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ein Raub der Flammen geworden. Ob Fahrlässigkeit oder Brandstiftung die Ursache ist, wird die alsbald eingeleitete Untersuchung lehren. Auffallend ist, daß fast alle Brandfälle an einem Sonntag ausbrechen.
Marbach, 16. Oktbr. Eine wohlgelungene Obstausstellung veranstaltete dieser Tage der Bezirks- Obst- und Gartenbauverein. Der Verein zählt 100 Mitglieder. In der Ausstellung waren 90 Aepfel- und 51 Birnensorten — Tafel- und Wirtschaftsobst — auf 317 Tellern durch 16 Aussteller vertreten. Baumschulbesitzer Koch stellte allein 73 Sorten, Stadtschultheiß Haffner 60, Gerbermeister Ernst 73 Sorten aus.
Heilbronn, 17. Okt. Während der gestrigen Abendvorstellung des Illusionisten Merelli Theatersaal ertönte plötzlich der Ruf „Feuer", und alles stürzte den Ausgängen zu. Merelli, sowie andere Herren, welche sich sofort überzeugt hatten, daß von Feuer keine Rede war, beruhigten das Publikum, so daß das Gedränge zu den Ausgängen, welches leicht hätte verhängnisvoll werden können, schwächer wurde. Die Vorstellung nahm hierauf ihren Fortgang. Wie sich alsbald herausstellte, hat ein unbekannter Bursche den Ruf ausgestoßen und dann das Weite gesucht, was um so leichter gelang, als kein einziger Schutzmann zu der Vorstellung beordert war.
Geislingen, 16. Okt. Gestern wurde der seit etwa 3 Jahren vermißte und, wie berichtet, am letzten Montag bei Eybach als Skelett aufgesundene und als solcher agnoscierte Amtrichter Möller von Hechingen auf dem Kirchhof in Eybach beigesetzt.
Tuttlingen, 19. Oktbr. Heute früh fand man in der Hauptstraße ein 19jähriges Dienstmädchen vor dem Hause, in dem sie bedienstet ist, tot mit zertrümmertem Schädel auf dem Pflaster liegen; sie ist 3 Stock hoch herabgestürzt, der Tod muß sofort eingetreten sein. Die Verunglückte war als Nachtwandlerin bekannt und ist vermutlich im somnambulen Zustande von ihrer Schlafkammer auf das vom Regen schlüpfrige Dach gestiegen.
Saulgau, 16. Okt. Gestern Abend 8 Uhr erhob sich in unmittelbarer Nähe der Stadt am westlichen Himmel weithin leuchtender Feuerschein. Es brannte die 2'/- Kilometer von hier gelegene Scheuer des Knoll zur Eselsmühle; die Flammen verzehrten den reichen Vorrat an Getreide, Futter, Maschinen u. s. w. Menschen und Vieh konnten sämtlich gerettet werden; bei der vollständigen Windstille war keine Gefahr für weitere Verbreitung des Feuers zu fürchten. Ueber die Entstehung ist noch nichts bekannt.
— Dem „Pforzh. Beob." berichtet man von Bruchsal, 17. Okt.: Ein heuriger Rekrut, dem das Soldatenleben keine besondere Lust und Freude zu bereiten scheint, sprang oberhalb der Stadt in den Saalbach. Nachdem er herzhaft abgekühlt war, was
gegenwärtig leicht zu haben ist, schaffte er sich mit eigener Kraft wieder ans Land. Wahrscheinlich hat das Leben nun wieder mehr Reiz für ihn.
München, 17. Okt. EingräßlichesUn- glück trug sich in dem zu elektrischen Beleuchtungs- zweckcn dienenden Maschinenraum eines hiesigen Hotels zu; der Monteur wollte die Selbstzähler zwischen Schwungrad und Maschine Nachsehen und wurde dabei von einem rotierenden Hebel an den Kleidern erfaßt, so daß ihm Kopf und Arm buchstäblich vom Leibe gerissen wurde. — Angesichts der großen Viehverluste, welche infolge der Maul- und Klauenseuche die Bauern Oberbayerns erlitten haben, plaidieren heute die „M. N. N." für Einführung freiwilliger Versicherungen auf Gegenseitigkeit für alle Viehverluste Seitens einzelner Gemeinden und Kreise, wie solche in Baden seit Jahren schon bestehen und sich bestens bewährt haben. Nur die Selbsthilfe könne auf diesem Gebiete eingreifen.
Nürnberg, 17. Okt. Vor der Strafkammer stand dieser Tage der Braumeister der Denk'schen Brauerei Georg Wagner wegen Vergehens wider das Nahrungsmittelgesetz. Obwohl der Angeklagte wußte, daß bei Fertigung eines Sud Bieres im Winter 1889/90 der Kadaver einer Katze oder eines Hundes mitgesotten wurde, hatte er doch das betreffende Bier auf Lager gebracht, mit anderem Bier verschnitten und verkaufen lassen. Den Braugehilfcn, die aus der Pfanne die Knochen und Hautfetzen entfernten, gebot er strenge, von dem Vorfall nichts zu verraten. Doch kam die Sache später auf, das hiesige Landgericht lehnte es jedoch ab, strafrechtlich vorzugehen. Es bedurfte eines Beschlusses des obersten Landgerichts in München, um die Sache zur Verhandlung zu bringen. Die Braugehilfen sagten aus, der Kadaver habe einen üblen Geruch verbreitet und sie hätten vor Ekel nicht weiter arbeiten können. Mcdizinalrat Dr. Merkel bezeichnet? das Bier nur für den als verdorben, der von der Sache Kenntnis habe; nur in diesem Falle könne es durch Erregung von Ekel gesundheitschädlich wirken. Die Biertrinker hätten öfters das Vergnügen, Bier zu trinken, in welchem solche Sachen abgekocht seien. Dr. Prior, Vorstand der Versuchsstation der bayerischen Brauereien, sprach sich im ähnlichen Sinne aus; es sei keine Seltenheit, das beim Bierbrauen Ratten rc., die in den Brauereien ja massenhaft vorhanden seien, in die Pfanne kämen. Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Scheuppert, meinte, nach den bayerischen Gesetzen dürfe zur Bereitung von Bier nur Wasser, Hopfen und Malz genommen werden und nach reichsgerichtlicher Rechtsprechung seien die Nahrungsmittel als gefälscht zu betrachten, wenn der normale Zustand verändert sei und dadurch Ekel erregt werde. Der Staatsanwalt beantragte, den Angeklagten zu 300 ev. 30 Tage Gefängnis zu verurteilen. Das Urteil lautete auf Freisprechung, da das Gericht sich nicht überzeugen konnte, daß das fragliche Bier als verdorben zu bezeichnen sei.
Aus Ohligs (Rheinpr.), 15. Okt., wird der Barm. Ztg. geschrieben: Vor einigen Tagen lenkte hier die allgemeine Aufmerksamkeit ein auf Urlaub befindlicher Soldat auf sich. Er ist der größte Soldat der ganzen Reichsarmee, rechter Flügelmann beim 1. Earderegiment z. F. Der Niese, Pritz- schau, ist zu Urdenbach geboren und konnte seinerzeit bei der Musterung in Düsseldorf nicht unter das Maß gebracht werden; seine Länge beträgt 2,06 Meter. Unser Landsmann wurde kürzlich mit dem kleinsten Soldaten der Reichsarmee, dem deutschen Kronprinzen, auf einem Bilde photographiert. Eins dieser Bilder bekam Pritzschau zum Andenken geschenkt.
Düsseldorf, 14. Okt. Folgende drollige Anekdote erzählt sich die „Düsseldorfer Ztg.": „Eine den sogenannten „besseren" Ständen ungehörige Dame hat dieser Tage anläßlich ihres Geburtstages ihre Bekannten zu einem Diner eingeladcn. Beim Beginn desselben stellte sich heraus, daß zufällig nur dreizehn Personen anwesend waren. Die Gastgeberin erklärte, unter solchen Umständen sich keinesfalls zur Tafel setzen zu wollen, weshalb einer der eingeladenen Herren ohne weiteres einen Dienstmann von der Straße holte. Die solcher Gestalt vervollständigte Tafelrunde setzte sich dann zu dem Festmahl nieder und ergötzte sich außer an den aufgetragenen Speisen namentlich an dem Pflichteifer des Dienstmannes, der sich nichts weniger als verlegen zeigte. Nach aufgehobener Tafel richtete der Herr, welcher den Dienstmann herbeigeholt, an den letzteren Scherzes halber die Frage: „Was bekommen Sie?" Unser Dienstmann erwiderte darauf in vollem Ernst: „Mer hadde sibbe Gäng; für der Gang krieg ech fünf Grosche, dat is zusamme drei Mark on fofzig Pfennig!" Ob dieser verblüffenden Antwort soll mit Ausnahme des Herrn, welcher den Dienstmann bestellt hatte, die Festgesellschaft in stürmische Heiterkeit versetzt worden sein.
— Amtlicher Cholerabericht. Am 14. Oktbr. wurden gemeldet: in Hamburg 24 Erkrankungen, 6 Todesfälle; in Altona 3 Erkrankungen, 1 Todesfall; im Großherzogtum Baden in Leopoldshafen 1 Todesfall; in Mecklenburg-Schwerin zu Boizenburg 1 Erkrankung.
Hamburg, 17. Okt. Der Kaiser überwies dem Senat 50,000 für die Notleidendenden Hamburgs. Bis zum 15. Oktober wurden in Hamburg insgesamt 17,962 Cholera-Erkrankungen und 7598- Todesfälle gemeldet.
Berlin, 18. Okt. Heute vormittag um 10 Uhr fand im königlichen Schlosse in Gegenwart des Kaisers die Nagelung und Weihe der neuen Fahne des 2. Bataillons des Infanterieregiments Goeben (2. rhein. Nr. 28) statt. Außer dem kaiserlichen Hauptquartier und einer Abordnung des Regiments mit Oberst Bilfinger an der Spitze nahmen der Reichskanzler Graf Capridi, der Gouverneur, Generaloberst v. Pape teil. Nach der Nagelung im
ihres Dramas Dolorosa ihre Gegenwart erheische. Sie habe inzwischen seinen, des Generals Wunsch, daß sie nach der Trauung die Bühne nicht wieder betreten möge, nochmals in Erwägung gezogen und müsse demselben Berechtigung zugestehen. So schlage sie ihm denn vor, die Hochzeit aufzuschieben, bis „Dolorosa" in Scene gegangen sei, leider könne sie ihn vorher nicht mehr sehen, doch bitte sie ihn, ihr regelmäßig zu schreiben und füge sie zu diesem Behufs ihre Adresse in Paris bei. Der Schluß ihres Briefes lautete:
„Auf Wiedersehen in Paris nach der Aufführung von „Dolorosa"; heute zeichne ich nochmals Ihre Olivia Orme, in nicht zu ferner Zeit indeß werde icy, so Gott will, zeichnen als „Olivia Douglas." —
Herr Walter erschien jetzt; Frau Orme siegelte ihren Brief zu und sagte dann. „Herr Waller — es sind Umstände eingetreten, welche eine sofortige Abreise nach Paris nötig machen. Glücklicherweise ist heute Dienstag, on welchem Tage stets ein Dampfer nach Marseille fährt; bitte treffen Sie Ihre Vorkehrungen und sorgen Sie auch dafür, daß Niemand erfährt, welche Route wir »erfolgen. Um unliebsame Erörterungen zu vermeiden, werde ich nachher nach Torre del Grcco fahren und von dort aus heute Nachmittag an Bord gehen — bitte besorgen Sie mir sofort einen geschloffenen Wagen. Ordnen Sie die Hotelrechnung und lassen Sie unser Gepäck erst im letzten Augenblick an Bord schaffen — wenn ich nicht irre, geht der Dampfer um drei Uhr ab. Sollte der General Douglas vorsprechen, so lassen Sie ihm durch den Diener diesen Brief zustcllm und ihm ausrichten, ich habe
eine Spazierfahrt durch die Straßen Neapels unternommen."-
Als Frau Orme an Bord ging, überreichte Herr Walter ihr ein Billet, welches General Douglas gesandt hatte; er schrieb ihr, er sei plötzlich von seinem alten Feind, der Gicht, heimgesucht worden und müsse das Bell hüten.
Wie Herr Waller berichtete, hatte er dem Boten, welcher das Billet gebracht, die für den General bestimmte Mitteilung mitgegeben und Frau Orme nickte befriedigt. Während der Dampfer die blauen Fluten teilte, stand die Künstlerin auf
dem Verdeck und blickte hinaus auf den sonnenbestrahlten Gipfel des Vesuv und die langsam verschwindenden paradiesischen Eilande Jschia und Procida — fuhr sie endlich dem Glücke entgegen?
XXIX. Kapitel.
An einem stürmischen Märzmorgen saßen Regina und Olga in der Bibliothek, und während die Erstere einen Aussatz ins Reine schrieb, blätterte Olga in den Statuten einer frommen Schwesterschast; sie hatte den Entschluß gefaßt, einer solchen als Krankenpflegerin beizutreten.
Regina war seit Percy Linds ay's Tode sehr ernst und schweigsam geworden,, wenn sie auch Gott dankte, daß er im Glauben an sie, die er als seine Braut bettachtete, hatte sterben dürfen. Frau Lindsay hatte sich dauernd in San Franzirc» niedergelassen; ihre dort lebende Schwester war die einzige Verwandte, die sie noch besaß, und das Grab ihres Sohnes machte ihr die fremde Stätte zur Heimat.
Herr Palma und seine Mündel sahen sich jetzt nur noch bei den Mahlzeiten und Regina meinte zu bemerken, daß der Hausherr das Alleinsein mit ihr ebenso ängstlich vermied, als es ihrerseits geschah. Durch Frau Palma hörte Regina, daß Frau Carew wieder in der Stadt sei und dieser Umstand ließ das junge Mädchen den Schluß ziehen, daß die Verlobung zwischen ihrem Vormund und seiner schönen Klientin beschlossene Sache sei.
„Regina," sagte Olga plötzlich, indem sie das Heft, in welchem sie geblättert hatte, schloß, „weißt Du, daß ich heute einen Schritt vorwärts gekommen bin?"
„Inwiefern?" fragte Regina, die Feder niederlegend und sich neben Olga auf den Divan setzend.
„Elliot hat mir zugestanden, nach Europa zu reisen und die verschiedensten Anstalten, welche sowohl in Deutschland, wie in Frankreich und England bestehen, zu besuchen."
Fortsetzung folgt.