wozu Heuer der reiche Ertrag besonders lebhafte An­regung gibt, ist heute nachmittag ein 15jähriger Mann zum Opfer gefallen. Er vergnügte sich in den Heg­wiesen mit mehreren Kameraden mit Böllerschießen und wollte einen anfänglich versagenden Böller Nach­sehen, als sich derselbe plötzlich entlud, wobei dem Unvorsichtigen die ganze Ladung in die Seite ging, so daß ernstliche Befürchtungen bestehen, ob der Schwer­verletzte mit dem Leben davonkommen wird.

G Dürrmenz-Mühlacker, 17. Oktober. Vergangenen Samstag wurde die neue eiserne Enz- brücke die nun fertig gestellt einer Belastungsprobe auf 1000 Zentner unterzogen. Die Kosten der Brücke einschließlich des Aufwands für die Notbrücke belaufen sich auf 44000

Mögglingen, 16. Okt. Gestern nacht wurde die hiesige Bahnhofkasse mit ca. 1500 ^ In­halt gestohlen. Die Diebe, Handwerksburschen, wovon einer bereits festgenommen wurde, haben von einem Fenster das Gitter weggerissen, die Scheiben eingedrückt, und sind dann eingestiegen. Den Stein, an dem die Kasse befestigt war, haben die Einbrecher mit einem Meisel gesprengt, an der Eingangsthüre die Schrauben abgerissen und die Kaffe auf einem Wägelchen weggeführt.

Pforzheim, 16. Okt. Verhaftet wurde der 24 Jahre alte Schriftsetzer L. G. wegen Betrugs. Derselbe betrieb seit Anfang dieses Jahres in hies. Stadt einen Handel mit Fahrrädern und hat 3 aus­wärtigen Firmen vorgeschwindelt er besitze am hies. Platz eine Druckerei und wäre vermögend, worauf ihm dieselben Fahrräder im Betrage bis zu mehreren Tausend Mark auf Credit verabfolgten, die er dann zu Schleuderpreisen verkaufte und den Erlös in leicht­sinniger Weise für sich verbrauchte. Da G. am hies. Platze weder eine Druckerei noch Vermögen besitzt und sonst in keinerlei Weise zum Bezahlen angehalten werden kann, so werden die Firmen das Nachsehen haben.

8> Pforzheim, 17, Okt. Gestern Abend

9 Uhr, als auf dem Marktplatze wegen fortgesetzter Ruhestörung durch die Schutzmannschaft der Taglöhner Ludwig Rühle von Oberderdingen, der Ziegler Joh. Reinhardt von Schinzach und August Katz von hier verhaftet werden sollten, widersetzten sich die 3 Tumultanten der Schutzmannschaft und schlugen auf die letztre ein. Mit Hilfe des angesammelten Pub­likums, das für die Schutzleute Partei ergriff, gelang es die Cravallmacher hinter schwedische Gardinen zu bringen. Rühle wurde schon bestraft weil er bei Wildbad 78 junge Bäume abschnitt und Reinhardt kam erst kürzlich aus dem Gefängnis. Heute früh

10 Uhr entsprang beim Zurückbringen vom Amts­gerichts-Verhör ins Gefängnis, der wegen Diebstahls verhaftet gewesene 17 Jahre alte Comptoirlehrling Burgschneider von hier. Auf der Lindenstraße fuhren ihm 2 Radfahrer nach, B. sprang aber den Staffelaufgang zur Schulbergstraße hinab und entkam. Gestern Abend versetzte der nun verhaftete Gold­

arbeiter H. Straub von Großgartach dem Maurer Merz von Mannheim auf der Zerennerstraße hier einen lebensgefährlichen Stich in den Kopf.

Leipzig, 12. Okt. An die hiesige Handels­kammer ist seitens der die hiesige Messe besuchenden jüdischen Borstenhändler das Gesuch gerichtet worden, dieselbe möge bei der Regierung um Auf­hebung des Verbots des Schächtens, das für Sachsen seit Anfang dieses Jahres eingeführt ist, einkommen. Andernfalls würden sie sich genötigt sehen, künftig Leipzigs Messen zu meiden und dafür ihren Geschäftsverkehr nach Berlin zu verlegen. Der Umsatz der betreffenden Händler beträgt etwa 2025 Millionen Mark. Seit dem Verbot des Schächtens helfen sich die streng rituellen Israeliten damit, daß sie aus dem nächstgelegenen preußischen Orte vor­schriftsmäßig geschächtetes Fleisch (wahrscheinlich auch billiger?) beziehen.

Berlin, 16. Okt. Der Kaiser und die Kaiserin treffen morgen abend 10'/« Uhr von Ebers­walde auf dem hiesigen Stettiner Bahnhof ein. Der Kaiser bleibt auf dem Bahnhof und fährt um 12'/« Uhr nach Bremen. Die Kaiserin begibt sich nach dem Lehrter Bahnhof, erwartet dort die Prinzessin Amalie von Schleswig-Holstein und fährt mit derselben um 11°/« Uhr nach Potsdam.

Berlin, 17. Okt. Dem gestern von Karls­bad zurückgekehrten Reichskanzler, Grafen Capri vi, ist die Kur vortrefflich bekommen. Er nahm seine Dienstgeschäfte wieder in vollem Umfange auf.

Berlin. Der Reichskanzler Graf Caprivi hat unterm 30. September ab Karlsbad bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag gestellt gegen den Herausgeber der ZeitschriftZukunft", Maximilian Harden, wegen Beleidigung bezüglich seiner Amts- thätigkeit, begangen durch einen ArtikelDas Caprivi- Denkmal" in Nr. 41 undDie Bilanz des neuen Kurses" in Nr. 45 des ersten Jahrganges. Das Verfahren ist bereits eingeleitet.

Der Reichstag soll, wie man hört, am 21. November eröffnet werden.

Neue Zweimarkstücke sind jetzt zur Ausgabe gelangt. Dieselben unterscheiden sich von den alten Zweimarkstücken dadurch, daß der flache Grund in Glanzprägung hergestellt ist. Dadurch soll den Falschmünzern, sowie Denen, die etwa beab­sichtigen, Falsifikate aus echtem Silber herzustellen, das bekanntlich bedeutend billiger ist, als der Nenn­wert unserer Münzen, das Handwerk erschwert werden.

Der Anarchist Landauer, Redakteur des Sozialist, wurde Samstag verhaftet. Die Verhaftung erfolgte auf dem Polizeibureau, wohin er citiert war. Seine Wohnung wurde von Beamten der politischen Polizei einer 3'Mündigen Haussuchung unterzogen; sämtliche Korrespondenzen, Zeitungen rc. wurden be­schlagnahmt. Die eigentlichen Gründe der Verhaf­tung und Haussuchung sind noch unbekannt.

Wien, 17. Sept. Nunmehr erst wird be­kannt, daß am 11. Oktober in Agram ein starkes Erdbeben stattfand, welches unter der dortigen Be­völkerung eine große Panik hervorrief. Um 5 Uhr? 25 Min. morgens erfolgte ein Erdstoß, der 5 Sekun­den dauerte, mit unterirdischem Getöse und Donner,, dem ein Schwanken der Häuser folgte, so daß die Bewohner voll Entsetzen und Schrecken halbnackt auf die Straße liefen. Im Innern der Häuser wurden zahlreiche Einrichtungsgegenstände zertrümmert, die Häuser zeigten große Sprünge in der Richtung des Erdstoßes. Viele Einwohner reisten in fluchtartiger Eile ab. Auch in Wien sind mehrere Agramer Fa­milien eingetroffen, welche die Angst verjagt hat. In 18 Ortschaften nahe bei Agram wurden gleichfalls Erdstöße verspürt. Alle Depeschen aus Agram wur­den unterdrückt.

Paris, 17.Okt. Marschall Macmahon ist heute vormittag 10 Uhr auf Schloß Laforet ge­storben.

Paris, 17. Okt. Die letzten Vorbereitungen zum Empfang der russischen Gäste sind voll­ständig beendet. Eine große Menschenmenge, darunter viele Provinziale und Fremde, durchwogt die Boule­vards. Es herrscht allgemeine Begeisterung. Paris verschwindet unter Fahnen (!!). Die Pariser bereiten eine enthusiastische Begrüßung vor.

vermischtes.

Was manchmal als Cigarre angeboten und verkauft wird, das stellte sich in einer Straf­kammersitzung in Colmar heraus. Der Tabakfabrikant Friedrich Zander aus Straßburg hatte verschiedenen Wirten Cigarren verkauft, die erEtrangers" nannte und von denen er 1500 Stück mit 45 ^ berechnete. Ein Wirt fand aber bald, daß er mit diesenEt­rangers" arg hereingefallen war. Unter 1500 Stück waren nur 300 gute, die übrigen taugten nichts und waren hergestellt, indem man pulverige Tabakreste, Magazinstaub, Papierschnitzel und sonstige Abfälle mit einem Umblatt von Papier versah und darüber ein ansehnliches Deckblatt von Tabak machte. Kein Mensch vermochte diese Giftnudeln zu rauchen. Da der Herr Fabrikant die Schundware nicht zurücknahm, so machte der Wirt Anzeige, und die Angelegenheit endete damit, daß der Verfertiger wegen Betrugs zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt wurde.

Eine Erfindung. Die Herren Anton Wüest und Bernhard Fischer in Budapest haben sich einen im ungarischen Patent-Anzeiger genau beschriebenen selbstthätigen Flohfang-Apparat" patentieren lassen.

Höhere Gewalten. Ein berühmter Meteorologe hat auf Sonntagbrillantes Wetter" vorausgesagt und nimmt an diesem Tage an einem Gesellschaftsausflug Teil. Bald fängt es an, fürchter­lich zu regnen und es stellt sich heraus, daß Niemand

nach der Reihe, sogar Marie, als ich ihm sagte, daß er nur dieser das Leben seines Sohnes zu danken habe, der aber hatte sich in der frischen Luft bald wieder erholt. Die Verletzungen, die er davongetragen, erwiesen sich als ungefährlich. Er dankte uns und drückte innig Maries beide Hände. Das Mädchen sah ihn glückselig an, nickte ihm lächelnd zu und wandte sich dann errötend ab. Sie wollte sich ent­fernen, als sie des alten Bordmanns Blick mit seltsamem Ausdruck auf sich ge­richtet sah.

.Geh' nicht fort, Marie, brauchst Dich nicht zu schämen!" sagte der Bauer. Was Du dem Bernhard gethan hast, vrrgess' ich Dir nicht, Du gehörst jetzt zu uns!"

Es gelang inzwischen des Feuers Herr zu werden. Das Sallertsche Wohn­haus, die Hintergebäude und Lagerräume ReinbergS waren niedergebrannt, das schöne Wohnhaus dagegen fast ganz verschont geblieben.

Mit aller Gewalt, in höchster Auflegung wie unsinnig verlangte Frau Reinberg immer wieder, daß man sie an die Brandstätte lasse, sie habe dort etwas verloren, was sie suchen müsse, beteuerte sie stet- von neuem.

.Die Frau ist übe,geschnappt, der Schrecken hat ihr die Sinne benommen", sagte Frau Bell kopfschüttelnd.

Und es schien wirklich so. Als man endlich ihrem Verlangen nachgab, um­kreiste Frau Reinberg wie irr die von glimmendem Schutt bedeckte Stätte, sie hätte sich hinein gestürzt, wären nicht dir Umstehenden herzugesprungen, um sie abzuhalten, endlich brach sie ohnmächtig zusammen und mußte hinweggetragen werden.

.Wie ist das Feuer entstanden?" fragte ich.

.Wissen Sir's denn noch nicht, die Brandkäthe hat'S angelegt, eben ist sie geholt worden."

Geholt worden, wohin?" fragte ich tötlich erschrocken.

Ei nun, ins Gefängnis," antwortete einer aus der Menge,haben Sie denn nicht eben den Auflauf gesehen und gehört?"

Wohl hatte ich ein plötzliches Gemurmel, ein Rufen und Schreien vernommen,

doch war meine Aufmerksamkeit von den Vorgängen während des Brandes zu sehr in Anspruch genommen, als daß ich weiter darauf geachtet hätte.

Ja, sie Hat'S gethan. Der Jörg vom Buchenhof hat's gesehen, wie sie einen Feuerbrand in der Hand gehabt. Sie hat ihn schnell austreten wollen, aber es ist doch zu spät gewesen!"

Ich könnt' es nicht fassen und nicht glauben, Käthe eine Brandstifterin! Und doch, konnte es nicht eine That der Rache sein?

Wieder erhob sich lärmendes Geschrei zorniger Stimmen und ein Haufe von Weibern, Männern und Kindern drängte herzu, in ihrer Mitte Käthe. Des Mäd­chens Gesicht war weiß und kalt, die Augen leuchteten und glühten, doch sie bsi^M» stumm auf all die Anklagen und Verwünschungen, die gegen sie geschleudert Eine seltsame, starre Ruhe schien über sie gekommen zu sein; war's Verzweiflung? Hatte sie vielleicht in überquellendem Schmerze, einem wild leidenschaftlichen Zuge folgend, die That verübt und, da sie jetzt keinen Ausweg zur Rettung mehr sah, in stumpfer Ergebung ihr Los auf sich genommen. Ich eilte hinzu.

Käthe, um GotteS willen, reden Sie, sagen Sie doch nur ein einzig Wort,, haben Sie'S gethan?"

Sie schaute zu mir auf und eine heiße tiefe Angst lag in ihrem brennenden Blick ihrer großen, dunklen Augen. ES war, als ob sie erbebe in innerem Kampfe» sie schien sprechen zu wollen, ihre Lippen öffneten sich und ein erlösendes Worb wollte sich über dieselben drängen, doch sie zwang es zurück, preßte die Lippen zu­sammen und wandte sich schnell ab.

In diesem Augenblick trat auch Hermann herzu. Befremdet ruhten seine Blicke auf der lärmenden Gruppe.

Hier, Herr Reinberg, hier ist das Frauenzimmer, welches das Feuer bei Ihnen angelegt hat!" sagte der Polizeidiener Hörning mit wichtiger Amtsmiene, augenscheinlich nicht wenig stolz darauf, als Vertreter des Gesetzes die Thäterin schon, so bald gefaßt zu haben. (Fortsetzung folgt.)