vom hiesigen Schwurgerichtshof zum Tode verurteilten 19 Jahre alten Bäckerburschen Diemer wurde ver­worfen. Die Hinrichtung wird hier am kommenden Samstag oder Montag erfolgen.

Eßlingen, 31. März. Ein Zeichen dafür, daß die Frühlingssonne es mit ihrer Aufgabe, die schlummernden Kräfte im Pflanzenleben zu wecken, ernst nimmt, ist die Thatsache, daß ein Apfel­baum des Weingärtners I. Rausch im Oberthal schon schön entwickelte Blüten zeigt. Ihr schönes Weiß muß zu dieser Jahreszeit Aug' und Herz erfreuen.

Nürtingen, 2. April. Gestern nachmittag brach im Stadtwald Kirchert ein Brand aus. Ein­wohnern von Nürtingen und Frickenhausen gelang es, das Feuer zu löschen. Entstehungsursache unbekannt.

Am 3. April Morgens 4 Uhr ist der Güterzug 617 bei der Einfahrt in den Bahnhof Göppingen auf den daselbst stehenden Güterzug 687 aufgefahren. Der Zugführer des Zugs 617 erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Ein Wagen ist entgleist, 2 Wagen sind beschädigt. Der Betrieb ist nicht gestört. Der Unfall ist dadurch ver­anlaßt worden, daß der dienstthuende Stationsbeamte die Einfahrt für Zug 617 auf das Geleis II frei­gab, solange der Zug 687 noch auf demselben Ge­leis stand.

Rottweil, 30. März. Der schon seit dem Jahr 1869 im württembergischen Eisenbahndienst stehende, ca. 50jährige Lokomotivführer Kolb hier verletzte sich, als letzten Sonntag an seiner Maschine das Wasserstandsglas platzte, scheinbar ungefährlich an der Hand. Allein es kam Blutvergiftung hinzu, wohl mangels genügender Vorsicht, und nach drei­tägigem qualvollem Leiden trat am Mittwoch der Tod ein.

Ulm, 2. April. Die Voruntersuchung gegen die 8 hier inhaftierten Seifenschwindler Wissing,

Schön u. Cie., wird noch im Lauf dieser Woche zu Ende geführt werden und gelangen dann die Akten an die Staatsanwaltschaft. Inzwischen ist einer der Schwindler, der Reisende Bernhardt, in Amberg und Würzburg zu insgesamt 8 Monaten Gefängnis ver­urteilt worden und sieht nun hier einer weiteren Zulage entgegen.

Münsingen, 2. April. Der noch ziemlich rüstige 87jähr. Stricker Götz feierte heute mit seiner 79jähr. Gattin das Fest der diamantenen Hoch­zeit; ihre Tochter beging zugleich ihre silberne Feier und der Enkel führte seine junge Braut zum Traualtar.

Pforzheim, 3. April. Falsche Zwei­markstücke tauchen wieder im Verkehr auf. Sie tragen das Bildnis des verstorbenen Königs von Württemberg und die Jahreszahl 1877, bestehen aus englischem Zinn, sind in einer Metallform gegossen und zeigen am Rand die Stelle, wo sich der Guß­kopf befunden hat. Von den echten Geldstücken gleicher Art unterscheiden sie sich dadurch, daß sie fast um drei Gramm leichter sind, sich fettig anfühlen, bieg­sam sind und beim Biegen knistern.

über dasselbe zu verfügen, avtastet; noch weniger freilich," setzte sie mit fast strengem Ernst hinzu, »daß man selbst seine Netze nach Geld und Gut auswirst!"

.Ei ja, Eoeline, Du hast gut reden!" entgegnete Eduard halb lachend, halb ärgerlich. .Erstens kannst Du als Frau nicht so übersehen, welche Bedeutung der schnöde Mammon einmal hat, daß er nemlich die Grundbedingung unserer Existenz ist, und zum zweiten geht Dich die ganz« Sache wenig an, da du dem Onkel als Tochter seiner Halbschwester erst in zweiter Linie verwandt bist."

.An den Verwandtschaftsgrad habe ich wahrlich nicht gedacht," versetzte sie noch immer grollend; .so wenig er mich je zu Berechnungen wie di« Deinen ver­anlaßt hat, so wenig mehrt oder mindert er meine Pietät gegen den Onkel."

Eduard fühlte jetzt selbst die Blöße, welche er sich gegeben hatte, und sagte einlenkend:Ja, ja, cS ist offenbar ein Zug von Sympathie zwischen Euch beiden? Weißt Du, Eveline, daß er gerade Dich so viel ihm nun eben möglich ist in sein Herz geschloffen hat?"

Aber er kennt mich ja gar nicht!" sagte sie, und es war augenscheinlich, daß sie wenig auf seine Worte gab.

Du hast aber doch sein Interesse, welches sich an das einzige Mal, wo er Dich gesehen hat, knüpft, behalten. Ich will Dir den Vorfall, der Dir seine Gunst verschaffte, erzählen, denn Du selbst wirst ihn längst vergessen haben, gleichwie ich erst durch den Onkel wieder an ihn erinnert wurde. Wir spielten eines Tages mit den Bauer'fchen Kindern auf der Wies», und der Onkel sah u»s von weitem zu, als plötzlich rin wild gewordener Ochse auf uns zustürzte, und wir unter lautem Schreien Fersengeld gaben. Da» kleine Hannchen stürzte auf der Flucht; wir großen Knaben ließen sie allerdings unritterlich genug im Stich, um uns selbst in Sicherheit zu bringen, dafür faßtest Du plötzlich Mut, kehrtest um und liefest dem Ochsen, der da» Kind fast schon erreicht hatte und ihm vielleicht übel mitgespielt haben würde, mit ausgrbreiteten Armen entgegen. Zum Glück stntzte da» Tier

Berlin, 1. April. Berliner Turner sind, von einem schweren Unglücksfall betroffen worden., den am Ostersonntag Abend in Schönefeld, 20 Mi» nuten von dem die Endstation der Militäreisenbahn bildenden Kummersdorf entfernt, die Unvorsichtigkeit eines Artilleristen herbeigeführt hat. Die Magd. Ztg. berichtet darüber: Von einem seit Freitag auf dem Marsche befindlichen Turnverein, der in Schönefeld Rast gemacht hatte, war ein Trupp von 5 jungen Leuten auf den Kummersdorfer Schießplatz gegangen. Hier hatten sie einen Granatentzünder gefunden, den sie aufhoben und Mitnahmen. Gegen 6 Uhr Abends stießen sie auf einen Artilleristen, den sie baten, ihnen zu zeigen, welchen Zweck der Zünder zu erfüllen habe. Sie stellten sich im Halbkreise um den Soldaten auf und dieser erklärte ihnen den Geschoßteil. Hierbei: nahrck der Artillerist zur genaueren Auseinandersetzung eine Nadel zur Hand. Als er aber den Turnern den Zweck der Zündplatte verständlich machen wollte, kam er dieser mit der Nadelspitze zu nahe und in demselben Augenblicke explodierte die Zündkapsel. Dem Artilleristen wurde die linke Hand fast ganz und von der rechten Hand 4 Finger abgerissen und auch im Gesicht wurde er schwer verletzt. Die Turner erlitten nur mehr oder minder heftige Brandwunden an Gesicht und Händen. Bei dem einen soll für das Augenlicht zu fürchten sein. Die Verunglückten wurden schleunigst nach der Kaserne zu Kummersdorf gebracht, wo ihnen die erste ärztliche Hilfe zu Teil wurde.

Berlin, 2. April. DieNordd. Allg. Ztg." meldet: Der Kaiser sanvte an den Fürsten Bis­marck am 1. April folgendes Telegramm:Eurer Durchlaucht spreche ich meinen herzlichen Glückwunsch aus. Flügeladjutant Graf Moltke ist beauftragt.. Ihnen in meinem Namen einen Küraß zu überreichen. Der feste Stahl, der dazu bestimmt ist, sich um ihre Brust zu legen, mag als Symbol des deutschen. Dankes gelten, der sich in fester Treue um Sie schließt und dem auch ich beredten Ausdruck meiner­seits verleihen möchte. Wilhelm." Fürst Bismarck antwortete telegraphisch:Eurer Majestät sage ich ehrfurchtsvollsten Dank für den gnädigen Glückwunsch und für die huldreichen Worte, in denen Eurer Majestät Gnade für mich ihren Ausdruck findet. Den neuen Waffenschmuck werde ich als Symbol dieser Gnade anlegen und meinen Kindern als dauerndes Andenken vererben. Bismarck."

Berlin, 3. April. Wie die Nordd. Allg^ Ztg. erfährt, bestätigt sich die von auswärts hierher gelangte Nachricht, daß der Kaiser von Rußland an­läßlich des Abschlusses des russischen Handels-Vertrags dem Reichskanzler Grafen Caprivi die Brillanten zum Andreasordell, dem Staatssekretär Marschall den Alexander Newsky-Orden und dem preußischen Ge­sandten in Hamburg den Frecheren v. Thielmann den weißen Adlerorden verliehen hat.

Kopenhagen, 3. April. Der König von Dänemark ist bemüht, eine Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Kaiser von

vor dem unerworteten Anblick und bog seitwärts um; so lief denn die ganze Geschichte friedlich ab, und Du brauchtest Deinen Heldenmut nicht teuer zu büßen."

Dernburg strich leise, aber ohne ein Wort zu sagen, mit der Hand über Evelines Scheitel, das junge Mädchen rief dagegen in beinahe wegwerfendem Tont Und diese Kinderei hat sich dem Onkel eingeprägt?"

Wie ich schon sagte, Eveline!" entgegnete Eduard.Er warf mir nach so langen Jahren noch meine einstige Feigheit vor, und es ward mir klar, daß ich da­mals durch Dich gänzlich bei ihm auSgestochen worden bin, mithin vollen Grund zur Eifersucht auf Dich habe."

Nun so gebe ich Dir wenigstens mein Wort," sagte sie, immer noch etwa», gereizt,daß Dir seine Vorliebe für mich nie einen Eintrag thun soll!"

Sie blieb an diesem Abend etwes verstimmt gegen den Vetter und machte ihrer Empfindung, al» sie später mit ihrem Vater und Dernburg allein war, noch einmal Lust, indem sie sich ziemlich entrüstet über den Eigennutz, den er verraten habe, äußerte. Der Oberst dagegen suchte seinen Neffen zu verteidigen und sagte kurzweg:Du verstehst einmal nicht, Welt und Menschen richtig aufzufassen, Evy! Wie wir uns auch drehen und wenden, die Macht, die uns regiert, bleibt das Geld, und ich kann es Eduard daher nicht verdenken, daß er festzuhalten sucht, was ihm von Gottes und Rechts wegen gebührt."

Selbst Dernburg, an den sie sich wandte, stimmte nicht ganz ihrem schroffen Tadel zu, sondern sagte mildernd:Es liegt Wahrheit, Eveline, in dem, was Eduard sagte und der Vater bestätigte Glück und Geld bedeuten für die meisten Menschen dasselbe. Wenn das aber ein Vorwurf ist, so trifft er weniger den einzelnen, als die Welt, wie sie nun einmal ist."

Eveline schüttelte da» Haupt wie vor einer ihr völlig fremden Anschauung. (Fortfetzung folgt.)

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G Pforzheim, 3. April. Der gestrige Monats-Viehmarkt war mit 100 Pferden, 5 Fohlen, 32 Ochsen, 218 Kühen, 21 Kalbinen, 68 Stück Jungvieh, 25 Kälber und 2 Ziegen befahren. Von Käufern war der Markt schwach besucht, der Handel war etwas flau. Die Preise für sämtliche Viehgattungen zeigten einen leichten Rückschlag, was wohl der gegenwärtigen Trockenheit zuzuschreiben ist.

Friedrichsruh, 31. März. Der Fackelzug des Hamburger Reichstagswahl-Vereins nahm einen großartigen Verlauf. Sechs Extrazüge brachten etwa 5000 Personen, darunter 3400 Teilnehmer an dem Zuge, der nahezu 2500 Fackeln aufwies; auch viele Damen befanden sich im Zuge, sowie sechs Musikchöre. Woermann hielt eine Ansprache, in der ek sagte, Bismarcks Name werde allezeit, trotz Parteihader und Partikularismus alles einigen, was die Größe der deutschen Nation erstrebe. Fürst Bismarck erwiderte u. A.:Ich habe den Eindruck, daß, seit ich nicht mehr im Amte bin, das Wohlwollen, dessen Kund­gebung mich heute so sehr erfreut, eher im Wachsen als im Abnehmen begriffen ist. Es macht mir natürlich die herzlichste Freude und wirkt erhebend auf mich, wenn ich mir sage, daß die amtliche Stelle in Bezug auf das Wohlwollen, welches für mich gehegt wird, ganz ohne Einfluß blieb, sondern daß es eine rein persönliche Kundgebung der landsmannschaftlichen Liebe ist, die ich durch Vermittlung ihrer Organe entgegen­nehme. Es ist in unserer politischen Welt nicht oft vorgekommen, daß man von einem Minister, der vier Jahre von der amtlichen Bildfläche verschwunden war, und der nur noch Privatmann ist, überhaupt noch den Geburtstag gewußt hat, nech viel weniger, daß man ihm Kundgebungen des Wohlwollens darbringt. Daß mir diese Auszeichnung im Leben widerfährt, ist zum Teil eine Folge der historischen Entwicklungen, bei denen ich mitgewirkt habe, nicht sie zu schaffen, sondern zu leiten. Die Masse zur deutschen Einigkeit war flüssig und gußbereit. Ich habe gethan, was ich konnte, ohne Menschenfurcht und ohne Selbstsucht, daß der Guß rasch, sicher und glücklich vollzogen wurde. Die Erinnerung hieran allein reicht jedoch nicht hin, um mir das Wohlwollen meiner Landsleute so zu sichern, daß ich Sie hier an meinem Geburtstage begrüßen kann. Es gehört dazu noch ein Element, das besonders bei uns Deutschen speziell ausgeprägt ist, es ist das Gefühl der Gegenseitigkeit, und wenn ich nicht meinerseits beseelt, getragen und geführt worden wäre durch die Liebe zum Vaterland und zu meinen Landsleuten, so glaube ich nicht, daß mir die Genugthuung widerfahren würde, so viele Gegenliebe zu finden, welche meine amtliche Thätigkeit überdauert. Ich erwidere diese Liebe als Nachbar und Ehrenbürger von Hamburg. Ich habe im vorigen Jahr die Cholerazeit mit Ihnen empfunden und auch das frühere Leid vor mehr als 50 Jahren, sowie die Leiden aller Deutschen als eigenes stets empfunden. Meine Mitbürger haben erkannt, ich lebe und empfinde mit ihnen. Es gereicht mir zur besonderen Freude, daß man in Hamburg meiner in dieser Weise gedacht hat."