Pferdeschwemme des 3. Dragonerregiments, spielte sich vorgestern Nachmittag ein aufregender Vorfall ab. Ein Dragoner befand sich mit seinem Pferde in. der Schwemme. Er war mit seinem Pferde an eine sehr tiefe Stelle geraten und machte Schwimmversuche, allein er vermochte sich nicht oben zu halten, sondern^ war jählings versunken und im Wasser verschwunden. Im selben Augenblicke schnallte schon einer der Zeugen dieser Szene, Leutnant v. Possaner, seinen Säbel ab und sprang in voller Uniform vom hochgelegenen^ Ufer in die Flut. Und nun entwickelte sich ein Kampf, welchem alle Zeugen nur mit der größten Erregung folgen konnten. Der Dragoner hatte im Wasser die in schweren Stiefeln steckenden Füße des Offiziers erfaßt, umklammerte dieselben in seiner Todesangst und hielt sie mit verzweifelter Kraftanstrengung fest.. Hiedurch behinderte er aber seinen Retter am Schwim­men, der denn auch alle erdenklichen Anstrengungen, machte, um sich von der Last zu befreien, allein ver­gebens ; der Soldat ließ die Füße des Offiziers nicht los, dieser vermochte sich Mangels freier Bewegung nicht an der Oberfläche zu behaupten, und mit einem lauten Schrei versank auch er mit dem Soldaten in die Tiefe. Es vergingen einige bange Augenblicke, Dann sah man den Leutnant wieder emportauchen, auf dem Rücken den Dragoner tragend, und mit diesem auf das Ufer losschwimmen. Der Offizier hatte tief unter dem Wasser noch einen letzten Kampf mit dem Manne ausgenommen, diesen schließlich ab­geschüttelt, ihn hierauf rasch gepackt, auf den Rücken gezogen und sich glücklich auf den Wasserspiegel empor­gearbeitet. Man eilte ihm unter lauten Beifallsrufen, vom Ufer mit einem Pionierboote entgegen und brachte ihn und den Dragoner ans Land. Während der Dragoner bald zu sich kam, war sein Retter voll» ständig erschöpft und konnte nur ab und zu ein-

Draußen auf dem Gange standen bereits Vater Stichling und Kläre, die letztere in erklärlicher Befangenheit und Unmhe.

Völlig gefaßt schritt Eva Ms sie zu.

.Wann ihr nun die Pfleg' für Euern Schatz übernehmen wollt, so ist mir's recht," begann sie so unbefangen wir nur möglich.In rin paar Tagen kann er ohnehin zu Euch übersiedeln . . der Doktor will'S erlauben, hat er gesagt."

Kläre wmde rot und bleich im Gesicht; sie starrte eine Welle die Andere an, als ob sie die Freudenbotschaft von deren Lippen nicht glauben könne. Dann atmete sie tief auf, trat an Eva heran und drückte dieser die Hand.

Ich dank' Euch l" murmelte sie und vermochte eS dabei nicht zu unterdrücken, daß DankeSthränen ihre Stimme verdunkelten.

Eva war gar bleich geworden; nun zuckte eS leicht um ihre Lippen.

Ich wüßt' nicht wofür," sagte sie ablehnend, aber in nicht unfreundlichem Tone. .Wir stehen im Gegenteil tief in Eures Schatzes Schuld . . ich werd' meinen Mann bitten, sobald er wieder auf ist, daß er eS wettmacht."

Kei Ursach' nit . . kei Ursach'!" brummte da Stichling in seinem tiefsten Baß. .'S isch jo alles soweit beinand' . . "

Dabei schüttelte er plötzlich derb beide Hände der ihn befremdet Anschauenden.

Bi Gott, Ihr seid brav' Weib un i Han Euch mannigS abzubitte!" sagte er.Vergebe un vergesse . . nit wohr . . und in Zukunft guti Nachbarschaft . . nix for ungut!"

Wir wollen's hoffen!" entgegnete Eva seltsam bewegt.Mög' Euere Tochter recht glücklich mit dem Adam werden!"

Sie schritt rasch voran und winkte den Beiden, ihr in'S Krankenzimmer nach- zufolgen. Wie teilnahmslos blieb sie dann stehen und schaute zu, wie Kläre, vor Glück und banger Seligkeit schluchzend, neben dem Lager deS Geliebten niedersank und diesen, der eben wach war und sie mit schwachem Lächeln begrüßte, herzte und küßte.

Niemand wußte eS, daß in diesem Augenblicke Frau Eva dm schlimmsten

und entscheidensten Kampf mit ihrem verirrt gewesenen Herzen, das sich nun wieder beimgefunden hatte, kämpfte. Sie stahl sich leise aus der Stube und Me in's Kämmerlein zu ihrem Mann.

Bei diesem war fortan ihr Platz-und sie gelobte es sich in dieser

Stunde des Sichselbstwiedersindens, daß eS anders in Zukunft sein sollte. Sie wollte nicht nur das Weib ihres Mannes heißen, sondern diesem mehr sein: eine Gefährtin, eine Schicksalsgenossin. Sie fühlte eS im tiefsten Herzensgrund», daß dies keine Herzensregungen waren, die der Augenblick geboren hatte und die zerrannen unter dem nüchternen Lichte des Alltagslebens; sie kannte nun ihren Weg und liebte ihre Pflicht!

Sie wunderte sich selbst darüber, daß ihr's so leicht fiel, aufzugeben, was sie für ihres Lebens Seligkeit als unerläßlich gehüsten hatte. Sie ahnte freilich nicht, daß ihr schon zur Stunde ein mächtiger Beschützer schirmend wider jegliche Anfechtung zur Sette getreten war: die Liebe!

Ja, das Wunder war geschehen; Eva liebte ihrm Mann, den sie bis dahin zu hassen gewähnt. Sie liebte ihn nicht nur als den Vater ihres Kindes; nein, sie liebte ihn um der Liebe willen, die er ihr bewiesen und die stark und mächtig genug gewesen war, um ihm Sterbegedanken kommen und sie zur grausen That werden zu lassen.

Die junge Bäuerin wußte eS nun, daß ihr das Lebm in Zukunft Sonnen­schein bringen und es ihr nicht einmal schwer fallen würde, sich fortan glücklich zu preisen. In Stunden schwerster Not hatte sie sich zu der Weisheit durchgerungen, daß es nur ein neidenSwerteS Glück giebt, das im fruchtbaren Erdenreich der Familie wurzelt und fern von aller Selbstsucht köstliche Blüten zeitigt, nämlich: sich selbst zu beglücken, indem man seine Lieben beglückt. In einem selbstlos und treu liebenden Herzen ist das Himmelreich auf Erden wahrhaftig geworden!

(End e.)