ergäbe das ein Zureichen des Kriegsschatzes für etwa 14 Tage. Allein diese Zahlen bezögen sich auf die Kriegsstärke der deutschen Armee im Jahre 1871, heute betrage dieselbe 3'/, Millionen Mann gegen 1,350,000 Mann im Jahre 1871. Dazu komme die seither erfolgte beträchtliche Vermehrung der Kriegs­flotte. Die Indienststellung der Schiffe werde sicher­lich bedeutende Kosten erfordern. Wenn man an­nehme, daß die gesamten Aufwendungen für die Mobil­machung auch nur proportionell wüchsen, so seien die 120 Millionen in wenigen Tagen erschöpft. Dem gegenüber könne es nur zwei Wege rationellen Ver­haltens geben. Entweder möge man den Schatz auf die volle Höhe seiner Ausnutzungsfähigkeit bringen oder ihn auflösen und seine Bestände der Reichskasse zuführen. Der elftere Weg sei bei der gegenwärtigen Finanzlage für absehbare Zukunft verschlossen, somit der andere geboten. In seiner jetzigen Höhe sei der Fonds irrationell. DasSozialpol. Zentralblatt" ist der Meinung, wenn man ihn ausschütten würde, so ließe sich die eine oder andere der geplanten Steuern vermeiden.

DieKorr, des Bundes der Landwirte" ver­öffentlicht das Verzeichnis der Mitglieder der Wirt­schaftlichen Vereinigung, soweit formelle Beitrittser­klärungen vorliegen. Es sind im ganzen 130 Reichs­tagsmitglieder. Von württ. Reichstagsabgeordneten befinden sich darunter Freiherr v. Gültlingen und Bantleon. Unter anderen gehören der Vereinigung der Reichstagspräsident v. Levetzow und Graf Bismarck an. Die Polen, welche fast ohne Ausnahme den Bestrebungen der Wirtschaftlichen Vereinigung sympathisch gegenüberstehen, haben ihren Beitritt von dem Beschluß abhängig gemacht, den die Fraktion fassen wird.

Taqes-Neuigkeiten.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.s Die Diplomprüfung für Maschinentechniker haben mit Erfolg bestanden: Beeri, Eugen von Hirsau, Veiel, Karl von Calw.

Von dem bischöflichen Ordinariat in Rotten­burg ist im Einverständnis mit der Regierung die katholische Stadtpfarrverweserei in Calw zu einer Stadtpfarrei erhoben worden.

Simmozheim, 19. August. Aus dem zu 550 Simri geschätzten Allmandobst wurde bei dem heutigen Verkaufe erlöst 553 ^ 20 -H.

Stuttgart. Wochenmarkt. Den besten Be­weis für die Heuer so bedeutend vorangeschrittene Vege­tation bietet ein Gang über den Lebensmittelmarkt; da findet man gegenwärtig Trauben in solcher Menge, wie dies sonst nur im September vorkam. Auch Zwetschgen giebt es schon seit einigen Tagen, wäh­rend diese Frucht sonst meist etwa drei Wochen später zu Markt gebracht wurde. Bei den Trauben sind die Pfälzer vorherrschend, pro Pfund 3045 -H, ein­heimische und Italiener treten ziemlich in den Hinter­grund. Von Neuheiten sind speziell Preiselbeeren zu erwähnen. Die Bohnen werden jetzt allmählich billiger, en xros kostet das Pfund 810 --Z. Nach allgemeiner

Wahrnehmung sind wohl noch in keinem Jahre so schöne Pfirsiche auf den Markt gebracht worden, wie dies Heuer der Fall ist. N. Tagbl.

Fellbach, 18. August, lieber den Ausfall der Getreideernte, die mit dem Einbringen des letzten Späthabers und Spätgerste nunmehr beendigt ist, kann folgendes Resultat berichtet werden: Qualität der Früchte gut, Quantität ziemlich gut. Es ergab ein Viertelmorgen Dinkel 40 bis 50 Garben, ein Viertelmorgen Gerste 5060 Garben. Nach dem bis jetzt vorgenommenen Drusch sind zu 1 Scheffel ^ 150 Pfund etwa 1012 Dinkelgarben nötig, so­mit Dinkelertrag ca. 6 Ztr. L 7 Geldertrag 42 hiezu noch ca. 25 ^ Stroh, also Gesamtdinkelertrag pro Viertelmorgen 67 Bei Gerste sind zu 1 Scheffel ^ 220 Pfund etwa 20 Garben nötig, so­mit Gersteertrag ca. s Ztr. L 9 Geldertrag 45 hiezu noch 20 Stroh, also Gesamtgersteertrag 65^; hievon geht ab Grundstückzins, Bauer- und Drescher­lohn, Dung u. s. w.

Eglosheim b. Ludwigsburg, 16. August. Gestern und heute erhielt unsere Gemeinde wie die Nachbarorte Einquartierung zur Vorbereitung auf die Kaisermanöver, was allenthalben schöne Abwechslung in unser Alltagsleben bringt. Genau vor 200 Jahren hatte das Melac'sche Mordbrennerheer hier in Eglos­heim ebenfalls sein Hauptquartier aufgeschlagen mit 1500 Mordbrennern zu Pferd und 2800 Mann zu Fuß. Die in unserem Orte befehligenden Generale, die kurz vorher den Vaihinger Bezirk und namentlich Riexingen verwüstet und niedergebrannt hatten, hießen Peysonnel und Ledorge. Von hier aus wurden im August 1693 viele Einfälle in Stuttgart gemacht. Am 15. August kamen zum Entsätze der Residenzstadt etliche 1000 Bauern und ausgediente Soldaten her­bei, die durch den Tiergarten und das Siechenthor eindrangen und auf die Soldaten feuerten. Für dieseAktion" hatte aber Stuttgart 14,000 Gulden Schadenersatz an die in Eglosheim lagernden Fran­zosen auszubezahlen.

Dürrmenz-Mühlacker, 18. Aug. Gestern wurde hier ein Lokomotivheizer während des Dienstes von einem Hitzschlag betroffen. Der Ohnmächtige fiel gegen die Feuerung und zog sich auch noch Brand­wunden zu. Er wurde sofort ins hiesige Bezirks­krankenhaus verbracht.

Maulbronn, 18. Aug. Vor etlichen Tagen fiel eine hiesige Frau in ihrem Weinberg ein 2 m hohes Mäuerchen herab und verletzte sich so schwer, daß sie noch auf dem Transport nach ihrer Wohnung den Geist aufgab.

Weil heim, 15. Aug. Als Seltenheit ver­dient gewiß öffentlich bekannt zu werden, daß gestern auf hies. Markung von einem Baum ein Apfel ge­wonnen wurde, der nicht weniger als 415 Gramm wiegt, was wohl bei uns in Weilheim noch nie da­gewesen ist. Der Apfel ist auf dem hiesigen Rats­zimmer zu sehen.

Rottweil, 17. Aug. Der Zeichner Lutz von Cannstatt, der vorigen Monat in Gemeinschaft mit dem Friseur Marx von hier während eines Spaziergangs un Gefängnishof das Weite suchte, ist gestern wieder hier eingeliefert worden. Marx ist noch nicht wieder eingefangen.

Waldsee, 18. Aug. Heute morgen 10 Uhr - wurde das 1'/- Jahre alte Kind des Käsers Schlegel in Aulendorf, ein kräftiges, hübsches Knäblein, wel­ches sich mit seinem älteren Brüderchen auf der Straße befand, von einem den Ort passierenden Bierwagen überfahren und war eine Stunde darauf eine Leiche. Der Schmerz der Eltern ist groß. Den Fuhrmann soll keine Schuld treffen.

Villingen, 17. Aug. Aus Eifersucht hat in der vergangenen Nacht der in Trossingen beschäf­tigte Mundharfenmacher Romuald Schwarz von Weig­heim auf seine Geliebte, die 25 Jahre alte Ursula Haug von Thuningen, OA. Tuttlingen, geschossen. Dieselbe ist im Dienst in der Breitenmühle hier, wo in der Kammer Schwarz sich versteckt gehalten hatte; zwischen halb 11 Uhr und 11 Uhr verließ Schwarz sein Versteck und beging di» That. Das weiter m der Kammer anwesende Dienstmädchen, welches den Thäter kennt, wukde ebenfalls mit Totschießen be­droht, wenn sie Lärm mache. Die Haug befindet sich zwar noch am Leben, es ist aber wenig Hoffnung für ihr Aufkommen vorhanden. Der Thäter ist flüchtig.

Nach der A. M. C. sollen bis jetzt im ganzen 81 Mann vom Jnfanterie-Leibregiment in München der Seuche, die unter demselben herrscht, zum Opfer gefallen sein; dagegen wird in offiziösen Darstellungen der Münchener Blätter daran festge­halten, daß im ganzen nur 38 Mann der Seuche er­legen und daß in den letzten Wochen überhaupt nur mehr ganz vereinzelte Todesfälle vorgekommen seien.

Kissingen, 17. August. Der Magistrat be­schloß, der Saalestraße, in welcher seinerzeit der Atten­täter Kullmann auf den Reichskanzler schoß, den. Namen Bismarck st raße beizulegen. Bürgermeister Fuchs ließ sich gestern beim Fürsten melden und überreichte ein die Straßenbenennung anzeigendes Schreiben. Fürst Bismarck war von der ihm zuge­dachten Ehrung hoch erfreut und gab gern seine Ein­willigung zur Neubenennung der Straße. Er äußerte, u. a.: diese Straße könne dem deutschen Volke sagen, daß er um dasselbe auch manches gelitten, denn das Kissinger Attentat sei ihm in unauslöschlicher Er­innerung.

Aachen, 15. Aug. Der weitaus größte Soldat des deutschen Heeres weilt gegen­wärtig, zu einer vierzehntägigen Uebung einberufen, in Aachen. Es ist dies, wie dasEcho der Gegen­wart" berichtet, ein als Vizefeldwebel eingezogener Referendar aus Gelsenkirchen, der bei übrigens wohl­proportioniertem Körperbau die stattliche Größe von 2 Meter 6 Zentimeter hat. Seiner aktiven Dienst­pflicht genügte der Riese vor einigen Jahren als Einjahrig-Freiwilliger beim ersten Garde-Regiment in Berlin. Eine Photographie dieses großen Va­terlandsverteidigers befindet sich im Besitze des Kaisers. Eine passende Uniform fand sich für ihn hier nicht vor, er mußte sich vielmehr seine eigene Uniform aus der Heimat hierher nachschicken lassen.

Trier, 17. Aug. Nach der gestrigen Vor­stellung der 16. Kavalleriebrigade, welche bei Gin­dorf vor dem kommandierenden General des VIII. Armeekorps, General der Kavallerie Frhrn. v. Los, stattfand, veranstalteten die Offiziere des westfälischen

Dorfes, in welchem alles, auch das Kleinste, von Wohlstand, Ordnungsliebe und Tüchtigkeit seines Besitzers zeigte.

Ich hatte Bordmann nach einem Wirtshaus gefragt, in welchem ich für die Zeit meines Besuches Wohnung nehmen könnte, da hatte er mich angesehen, als wollte er sagen:

Schulmeister, ist's auch bei Dir noch richtig im Oberstübchen?" Dann ant­wortete er grimmig:Wenn's Euch nicht gut genug ist bei mir, so könnt Ihr das Wirtshaus leicht finden. Nicht weit vom SchulhauS ist's, und Ihr mögt's leicht er­kennen an dem blauen Schild."

Ich lenste schnell ein, nahm gerne seine mir dargebotene Gastfreundschaft an, und bald saß ich auf dem breiten, starkgearbeiteten, braunen Ledersofa in der besten Stube und trank aus den blauweißen Taffen den würzigen Kaffee, den mir die freundliche, noch rüstig aussehende Bäuerin einschenkte.

Da rückte Peter Bordmann seine Mütze, setzte sich an meine Teste und be­gann :Na, Herr Lehrer, gefallen soll's Euch ja wohl schon bei uns, nun fragt sich's bloß noch, ob Ihr auch zufrieden seid mit der einen Sach', die noch damit zusammenhängt."

Sie meinen die Bedingung, von der man mir schrieb," fragte ich gespannt.

G'rad das mein ich, und seht, es steht nur bei Euch, ob Ihr Herkommen wollt oder nicht. Habt Ihr Euch das Klärchen schon 'mal angesehen eben, die mit der L na da auf dem Grummetwagen saß?"

Mir begann eine Ahnung aufzudämmern, wo es hinaus wollte.

Ja, sie scheint ein hübsches Mädchen zu sein, so viel ich bemerken konnte," «wieverte ich lächelnd.

Nun, sie ist, wie ich Euch schon sagte, dem alten Schulmeister seine Tochter und ganz verlassen, da sie keine Geschwister mehr hat. Jedermann im Dorfe hat sie li b und der Herr Sallert auch, das könnt ich schon merken, weil sie der Marie ihre Tochter ist. Wir wollten sie gern gut versorgen und da haben wir denn im

Schulvorstand beschlossen der Sallert hat zuerst den Vorschlag gemacht wenn der neue Lehrer ein braver, tüchtig«, junger Mensch ist. so soll's ihm zur Beding­ung gemacht werden, daß er das Klärchen zur Frau nimmt. Darum hat der Sallert auch die Reise zu Euch gemacht. Ganz still und heimlich haben wir's beschlossen und ich sag's Ihnen auch im Vertrauen; Gered' soll nicht davon kommen."

Und das Mädchen? Weiß sie von der Sache?" fragte ich.

Kein Sterbenswörtchen! Sie soll's auch noch nicht wissen, sonst thät sie's sicher nicht und wir wollten sie doch gern gut versorgen. Ein Bauernsohn kann sie nicht nehmen, denn Geld hat sie nicht, sie ist ganz arm, aber ich denk', daß der Sallert, er hat es wenigstens so angedeutet ihr ein gut Sümmchen vermachen wird. Was meint Ihr dazu, Herr Schulmeister?"

Aber ich kenne das Mädchen ja gar nicht und habe auch noch nicht im ge­ringsten an's Heiraten gedacht," antwortete ich kopfschüttelnd.

Desto bester, wenn Ihr noch keine Liebste habt," meinte Bordmann.Ihr braucht auch noch nicht jetzt in diesem Augenblick Ja zu sagen, sollt das Klärchen erst kennen lernen. Morgen ist hier Schützenfest, da geht Ihr mit mir auf den Schützenplatz, dort kommt das Klärchen auch hin, wir setzen uns zusammen und ihr könnt die Bekanntschaft mit ibr machen, ohne daß das Mädchen etwas von der Geschichte merkt. Gefällt sie Euch dann, so überlegt Jhr's Euch und sagt mir am andern Tag Bescheid, könnt auch meinetwegen noch warten damit und Euch noch einf bißchen Bedenkzeit gönnen; dann schreibt Ihr mir, wie Ihr gesonnen seid."

Heiraten! Eine Frau nehmen! Der Gedanke war mir noch so neu, daß ich mich nicht sogleich hineinfinden konnte.

Ja aber, wenn ich dann wollte und der jungen Dame wär's nicht recht, wenn sie dann nicht will?"

Junge Dame!" wiederholte Bordmann, riß die Augen west auf und sah mich verwundert an.

(Fortsetzung folgt.)