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Don den Gemeindebehörden wird mit aller Bestimmtheit erwartet, daß sie Leuten, welche nicht zu den unbemittelten gehören, oder solchen, von welchen eine Belästigung der Kurgäste zu befürchten wäre, keine Zeugnisse ausstellen.
Gesuche, welche nach dem 10. März einkommen, auch wenn sie die oben bezeichnet«» Notizen enthalten, werden nur ausnahmsweise und bloß in besonders dringenden Fällen, solche aber, welche die oben bezeichnet«» Nachweise nicht enthalten, überhaupt nicht berücksichtigt.
Den 15. Januar 1893.
K. Badverwaltung.
Bekanntmachung der König!. Landgestütskommission, betreffend die Patentierung der Privatbeschälhengste für die Deckperiode 18S3.
Unter Hinweisung auf die im Staatsanzeiger vom 18. d. M. No. 14 erschienene Bekanntmachung wird hiemit veröffentlicht, daß die Patentierung der Privatbeschälhengste an den betreffenden Orten je um eine Woche später als in der genannten Bekanntmachung angegeben ist, stattfindet, und zwar: in Crailsheim am Mittwoch den 8. Februar d. I., vormittags 9 Uhr, in Heilbronn an demselben Tage, mittags 12'/-. Uhr,
in Aulendorf am Donnerstag den 9. Februar d. I., mittags 12 Uhr,
in Laupheim am Freitag den 10. Februar d. I., vormittags 11 Uhr,
in Geislingen am Samstag, den 11. Februar d. I., vormittags 11 Uhr.
Stuttgart, den 20. Januar 1893.
K. Landgestütskommission.
B ä tz n e r.
Tages-Neuigkeiten.
sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.s Am 20. Januar ist von der evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Martinsmoos, Bez. Calw, dem Schulamtsverweser Schnierle in Manolzweiler, Bez. Schorndorf, übertragen worden.
Calw. (Einges.) Musikfreunde werden hiemit auf die am Samstag abend stattfindende Aufführung des Festspiels: „Opfer für das Vaterland" aufmerksam gemacht. Die Dichtung des Hrn. Rektor I)r. Müller ist aus der Fülle eines vaterlandsliebenden und väterlichen Herzens geflossen: eines vaterlandsliebenden, denn der Dichter hatte das Gefühl, daß für vaterländische Gedenktage kein Ueberfluß an geeigneten Gesängen vorhanden sei; eines väterlichen Herzens, denn der Jüngling, der in diesem Festspiel auftritt, stellt seinen Sohn dar, der von Allen, die ihn kannten, hochgeachtet, 20 Jahre alt 1870 als Freiwilliger ins Feld gezogen, bei der Erstürmung von Champigny als Offiziersaspirant gefallen ist. Ter Stimmung des deutschen Volks aber hat der Dichter dadurch entsprochen, daß er dem Verlauf des Stücks eine andere Wendung gab und durch
die glückliche Rückkehr des Helden ihn und die Seinen ein fröhliches Wiedersehen feiern läßt, das dem Dichter selbst leider versagt war. Die Musik von Herrn Pfarrer Er Hardt läßt die Mehrzahl der heutzutage wie Pilze aus dem Boden schießenden Kompositionen. weit hinter sich zurück. Erhardt ist ein wirklich gottbegnadeter Musiker, der den Inhalt der Textesworte voll erfassend, ihn in solch genialer Weise musikalisch wieder zu geben weiß, daß der Zuhörer voll befriedigt, ja entzückt wird. Unter den Chören sind von besonderer Wirkung der Eingang und der Schlußchor sowie der Chor der Soldaten, Frauen und Mädchen „Teure Heimat"; unter den 6 Duetten und Quartetten befinden sich wahre Perlen der Tonschöpfung, wie z. B. die Duette: „O Hoffnung", „Das arme Herz" und die Quartette: „Die Hand des Höchsten" und „Wiederfinden". Wenn es die Gesundheitsumstände des Komponisten erlauben, wird er die Aufführung persönlich dirigieren. — Zwei weitere Freunde des Verewigten, Herr Hofprediger I)r. Braun aus Stuttgart und Herr Stadtpfarrer Petzold aus Friedrichshafen werden Mitwirken; ersterer durch den Vortrag eines Prologs und des Gedichtes, letzterer durch gefl. Uebernahme der Baßpartie. Die Duette und Quartette werden ausgeführt durch Fräulein Kopp aus Pirmasens, Frau Bauinspektor Bareiß, Frau Stadtpfarrer Eytel, Herrn Staiger und Herrn Stadtpfarrer Petz old. — Die Aufführung dauert von 8—9 Uhr, während dieser Zeit werden keine Erfrischungen verabreicht; nach Beendigung des Konzerts findet gesellige Vereinigung statt.
Calw. Unter Hinweisung auf das im Inseratenteil unseres Blattes befindliche Programm des Quartett Reichmann erlauben wir uns, unsere Leser auch noch an dieser Stelle auf dieses Konzert speziell aufmerksam zu machen und den Besuch desselben zu empfehlen. Den Konzertgebern geht ein bedeutender Ruf voraus und kann den Besuchern ein Kunstgenuß ersten Rangs in Aussicht gestellt werden.
Calw, 23. Jan. In den letzten Tagen und Nächten gingen bei uns bedeutende Schneemengen nieder, so daß heute morgen der Bahnschlitten nach allen Richtungen in Thätigkeit treten mußte. — Unter dem hohen Schnee wird das Eis der Nagold sehr rasch mürbe und brüchig werden, wir möchten daher das Publikum, jung und alt, dringend warnen, sich fortan der trügerischen Decke des Flusses anzuvertrauen.
Calw, 23. Jan. Bei der heute stattgehabten Wahl zur Handels- und Gewerbekammer gingen aus der Urne hervor: Sannwald, C., Kommerzienrat in Nagold (34 St.,) Commerell, Carl, in Höfen (34 St.), Zöppritz, Emil in Calw (30 St.), Frey, Carl, in Schwarzenberg (29 St.). Weitere Stimmen erhielten: Haug, Carl, in Freudenstadt (5), Georgii, Emil I., in Calw (4). Abgestimmt haben 34 Wahlberechtigte.
—r. Gechingen, 22. Jan. Diesen Winter wird zum erstenmal die hiesige Kirche geheizt, was allgemein als eine große Wohlthat empfunden wird.
Auch ältere und kränkliche Personen können mm an kalten Tagen die Gottesdienste besuchen, und gesunde Leute stehen nicht mehr in Gefahr, durch langes Stillsitzen in ungeheizten Räumen sich eine Krankheit zuzuziehen. Besonders ist es den Kindern, die doch vielfach nicht warm genug gekleidet sind, zu gönnen, daß sie nicht mehr zitternd und frierend dem Gottesdienst anwohnen muffen. Die sehr solide Einrichtung kostet etwas über 900 Nahezu 500 ^ wurden durch^freiwillige Beiträge aufgebracht.
^^):( Alten steig, 20. Jan. Der 18jährige Sohn des Simon Dengler zu Berneck, ein Säger, wurde gestern in der Säge zu Dillstein (Baden) vom Treibriemen erfaßt und getötet. — Bei Ebhausen wurden während der Nacht auf das Schienengeleise drei große Stockholzklötze in einer Entfernung von 20—25 m von einander aufgelegt, um den Frühzug zur Entgleisung zu bringen. Die Maschine aber schob all drei Stücke bei Seite, ohne Schaden zu nehmen oder zu entgleisen.
Stuttgart, 20. Jan. Die Ständeversammlung wurde heute vertagt, um den Kommissionen einige Zeit zu ihren Vorarbeiten zu lassen. Am Beginn der Sitzung wurden Anträge des Gesamtvorstands, über die Beschleunigung des Drucks der Protokolle an die Geschäftsordnungskommission gewiesen. Am Schluß der Sitzung kam es zu einer erregten Szene. Abg. Essich nahm das Wort: Nachdem ihn, wie er aus dem Protokoll ersehen, der Abgeordnete von Balingen gestern verunglimpft habe, so behalte er sich vor, von demselben außerhalb dieses Hauses persönliche Genugthuung zu verlangen. Präs. v. Hohl bittet, auf diese Sache hier nicht mehr zurückzukommen. In diesem Hause sei die Ordnungsfrage bereits erledigt. Haußmann bittet ums Wort, das er erhält, nachdem die Mehrheit sich dafür ausgesprochen, ihm dasselbe zu erteilen. Er sagt: Auf die Drohung des Abg. Essich, außerhalb des Hauses Satisfaktion sich verschaffen zu wollen, habe er zu erwidern, daß er dessen Schritte abwarte, daß er aber eintreffendenfalls sich Vorbehalte, auch die Frage der Satisfaktionsfähigkeit desselben zu prüfen. Wenn derselbe für angezeigt halte, nachdem man sich gestern pflichtmäßig mit seiner Person lange beschäftigt, heute vor Thorschluß nochmals die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und damit das Gestrige noch zu unterstreichen, so habe er nichts dagegen emzuwenden. Präs. v. Hohl bittet, solche verletzende Bemerkungen zu unterlassen. Haußmann: Das h. Präsidium hätte wohl besser in erster Linie dem anderen Herrn gegenüber das Geeignete gegen derartige persönliche Drohungen, wie derselbe sie ausgesprochen, bemerkt, v. Wolfs: Vorredner habe sich durch die Anzweiflung der Satisfaktionsfähigkeit gegen einen Ehrenmann und Reserve-Offizier eine ausgesprochene Beleidigung zu Schulden kommen lassen. Frhr. v. Ellrichshausen stimmt dem bei. Der Abg. Essich als Reserve-Offizier wisse genau, was er zu thun habe. Egger: Er spreche wohl im Sinn der Majorität (Oho!), wenn er sage, daß Abg. Essich diese Sache bester nicht in das hohe Haus hinein-
Dns Billit adressierte Hans an seine liebe Tavte und beauftragte einen vor tum Hauke lungernden dienstbaren Geist rrit der sofortigen Besorgung der Briefe. Hierauf sicherte er fick den Besitz einer Zuschauerloge in dew betreffenden Balllrkal
und trat dann mit dem Ausdruck inniger Zufriedenheit den Heimweg an.
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k Tarte Sophie befand sich in einem merkmürdig aufgelegten Zustande, wie HanS bei seiner Rückkehr zu bemerken Gelegenheit hatte. „Hans," rief sie, roch ehe die Thür hinter ikm ordentlich geschloffen war, „wir — nun wir könnten uns den Unfug heute Abend vielleicht doch einmal ansehen, — natürlich nur an sehen, etwa von einer Loge aus. Wenn wir nur einen Domino anlegen, so erkennt uns ja kein Mensch. Ich habe mir die Sache überlegt — um Gretes willen, die so gern einmal —"
D »Ich?* fuhr Ente, die bis dahin teilnahmslos durchs Fenster geblickt hatte, „das ist dein Irrtum!*
» „Nun freilich," beschwichtigte die Tante, natürlich nur um deinetwillen! Für wen brächte ich wohl ein solches Opfer, wenn nicht für dich? Herzchen, ich errate ja N>e:ne Gedanken."
„Herzchen" widersprach nicht weiter, HanS hatte ihr verstohlen zugenickt. Nun ?örn die Kostkmsrage zur Sprache. Man brauche überhaupt kein besonderes Kostüm, meinte Hans, eine einfache Gesichtsmaske genüge vollkommen und an sicheren Verstecken im Saale, zu welchen man durch eine Hinterthür gelangen könne, fei kein Mangel. HanS schien über den Entschluß der Tonte hoch erfreut zu sein, diese war ^aufgeräumt wie nie zuvor und selbst die unglückliche Grete nrude heiter. Ahnte sie vielleicht, daß Hars, der lose Schelm, eiren wirksamen Schlag vorbereitete? Versprochen hotte er ihr ja seine Hilfe, aber ob er das Versprechen würde halten können, schien ihr mindestens sehr fraglich. — Tie Nochmiltagspunden, sonst beschaulicher Ruh« gewidmet, vergingen heute in Hast und Unruhe. Grete hatte sich in ihr
Zimweichen zurückgezogen, als es plötzlich leise pochte und des Bruders lachendes Gesicht durch den Thürspalt lugte. „Darf ich?" fragte er und trat, da die Antwort bejahend ausfiel, schnell ein.
„Grete," begann er ohne Umschweife, „du hast noch dein Kostüm vom vergangenen Jahre, — bitte, leihe es mir — aber nicht fragen? — Willst du? Es wird mir wohl etwas eng sein, das thut aber nichts, ich helfe mir schon zurecht. — Grete fragte wirklich nicht, sondern suchte kopfschüttelnd das glitzernde und sunkelnde Kostüm einer Türkin hervor. *
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Die Nacht war herabgesunken und um die Gaslaternen der Straßen tanzten die großen Schneeflocken wie Mücken, die dem Lichte zufliegen. Weithin strahlte das „Collffeum" im elektrischen Licht und die Mücken, und Mückchen flogen herbei in !unten Schwärmen. Wird sich kein« die Flügel verbrennen, an diesen lockenden, leuchtenden Strahlen? — In dem weiten Saale rauschte die Musik und lustig wogte baS Getriebe der in allen Farben schillernden Menge auf und ab, fügte sich zum wrhldulchtcchlcn Reigen und wirbelte im schnellen Walzen kraus und bunt durcheinander. — Tort oben in der Eckloge saßen Tante Sophie und Grete, verdeckt von schützenden Vorhängen, sehend, doch ungesehen. Hohe Blattgewächse bildeten eine dichte Word, hirter der man sich im Notfall selbst vor einem Eindringling hätte verbergen können. Die leichten Masken wären eigentlich gar nicht nötig gewesen. Tante Sophie mochte auch ohne Maske einen entschieden vorteilhaften Eindruck, der durch die weiße Rose im goldlockigen Haar nur erhöht werden konnte. Indessen — Vorsicht ist die Mutter der Weisheit! — Wo nur HanS blieb! Er hatte die Damen in ihr Versteck lugsiert und sich dann nicht wieder sehen lasten. „Gott, der Junge wird doch keine Tollheiten begehen?"
(Schluß folgt.)