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hinterlafsenen Brief nimmt er auf Nimmerwiedersehen Abschied; er ist ohne Zweifel nach Amerika. Gericht­liches Berfahren ist eingeleitet.

Weins b erg, 12. Okt. Wie dies vor einiger Zeit aus Wangen i. Allgäu und aus Balingen ge­meldet wurde, so hat neuerdings das häufigere Vor­kommen von Todesfällen in von der Maul- und Klauenseuche betroffenen Rindviehbeständen auch die Tierbesitzer des diesseitigen Bezirks in große Auf­regung versetzt. Der frühere, verhältnismäßig milde Verlauf der genannten Seuche führte zu der Ver­mutung, daß hier eine weitere Seuche mit im Spiel sein müsse. Einerseits wurde an Milzbrand, anderer­seits an Lungenseuche gedacht. Die an Ort und Stelle entsandten tierärztlichen Mitglieder des K. Medizinalkollegiums, Prof. Zipperlen aus Hohenheim und Regierungsrat Beißwänger aus Stuttgart, stellten jedoch fest, daß auch hier nichts Anderes als die bösartige Maul-und Klauenseuche vorliege. Die genannten Sachverständigen empfahlen den Tier­besitzern behufs Verhinderung weiterer Todesfälle einen Versuch mit Pyoktanin zu machen; das Pyoktanin, ein Anilin-Präparat, wird in wässeriger Lösung (1:500) benützt und soll nach den bisherigen Ver­suchen einen milderen Krankheitsverlauf bewirken, wenn es gleich bei Auftreten der ersten Krank­heitserscheinungen zur Anwendung kommt und von obiger Lösung jedem Tiere täglich zweimal etwa je Liter von der Seite her in die Maulhöhle ein­gespritzt wird, auch jedem Stück Vieh die Klauenspalten täglich damit bepinselt werden. Im klebrigen wurde die Anwendung umfassendster Schutzmaßregeln ver­anlaßt und wiederholt betont, daß noch größerer Schaden nur dann zu verhüten ist, wenn die Tier­besitzer durch pünktliche Anzeige der Seuchenausbrüche und strengste Einhaltung der angeordneten Maßregeln die Behörden mehr unterstützen, als das bisher im Allgemeinen geschehen ist.

Vom untern Neckar, 12. Okt. Ein Raubmord wurde gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr in Billigheim, Großherzoglich badischen Amts Mosbach, verübt. Der dortige Kunstmühlebesitzer Herz wurde auf dem Wege zwischen seiner Mühle und dem Orte überfallen, getötet und beraubt. Die Verstümmelung des Unglücklichen an Hand und Auge läßt auf einen heftigen Kampf schließen. Die badische und württembergische Gendarmerie ist in allen um­liegenden Orten auf eifriger Suche nach dem Thäter, den sie in einem Handwerksburschen vermutet, der mit einer Zuhälterin (Handwerksburschin") reist.

Heuchlingen, 12. Oktbr. Gestern feierten die Anton Steeb'schen Eheleute in Holzleute das Fest ihrer goldenen Hochzeit, an welchem die ganze Gemeinde innigen Anteil nahm. Vom Krieger- und Gesangverein wurde das Jubelpaar zur Kirche be­gleitet und daselbst vom Ortsgeistlichen der eheliche Bund aufs neue eingesegnet. Dabei funktionierten dieselbenBrautjungfern" und dieselbenBraut­führer", die vor 50 Jahren diese Ehrenstellen be­

gleiteten. Gewiß ein sehr seltenes Vorkommnis! Die genannten sechs Personen zählen zusammen 442 Jahre, wovon auf das Jubelpaar 152, auf dieBraut­jungfern" 139 und dieBrautführer" 151 fallen.

Schramberg, 15. Okt. Auf unserer neuen Bahn hat sich heute früh ein Unfall ereignet, bei dem glücklicherweise Verletzungen von Personen nicht vor­gekommen shid. Zwei auf dem Privatgeleise der Steingutfabrik hier aufgestellte Güterwagen sind da­selbst gegen 7 Uhr in Lauf und auf die freie Bahn geraten und in der Nähe des Haltepunkts Lehengericht mit dem von Schiltach kommenden Personenzug Nr. 520 zusammengestoßen. Dabei wurden die beiden Güter­wagen zertrümmert; Untersuchung ist eingeleitet.

Riedlin gen, 14. Oktbr. Letzten Mittwoch abend hat sich bei Daugendors Käser Uhl von dort auf der Jagd, wie anzunehmen aus Unvorsichtigkeit, selbst erschossen. Der Schuß ging ihm durch den Unterleib, das Gewehr war mit einer Kugel von schwerem Kaliber geladen. Ein Jagdfreund bestätigt, daß der Tod nach etwa 5 Minuten eingetreten sei.

Wald fee, 14. Okt. In Winterstettendorf schoß sich ein junger Wirtssohn im Walde eine Kugel in den Kopf. Da der Schuß nicht tötlich ausfiel und keine menschliche Hilfe in der Nähe war, blieb der Unglückliche 1'/» Tage liegen, bis er endlich zu voller Besinnung kam, worauf es ihm mit Aufbieten aller seiner Kräfte gelang, auf dem Boden kriechend seine Wohnung zu erreichen. Die Bestürzung seiner Angehörigen, welche ihn wohl vermißt, jedoch keine Ahnung von der unseligen That hatten, war groß. Sofort wurde ärztliche Hilfe herbeigerufen, jedoch konnte die Kugel bis jetzt noch nicht entfernt werden.

München, 14. Okt. Kaiser Wilhelm hat an den Prinzen und die Prinzessin Leopold eine Einladung zur Patenschaft bei der jüngst geborenen Prinzessin, deren Taufe am 22. Oktober stattfinden soll, ergehen lassen. Der Prinz und die Prinzessin Leopold haben die Einladung angenommen.

Essen a. d. Ruhr, 12. Okt. Der Geh. Kommerzienrat Krupp hat zur Linderung des Not­standes in Hamburg und Altona der Sammelstelle der Rheinisch-Westfälischen Zeitung 10 000 ^ über­wiesen, wovon 7500 für Hamburg und 2500 ^ für Altona bestimmt sind.

Hamburg, 13. Okt. In einem Hause des Grünen Sood, das wegen seines entsetzlich schmutzigen Zustandes von den Bewohnern polizeilich geräumt werden mußte, wurden heute bei der Desinfizierung 60,000 in einem Winkel gefunden. Die Be­wohnerin hatte bisher eine Armenunterstützung be­zogen.

Berlin, 15. Oktbr. Auf dem soz.-dem. Parteitag in Berlin (14. Nov.) wird über die Reichstagsfraktion Singer, über den allgemeinen Not­stand Liebknecht, über den Antisemitismus und die Sozialdemokratie Bebel berichten. Der hiesige Cholerahospital wird nunmehr geschlossen.

In Mailand fand bei der Porta Genova eine anarchistische Demonstration statt. Die Wachen holten Verstärkungen herbei und zerstreuten die Demonstranten, welche sich zur Wehre setzten, wobei ca. 20 Revolverschüsse abgefeiert wurden. Sechzehn Anarchisten, worunter zwei Frauen, wurden verhaftet. In dem anliegenden Stadtteil hat der Vorfall Panik hervorgerufen.

Vermischtes.

Ein Einschreibebrief, in dem eine Summe von 18,000 bestehend aus einem ost­preußischen Pfandbrief über 3000 Jndustrieaktien und 3 Sovereigns enthalten war, ist auf dem Wege nach Berlin abhanden gekommen, ohne daß ein be­stimmter Anhalt über den Verbleib des Briefes ge­funden ist. Die Wertsendung war von einer Königs­berger Bankfirma auf dem dortigen Postamte I. zur Beförderung nach Berlin aufgegeben, und die Post bewilligte der Firma nur die übliche Entschädigung für verloren gegangene Einschreibsendungen im Betrage von 45 Die Untersuchung über das Verschwinden des Briefes ist in vollem Gange.

'Der Hamburger SchnelldampferFürst Bismarck", welcher am 1. Oktober mit 216 Passa­gieren erster und 179 Passagieren zweiter Klaffe, sowie mit einer Bemannung von 328 Personen von Southampton abging, hatte auf seiner Reise nach New-Aork einen Cyclon zu bestehen, wie er in gleicher Heftigkeit selten vorkommt. Das Unwetter brach gerade gegen Mitternacht los. Trotzdem war keinen Augenblick die Gewalt über das Schiff verloren. Kapitän, Offiziere und Mannschaft versahen mit größter Aufopferung ihren Dienst; mehrere von ihnen er­hielten schwere Verletzungen und wurden dienstunfähig. Die Passagiere haben, als derFürst Bismarck" nach einer Reise von 7 Tagen 10 Stunden glücklich in New-Aork eingetroffen, durch ein gewähltes Komite der Direktion in Hamburg telegraphisch ihre Aner­kennung aussprechen lassen.

D er größte Schlachthof der Welt. Die seit etwa drei Jahren im Bau begriffenen, einen Kostenaufwand von rund 5 Millionen Mark bean­spruchenden Zentral-Schlachthofanlagen in Hamburg waren dieser Tage einer Anzahl geladener Personen, sowie dem Senat und der Bürgerschaft zur Besich­tigung geöffnet. Die Anlage ist überhaupt eine der großartigsten der Welt und kann sich ähnlichen in London, Paris und Berlin ebenbürtig an die Seite stellen; an Bequemlichkeit und praktischer Einrichtung dürfte aber der Hamburger Zentral-Schlachthof zur Zeit der vollkommenste sein. Für eine jährliche Schlachtung von rund 50,000 Ochsen, 60,000 Käl­bern, 80,000 Hammel und 150,000 Schweinen ein­gerichtet, bietet der neue Zentral-Schlachthof auf einem Raume von rund 60,000 Quadratmetern etwa 25 Einzelgebäude, von denen jedes einem bestimmten Zweck dient. Es ist eine gewerbliche Gesamtanlage, die in Verbindung mit dem nahe dem BahnhofStern-

Sie schwanke und wäre gefallen, wenn Herr Palma sie nicht in seinen Armen aufgefangen hätte. Sie Hütte ihn leise murmeln:O, Lilly wie hast Du mich geängstigt" und sie meinte, es müsse Seligkeit sein, so, von seinem Arm umschlungen, sterben zu dürfen.-

Lilly," begann Herr Palma nach einer Weile sanft,hören Sie mich an! Sie lieben Herrn Lindsay wie einen Bruder. Daß er Sie leidenschaftlich liebt, unterliegt für mich keinem Zweifel, aber in der Ehe muß die Liebe gegenseitig sein, sonst wird die Ehe eine entsetzliche Fessel! Wie nun, wenn Sie diesem Manne Ihre Hand reichen und später Ihr Herz an einen Anderen verlieren?"

DaS kann nicht geschehen ich werde meine Pflicht thun und Gott wird mir helfen!"

Lilly wenn Herr Lindsay wüßte, welcher Art Ihre Empfindungen für ihn sind, würde er nie und nimmer Ihre Hand begehren?"

Ahnte er ihr Geheimnis? Wußte er. wen sie im Herzen trug? Regina's bleiche Wangen röteten sich und fast stammelnd sagte sie:

O nein ich liebe ihn wie er mich ich trage seinen Ring weil"

Lilly Sie täuschen sich selbst, wenn Sie glauben, Percy Lindsay so zu lieben, wie er sie liebt! Und nun raffen Sie all' Ihren Mut zusammen ich habe schlimme Nachrichten für Sie. Hier lesen Sie Lilly!"

Regina erkannte die telegraphische Depesche, welche sie selbst gestern Herrn Palma gebracht; von einer schlimmen Ahnung erfaßt, las sie Folgendes:

San Francisko Herrn Elliot Palma, New-Uork, fünfte Allee 17. Teilen Sie Ihrem Mündel mit, mein Sohn sei schwer krank und außer Stande, seine Reise fottzus-tzen. Wenn sie ihn noch am Leben finden will, darf sie keine Minute ver­lieren und in diesem Falle bitte ich Sie, Regina hierher zu begleiten.

lElise Lindsay.'

O, Herr Palma lassen Sie uns reisen," flehte Regina schluchzend.

Geduld, Regina hören Sie mich an! Dies Telegramm ist in Folge hef­tiger Schneefälle, welche die Drähte ruiniert haben, drei Tage unterwegs gewesen; sofort, nachdem ich gestern diese Depesche erhalten, telegraphierte ich nach San Fran­ziska, aber bis heute Nachmittag war noch keine Antwort eingetroffen. Die Pacific- bahn hat den Betrieb eingestellt und bevor derselbe wieder organisiert ist, können wir nicht an Reisen denken. Zudem erwarte ich täglich Nachricht von Ihrer Mutter, die Sie möglicherweise nach Europa ruft. Wenn es Ihnen recht ist, fahren wir direkt ans Telegraphenamt vielleicht ist inzwischen die Verbindung wieder her­gestellt worden."

Regina blickte ihn dankbar an zu sprechen vermochte sie nicht. Er zog Regina's Arm durch den seinen und schritt hastig mit ihr zum Wagen; das junge Mädchen lehnte mit geschloffenen Augen in den Kiffen und die bleichen Lippen zuckten krampfhaft. Am Telegraphenamt stieg Herr Palma aus und in fieberhafter Spann­ung erwartete Regina seine Rückkehr. Endlich erschien er, aber ohne Telegramm; er berichtete, die Verbindung sei noch immer unterbrochen, doch stehe zu hoffen, daß dem Schaden bald abgeholfen sein werde.

Regina nickte stumm; Herr Palma brachte sie nach Hause und begab sich dann auf sein Bureau. Das junge Mädchen warf sich schluchzend auf's Bett und völlig erschöpft weinte sie sich endlich in Schlaf.

Ein leises Pochen weckte sie; verwirrt sprang sie auf und rief mit zitternder Stimmeherein!" Im nächsten Augenblick stand Herr Palma auf der Schwelle und reichte ihr traurig eine Depesche. Dieselbe war kurz genug:Mein Sohn ist soeben sanft entschlafen," meldete die arme Mutter und heiße Thränen fielen aus> Regina's Augen auf die wenigen Worte.

Fortsetzung folgt.