Tatbestände übereinstimmend gefunden werden. Genaue Ausstellung namentlich der ärztlichen Krankenberichte, ist daher im eigenen Interesse der Kranken dringend notwendig.
Von den Gemeindebehörden wird mit aller Bestimmtheit erwartet, daß sie Leuten, welche nicht zu den unbemittelten gehören, oder solchen, von welche» eine Belästigung der Kurgäste zu befürchten wäre, keine Zeugnisse ausstellen.
Die K. Oberämter werden ersucht, gegenwärtige Bekanntmachung mit dem Anfügen in die Bezirksblätter einrücken zu lassen, daß Gesuche, welche nach dem 10. März einkommen, auch wenn sie die oben bezeichnet«» Notizen enthalten, nur ausnahmsweise «nd bloß in besonders -ringenden Fällen berücksichtigt werden.
Gesuche, welche den vorstehenden Anordnungen nicht entsprechen, insbesondere solche, welche ungenügende ärztliche Zeugnisse enthalten, müßten als portopflichtige Dienstsache zur Ergänzung zurückgegeben werden.
Wildbad, den 23. Januar 1894.
K. Aadverwaltung.
Deutsches Reich.
Berlin, 1. Februar. Von gut unterrichteter Seite wird gemeldet, daß der Kaiser spätestens am 20. Febr. in Friedrichsruh zum Besuch Bismarcks eintreffen wird. Die ganze fürstliche Familie wird zu dieser Zeit in Friedrichs ruh verweilen und den Kaiser am Bahnhofe empfangen. Mit Rücksicht auf die beschränkten Räumlichkeiten des Friedrichs- ruher Schlosses gedenkt der Kaiser nur mit kleinem Gefolge dort einzutreffen.
— Ueber den Empfang der Deputation des 7. Kürassier-Regiments beim Fürsten Bismarck berichtet die „Halberstädter Ztg.": „Nach dem Frühstück erfolgte die Ueberreichung der Kabinettsordre, durch die Fürst Bismarck zum Chef der Seydlitz- Kürassiere ernannt wird; darauf Vorstellung der Deputation des Regiments durch den Kommandeur Oberstlieutenant Grafen v. Klinckowström. Der Fürst erwähnte, daß er den Wunsch habe, später, wenn er ganz hergestellt, das Regiment in Halberstadt zu besuchen. Vor einem halben Jahre sei er zuletzt geritten; dann sei die langwierige Krankheit gekommen. Er hoffe aber, daß er später, wenn er nach Halberstadt komme, als Kavallerist zu Pferde steigen könne. Dann hielt Kommandeur Graf v. Klinckowström eine Ansprache, die vom Fürsten mit sichtlicher Freude rntgegengenommen wurde. Hierauf folgte die Vorstellung der einzelnen Herren, mit deren jedem der Fürst sich unterhielt; ebenso wurden auch die kommandierten Unteroffiziere vom Regiment vom Fürsten angesprochen." — Nach der „Allg. Ztg." sagte Fürst Bismarck in seiner Ansprache, daß, wenngleich sein Alter und seine Gesundheit ihm Schonung auferlegen, er dennoch die Hoffnung nicht aufgebe, dem Kaiser bei Gelegenheit an der Spitze des Regiments die Honneurs zu erweisen.
Berlin. Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich wegen Abgrenzung der Kamerunkolonie machen wenig Fortschritte, weil die Franzosen
garter Straßenbummler" von Kreymann, das Quartett „Tantchen Anastasia" von Henke, und die „Löwenjagd". Zum Schluffe trugen „3 Sybillen" Schnada- hüpferln vor, welche durch ihre witzigen Anspielungen auf Tagesereignisse stürmische Heiterkeit erregten. Zwischen den einzelnen Nummern waren Tänze eingeschoben ; dem Tanzvergnügen wurde namentlich von der jungen Welt eifrig gehuldigt. Es herrschte den ganzen Abend hindurch ein buntbewegtes, heiteres, äußerst gemütliches Treiben. Erst nach Mitternacht war das Programm zu Ende gespielt; wir sind aber überzeugt, daß jedermann von den Aufführungen hochbefriedigt war.
Freuden ft adt, 1. Febr. Ein seit kurzem hier angestellter verheirateter Eisenbahn schaffner wurde verhaftet, weil er an einen Handelsmann eine bereits benützte Fahrkarte zur Rückreise nach Stuttgart veräußerte, was vom Fahrpersonal jedoch entdeckt wurde. — Seit gestern haben wir teilweise mit Regen verbundenen Schneefall. Der allgemeine Wunsch ist, daß solcher anhält, um eine Schlittenbahn zu erhalten, da Fuhrwerke wegen des stellenweise vorhandenen Glatteises nur sehr schwer verkehren können.
Welzheim, 2. Febr. In vergangener Nacht brach in dem von Weber Gottfried Joos und zwei weiteren Familien »bewohnten Hause Feuer aus, welches ungeheuer rasch um sich griff und binnen weniger Stunden das ganze Haus vollständig einäscherte. Die Abgebrannten konnten bei dem raschen Verlauf des Brandes nur wenig in Sicherheit bringen; dagegen gelang es der Feuerwehr, die sehr gefährdeten Nachbargebäude zu retten. Feuerverwahrlosung durch vorschriftswidrige Aufbewahrung von Asche soll die Ursache der Entstehung sein.
Crailsheim, 31. Jan. Der Stadtfeiertag, das sogenannte Haraffenfest, Erinnerungsfeier an die vor über 500 Jahren stattgefundene Belagerung Crailsheims durch drei benachbarte Reichsstädte, wurde heute wieder in herkömmlicher Weise gefeiert mit Zapfenstreich, Tagwache, Fcstzug in die SU Johanniskirche und Festgottrsdienst; nach Schluß desselben Verteilung des Nationalgebäcks „Haraffen" an die Schuljugend.
Ulm, 3. Febr. In Göttingen bei Langenau ist vergangene Nacht Haus und Scheuer des Klausenbauers abgebrannt. Viele Vorräte und eine große Anzahl von Schafen sind mitverbrannt.
Laupheim, 2. Februar. Diesen Morgen etwa gegen 5 Uhr fand der Postbote auf der Straße von Mietingen nach Sulmingen die ganz mit Blut überströmte Leiche eines 50jährigen Mannes, aus Sulmingen, neben welcher ein Messer und ein Stock lagen. Man glaubt, daß ein Raubmord vorliege, da der Ermordete all seines Geldes beraubt war. Dem Thäter ist man insofern auf der Spur, als der Ermordete des Abends vorher in Mietingen mit einem junge» Menschen im Wirtshaus Streit Hatto und an den Kleidern des letzteren sich Blutspuren vorfinden.
Weingarten, 31. Jan. Gestern abend nach
stets neue Forderungen stellen. Besonderes Gewicht scheint man in Paris auf die Verträge zu legen, welche Maistre zwischen Schari und Benue abge- schloffen hat.
Berlin, 2. Febr. Die Verhandlungen über die Feststellung des Textes zu den einzelnen Tarifpositionen des deutsch-russischen Handelsvertrags sind in der letzten Zeit so gefördert worden, daß der Abschluß unmittelbar bevorsteht. Sobald der Vertrag unterschrieben ist, geht er unverzüglich dem Bundesrat zu und wird gleichzeitig amtlich im Reichsanzeiger veröffentlicht werden, was voraussichtlich schon in der nächsten Woche erfolgt. Der Bundesrat wird den Vertrag schnellstens erledigen und dann baldigst dem Reichstage zugehen lassen.
Berlin, 2. Februar. Nach der „Vossischen Ztg." wird die Trauung des Großherzogs von Hessen mit der Prinzessin Viktoria von Sachsen-Koburg in der dritten Woche des April in Gegenwart des deutschen Kaisers und der Königin von England und des Prinzen von Wales stattfinden.
Berlin, 3. Febr. Von besonderer Seite wurde dem „Herold" eine interessante Aeußerung des Kaisers, welche derselbe beim Hofball in seiner Unterhaltung mit hohen Reichsbeamten über engl, und amerikan. Verhältnisse zethan, mitgeteilt. Hiebei sprach der Kaiser den lebhaften Wunsch aus, Amerika aus eigener Anschauung kennen zu lernen, er sei der Ansicht, daß die Nationen germanischer Raffe auf der Erde Zusammenhalten müssen.
Berlin, 3. Febr. Die „Hamburger Nachrichten" veröffentlichen einen Artikel, in welchem konstatiert wird, daß Dr. Schweninger und Dr. Chry- sander mit einem Artikel der „Münchener Allgem. Zeitung" in welchem von einer kühlen Aufnahme derselben in Berlin die Rede war, nichts zu thun haben und daß sie den Ursprung dieser Nachricht nicht kennen.
^ Tagesnenigkeiten.
* Calw, 5. Febr. Bei überaus zahlreicher Beteiligung fand die alljährlich vom Liederkranz seinen Mitgliedern veranstaltete Faßnachtsauffüh- rung im „Badischen Hof" statt. Eine Reihe humoristischer Stücke kam am Samstag abend zur Aufführung, welche die lachlustigen Zuschauer in die heiterste Stimmung versetzen mußten und in der Thal auch von dem größten Beifall begleitet waren. Jeder Mitwirkende bot sein Bestes, und ist namentlich die Opferwilligkeit der Sänger bei den vielen, in letzter Zeit an dieselben herangetretenen Verpflichtungen dankend anzuerkennen. Mit dem Chor „Kladderadatsch", einer durch wirksame Musik und ansprechenden Text sich auszeichnenden Komposition, wurde das Programm eröffnet. Unter den vielen Stücken, die nun folgten, heben wir besonders hervor „Die Einquartierung im Mädchenpensionat" von Junghänel, „Das Zwillingspaar" von Eyle, „Kriegsgefangen" von Krön, „Die Bürgschaft" von Heinze und die Couplets „Die Sonntagsruhe" von Kling und „Eine Sitzengebliebene" von Neumann. Sehr gelungen waren auch „Die Stutt
sollten, und die Schriftstücke aus denen sie anzufertigrn waren, hätten um ihre» sekreten Charakter» willen die Archive des Ministeriums eigentlich niemals verlassen dürfen. Aber die Arbeit war eine überaus dringende , und der Oberst von Retzow, sein Abteilungschef, hatte Günther gebeten, das schier Unmögliche mit Aufbietung aller Kräfte dennoch möglich zu machen. Eine solch» Aufforderung aber war kaum ander» zu verstehen, denn als eine Ermächtigung, um de« höheren Zweckes willen die strengen dienstlichen Vorschriften zu übertreten, und Günther hatte, wie in früheren Fällen, auch diesmal nicht gezögert, danach zu handeln.
Glaubte er doch auch jene wichtigen Geheimnisse in seinen Händen ebenso sicher al» in den frurr- und diebesfesten Aktenschränken des Kriegsministerimn». Er war ja gewöhnt solche Schätze mit der pewlichfien Sorgfalt zu hüten, so lange sie sich in seinem Gewahrsam befanden, und er würde gewiß unbedenklich sein Leben eingesetzt haben, wenn rS gegolten hätte, sie gegen einen verbrecherischen Angriff zu verteidigen. Nur eine so hochgradige körperliche und seelische Ermüdung, wie sie da« stundenlange fruchtlose Suchen nach der Verschwundenen im Gefolge gehabt, konnte ihn heute zu ersten Mal vergessen lassen, welche Pflichten ihm durch seine Verantwortlichkeit für jene wichtigen Dokumente auferlegt waren. E» fiel ihm nicht ein, daß er vorhin gegen alle Gewohnheit unterlassen habe, die Aktenmappe zu verschließen, und er trat darum auch nicht in da» Wohnzimmer ein. um die versäumte Vorsicht noch jetzt nachzuholen.
Nur halb entkleidet warf er sich auf sein Bett und starrt« mit brennenden Augen schlummerlos in die Dunkelheit, während sich vor seinem Geiste die schrecklichsten Vorstellungen von Erna» Schicksal jagten und während e» in seinem Herzen noch tausendmal schmerzlicher zuckte und wühlte «l» an dem Tage, da er sie zum «rsten Mal verloren.
Die vierte Morgenstunde war bereit» vorüber, als er seinen Vater heimkommen hörte. Wie leise auch Gottfried Harmening den Schlüssel in das Schloß schieben, mit wie ängstlicher Behutsamkeit er auch auftreten mochte, diesmal war seine Vorsicht doch umsonst, denn in der lautlosen nächtigen Stille vermochte Günthers scharfe» Ohr jede seiner Bewegungen zu verfolgen. Er vernahm, daß der alte Mann erst in da» Wohnzimmer ging, um sich dann ein paar Minuten später über den Korridor in sein Schlafzimmer zu schleichen. Nach einer Weile hörte er durch die dünne Wand seinen krampfartigen, kraftlosen Husten und sein schmerzliches Aechzen; aber als er dann mit lauter Stimme fragte:
„Ist Dir nicht wohl. Vater? - Willst Du, daß ich zu Dir hinüber komme?"' — wurde es mit einem Mal totenstill.
Der Zwischenfall hatte wenigstens für eine kurze Zeit seine Gedanken vorr dem einzigen Gegenstand abgelenkt, der ihn bi» dahin beschäftigt hatte. Nun fielen ihm auch seine Aktenstücke ein und die Nachlässigkeit, deren er sich zum ersten Mal. in seinem Leben schuldig gemacht. Ohne Besinnen sprang er auf und eilte nach vorn. ES war fast noch ganz dunkel in der Wohnstube; aber er wußte sich m Folge langer Gewöhnung auch im Finstern zurecht zu finden, und eine schwere Last siel ihm von der Seele, als seine tastenden Finger ihn überzeugt hatten, daß die Mappe mit ihrem kostbaren Inhalt noch an der alten Stelle lag. Er nahm sie mit sich und barg sie für den kurzen Rest der Nacht unter dem Kopskiffen seines Bettes. Dann streckte er sich abermals nieder, und diesmal senkte sich wirklich ein tiefer», traumloser Schlummer erquickend auf seine heißen Lider. Spät erst erwachte er, um mit Bestürzung wahrzunehmen, daß er den Beginn der Bureaustunden schon versäumt habe und beinahe atemlos langte er kurze Zeit darauf im Ministerium an.
(Fartsetzung folgt.)