der Kriegspräsenz und damit in eine Stärkung der Wehrkraft. Wir bewilligen ferner die Bar­mittel für die durch die Entlassung des ganzen dritten Jahrgangs als nachweislich notwendige Verstärkung der Ausbildung, welche General Vogel von Falken­stein auf 19, der Zivilgeneral Eugen Richter auf 10 Millionen berechnet hat. Wir verlangen aber für dieses weitgehende Entgegenkommen von der Regierung die gesetzliche Feststellung der Dienstpflicht, zunächst der Fußtruppen auf zwei Jahre und die Zusage der Militärjustizreform.

Cannstatt, 5. Jan. Das Osfiziercorps der hiesigen Feuerwehr hat in seiner jüngsten Versamm­lung den Beschluß gefaßt, daß im Laufe des Winters außer Signalübungen auch Exerzierübungen im In« teresse der Tüchtigkeit und Disziplin des Korps und im Hinblick auf das bevorstehende, in hiesiger Stadt pattfindende Landesfeuerwehrfest, mit welchem Schul- und Hauptübungen verbunden sind, in der Turnhalle vorgenommen werden. Am Donnerstag den 12. Jan. wird mit diesen Uebungen begonnen werden. Ge­stern nachmittag wurde auf dem Staigfeld die Jagd abgetrieben, wobei 25 Hasen und 1 Marder zur Strecke kamen.

Solitude, 5. Jan. Heute" Vormittag 11 Uhr machte Prinzessin Pauline, in Begleitung der Palastdame Gräfin v. Uxkull, mit Gesellschaft eine Cchlittenpartie hieher und nahm im Gasthaus Absteig­quartier. Zunächst wurde das Mittagessen einge­nommen, dann begab sich die Gesellschaft auf den See zum Schlittschuhlaufen. Da unsere kleine, mit reichlichem Schnee bedeckte Hochebene gegenwärtig den Anblick einer hübschen Winterlandschaft darbietet, so wurden noch dem Schlittschuhlaufen auch noch kleine Schlittenfahrten auf Bergschlitten ausgeführt. Um °/«4 Uhr Nachmittags traf auch die Königin hierein. Etwa um '/,5 Uhr begann die Rückfahrt in 6 Schlitten nach Stuttgart.

Ludwigsburg, 4. Jan. In letzter Zeit ist in Stadt und Bezirk bei den Erwachsenen die In­fluenza und in der Kinderwelt Diphtherie und Hals­bräune rcn neuem ausgetreten, und es haben diese Krankheiten manche Opfer gefordert. Bei manchem an der Influenza Erkrankten ist Lungenentzündung hinzugetreten. So sind in Stammheim, hies. Ober- amts, im abgelausenen Kalenderjahre blos 20 Er­wachsene verstorben, während 33 Kinder in den letzten Monaten den Halskrankheiten zum Opfer fielen.

Waiblingen, 5. Jan. Gestern nachmittag, als der hiesige Feldschütze die alte Winnenderstroße entlang ging, sah er einen Menschen in dem alten Cchützenhäuschen daselbst hängen. Beim Eintreten sah er, daß es ein hiesiger 58jöhriger lediger Schlosser­geselle war, welcher bis vor kurzem hier in Arbeit stand und gestern vormittag sein letztes Geld verzehrt hatte.

Kirchh eim u. T., 6. Jan. Nach dem Testa­ment des hier in bestem Andenken stehenden Stifters von Welling ist alljährlich an würdige und bedürftige.

hier bürgerliche Einwohner ein Almosen, bestehend in Holz, zur Verteilung zu bringen. Heute hat das Administrationskollegium 87 Bewerber in den Genuß dieser Gabe eingesetzt. Unter diese Personen kommen 11 Raummeter buchenes Brennholz zur Verteilung; es trifft somit 1 Person annähernd '/» Rm. Die Verteilung findet in nächster Woche im Kasernenhof hier statt. Bei dem gestrigen Nutz- und Brennholz- Verkauf im hiesigen Spitalwald Gaisrein wurde 34 Proz. über dem Anschlag erlöst.

München, 7. Januar. In altherkömmlicher Weise und unter gewaltigem Zulauf der Bevölkerung zogen gestern nach siebenjähriger Pause die Münchner Böttchergesellen wieder aus, um vordem Prinz­regenten und den Mitgliedern des königlichen Hauses den Schäfflertanz aufzuführen. Der seit fast vier Jahrhunderten bestehende Zunftgebrauch wird sich über die Dauer des Karnevals bis zum Faschingsdienstag ausdehnen.

Aus München, 5. Jan., schreibt man dem N. Tagbl. Wie schon im Vorjahre, so wurden auch Heuer über die Ende Oktober in Tegernsee, Egmating, Götting und Harthausen stattgehabten Haberfeld­treiben von den Beteiligten sogenannte Protokolle ausgegeben, die wieder in der Schweiz gedruckt worden sind. Der unflätige Inhalt dieser Schriftstücke ver­bietet, selbst nur einen Auszug daraus zu geben; sie sind in schlechten Knittelversen verfaßt und wurden teils in den betreffenden Gemeinden als Plakate an­geschlagen, teils mit der Post versandt. Die Polizei, deren Nachforschungen bis jetzt wieder ganz erfolglos geblieben waren, will nun in den letzten Tagen auf die Spur der Haberer gekommen sein. In Aßling wurde nämlich ein Bauerssohn verhaftet, der dringend im Verdacht steht, einen Teil jener Plakate angeheftet zu haben.

Im AmMrsee verlor, wie man aus München schreibt, im vergangenen Sommer ein Münchener Baumeister bei einer Kahnfahrt seine Börse mit 2140 Inhalt. Trotz eifrigsten Suchens konnte dieselbe nicht gefunden werden. Am Sylvesterabend vormittags 11 Uhr nun wurde die Börse bei infolge der kalten Temperatur ganz reinem Wasser von einem Fischer am Grund des Sees entdeckt und mit dem ganzen Inhalt glücklich gehoben.

Vom Bodensee, 3. Jan. Am Seeufer tritt die Influenza wieder auf; von Rorschach und Bregenz werden mehrere schwere Fälle gemeldet; auch auf deutschem Ufer hört man vom Umsichgreifen der Krankheit, jedoch bis heute von einem leichteren Charak­ter der Seuche.

Saarbrücken, 6. Jan. Heute fanden zwei sehr zahlreich besuchte Frauenversammlungen statt, in denen die Frauen der Nichtstreikenden ein­dringlichst aufgefordert wurden, ihre Männer zum Streiken zu bewegen; die Bergleute würden aushalten, bis ihre Wünsche sämtlich erfüllt seien; dieInter­nationale' stehe hinter ihnen. Die Männer lagerten zu Tausenden in den Straßen in der Nähe. Als

in der Welt zu haben, da ich bisher nur auf schwankendem Boden hin und her ge­schleudert worden war. Bedenke meine traurige Kindheit, und daß ich nie Vater­sorge und Mutterliebe gekannt habe. Im Billing'schen Hause nur geduldet, empfand ich dort die ganze Schwere der Heimatlosigkeit; denn ich besaß nicht den leichten Kindrrsinn, der aus Allem sich kleine Freuden zu schaffen weiß, der durch einen süßen Lkckertissen gekitzelt, glaubt, daß jeder Tag neue Süßigkeiten bringen müsse. Wie gerne hätte ich gehungert, wenn ich zu einem Menschen hätte Vater oder Mutter sagen können! Ich srllte nicht einmal diese Worte aussprechen, sollte nicht einmal nach meinen Eltern fragen, gebot man mir; es ruhte ein Geheimnis, ein Dunkel auf ihnen, dos ich nicht erforschen, nicht lichten dürfe. Von den Dienstleuten erfuhr ich, daß mein Vater wahrscheinlich noch lebe, aber nichts von mir wissen wolle; die Mutter sei in der Ferne gestorben und auf ihr ruhe ein« Schmach, die auch der Tod nicht gesühnt habe. Diese Enthüllungen dienten nur dazu, meine Kinderseele mit dem trcurigsten Denken zu erfüllen und zu peinigen. Bei Warnskiöld hatte ich wenigstens das Gefühl einer gewissen Berechtigung, als ein Mitglied der Familie zu gelten; denn Margarethe Billing sagte mir beim Scheiden. daß sie meinem Lehrer und Pflegevater eine Summe Geld übergeben hätte, welch« zu meinem Unterricht und Unterhalt für mehrere Jahre auireichrn würde. Die« erhob mich über das drückende Gefühl der Abhängigkeit in dem fremden Hause, doch Freude und Glück kannte ich nicht, und es war der Musik Vorbehalten, diese süßen Em­pfindungen in mir zu erwecken. Der Gesang löst« dir Trauer, di« Starrheit meines Herzens; im Gesang meine Freude auszujubeln, meinen Schmerz auSweinrn zu können, da» war nicht allein Leben, das war Ltbenswonne, und dieser Wonne wieder entsagen zu müssen, drückt mich tief, tief darnieder!*

Thyr« hielt inne, ein erhöhtes Rot färbte ihr« Wange« und ihre von Be­geisterung durchglüht«« Augen schaulen wir träumend in di« Weit«.

Rebnerinnen waren 12 gemeldet, djr-micht alle zum Worte kamen. Die Hauptrednerinnen sprachen bis sie heiser waren. In Neunkirchen wurden an der Wohnung derSaar- und Blieszeitung' die Fenster und Fensterrahmen durch eine Pulverexplosion zerstört.

Saarbrücken, 6. Jan. In den Gruben Dilsburg und Wellesweiler sind die Beleg­schaften wieder vollzählig angefahren. Aus Reden wird von heute berichtet: Zahlreiche auswärtige Ar­beiter, die zu Beginn des Ausstandes in ihre Heimat gegangen waren, kehren mit den Eisenbahnzügen zurück und nehmen die Arbeit wieder auf.

Düsseldorf, 7. Jan. Der Kassierer des Künstlervereins Malkasten ist mit den anver­trauten Geldern durchgebrannt.

Hamburg, 6. Jan. Der im Ahlwardt- Prozeß nicht aufgefundene Entlastungszeuge Krä- hahn ist dieser Tage aus Amerika in Altona ange­kommen, wo er sich gerichtlich vernehmen ließ.

Berlin, 7. Januar. Der Reichstag be­ginnt seine Sitzungen mit der ersten Beratung der Brausteuervorlage. Es werden sich daran die anderen Steuervorlagen anschließcn. Die National­zeitung bemerkt, es könne sich zunächst nur um eine vorzugsweise akademische Erörterung handeln, da alles von dem Verlauf der Verhandlungen der Militär­kommission abhängig sei; es werde vielfach empfohlen, die Militärkommission zugleich mit der Prüfung der Steuervorlagen zu betrauen. Vorgestern beschloß das Aeltestenkollegium der Berliner Kaufmann­schaft eine Petition an den Reichstag um Ablehn­ung des Börsensteuerentwurfes; die Handels­kammern sollen zur Mitunterzeichnung aufgefordert werden. Die Nationalliberale Korrespondenz ver­öffentlicht einen Kompromißvorschlag zur Militärvorlage. Der Kompromiß gesteht die Schaffung der vierten Bataillone zu; bezüglich des geforderten Friedensetats und der Verstärkungen für die drei Feldbataillone müßten die Aufschlüsse in der Kommission abgewartet werden. In der Begründung zur Vorlage werde diese Verstärkung gerechtfertigt mit der Notwendigkeit, eine ausreichende Ausrücke- stärke für den Fall der Mobilmachung zu sichern; dieser Gesichtspunkt verdiene volle Beachtung. Be­stimmte Vorschläge für Abstriche an den Forde­rungen enthält der Kompromiß nicht.

Zu argen Militärexzessen ist es, wie aus Posen berichtet wird, am Sonntag im Schützenhause zu St. Roch gekommen. Beim Tanz gerieten mehrere Artilleristen mit einer Anzahl stark angetrunkener Soldaten vom 47. Infanterie-Regiment in Streit, doch gelang es der herbeigeholten sogenannten Wirts­hauspatrouille, die aus einem Unteroffizier und zwei Gefreiten vom Fußartillerie-Regiment bestand, insofern Ruhe zu stiften, als sie die ersteren veranlaßte, sich aus dem Lokal zu entfernen. Die wie rasend sich geberdenden Infanteristen drangen jedoch diesen nach und so kam es vor der Thür zu neuen Tätlichkeiten,

Ulrich hatte ihre Hand längst wieder freigegeben; er blickte jetzt in das flammende Antlitz des Mädchens und seine Stimme klang ernst und wehmütig, als er sagte:

Ich sprach nicht allein vom Gesang, sondern euch vom Bühnenleben, welche» Du vielleicht aufgeben müßtest. Dasselbe ist allerdings von einem Zauber umgeben, dessen Einwirkung auf das Menschenherz ich nicht verkenne. Es mag etwas Be­rauschendes in dem Beifall der Menge liegen; berauschend wag das glitzernde Lampenlicht und die buntschiwmernden Gewänder wirken, Gold und Blumen werden vor den Füßen der gefeierten Bühnenkönigin ausgistreut; aber ist der Vorhang ge­fallen, sind die Lampen verlöscht, dann ist auch das Gold erblaßt, die Blumen sind verwelkt und dos grauende Tageslicht entnüchtert Kopf und Herz von dem Abend- rausche. Giebt es kein anderes Glück, um Dein Leben euszufüllen?'

Tu sprichst von Außen', unterbrach ihn Thyra,betrachtest da» Bühnen­leben von dem Standpunkt de» kühlen Kritikers aus dem Parterre, der über der Lampenreihe nur eine geschminkte Gestalt sieht, die mit dem Schritte hinter di« Koulifsen wieder in die Alltäglichkeit versinkt. Tu weißt nicht, daß man sein beste-, sein innere- Leben dem Publikum hingiebt und wir dasselbe in seinem verständnis­vollem Mitempfinden diese Hingabe lohnt. Die Beifallsrufe, die Blumen spenden find die Antworten de« Publikum- auf unsere Ansprachen an dasselbe; sie sind der Ausdruck seiner Dankbarkeit für unsere Mühe, der Lohn für unsere Arbeit; und so ist e» nicht Eitelkeit, welche uns diese Gabe lieb wacht, sondern die Erkenntni« gegen­seitigen Zusammen gehören-.'

-sUnd hat di« Ehrsucht der Gefährten nie dies« Beifall«krönen mit den Dornen de- Neide- durchstacht«« k* warf Ulrich ei».

Ich Hab« nicht di« Stacheln de« Neide» empfunden', erklang die Antwort. Ich fand in den Gefährten der Bühn« di« Familie, «elche ich stet» im Lebe« «n^