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69.
Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
68 . Iahr-sir-.
Erscheint Di-nStng, Donnerit-g und S-mStag. Di- EinrückungS-ebühr beträgt im Bezirk und näch,ter Umgebung S Pfg. di- Zeile, ssnst 12 Pfg.
Ab.nnementipreii vierteljährlich in der Stadt^ P^g.
La Psg. Trägerlvhn, durch di- P«st bezogen Mk. gänz Württemberg Mk. l. 3l>,
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Amtliche Aekanntmachunge«.
Kekannlwachung.
Laut Mitteilung des K. Forstamts Wildberg ist dasselbe zur Abgabe von Moos- rc. Streue an Bedürftige aus den Staatswaldungen um ermäßigten Preis ermächtigt worden, wovon die K. Revierämter -verständigt worden sind.
Die Ortsvorsteher werden beauftragt, dies in -en Gemeinden alsbald bekannt zu geben.
Calw, den 14. Juni 1893.
K. Oberamt.
Schüller, stv. Amtmann.
Bekanntmachung.
Nach einem Erlaß des Kgl. Kriegsministeriums, betreffend Novelle zum Militärpensionsgesetz, sind sämtliche im Landwehrbezirk Calw ansässigen Invaliden festzustellen, welche auf Grund des Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 als Invaliden «»erkannt sind und folgenden Bedingungen entsprechen:
1) die Kriegszulage gemäß Z 71 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 beziehen, oder
2) die Zulage für Nichtbenutzung des Zivilversorgungsscheins gemäß Z 76 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bezw. Z 12 des Gesetzes vom 4. April 1874 beziehen, am Kriege 1870/71 oder an einem Kriege vor 1870/71 teilgenommen haben, oder seit diesem Kriege durch eine militärische Aktion oder durch Seereisen invalide geworden sind (Marine) und sich nicht im Genüsse einer Verstümmelungszulage gemäß H 72
des Gesetzes vom 27. Juni 1871 befinden, oder 3) auf Grund der M 84 und 85 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 einer Klaffeneinschränkung hinsichtlich des Pensionsbezuges unterliegen, d. h. Jnvalidenansprüche nicht sofort bei ihrer Entlassung aus dem aktiven Militärdienste, sondern erst später angebracht haben und deshalb in eine niedere Pensionsklaffe eingewiesen worden sind.
Die diesen Bedingungen entsprechenden, im Landwehr-Bezirk Calw wohnhaften Invaliden haben sich unter Vorlage ihrer Militärpapiere und des Pensionsquittungsbuches alsbald, spätestens zum 18. Juni d. I., beim Bezirkskommando in Calw schriftlich oder mündlich zu melden. Zur Vermeidung von Jrrtümern wird noch ausdrücklich hervorgehoben, daß solche Invaliden, welche nicht auf Grund des Gesetzes vom 27. Juni 1871, sondern auf Grund früherer Gesetze anerkannt sind, höhere Gebührnisse auf Grund des neuen Gesetzes vom 22. Mai 1893 nicht zu beanspruchen haben.
Bemerkt wird noch, daß seitens der beteiligten Personen Anträge an das Kriegsministerium in dieser Angelegenheit nicht zu stellen sind.
Calw, den 6. Juni 1893.
Roth,
Major z. D. u. Bezirks-Kommandeur.
Tayes Neuigkeiten
j Calw, 11. Juni. Im Dreiß'schen Saale > fand gestern Abend die von der Volks Partei an
gezeigte Versammlung statt, in welcher der volks- parteiliche Kandidat, Hr. Bauunternehmer Cleß aus Stuttgart, sein Programm entwickelte. Der Saal war von Parteifreunden und vielen Andersgesinnte»», namentlich auch Sozialdemokraten voll besetzt. De»» Vorsitz übernahm Hr. Dr. Schiler, welcher nach einleitenden Worten Hrn. Cleß das Wort erteilte. Derselbe hielt sich nicht an das demokratische Programm, das uns dieser Tage in so widriger Gestalt bekannt geworden war. Er erklärte sich hinsichtlich der Militärvorlage mit der ablehnenden Mehrheit des Reichstags vollständig einverstanden. Einer Verstärkung unserer Heeresmacht bedürfe es nicht. Es komme bei einem Kriege weniger auf die Quantität als auf die Qualität der Truppen an und da Hab« er noch den ganz bestimmten Glauben, daß keine Armee so viele Vorzüge habe als die deutsche. Ein Krieg würde von derselben wieder in derselben Art und Weise wie 1870/71 beendigt. Es müsse endlich einmal gesparMnd auch an die Deckung der 9 Milliarden Reichsschulden gedacht werden; das letztere sei möglich durch Einführung der Progressivste»»«! Die indirekten Steuern konvenieren ihm nicht. Redner kommt nun auf die Soldatenmißhandlungen zu sprechen, er wünscht ein öffentliches Militärstrafverfahren wie in Bayern. Das System der Pensionierung dienstfähiger Offiziere müsse verlassen werden aus Gründen der Sparsamkeit, auch den Luxus, der in einzelnen Truppenteilen getrieben werde, will er beseitigt wissen, lieber das Alters- und Jnvaliditätsgesetz meinte der Kandidat, das sei auch so ein Gesetz, das schwerer zu verbessern sei, als es zu verhindern gewesen wäre. Redner schließt: wenn die Wahl auf ihn falle, werde
Jeuickston.
Nachdruck verboten.
Karold Kharttons geheime Wege.
Aus dem Amerikanischen von Sophie Frciin v. Zech.
(Fortsetzung.)
„Unsere Fähre liegt ganz harmlos einige Meilen von hier vor Anker. Wir unternehmen jetzt vor der Hand nichts, ich habe Ihnen schon gesagt, daß wir erst die Wachsamkeit der Polizei ein wenig einschläfern wollen. Vorerst müssen wir sorgen, unseren Vorrat im Keller landeinwärts zu spedieren. Emstwsilen sind die Genossen überall hier herum zerstreut, wir kommen aber an bestimmten Tagen im Keller zusammen. Wann die Waren verkauft sind, beladen wir unser Fahrzeug mit englischen Fabrikaten und segeln fremden Ländern zu. Wer kann uns denn etwas anhaben? Cs ist ein Kauffahrteischiff wie ein anderes, nur daß wir nicht so dumm sind, überall den Riesenzoll zu zahlen, der die Hälfte des Gewinnes frißt. Nähern »vir uns der Küste des Landes, in das wir wollen, so werden wir vorsichtig. Ich sagte Ihnen bereits, Herr Harold, es ist eine Lust, wie geschickt der Kapitän stets den Zollkuttern entwischt. Herr Felix ist ein ganzer Mann."
„Der Krug geht so lange zum Wasser, bis er bricht," sagte Harold warnend.
„Ist nicht gar so gefährlich, Herr Harold," lachte Anselmo. „W:r sind schlaue Füchse, überall haben wir geheime Helfershelfer und in allen Ländern Handelsmänner, die uns unsere Waare abkaufen. Hier herum bei der Piratenklippe wohnt auch ein guter Freund von uns, der uns schon früher einmal den Schlupfwinkel für unsere Maaren gezeigt hat. Wir waren nämlich vor vielen Jahren schon einmal in hiesiger Gegend, das heißt, ich mit mehreren Kameraden, der Herr Felix war damals noch ein ganz kleiner Junge zu Hause bei Vater und Mutter. Von den alten Kameraden ist keiner mehr da, sie haben sich alle in die andere Welt hnumgeschmuggelt. Anselmo fuhr sich bei diesen Worten mit der Hand über die Augen.
„Na, Herr Harold," fragte er, bevor kir aussinandsrgingsn, denn die beiden Männer waren jetzt auf dem Marktplatz des Stästhens angelangt, woselbst sich das Bureau des Advokaten befand, „kommm Sie heute Abend nicht in den Kell-r zu Herrn Felix?"
„Ja, ich komm-, aber erst spät Abends," antwortete Harold. „Mein Bruder will es ja nicht, daß ich ihn am Tage besuche, ich hätte auch keine Zeit dazu."
„Mrdame Elma kann es nicht erwarten, bis der Herr wieder ins rote HauS zurückkehrt," sagte der Matrose. „Sie wäre am liebsten auch gleich zu ihm in den Keller gezogen, aber H-rr Felix wollte dies nicht gestatten, er meint, die feuchte, dumpfe Ksllsrluft könne ihr schaden. U »recht hat er nicht," fügte Anselmo lachend bei, „so ein feiner Vogel gehört nicht in einen finsteren Käfig. Aber sie bringt ooch alle Abende bei ihm zu, die Lichter im Wohnzimmer des roten Hauses brennen immer umsonst. Na, also guten Morgen. Herr Harolo, gehen I-.e halt in Gottes Namen hinein in das Bureau zu dem Advokaten, weil Sie es nicht anders wollen. Nichts für ungut, H-rr, aber Sie sind recht thoricht, — sitzen den ganien Tag in der dumpfen Stube über einem Haufen staubiger Prozeßakten und alter Tistamente, anstatt daß sie mit uns lustig in die Welt hinaussegeln und G-la gewinnen, dreimA so viel im Jahre, als Jgr schäbiger Gehalt ausmacht. Wenn 2,e wenigstens das richtige Papier drinnen im Bureau fiassn wü.oen, dann ließe ich mir's gefallen. S^e verstehen mich schon, Herr Harold?"
„Vollkommen, mein guter alter Anselmo, vielleicht habe ich noch dies Glück." —
„Das wäre ein Jubel!" rief der Matrose. „Bei San Jazo! Ich würde närrisch vor Freude, wenn ich einmal sagen dürfte: Loco Harold." Mit diesen Worten lüftete Anselmo seinen Hut und schritt seines Weges weiter.
Als Harold Carlton in das Bureau trat, war sein Chef schon anwesend. Harold grüßte ihn flüchtig und trat an sein Schreibpult.
„L propos, Charlton!" ries Edward plötzlich mit lauter Stimme, so daß sämmtliche Schreiber es hören konnten. „Man erzählt mir ja, daß Sie letzten Sonntag bei Squire Hopkins zu Tische waren? — Wie kommen denn Sie dazu?"