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Friedrichsruhe zu reisen; der Fürst hat sich bereit erklärt, die Herren zu empfangen.
Berlin, 17. April. Der „Sozialist" erklärt die durch die Blätter gegangene Nachricht, daß er sein Erscheinen einstellen werde, für falsch; er werde hier weiter bestehen.
Tagesneuigkeiten.
Calw, 17. April. Gestern Nacht um13 Uhr wurde die hiesige Einwohnerschaft in großen Schrecken versetzt durch den Ausbruch eines Brandes, der große Dimensionen anzunehmen drohte. In dem Oekonomiegeb äude von Hrn. Hugo Rau hier, Weinhandlung und Lager von Baumaterialien in der Lederstraße, war Feuer ausgekommen, das innerhalb weniger Stunden das umfangreiche Anwesen bis auf die Grundmauern einäscherte. Im Dachstock lagernde reiche Futtervorräte hatten das Feuer rasch gefördert, so daß schon nach kurzer Zeit an eine Rettung des Gebäudes nicht mehr gedacht werden konnte. Die Größe des Feuerherdes und die Gefahr für eine weite Umgebung veranlaßten die Feuerwehr zur Einsetzung aller Kräfte und ihrer außerordentlichen Anstrengung, sowie den umsichtigen Anordnungen ist es zu verdanken, daß das Feuer schon in wenigen Stunden unterdrückt und die am schwersten bedrohten Nachbargebäude, die Korndörfer'sche Färberei, sowie die Häuser von Metzger Kugel und Maurer Käuffele, ohne erhebliche Beschädigungen blieben. Das abgebrannte Bauwesen enthielt Stallungen für Pferde und Rindvieh und 3 geräumige Keller mit großem Weinlager. Wie man nachträglich erfährt, sind die Gewölbe der Keller unversehrt geblieben, so daß hier kein weiterer Schaden entstand. Pferde und Vieh konnte zum Glück noch zeitig in Sicherheit gebracht werden. Das Geschäft erleidet trotz des Un- glücksfalles keine Betriebsstörung.
Altensteig, 13. April. In einer hiesigen Eisenwarenhandlung beging gestern ein 30jähr. Arbeiter aus Sachsen, der sich seit 3 Jahren hier aufhält einen ganz frechen Diebstahl. Er plünderte die Ladenkaffe, so lange der Kaufmannsgehilfe ihm das Verlangte aus einem Nebenraum brachte. Der Prinzipal entdeckte gleich darauf den Diebstahl, man suchte den Dieb auf und fand ihn in einer benachbarten Wirtschaft beim Schoppen. Er leugnete, wurde aber durchsucht, und in einem seiner Stiefel fand man das fehlende Geld (drei Doppelkronen und 5 in Silber). Man glaubt, daß der freche Dieb schon früher ähnlich» Diebstähle ausgeführt hat, denn er ist öfters im Besitz von ziemlich Geld, braucht auch viel und arbeitet wenig.
Stuttgart, 16. April. (Pferdemarkt.) Gestern vormittag von 9'/, Uhr an besichtigte die Prämierungskommission in der Reithalle die Wagen, Reit- und Fahrrequisiten; nachmittags von 3 Uhr an die Pferde in den städtischen Stallungen (Reithalle.) Heute morgen 7 Uhr wurde der Markt eröffnet, um 8 Uhr begann die Messe in Wagen« und Sattlerwaaren in
der Gewerbehalle, Bis heute vormittag um 11 Uhr sind dem offenen Markt ca. 800 Pferde zugeführt worden; ca. 150 Luxus-, Reit» und Wagenpferde stehen in den städt. und in Privatstallungen. Von '/-9 Uhr fand die Musterung der auf offenem Markt aufgestellten, zur Prämierung vorgeführten Pferde durch die Prämierungskommission zwischen Gewerbehalle und Stadtgarten statt. Um 11 Uhr folgte die Vorführung der aus dem K. Privatgestüte und dem Leibstall zum Verkauf bestimmten Pferde im Akademiehof. Heute nachmittag werden die prämierten Pferde in der städtischen Reithalle vorgeführt und die Prämien verteilt. — Morgen Dienstag wird der Markt und die Vorführung von Pferden aus dem K. Privatgestüte und Leibstall im Akademiehof fortgesetzt. Am Mittwoch findet morgens 10 Uhr der Verkauf einer Anzahl Pferde aus dem K. Privatgestüt und Leibstall im Leibstallreithaus und nachmittags 3 Uhr ein öffentlicher Verkauf von Wagen und Geschirren im Akademiehof statt.
Stuttgart. Die vom 9. bis 10. Sept. hier stattfindende Große Internationale Bäckerei-, Konditorei- und Kochkunst-Ausstellung hat erfreuliche Fortschritte aufzuweisen. Letzten Freitag hat die zweite große Kommissionssitzung stattgefunden, in welcher über den Stand der Sache berichtet wurde. Die bis jetzt eingelaufenen Anmeldungen aus dem Gebiete der Bäckerei, Konditorei und Kochkunst wurden einer Prüfung unterzogen und sämtlich angenommen. Eine große Firma hat für sich allein 60 Quadratmeter Raum belegt. Es soll diesmal aber auch besser als bisher für die Aussteller und den Absatz der ausgestellten Objekte gesorgt werden. Erstens ist beabsichtigt, wirkliche goldene, silberne und broncene Medaillen, ferner Ehrenpreise und Diplome zu verteilen, zweitens eine Lotterie zu veranstalten, welche etwa 10,000 Lose ä. 1.— umfaßt, und deren Reinerlös größtenteils zum Ankauf von Ausstellungsgegenständen zu verwenden. Für den Ausstellungskatalog sind schon 36 Seiten Inserate eingelaufen, und der Garantiefonds ist auf 41,000 angewachsen. Dazu kommt noch, daß Se. Majestät der König das Protektorrat übernommen haben, so daß dieses auf die Förderung der beteiligten Gewerbe, auf die Hebung des Fremdenverkehrs und Vermehrung der Kenntnisse angelegte Unternehmen unter den denkbar günstigsten Bedingungen in's Leben tritt. Zur Ausstellung zulässig sind alle Erzeugnisse der Bäckerei, Konditorei, Mühlenbranche, Schokoladen-, Marzipan- und Waffelfabrikation, Pfefferküchelei, Kochkunst rc. rc., sowie dazu gehörige Hilfsmaschinen, Gerätschaften und Bedarfsartikel.
Ludwigs bürg, 16. April. Gestern Nachmittag wurde eine hiesige Beamtenfamilie in großen Schrecken versetzt. Ein 4 Jahre alter Knabe nahm in Abwesenheit der Eltern die Zimmerflinte von der Wand herab, drückte auf den im Zimmer anwesenden 16 Jahre alten Lehrling mit den Worten los: „Glaubst, ich könnte dich totschießen, wenn die Flinte geladen wäre". In der That aber war das kleine Gewehr
geladen und der kleine Miffethäter traf den Lehrling- so unglücklich in die Herzgegend, daß die Kugel, wenn- sie größer gewesen wäre, unfehlbar tötliche Wirkung gehabt hätte.
Hall, 17. April. (Strafkammer.) Füger und Hegelmaier wurden freigesprochen. Die Kostendes Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten fallen der Staatskasse zu.
Pforzheim, 18. April. Gestern früh fand man einen älteren Bewohner (Witwer) in seiner Wohnung des Austadtteils erhängt vor. — Der heutige Schweinemarkt hatte in 13 Partien 57 Ferkel und 4 Läufer aufzuweisen. Für 4 Stück Ferkel, unter 4 Wochen alt wurden 53 und für die übrigen, die bis auf 6 Stück abgesetzt wurden, per Paar 30—36 bezahlt. Die 6 Stück wurden nicht abgesetzt weil zu hohe Preise 37—38 gefordert wurden.
Pforzheim, 18. April. Diebstahl und Betrug. Die am 10. November 1878 zu Hirsau geborene ledige Kettenmacherin Emilie Luise Schmitt, zur Zeit in Dillstein, hatte, während sie in der Fabrik, des E. Sp. hier in der Lehre war, die Wochenlöhne am Zahltage in Schächtelchen den Arbeiterinnen an ihre Plätze zu bringen. Wie sie zugesteht, hat sie in drei Fällen 5,38 8,70 ^ und 4 ^ nicht ab
gegeben, sondern für sich behalten und vernascht. Die geleerten Schächtelchen hat sie in den Abort geworfen. Ein weiterer Fall, bei welchem ihr zur Last gelegt wurde, daß sie eine Schachtel mit 17 die ein Arbeiter erhalten sollte, ebenfalls entwendet hat, wurde nicht als erwiesen erachtet. Ferner hat die Angeklagte das Vermögen eines Manufakturwarengeschäfts hier dadurch geschädigt, daß sie für 3 ^ 35 --Z Waren kaufte, einen Zahlungszettel über diesen Betrag unterdrückte und einen andern vom Boden des Ladens mit 40 aufhob und an der Kasse nur 40 bezahlte, anstatt 3 35 -A Die Gesamt
strafe, welche das Schöffengericht über sie verhängte» lautete auf 3 Wochen Gefängnis.
Pforzheim, 18. April. Eine eigenartige Unterschlagung bringt den am 36. Nov^ 1873 zu Althengstett geborenen Dienstknecht F. Str. auf drei Tage ins Gefängnis. Er sollte am 3. Febr. für seinen damaligen Dienstherrn Landwirt Schuster hier 3 Faß Latrine auf dessen Aecker führen; anstatt dessen führte er das duftige Naß nach Brötzingen und verkaufte es daselbst.
Mannheim, 16. April. Bankier Schloß, Mitinhaber der Bankfirma Scheuer, Hirsch und Schloß, hier und in Heidelberg, beging heute früh einen Selbstmordversuch, indem er sich die Pulsadern öffnete. Sein Zustand ist bedenklich. Die Mitteilungen über den Stand der Firma gehen dahin, daß im Augenblick noch kaum von einer Unterbilanz gesprochen werden kann, wenn man die Aktiva sämtlich als vollwertig annimmt; inwieweit indessen in dieser Beziehung
erwählt, indem ich dann sicher bin, daß er auf besserem Wege ist, und sie ihn in guter Ordnung erhalten wird."
Eduard hatte dies letzte mit halber Stimme und dem Ausdruck einer gewissen Scham und Verwirrung gelesen, sprach aber wieder nachdrücklicher, als er an die Stelle kam:
„Leistet aber meine Nichte und Erbin aus irgendeinem Grunde Verzicht auf da« vorbenannte Vermögen, so soll dasselbe — aber erst nach 50 Jahren, bis zu welcher Zeit Zins auf ZinS zu legen ist — unter die Armen des Kreise«, in welchem ich zuletzt gelebt, verteilt werden."
„Mich dünkt, gegen die Bündigkett diese« Dokument» ist nicht« einzuwenden?" wandt« er sich dann lächelnd an Evrline, „und für die Armen, die nach uns kommen werden, wirst Du doch den Schatz nicht au« der Hand geben wollen? Die Großmut wäre wahrlich eine thörichtr! Keinem lebenden Menschen wäre damit gedient, vor allem — mir nicht!"
,O, aber sprich, Eduard," rief sie schmerzlich bewegt; „wie kann ich Dir, gerade Dir dienen, wie die Ungerechtigkeit des Onkels ausgleichen?"
Er griff nach ihrer Hand und öffnete die Lippen, that dann aber, als dränge er mit Gewalt rin rasche» Wort, rin Geständnis zurück, und sagte nur: „O, um mich kümmr» Dich nicht so sehr, Eveline l — Ich kann freilich begreifen," fuhr er nach einer kleinen Pause fort, „daß es Deiner großherzigen Natur schwer wird, auf Kosten eines andern dir Bereicherung anzunehmen, daß Du vielleicht an das Wort denkst welcher Du einmal sprachst, daß derselbe durch Dich nie einen Schade» erleiden solle; aber ich selbst bin ja dieser andere, Eveline, und ich erkläre Dir hiermit feierlich, daß kein Gedanke von N«d oder Mißgunst, ja nur van Bitterkeit in meiner Seele ist!"
„Aber Du sprachst doch selbst einmal von dem Wert des Besitze«," warf sie zweifelnd ein.
Er sah sie mit einem lange», fast schmerzlichen «lick an: Za, «inst, Eveline!
Es rächt sich an mir, daß mein Denken und Sinnen einst ein anderes war, indem Du ein härtere« Urteil über mich haben mußt, als ich jetzt verdiene. Ich habe seitdem vieles durchgemacht, vieles gelitten, Eveline, und mein Herz hat sich nach einem andern Besitz als dem de« elende» Geldes sehnen gelernt! Doch genug davon, — e» ist nicht Zeit und Stunde, jetzt davon zu reden!" brach er rasch ab.
Über Eveline war ein unsäglich peinliches Gefühl gekommen. Was war es, das er jetzt mit Schweigen verhüllte? Sollte es möglich sein, daß er ihr ein Empfinden zuwandte, das sie nicht teilte, nun und nimmer testen konnte?" Aber er hatte dasselbe ja nie angedeutet, nie zu erkennen gegeben, daß für ihn da« frühere, nahezu geschwisterliche Verhältnis ein andere» geworden sei; ja, er hatte sich ihr in letzter Zeit sogar auffällig entfremdet, so daß sie wohl Grund gehabt hätte, an der Fortdauer jener alten Zuneigung zu zweifeln, — und sollte ihr dicje nun in einem Licht« erscheinen, das sie erschrecken mußte?
Indessen in diesem Augenblick ersparte ihr Eduard selbst jede schmerzliche Erklärung, jede Auseinandersetzung, die, statt die Verwirrung zu lösen, sie nur noch tiefer machen mußte, denn er ging gewandt zu gleichgültigeren Dingen über, von denen er sogar scherzend und lachend zu sprechen vermocht«, alles aber mit der deutlich bleibenden Absicht, sie zu zerstreuen und zu beruhigen. Er könnte es nicht ertragen, sagt« er ihr geradezu, daß sie um seinetwillen nur einen trüben Gedanken hege.
Ach, aber die Gedanken, die er verscheuchen wollte, sie kamen, als er sie verlassen hatte, als sie allein geblieben war mit ihren Grübeleien, doppelt zurück. Was sollte sie thun, daß niemand durch sie in seinen Rechten gekränkt wurde, daß sie frei blieb von dem Vorwurf, den ihr nicht die Welt, wohl aber da» eigene Herz über die Beeinträchtigung, welche Eduard erlitt, zu machen drohte? — Durch ihn selbst war sie gemahnt worden an das Wort, welches sie ihm «inst — wenn auch halb im Scherz, und ohne seine Tragweite damals zu ahnen, — verpfändet hatten daß seine Ansprüche nie durch sie geschädigt werden sollten!
(Fortsetzung folgt.)