sobald Sie die Macht haben, und die auch Ihnen gegenüber angewendet werden muß. (Lebhafter Beifall rechts.) In diesem Kampf werden Sie nur dann zum Sieg kommen, wenn der Staat schwach ist, aber niemals dann, wenn der Staat seine Schuldigkeit thut und, ohne sich zu fürchten. Ihnen mit den Mitteln gegenübertritt, die er in seiner Macht hat." (Lebhaftes Bravo rechts.)" — Hiezu bemerken die „Hamb. Nachr.": „Was das Regierungsorgan hier als das „Richtige" bezeichnet, entspricht der Auffassung, die unter dem alten Kurs für die Behandlung der Sozialdemokratie maßgebend war. Abweichende Meinungen hierüber haben bei der Krisis zu Anfang des Jahres 1890 eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Nach der Aeußerung der „Nordd. Allg. Ztg." muß man annehmen, daß sich die jetzige Regierung inzwischen auch in dieser wie in so mancher andern Hinsicht von der Richtigkeit und Nützlichkeit der Politik des alten Kurses überzeugt hat. Das ist erfreulich und kann der Wohlfahrt von Land und Volk nur zu Statten kommen; aber es darf nicht Wunder nehmen, daß sich schließlich immer weitere Kreise die Frage vorlegen: wenn der alte Kurs, wie sich jetzt zeigt, der richtige war, weshalb mußte er überhaupt verlassen, weshalb mußten während dreier Jahre so viele Opfer gebracht werden, um die neuen Minister darüber zu belehren, daß die Wege, auf denen sie vom alten Kurs abwichen, in den Sumpf führen?"
Tages-Nemykeiten.
Stuttgart, 13. Febr. Gestern früh starb erschütternd rasch, nachdem er noch Tags zuvor in gewohnter Weise seinen Amtsgeschäften nachgegangen war, an Herzlähmung der Präsident der König!. Oberregierung Wilhelm von Bätzner, zugleich Vorstand der Landgestüts-Kommission, außerordentliches Mitglied des K. Geheimenrats und lebenslängliches Mitglied der Kammer der Standesherren. Er hatte vor kurzem, veranlaßt durch asthmatische Beschwerden, die aber gerade in letzter Zeit sich wesentlich gebessert zu haben schienen, um seine Pensionierung gebeten; der Tod kam aber der Erledigung dieses Gesuches zuvor und hat den Verstorbenen mitten heraus aus einer reichen und vielseitigen Amtsthätigkeit, in welcher er sich während langer Jahre als ein treuer und ausgezeichneter Diener des Königs und Staates erprobt und wohl verdient gemacht hat, in den ewigen Ruhestand versetzt. Geboren am 21. April 1824 in Calw trat er schon im Jahr 1838 als Inzipient beim Oberamt Calw ein, setzte daneben aber den Besuch der Lateinschule und privater Studien fort und bezog im Jahr 1842 die Landesuniversität. Nach erfolgreicher Erstehung der beiden höheren Staatsprüfungen im Departement des Innern wurde er im März 1848 zum Oberamtsaktuar in Rottenburg ernannt, im Oktober 1849 in gleicher Eigenschaft nach Waiblingen versetzt und im Jahr 1851 als Kanzlei- und Kollegialhilfsarbeiter zur Zentralstelle für Gewerbe und
Handel einberufen, bei welcher er im Sept. 1852 zum Regierungsaffeffor vorrückte. Von 1857 bis 1866 war er Oberamtmann in Neuenbürg von 1866 bis 1870 — seit 1868 mit dem Titel und Rang eines Regierungsrats — Oberamtmann in Tübingen; im Juni 1870 als Regierungsrat ins Ministerium des Innern berufen, nahm er an den gesetzgeberischen Arbeiten, welche den Ereignissen des Kriegsjahrs folgten, namentlich auf dem Gebiet des Gewerbewesens, regen Anteil und versah daneben — seit 1873 mit dem Titel und Rang eines Oberregierungsrats — der Reihe nach die verschiedenartigsten Funktionen als Mitglied und späterer Vorstanv des Landesamts für das Heimatwesen, als Vorstand des Oberbergamtes, als Mitglied des Oberrekrutierungsrats-, als Mini- sterialkommissär bei der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, als Mitglied und später als Vorstand der Landgestütskommission sowie als Vorstand der Kommission für die Adelsmatrikel, Vorstand der Ludwigsstiftung und des Spitals Charlottenhilfe und Vorsitzender des Landesversicherungsamtes. Nachdem er schon im Juli 1877 zum Oberregierungsrat befördert worden war, wurde er im Jahr 1878 zum Vorstand der Oberregierung — seit 1879 mit dem Titel und Rang eines Direktors, seit 1881 mit demjenigen eines Präsidenten — ernannt. In dieser Stellung war er der ständige Vertreter des Staatsministers des Innern in den laufenden Geschäften und er hat sich dieser Aufgabe mit unermüdlichem Fleiß, reicher Sachkenntnis und peinlichster Gewissenhaftigkeit entledigt. Zugleich hat er sich in allen Beziehungen als ein durchaus ehrenhafter Charakter und als ein wohlwollender Vorgesetzter bewährt. Im Dezember 1884 wurde er zum lebenslänglichen Mitglied der Kammer der Standesherren ernannt, im September 1887, als außerordentliches Mitglied in den Geheimenrat berufen. Auch sonst wurde seine vielseitige und erfolgreiche Thätigkeit an Allerhöchster Stelle durch zahlreiche Ordensauszeichnungen, und noch in allerjüngster Zeit fand auch sein Wirken in der Kantmer der Standesherren dadurch eine ehrende Würdigung, daß er zum Mitglied des engeren ständischen Ausschusses gewählt wurde. Ein an manch- facher und ersprießlicher Arbeit reiches Leben hat hie- nach seinen Abschluß gefunden und ein guter Mann wird in dem Verstorbenen zur Ruhe bestattet. Sein Andenken wird in Ehren bleiben. Staatsanz.
Cannstatt, 13. Febr. Einem hier wohnhaften Fischer wurden aus seinem verschlossenen Fischkasten in dem auf Markung Wangen befindlichen, künstlich angelegten See 13 große Hechtegestohlen. Die Thäter wurden in letzter Zeit in drei kaum 14 Jahre alten Knaben aus Gaisburg ermittelt. Dieselben wollen die Fische unterwegs verloren und weggeworfen haben.
Walddorf, 11. Febr. Die Stromer erscheinen gegenwärtig wieder in sehr großer Zahl und machen unsere Dörfer durch ein oft freches Auftreten
Ihren Reichtum. Und indessen ich diese Gaben wieder in Ihre Hände zurücklege, werde ich doch nicht yergessen, Sie dafür zu segnen, so lange ich lebe."
„Was soll das heißen?" fuhr der Graf auf. „Elisabeth, Du wirst doch nicht —* er stockte, Sprache und Atem ging ibm aus.
„Ich kehre zu meinen Eltern zurück!" sagte Elisabeth mit einem glückiichen, schwärmerischen Lächeln. „In die Arme der Mutter! O, wie glücklich wird Elisabeth sein!"
Jetzt sprang der Graf vom Divan auf und durchmaß das Zimmer mit großen Schritten. „Unbegreiflich!" Plötzlich blieb er vor Elisabeth stehen. Er erfaßte sie am Arme und rief in halbunterdrückter Wut:
„Du wolltest diesen Eklat Hervorrufen? Ist das der Lohn für alle meine Wohlthaten an Dir? Du hast vor, mich so in's Gerede zu bringen?"
„Gestehen Sie der Welt die Wahrheit," entgegnete Elisabeth in herzlichem Tone. .Und die Welt wird nur Gelegenheit haben, Ihren milden Sinn und Ihre Großmut zu bewundern. Die Welt wird aber auch das Kind aus dem Volke nicht verdammen, wenn es dahin zurückkehrt, wohin cs gehört, in die Arme seiner armen, geliebten Eltern."
„Dem Fluche der Lächerlichkeit entgehe ich doch nicht!" murrte der Graf. „Einer Echusterktochtcr den Grafentitel geben, ist das nicht über alle Begriffe dumm und albern? Und Du, Unsinnige! Was weißt Du von Armut und Niedrigkeit? Nach wenigen Tagen, im Schoße Deiner „geliebten Familie" verlebt, wirst Du zu mir zurückkehren und wich auf den Knieen um Deine frühere Stellung anbetteln. Aber dann ist'S zu spät, Elisabeth! Vergiß es ja nicht! Dm Weg aus diesem Hause kann ich Dir nicht versperren — wieder herein indessen kommst Du nicht und wenn Deine Reue so groß wäre, wie jetzt Deine Verblendung. Geh, Du kannst bis morgen überlegen und dann teile mir Deinen Entschluß mit."
Ich bedarf keines Besinnens Herr Graf, und habe nur noch Eines zu erbitten, den Schutz einer Dienerin, bis ich zu meinen Eltern gelange."
„Du bist ein eigentümliches Wesen, Elisabeth!" sagt« der Graf und etwas
unsicher. So wollte gestern nachmittag auf der Straße- zwischen hier und Haslach ein solcher einem 8jährigen Mädchen von Häslach gewaltsam ihren Armkorb entreißen. Weitere Gewaltthätigkeit wurde durch das Dazwischenkommen eines Geflügelhändlers verhindert,, der durch sofortige Anzeige die Verfolgung des Flüchtigen durch den Landjäger herbeiführte.
Tübingen. Der 22 Jahre alte ledige Fabrikarbeiter Johannes Hagmann in Unterboihingen,, welcher am 27. v. M. morgens nach 6 Uhr die ledige Anna Echter daselbst durch einen Schuß in die Brust zu töten versucht hat, weil sie ein Liebesverhältnis mit ihm nicht fortsetzen wollte, ist am 11. ds. M. den Verletzungen erlegen, die er sich nach der That selbst beigebracht hat. Die Beschädigte steht zwar noch in Lebensgefahr, doch ist ihrem Befinden nach Aussicht vorhanden, sie am Leben zu erhalten.
Königshofen a. d. T., 13. Febr. Auf der Jagd des Oekonomierats Spieß-Sailtheim wurden auf hiesiger Markung an der Tauber 2 wilde- Schwäne durch den Jagdaufseher erlegt. Die Tiere- sind sehr hübsch gefiedert und wiegen zusammen 39 Pfd. Es scheint ein Paar zu sein.
Gerstellen, 13. Febr. Im allg. Krankenhaus in Heidenheim a. B. verstarb dieser Tage ein ganz absonderlicher Mann, nämlich ein Küfer von Heuchlingen, einer benachbarten Gemeinde von hier.. 7mal legte er in seinem langen Lebenslaufe Hand an sich, und wurde bis auf das letzte Mal immer wieder zum Leben zurückgebracht. Einmal sprang er in selbstmörderischer Absicht in eine Hülbe, ein andermal knüpfte er sich auf, wurde aber noch rechtzeitig, abgeschnitten, einmal versuchte er sich die Pulsader zu öffnen, einmal trieb er sich 3 Nadeln in die Brust, die mit Zangen wieder ausgezogen werden konnten, vor etwa 15 Jahren nahm er eine bedeutende Selbstverstümmelung an sich vor, die aber nur ein kurzes Bettlager nach sich zog, dann war er wieder hergestellt. Er litt auch an einem großen Bruch, den er sich selbst aufschnitt, diese Operation führte dann, endlich seinen Tod im Krankenhause Heidenheim, wohin er noch geschafft werden konnte, herbei.
Giengen a. Br., 14. Febr. Hier starb gestern der auch in weiteren Kreisen bekannte frühere Klingelmüller Markus Hähnle, Bruder des Reichstagsabgeordneten.
Ballendorf bei Langenau, 12. Febr. Das sonst so stille Trockenthal der Lone ist jetzt infolge Schneeschmelzens im Englengehäu mit rauschenden. Wassern angefüllt. Samstag abend gingen dieselben meterhoch über die Nerenstetter Brücke, wo der aus Langenau zurückkehrende Postbote, sowie ein Milchfuhrwerk aus Börslingen geraume Zeit ratlos standen. Endlich wagten sie es: zwei Reiter auf den Pferden, der Milchfuhrmann und der Postbote auf dem Gefährt., In der Mitte der Brücke wurde das Fuhrwerk durch Eisblöcke und die Strömung des Wassers umgeworfen.
wie Schimmer einer Rührung blitzte in seinem Antlitz auf. „Wie ruhig Du einem Lose entsagst, um das Dich Millionen Menschen beneiden würden! Doch das ist nur, weil Du die Welt nicht kennst und nicht weißt, wie schwer der Fluch der Armut drückt. Höre mein letztes Wort! Ich laste Dich jetzt ziehen; Du sollst mit Deiner Dienerschaft mein Schloß bewohnen, das wenige Minuten entfernt von Deinem Heimatsdorfe liegt. Beobachte die Lebensverhältnisse Deiner Familie, und wenn Du dann, wie ich nicht zweifle, Deine überspannte Thorheit erkennst, dann kehre zurück zu mir. Durch sechs Wochen bleibt Dir eine Heimat in meinem Hause offen.. Länger aber warte ich nicht mit meiner Enthüllung der Welt gegenüber."
Das junge Mädchen neigte bejahend sein Haupt.
„Ich nehme aus schuldiger Achtung und Dankbarkeit Ihren Vorschlag an, Herr Gras! obwohl ich weiß, daß meine Entschließungen in dieser Beziehung unveränderlich sind."
„Wir wollen cs abwarten," erwiderte der Graf.
Elisabeth trat näher zu ihm hin, ergriff seine Hand und drückte einen leisen Kuß darauf.
„Leben Sie wohl!" sagte sie bewegt-
„Wann willst Du reisen, Elisabeth?"
„Morgen früh, wenn ich darf."
„Gut, ich werde alles Nötige ordnen," sagte er und sah ihr gedankenvoll nach,. als sie mit leichten Schritten das Zimmer verließ.
Er legte sich heute nicht mehr in träger Ruhe auf seinen Divan hin. Eine unbestimmte Aufregung trieb ihn aus dem Hause, er machte, ganz gegen seine Gewohnheit, einen längeren Spazierritt. Die Erkenntnis war ihm so plötzlich gekommen, daß es doch noch etwas anderes Schätzenswertes im Leben geben mußte, als was er als Erfüllung aller Wünsche kannte, Reichtum, «inen vornehmen Namen und Vergnügen — sonst hätte ja nicht sie, das Kind aus dem Volke, ihm alles dieses verächtlich vor die Füße gelegt, um das andere Schätzenswerte in einer niederen., Hütte anfzusuchen. (Forts, folgt.)