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Häuser, Knabenhorte, Rettungsanstalten und ähnliche, welche. Handfertigkeitsunterricht betrieben haben. Uns deutschen weit voraus sind in dieser Beziehung einige andere europäische Staaten. In Rußland, Schweden- Norwegen, Dänemark, Belgien unterstützen die staat­lichen Behörden den Arbeitsunterricht bedeutend. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Durchbildung, welche der Arbeitsunterricht in Frankreich erlangt hat, seit­dem er 1882 in allen Volks- und Bürgerschulen ge­setzlich eingeführt worden ist. In etwa 20 000 Volks­schulen wird gegenwärtig methodischer Arbeitsunterricht betrieben. In Paris allein besuchen denselben 40 000 Schüler, und die Stadt wendet jährlich 486 000 Frs. dafür auf. Der Handfertigkeitsunterricht umfaßt ver­schiedene Arbeiten. In den deutschen Werkstätten wird meistens Kerbschnitzerei und Papparbeit betrieben; daneben haben einzelne Anstalten Hobelbankarbeit, Metallarbeit, Kleineisenarbeit, Zigarrenholzarbeit, Modellieren, Stäbchenarbeit, Laubsägen u. a. m. aus­genommen. Gar oft werden Stimmen laut:Diese Beschäftigung hat keinen Wert; man kann doch nicht Schüler zu Handwerkern machen!" Letzteres soll auch nicht geschehen; der Zweck ist ein ganz anderer. Es wird nicht handwerksmäßig gearbeitet, es wer­den auch nicht Artikel hergestellt, welche etwa dem Handwerk Eintrag thun würden. Der Handfertigkeits­unterricht hat vielmehr eine große erzieherische Bedeutung. Er will die Hand des Schülers ge­schickt machen. Wie unbeholfen und ungeschickt sind doch viele, wenn sie nur die einfachste Handarbeit ausführen sollen! Es wird ferner das Auge geübt; der Formensinn und das Wohlgefallen am Schönen und Harmonischen werden entwickelt; er gewöhnt an Sauberkeit, Sorgfalt und Pünktlichkeit; auch erregt es Freude, wenn der Schüler einmal selbständig etwas zu stände bringt. Wenn auch die freie Zeit etwas gekürzt wird, so ist es andererseits doch bester für manchen Knaben, wenn er an einem freien Nachmittag einige Stunden unter Aufsicht eines Lehrers arbeitet, als wenn er in schlechte Kameradschaft gerät und stundenlang in Feld und Wald umherstreicht. Thatsächlich besuchen die Knaben an allen Orten den Handfertigkeitsunterricht sehr gerne, und es wird gewiß auch hier die Zahl der Freunde desselben unter jung und alt wachsen.

Wie wir hören, besuchen den Handfertigkeits­unterricht in der hiesigen Werkstätte bisher 28 Schüler des Reallyceums, von denen 21 Kerbschnitzerei, 7 Papparbeit treiben; die wöchentliche Unterrichtszeit beträgt 2 Stunden (Mittwoch nachmittag von 13). Nun soll auch mit den Knaben der Volksschule be­gonnen werden, welche sich jedenfalls zahlreich ein­finden werden, da nur ein mäßiges Schulgeld erhoben wird. Mit Bezug des neuen Schulhauses wird in demselben auch dem Handfertigkeitsunterricht ein ge­eignetes Lokal zugewiesen werden, was seither noch fehlte, weshalb der Unterricht im Schullokal der Knabenoberklaste gegeben werden mußte.

Neuenbürg, 25. August. Gestern nacht

wütete in dem 1'/» Stunden von hier entfernten Salmbach eine Feuersbrunst. Das Luftkur­gästen und Ausflügler» rühmlich bekannte Gasthaus z. Löwen, das Schul- und Rathaus, 2 Doppelwohn­häuser, ein einfaches Wohnhaus und 4 Scheuem, sowie verschiedene Nebengebäude sind bis auf den Grund niedergebrannt. Der Löwenwirt Walz, einige Kurgäste und einige Lehrer der Umgegend hatten sich bis 9 Uhr in der am Hof liegenden Kegelbahn ver­gnügt und waren kaum in die Wirtschaft zurückgekehrt, als der Ruf Feuer! ertönte und binnen weniger Minuten das ganze langgestreckte Gebäude, das Schul­haus und zwei andere Gebäude in Flammen standen; da ein heftiger Windstoß wehte, gab es Flugfeuer, das bei den durch die Hitze ausgedörrten Schindel­dächern sofort zündete. Da alles mit der Rettung der Ferienkolonisten, die weinend durcheinander sprangen, beschäftigt war und das Feuer sich Mit rasender Geschwindigkeit verbreitete, so war es zu spät zur Rettung des Viehs und der Fahrnis. So verbrannten dem Löwenwirt 7 Stück Vieh, sowie die Habe sämtlicher Kurgäste. Es herrschte vollständiger Wassermangel und so war die Feuerwehr zur Un- thätigkeit verdammt. DemPfozh. Beob." wird über den Brandfall noch geschrieben: In dem Löwenwirts­haus waren die vom Pforzheimer städt. Hilfsoerein zur Erholung dorthin geschickten Kinder untergebracht. Dieselben waren gerettet bis auf eines. Ein Salm­bacher Bürger wollte dasselbe aufsuchen, mußte aber wegen des starken, beißenden Rauchs sich wieder zu­rückziehen. Da unternahm es der Goldarbeiter Jakob Schroth von Salmbach noch einmal, durchsuchte mit eigener Lebensgefahr die Bettstellen der Kinder, fand das noch fehlende in Decken ganz eingewickelte Kind vor und brachte es auch glücklich in Sicherheit, ohne selbst Schaden zu nehmen. So ist also bei dem Brand kein Menschenleben zu beklagen.

Herrenberg, 25. August. Heute wurde von den bürgerlichen Kollegien einstimmig beschlossen, eine Wasserleitung für die Stadt zu errichten, nachdem von sämtlichen eingeladenen Bürgern die erschienenen etwa 100 Bürger auf den eingehenden Vortrag des Stadtschultheißen Haußer sich ein­stimmig für das Projekt ausgesprochen. Dieser Be­schluß erregte große Freude in der Einwohnerschaft.

Stuttgart, 24. Aug. Wie in Hofkreisen verlautet, ist es mehr als wahrscheinlich, daß der Kaiser bei seinem hiesigen Aufenthalt auch dieses Mal von der Kaiserin begleitet sein wird. Höherer Anordnung zufolge werden in nächster Zeit wieder auf Stuttgarter Markung Untersuchungen auf das Vorhandensein der Reblaus in der Umgebung der früher ermittelten Reblausherde angestellt werden. Wie ergiebig dieses Jahr die Feldhühnerjagd ist, beweist die große Zahl von Feldhühnern, welche heute schon die Wildprethändler erhalten haben. Bei der ergiebigen Jagd dürfte der Preis sich dieses Jahr günstig gestalten.

Fellbach, 24. Aug. Seit vielen Jahren

Gespannt blickte auch Bordmann dem Zuge nach. Als jedoch derselbe an dem Reinbergschen Hause vorbei war. schüttelte ersterer bedenklich den Kops.

Nicht die Lena? Ei, wo will er denn hin? Aha, jetzt weiß «ch's! Der holt sich die Toni von der Thalmühle, das paßt! Der Schlauberger! Da nurd's wohl bald auch 'ne Hochzeit geben! Seiner Mutter sollt's schon recht sein. s'fft ja ems von den reichsten Mädchen weit und breit."

Er geht nicht zur Thalmühle! sagte der Alte, der vorhin zu uns her ange­treten war,seht, sie sind schon vorbei und nun geht's zum Dorf hinaus!

Was?" schrie Peter Bordmann, förmlich starr vor Verwund.ru g, - le er sah, wie der festliche Aug am Ende des Dorfes, statt den Weg nach der Tvalmühle rinzuschlagen, an dieser vorbeizog und dann sich einem kremen, am B.rg,subaang gelegenen Hause zuwandte.

Die Brandkäthe ist's. Er holt die Brandkäth'!"

Die Brandkäth' wird Schützenkönigin!" so hallten die lauten Rute d>s Staunens, des Zornes, des Unwillens und der Verachtung durch ein.<rd r aus den Reihen der Frauen, der Mädchen und der älteren Männer, während viele der jungren lachten und meinten, das sei mal ein lustiger Witz von dem Hermann.

S'ist ein übermütiger Streich," sagte auch der Weißkopf mrßbilliaend soll mich wundern, ob die Käth' es Ihut. Wenn sie's begreift, warum er sie dolr und daß es nur zum Spott und Übermut ist, thut sie's nimmer."

Zornig schüttelte Peter Bordmann den Kopf.Ein dummer Srr m's und ich kann's nicht gut heißen von dem Hermann! Wenn die B andkäth' uch '- e böse, verkehrte Dirn ist und mit dem ganzen Dorf im Streit liegt, u»t ->e aanze Sippschaft hier nicht geachtet ist das sollt' er ihr doch nicht anthun! M ikommen thut sie auch nicht, kratzt ihm vielleicht eher die Augen aus, und wenn d r Ko, rad gerade dabei ist, giebt's ein Unglück, der läßt seine Schwester nicht verspott. . S'fft aber auch ein Schimpf, den er dem ganzen Fest und den Schützen or-rrrrr wen» er die Brandkäth' zur Königin macht."

zeigen unsere Weinberge keinen so schönen Stand wie Heuer. Sämtliche Stöcke sind nicht nur äußerst gesund und die Blätter frisch und grün, sondern sie sind auch mit zahlreichen Früchten behängen. Daß dieselben bei einem so günstigen Frühjahr und einer so lange andauernden Wärme in ihrer Reife riesige Fortschritte machen, läßt sich denken. Die meisten Portugieser sind demnächst vollständig reif, so daß sie ohne Zweifel bald geherbstet werden müssen, aber auch die Sylvaner und Trollinger sind so weit voran­geschritten, daß mit Ende September allgemein mit dem Herbst begonnen werden kann. Leider hat die letzte tropische Hitze manchen Beer wieder gebraten. Der Qualität nach wird's Heuer etwas Vorzügliches geben, der Menge nach dürfen wir auf einen Herbst rechnen.

Untertürkheim, 25. Aug. Gestern war in der Nachbargemeinde Wangen Kirchweihe, mit der ein bedeutender Faßmarkt verbunden ist, der Heuer ganz besonders stark befahren war. Die Aussicht auf die Heuer so reichliche Obsternte wirkte so gün­stig auf den Verkauf, daß im Verlauf des Vormit­tags der ganze Vorrat abgesetzt war. Die Preise stellten sich für Fässer im Gehalt von 300 1 auf 2630 für 100200 I auf 1222 größere Fässer kamen pro dl auf 710 Die an den

Gasthäusern aufgehängten Niesentrauben wurden so­wohl wegen ihrer Größe als wegen des sehr voran­geschrittenen Reifegrads allgemein bewundert.

Vom Bezirk Marbach, 24. Aug. Be­günstigt durch die heiß-trockene Witterung ist bei uns die Oehmdernte beendet worden. Feuchtere und bessere Wiesen lieferten dem Karakter des Sommers gemäß einen immer noch befriedigenden Oehmdertrag, während ausgebrannte Grasflächen einen etwas ma­geren Schnitt aufwiesen. Durchschnittlich sind jedoch die Wiesenbesitzer mit dem Oehmdertrag zufrieden, zumal dieses Trockenfutter von ausgezeichneter Nähr­wertigkeit ist. Man hofft, im Spätherbste noch Nach­gras zu erhalten, vorausgesetzt, daß größere und durchdringendere Niederschläge den trockenen Boden befeuchten. Für die in Menge nachgesäten Futter­pflanzen wäre ein ausgiebiger Regen von unendlichem Werte; die in den letzten Tagen bei uns gefallenen Gewitterstrichregen haben bloß die Oberfläche des Bodens befeuchtet. Auch für die Trauben ist die Trockenheit allmählich etwas nachteilig. Manche Sorten, so z. B. Trollinger, welche zum Teil noch nicht einen gewissen Reifegrad erreicht haben, drohen gebraten zu werden. Immerhin sind aber die Hoff­nungen unserer Weingärtner bis jetzt ganz gute. Man trifft in den Weinbergen schon eine große Zahl reifer Trauben an.

Weinsberg, 24. Aug. Gestern wurde der 15 Jahre alte Sohn der Witwe Lang hier von einer Kuh beim Anbinden im Stalle mit den Hör­nern derart an die Schläfe gestoßen, daß derselbe heute mittag starb. Die Kuh wollte sich gegen Jn-

Der Zug war jetzt vor dem kleinen Hause angelangt; die Entfernung war zu groß, als daß unsere Augen die Vorgänge dort hätten verfolgen können. Und doch waren aller Blicke neugierig jener Richtung zugewandt.

So glatt muß es auch nicht abgehen da oben, denn sonst kämen sie doch schon zurück," meinte der Alte nach einer Pause.

Was für ein Mädchen ist's denn eigentlich, und warum so verachtet?" fragte ich gespannt.

Peter Bordmann brummte etwas vor sich hin von Landstreichern und her­gelaufenem Volk, dann sagte er laut:

,D>e Dwn' hat brandrote Haar' und weil sie so patzig ist und gar nicht wie die andern und sich mit denen nicht vertragen und nicht verstehen kann, auch ihnen alles zum Tort anthut, darum heißt sie die Brandkäth'. Sie ist nicht hier, weiß auch gut warum, denn wenn sie sich hier hält' blicken lassen, mit Schimpf und Schand' bätten die andern sie fortgetrieben."

Na, Böses kann man der Dirn' doch eigentlich nicht nachsagen und wenn sie den Dorfleuten nicht freundlich gesinnt ist die machen'S ihr auch nicht dar­nach," versetzte der alte Hall.

Noch eine geraume Zeit dauerte es, bis der Zug sich wieder in Bewegung zu setzen schien. Auf einmal ertönte von neuem die Musik, man sah die Fahnen flattern hoch in der Luft, Böllerschüsse krachten und die Schützen wandten sich zum Gehen.

Er hat sie! Sie kommt mit!" Gelächter und Rufe des Unwillens mischten sich darunter. Noch während der Zug nach der Sitte des Festes alle Straßen des Dorfes durchzog eilten einige junge Burschen, darunter auch Bernhard, voraus, um alles auf dem Platz zu ordnen. Sobald Peter Bordmann seines Sohnes ansichtig, wurde, schrie er mit gewaltiger Stimme:Bernhard!"

(Fortsetzung folgt.)