Simmozheim gelang es endlich nach langer Arbeit die park bedrohten Nachbarhäuser und Scheuern zu retten. Die Betroffenen find zwar alle versichert, aber zum Teil sehr ungenügend. Es wird allgemein Brandstiftung von sehr böswilliger Hand vermutet. (Es ist dies jetzt der 8. Brandfall in hiesiger Stadt in den letzten 4 Jahren, so daß es den Einwohnern nachgerade ziemlich unheimlich zu Mute ist.) Möchte «s doch endlich einmal gelingen, den Anstifter eines solchen Jammers zu ermitteln und unschädlich zu machen!
Leonberg, 20. Juli. Forstwart Priester in Heimerdingen zog sich durch einen Insektenstich, den er anfangs nicht beachtete, eine Blutvergiftung zu, welcher er innerhalb drei Tagen erlag. Eine in Stuttgart noch vorgenommene Operation war zu spät.
Stuttgart, 21. Juli. In den letzten Tagen haben sich wieder zahlreiche Spuren der Blattfallkrankheit in den Stuttgarter Weinbergen gezeigt. Vom Gemeinderat wird deshalb dringend das Bespritzen der Reben empfohlen.
Stuttgart, 23. Juli. Gestern abend wurde ein Tapezier- und Sattlerlehrling von seinem Meister in dem Moment betreten, als er eben im Begriffe war, das Komptoir zu erbrechen. Der Lehrling sah den Prinzipal mit seiner Familie ausgehen und benützte sofort diese Gelegenheit, um einen Diebstahl auszuführen, der aber durch die unerwartete Rückkehr des Meisters vereitelt wurde. Der Lehrling wurde der Polizei übergeben.
Degerloch, 19. Juli. Der flüchtig gewordene Bahnhofvorstand Gertis, der aus Sardinien und dann aus Palermo von sich hören ließ, ist nun zurückgekehrt und hat den noch vorhandenen Restbetrag des veruntreuten Geldes in der Höhe von 1200 ^ der Behörde eingehändigt.
Cannstatt, 23. Juli. Die Kunde von einer schrecklichen Blutthat in einem Hause der Gartenstraße durcheilte gestern abend die Stadt. Der ledige 24 Jahre alte Bäcker Wilhelm Manuß von hier, welcher zuletzt als Taglöhner hier arbeitete, hatte sich am Nachmittag mit der Ehefrau des Fabrikarbeiters Gallus Hipp in eine Wirtschaft nach Wangen begeben, wohin ihnen auch der Ehemann Hipp, der mit seiner Ehefrau wegen angeblicher Untreue in Zwistigkeit lebte, nachgefolgt war. Doch kam es nach Angabe des Hipp dort zu einer Versöhnung zwischen den Eheleuten und diese begaben sich gemeinsam und ohne Begleitung des Manuß nachmittags halb 5 Uhr hierher in ihre Wohnung (Gartenstraße Nr. 31), wo auch Manuß wohnt. Dieser war indessen nach Hause zurückgekehrt. Als dann das Ehepaar Hipp einen Ausgang machen wollte, lauerte ihm Manuß im Erdgeschoß des Hauses mit einem Revolver auf, schqß zunächst die Frau Hipp in das linke Auge, die sofort tot nieder stürzte, worauf Manuß
dreimal gegen den Ehemann Hipp, der ihm die Waffe entreißen wollte, feuerte und ihm auch noch mit dem Revolver eine Anzahl Hiebwunden an der Stirn bei- brachte; hiebei fielen beide im Handgemenge auf die tote Frau; Hipp erhielt je einen Schuß am linken Ohr, linken Backen und in den rechten Oberarm; er rettete sich trotz des großen Blutverlustes noch in die Wohnung, 1 Treppe hoch, und sodann mittelst einer Leiter zum Hause hinaus, dessen Hausthüre von Manuß verschlossen war, bis in den Hof von Schlossermeister Heinrich, wo er zusammenbrach. Manuß begab sich in seine Kammer und schoß sich eine Kugel in die rechte Schläfegegend und in die linke Brust, so daß er lebensgefährlich verletzt, ebenso wie Hipp, in das Bezirkskrankenhaus überführt werden mußte, während die Leiche der erschossenen Frau Hipp in die Totenkammer des Bürgerspitals gebracht wurde. Manuß gab über das Motiv zur That keine Auskunft und ist heute so schlecht daran, daß an seinem Aufkommen zu zweifeln ist. Hipp war mit der verstorbenen Frau seit 7 Jahren in zweiter kinderloser Ehe verheiratet.
Eßlingen, 23. Juli. Am gestrigen Sonntag nachmittag 4 Uhr brachte der evang. Jünglingsverein, wie alljährlich, aukgewählte Szenen eines vaterländischen Stücks, in der Nähe des Kirschenbuckels, zur Aufführung. Diesmal war es Uhlands Drama „Ludwig der Baier" ; die jungen Leute hatten sich viel Mühe gegeben und die sehr zahlreichen Zuschauer folgten dem Gang der Handlung, welche die deutsche Treue in ergreifender Weise vorführt, mit sichtlichem Interesse und lebhaftem Beifall. An die Aufführung schloß sich noch ein gelungenes geselliges Beisammensein in Schollenbergers Garten, wobei Deklamationen, 4stimmige und allgemeine Gesänge, Posaunenchöre, auch turnerische Vorführungen in ansprechender Weise abwechselten. Der gemeinsame Zug in die Stadt, unter Vorantritt des Posaunenchors, fand auf dem Marktplatz seinen würdigen Abschluß mit dem Gesang des Chorals „Lobe den Herren, o meine Seele."
PfrondorfOA. Tübingen, 22. Juli. Gestern stahl der von Crailsheim gebürtige 22jährige Taglöhner Theodor Frobinius seinem Dienstherrn, dem Bauern Friedrich Schaal, aus der abgelegten Hose den Geldschlüssel, öffnete mit diesem den Geldschrank und entwendete 60 Sodann ergriff der Dieb die Flucht. Bis jetzt ist man seiner noch nicht habhaft geworden.
Tuttlingen, 23. Juli. Gestern fand hier eine gutbesuchte Versammlung der Demokratie statt, in welcher Hr. Landtagsabgeordneter Storz über seine Thätigkeit im Landtag Bericht erstattete und Hr. Reichstagsabgeordneter Galler über die Aufgaben der Volkspartei sprach. Zu der Versammlung hatte sich auch eine größere Anzahl Sozialdemokraten eingestellt. In der Debatte wurde der Volkspartei der Vorwurf gemacht, daß deren Redner in öffentlichen
Versammlungen zwar in einer auch die Sozialdemo-- kratie befriedigenden Weise sprächen, daß aber die. Abgeordneten Hand in Hand mit den Liberalen gingen. Reichstagsabgeordneter Galler bestritt dies. Von- einem hiesigen Parteimann wurden die Sozialdemokraten aufgefordert, gemeinsam mit der Demokratie zu operieren, während die Sozialdemokraten an die Demokratie die Forderung richteten , in den sozialdemokratischen Versammlungen nicht nur zu erscheinen,., sondern auch den Mut der Erwiderung zu haben.
Münsingen, 23. Juli. Heute früh brach.' in dem Hause des Strickereibesitzers Götz Feuer aus. Der rasch herbeigeeilten Feuerwehr gelang es, das Umsichgreifen des verheerenden Elements zu verhindern. Verbrannt wurden nur die Vorräte und Maschinen des Arbeitssaales. Ueber die Entstehung des Feuers ist noch nichts bekannt.
— Gegen den früheren Schutzmann Karl Mack von Ulm ist nun vom Polizeiamt bei der K. Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet worden, derselbe, stehe unter dem Verdacht, am 22. April und 12. Mai d. I. anarchistische Einträge in das Wachbuch der Polizeistation auf dem Bahnhof gemacht zu haben.
Von der württ. Grenze, 18. Juli. Ein Bauer, der sich zu helfen weiß, ist der Landwirt Br. in U. Er verkaufte kürzlich ein Paar fette Stiere an den Händler. Die Tiere wurden in eine rheinische Stadt weiter verkauft. Einige Tage darauf erhielt Verkäufer die Anzeige, das eine der Tiere wäre „perlicht". Statt sich auf den angebotenen Vergleiche Nachlaß der Hälfte des Kaufspreises, einzulassen, fuhr der Landwirt nach der Stadt, nahm den Ochsen zurück, ließ das Fleisch auf der Freibank verkaufen und erlöste fast ebenso viel als der ursprüngliche Kaufpreis betrug.
T Pforzheim. Wie man hört, beabsichtigt die sozialdemokratische Partei hier das infolge Konkurses des seitherigen Inhabers zur Versteigerung kommende große Anwesen, Gasthaus z. Riesen, käuflich zu erwerben. Außerdem soll auch das bayr. Bräuhaus hier, das Tausende an den Besitzer zu fordern, hat, Kaufabsichten haben.
— Einige Landwirte in der Nähe von Vi klingen, die sich durch die marktschreierischen Anpreisungen verleiten ließen, in Kozowa bei Krakau. „Feinste Hoftafelbutter und Bienenhonig" zu bestellen,, erhielten statt dessen verdorbene Margarine von schlechtem Geruch und Aussehen.
Rothenburg o. T., 22. Juli. Der in Wiesenbronn niedergegangene Ballon wurde von der Luftschifferin Frl. Paulus gestern reklamiert. EL ist derselbe, mit dem Lattemann in Crefeld verunglückte. Frl. Paulus machte in Hanau am Sonntag eine Auffahrt und ließ sich mittelst Fallschirm nieder. Der Ballon wurde infolge Sturms nach
Diese schreckhafte Erkenntnis raubte dem jungen Weibe den Bodensatz von I Selbstbeherrschung, der vielleicht noch im Grund? ihrer Seele zurückgeblieben war. > Sie brach — vielleicht, ohne eS selbst zu wissen — plötzlich in lautes, anhaltendes Weinen aus. Neben der Bettstatt sank sie nieder, rauft« das Haar und rief den bewegungslos Verharrenden, um dessen Leben sie die letzten Tage über so viel und bang gezittert hatte, mit den zärtlichsten Ausdrücken an, beschwor ihn, zum Leben zurückzuerwachen.
Eva war sich nicht bewußt, daß eS die Sünde war, welche sie zum Weinen und Schluchzen brachte. Sie hatte die wilde Begehrlichkeit in ihrem Herzen groß werden lassen, ohne sonderlich daran zu denken, daß der Wunsch, welchen jene geboren, sie zur Verbrecherin an einem Manne werden lassen mußte, welcher ihr immer der liebevollste und treueste Gatte gewesen war. Sie zürnte im Gegenteil dem letzteren des großen Attersunterschiedes wegen, der sie von ihm schied; sie bedachte nimmer, daß sie eS damals als Erlösung betrachtete, als er. ohne nach Geld und Gut zu fragen, sie geheiratet und sie zur reichsten Bäuerin in der Runde gemacht hatte. Eva war viel zu viel von der eigenen Vortrefflichkeit und Unfehlbar- keck ihre« Herzens überzeugt, als daß sie schon zur Selbsteinkehr gekommen und sich darüber klar geworden wäre, daß nicht sowohl der Druck unerträglicher Leiden ihr da« Elternhaus zur Hölle gewandelt hatte, als die Erkenntnis der Unmöglichkeck, in diesem durchaus und in allen Stücken den eigenen Willen durchsetzen zu können. Sie war liebearm gewesen und hatte die zarten Regungen des Herzens verlacht, als Sixtus Tölzbacher um sie gefreit; nun trug sie'« nicht als Buße, als ihr der Mann begegnet war, welchen sie lieben mußte und an dessen Seite zu leben ihr als der Inbegriff irdischer Glückseligkeit erschien. Sie dachte nicht daran, daß sie die Pflicht an dm ungeliebten Mann band und eS schon Sünde wider diesen war, daß sie den begehrlichen Blick auf Adam gerichtet hatte. Sie schlug eS sich im Gegenteil hoch an, daß fie's bei stummer, thatloser Leidenschaft gelassen und sie haßte ihren Mann ordentlich, weil dieser ihr den Weg zu dem versperrt» war sie plötzlich als Glück anzusehen sich gewöhnt hatte.
In diesem Augenblick« nun, wo sie glauben mußt», Adam sei «ingrschlafrn
für immerdar und ewig, schwand alles, was sie sonst an Pflicht und Zucht band^ aus ihrer Seele und nur der Schmerz nackter, barer Selbstsucht brannte in dieser und ließ sie die Hände ringen, sich das Haar zerraufen und in wildes verzweifeltes Schreien auSbrechen.
Sie hörte nicht die schlürfenden Schritte draußen auf dem Flur, sie nahm'L. nicht war, wie gleich darauf die Wohnstubcnthür leise geöffnet wurde und, gespenstig von dem Kerzenlicht in seiner Hand erhellt, die abgemagerte, hinfällige Gestatt Tölzbachrrs erschien.
Dieser hatte sich vergeblich nach seinem Weibe den ganzen Tag über gesehnt. Ein liebe« Wort aus Eva'S Mund, mit welchen diese nur gar zu karg war, that ihm besser als die wunderkrästigste Arznei; er liebte das junge kraftstrotzende Weib eben mit jener eifersüchtig heißen Liebe, wie sie Männern in vorgerückten Jahren eigen zu sein pflegt. Die Jugend EvaS hatte für ihn etwas Heiliges; sie war der Wunderborn, an welchem er sich selbst erquickte und verjüngte. Dabei aber hatte er sich immer soviel Vernunft bewahrt, um zu ermessen, daß nicht Liebe Eva in seine Arme geführt hatte und darum wohl war er auch da« Bangen nimmer los geworden, daß die Stunde anbrechen konnte, in welcher er selbst der Treue seines WeibeS verlustig ging. Dieser quälende Zweifel, der wohl keinem morschen Stamm erspart bleibt, um den frischgrünender Epheu sich kosend geschlungen, ließ ihm Tag und Nacht keine Ruhe. Mit feiner Wüterung hatte er herausgefunden, daß seit dem Eintritt AdamS sein junges Weib eine ganz andere geworden war. Beunruhigt hatte ihn dann EvaS Gebühren als Pflegerin am Krankenlager deS Oberknechts. Sonst hatte sie es niemals an äußerer Rücksicht dem Gatten gegenüber fehlen lassen; stündlich hatte sie nach ihm geschaut und oft auch Nachts den Schlaf unterbrochen, um in seine Kammer zu kommen und nach ihm zu schauen. Das war so plötzlich anders geworden — und heute, wo sich Sixtus ernstlich unpaß gefühlt und wieder den schlimmen Lungenhusten bekommen hatte, der ihn ganz besonders quälte und ängstigte, hatte er wohl zehn mal die Magd vergeblich geschickt, Eva hatte nicht die.. Zeit gefunden, auch nur ein einzig' Mal nach ihm zu schauen!
(Fortsetzung folgt.)