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alsbald dem Oberamt anzuzeigen, zutreffendenfalls unter Anschluß der Loosungsscheine.

5) Bei der Musterung haben je die Ortsvor­steher der zu musternden Pflichtigen zu erscheinen, dagegen bei der Loosung nicht. Die Stammrollen sind mitzubringen und bei der Musterung nach dem Ergebnis der letzteren genau zu ergänzen, der Eintrag der Losnummern erfolgt auf Grund der den Orts­vorstehern nach der Loosung zugehenden Loosungs­scheine vor deren Ausfolge an die Pflichtigen.

Die Ortsvorsteher sind dafür verantwortlich, daß die Pflichtigen bei der Musterung vollzählig und rechtzeitig in den Musterungslokalen sich einfinden und dort in Orrnung versammelt bleiben. Bei der Vorladung ist denselben all' Vorstehendes und weiter zu eröffnen, daß alles Lärmen und jede Störung der Verhandlungen strenge bestraft werden wird.

6) Ueber die Classification der Mannschaften der Reserve u. s. w. findet die Verhandlung je am Ende der Musterung bezüglich der Angehörigen der­jenigen Gemeinden statt, welche am betreffenden Tage die Militärpflichtigen gestellt haben.

Calw, den 25. März 1893.

Der Civilvorsitzende der Ersatzkommission:

Lang,

Oberamtmann.

Bekanntmachung

velr. die Anmeldung von Aeuvauleu, Aau- nervesseruugeu u. s. a>. zur Einschätzung für die Hekaudebrandverfichernng.

In Gemäßheit eines Erlasses des K. Ver­waltungsrats der Gebäudebrandversicherungsanstalt vom 31. August v. I. wird hiedurch, um einer Schädigung der Gebäudebefitzer möglichst vorzubeugen, bekannt gemacht

1) daß Neubauten, Bauveränderungen und Bauverbesserungen einschließlich neuer Gcbäudezubehörden, welche noch nicht zur Ge- bäudebrandversicherung eingeschätzt sind und nicht den bloßen Ersatz abgebrannter, versichert gewesener Gebäude oder Gebäudebestandteile bilden (Art. 26 des Gesetzes vom 14. März 1853) im Fall einer Brandbeschädigung nurdannalsversichert behandelt werden, wenn sie vorher von dem Gebäudebesitzer bei dem Ortsvorsteher entweder zur sofortigen auf Kosten des Eigen­tümers erfolgenden Einschätzung (Art. 13 des Gesetzes vom 14. März 1853) oder zur ordent­lich e n auf Kosten der Gemeinde geschehenen Jahres- schätzung (Art. 12 des Gesetzes) angemeldet worden sind (zu vergl. Ziffer 9 des Normal­erlasses vom 30. Mai 1865, Klumpps Handausgabe des Gesetzes vom 14. März 1853 Note 3 zu Art. 13.);

2) daß durch eine bloße Vormerkung von Amtswegen, soweit eine solche überhaupt statt- findct, die erforderliche Anmeldung durch den Gebäudebesitzer nicht ersetzt wird;

3) daß die Anmeldung während des ganzen Jahres erfolgen kann;

4) daßeinBrandversicherungsbeitrag im Anmeldungsjahr nur dann und zwar nachträglich zu entrichten ist, wenn eine Brand­entschädigung gewährt werden muß.

Zugleich werden die Ortsvorsteher an­

gewiesen, für thunlichste Verbreitung der vor­stehenden Bekanntmachung zu sorgen und die Gemeinde- angehörigen entsprechend zu belehren.

Schließlich werden die Orts vorst eh er be­auftragt, den Baukontroleuren urkundlich zu eröffnen, daß sie bei der Vornahme der Baukontrole die Bauenden auf die Wichtigkeit der unver- werlten Anmeldung ihrer Neubauten u. s. w. ausdrücklich aufmerksam zu machen haben.

Calw, den 30. März 1893.

K. Oberamt.

Lang.

Die Oetsvorsteher

werden daraus aufmerksam gemacht, daß die Sportel- verzeichnisse pro ult. März auf 1. April abzuschlicßen und im Auszug unter Anschluß der Sportelgelder hierher vorzulegcn sind.

Sind Sporteln nicht angefallen, so sind Fehl­urkunden einzusenden, deren Ausstellung auf Grund des zur Zeit geltenden allgemeinen Sportelgesetzes vom 16. Juni 1887 zu erfolgen hat.

Calw, den 1. April 1893.

K. Ober amt.

Lang.

Die Gemeindebehörden

werden angewiesen, spätestens bis 7. ds. Mts. die Nachweisungen bezw. Fehlanzeigen über Regiehoch­bauarbeiten und getrennt von diesen die Nach- weisungcn bezw. Fehlanzeigen über Regictiefbau- arbeiten für das letzte Quartal hierher einzusendcn.

Calw, den 1. April 1893.

K. Oberamt.

Lang.

An die Orlsvorstrhrr.

Dieselben haben auf 1. Mai ds. Js. über den Stand des Steuer-Einzugs für 1892/93 zu berichten.

Calw, den 4. April 1893.

K. Oberamt.

Lang.

Taqes-Neuigkeiten.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Infolge der vom 13. bis 16. ds. Mts. mit evang. Schulaspiranten abgehaltenen Vorprüfung sind nach­stehende Schüler zur Vorbildung für den Volksschul­lehrerberuf mit Aussicht auf Staatsunterstützung er­mächtigt worden: Auer, Friedrich, von Ncubulach, Dürr, Theodor, von Simmozheim, Hirth, Trau­gott, von Ostelsheim, Talmon-Gros, Christian, von Neuhengstett, Hamberge r. Gottlieb, von Breitenberg.

** Calw, 3. April. Am Karfreitag abend wurde den Freunden klassischer Kirchenmusik in der Aufführung von BachsMatthäuspassion" durch den hies. Kirchengesangverein ein hoher Genuß zu teil. Das großartige, einzig in seiner Art dastehende Werk wurde von I. S. Bach, dem genialen Tonmeister des 18. Jahrhunderts, in den Jahren 1728 und 1729 in Leipzig komponiert, wohin Bach 1723 als Kantor und Musikdirektor an die berülmte Thomasschule be­rufen worden war. Das Oratorium bringt das Leiden und Sterben Jesu in musikalischer Weise durch

Chöre, Choräle, Necitative, Duette und Arien zur Darstellung und zwar nach der Schilderung des. Evangelisten Matthäus. Bach hat außer demselben auch eine Johannespassion geschrieben und komponiert, aus welcher für die letzte Aufführung zum Beginn des II. Teils der Choral:In meines Herzens Grunde"' eingelegt worden ist. Die Stimmung des erregten- und aufgewiegelten Judenvolks, die Feindseligkeit der: Hohenpriester und Schriftgelehrten, die Verzagtheit: der Jünger, die Schwachheit des Pilatus und vor allem die Leidensgestalt Christi ist in der bis: jetzt unübertroffenen Tonschöpfung aufs beste und in feiner, wahrheitsgetreuer Weise gezeichnet. Man sieht auch aus diesem Werke Bachs, daß ernie in einer andern Welt gelebt hat, als in der Welt der Töne." Die Aufführung des Oratoriums darf im ganzen als gelungen bezeichnet werden. Der Chor löste seine schwierige Aufgabe in den teilweise recht anstrengenden Chören u. Chorälen in wackerer Weise. Neu eingeübt war der Schlußchor des I. Teilst O Mensch bewein' dein' Sünde groß", ein in vieler Beziehung schwieriger, aber auch sehr schöner Chor. Gewaltig und großartig ist auch der Ein» gangschor zum I. Teil, in welchen der Choral:O Lamm Gottes unschuldig" in künstlerischer Weise einge­woben ist. Die beiden in die letztgenannten Chöre eingelegten Choräle wurden von Kindern der Mittel­und Volksschule gesungen und waren in diesem Zu­sammenhang recht eindrucksvoll. Die Gesangsoli wurden durch Fräulein Kopp (an Stelle des durch Heiser­keit verhinderten Fräulein Weber), Frau Bauinspektor Bareiß und die Herren Schwämmle,Dengle r, Staiger und Jsenberg in gütiger Weise über­nommen. Frl. Kopp, die sich schon durch ihr letztes Auftreten im Sologesang recht gut einführte, sang mit klarer, geschmeidiger Stimme die Arie:Er hat uns allen wohlgethan" und einige Recitative; die Arie:Blute nur, du liebes Herz!" mußte aus- fallen. Frau Bauinspektor Bareiß sang die beiden ergreifenden Arien:Erbarm' es Gott!" undAch Golgatha, unseliges Golgatha!" mit weicher Alt­stimme in recht eindrucksvoller Weise. Auch hatte sie die Güte in Gemeinschaft mit Fräul. Kopp das Duett vor dem sogen.Blitzchor" zu über­nehmen:So ist mein Jesus nun gefangen!" Gut durchgeführt wurden ferner die von Herrn Schwämmle, Herrn Jsenberg und Herrn Staiger über­nommenen Recitative und Arien, wobei einige Stellen besonders wirkungsvoll waren, z. B.Ich werde den Hirten schlagen",und fing an zu trauern und zu zogen",Mein Jesus schweigt zu falschen Lügen stille"», Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich ver­lassen !"Und siehe da, der Vorhang im Tempel zer­riß" u. a. Herr Oberlehrer Dengler sang einige kleinere Rollen, z. B. die Worte von Judas und Pilatus r Bin ich's, Rabbi?" undIch bin unschuldig". Viel zum Gelingen des Ganzen trug die vortreffliche Orchester-Begleitung der durch 15 Glieder vertretenen Kapelle des 7. Jnf.-Reg. Nro. 125 (Hr. Musikdirektor Prem) aus Stuttgart bei, welche diesmal zum ersten­mal zur Aufführung der Matthäuspassion heran­gezogen worden war. Außer den Mitgliedern der Stuttgarter Militärkapelle wirkten im Orchester auch Hr. Musikdirektor Speidel und Herr Fabrikant Baumann jun. hier mit. Die teilweise gegen früher ganz umgearbeitete Orgelbegleitung lag wieder in den

fern zu haltcn. Man tcstellt in dtl Kirche so und so viele Seelevnusskn, stisüt ein Heiligenbild oder eine Kerze, und dcmit sind tie Äußerlichkeiten abgethan.

Der Franz war fürwahr ein schöner Bursch, wie man nur je einen gesehen. Die bäuerische Tracht kleidete ihn noch besser, wie die städtische, die er auf Honsel's drängende Bitten bald wieder abgelegt. Die knappe neue Sammethose umschloß ein schörgebautes, kräftiges Bein, die Zwickeist,ümpse von leuchtender Weiße schmiegten sich eng an eine wohlgesormte Wade; muskulös breite Schultern umspannte der braune Tuchrock, dessen Knöpfe einzelne Guldenstücke waren, die bei jeder Bewegung des Trägers silberne Blitze schoflen.

Franz ergriff den Pfeil, den er sich gleich den übrigen Burschen selbst ge­schnitzt, zielte, holte mit der rechten Hand weit aus, und mit einem singenden Ton schnellte daS Geschoß seinem Ziele zu.

Atemlose Stille. Man hätte einen Käfer im Sande wühlen hören können.

Die Trommel schlug laut und freudig. Wie ein Vogel war der Pfeil durch den Kranz geschlüpft und sank jetzt langsam zur Erde. . . .

Kranzkönig Kranzkönig Hurra, hoch lebe der Kranzkönig, jubelte die Menge. An der Stange empor kletterte ein Bube, den abgefangenen Kranz herab­zuholen. Tie Burschen drängten sich um den jungen Bauer.

DaS hast borg gemacht, Franzel taS war ein Wurf! Wer wird denn Kranzkönigin?

DaS ober wollte der Krarzkönig fürs Erste nicht verraten. Das Kranz- stechen nahm seinen ungetrübten Fortgang. An die 15 Kränze wurden abgefangen, die übrigen neun blieben droben härgen. Gar mancher, der seinen Schatz gern mit der Ehrengabe geschmückt hätte, warf einen enttäuscht-sehnsüchtigen Blick nach ihm und tröstete sich > ur mit dem Gedanken, daß ja auch im nächsten Jahr Et. Cäcilientag komme.

Zu den Glücklichen, die stolzerhobenrn Hauptes mit ihren Kränzen einher­stolzierten, zählt« auch der Anselm vom Rosenhof. Ei» vergnügsameS und ver­

schmitztes Lächeln lag ihm auf den Lippen und die neugierigen Fragen nach seiner, Kranzlerin beantwortete er nur mit einem Achselzucken und den Wortenweiß selber noch nicht". Daß er aber eine auf dem Korn hatte, das sah man ihm von weitem an. Mit lauter Stimme verkündete der Ausrufer das Ende des Kran stechens, dazu schlugen die Trommler einen Wirbel.

Eine auffallende Bewegung machte sich unter den jungen Dirnen bemerkbar. Einige wurden bloß, einige rot, manch hübsches Gesicht sah auch recht enttäuscht drein, ja einzelne Augenpaare erglänzten sogar feucht, als ob ihnen die Thränen nicht fern wären. Zu diesen gehörten jedoch nicht jene sammet-schwarzen Sterne, die von seidener Wimper beschattet und von schön geschwungenen Brauen überwölbt, keck und siegcsgewiß zu den jungen Burschen hinübcrblitzten. Schön-Gertrud wußte nicht allein, wer der Schönste war auf der Cäc lienwiese, es ahnte ihr auch, wen der, Kranzkönig sich zur Königin erküren werde. Mit gerechtem Stolz sah der Seegrunder auf seine Älteste. Schön-Gertrud war aber auch prächtig anzuschauen. Sie wußte geschickt ihrer allzukleinen und schmächtigen Gestalt die eigentlich zu dem tadellos- schönen Kcpfe in unangenehmem Widerspruch stand, durch eine geschmackvolle und bauschige Kleidung einige Fülle zu verleihen. In reichen Falten quoll der goldgelbe Rock, vom feinsten Wollstoff, unter dem sammeten, von Goldspangen zusammen ge­haltenen Schoßleibchen hervor. Unter dem durchsichtigen Brusttuch, über dem schwere Münzen an silbernen Kettlein hingen, schimmerte rosig die Haut, die Ärmel waren doppelt gepufft und am Handgelenk durch Goldknöpfe geschloffen. Das ins bläuliche spielende, ziemlich kurze und stark lockig- Haar trug sie nicht nach Landessitte ge­flochten Schön-Gertrud wußte sehr wohl, daß ein dünnes Flechtlein, spottweise' auch .Rattenschwänzchen' geheißen, nimmermehr ein junges Mädchen ziere sondern im Nacken mit einer hochroten Schleife umwunden, daß die Spitzen in glänzenden Ringeln ihr über den Rücken fielen. Vor der Brust flammt« ein« rote Rose, di« mit: Echön-GertrudS vollen Wangen um di« Wette leuchtet«.

(Fortsetzung folgt.)