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Musik konzertierte, die Fontaine, sowie die den Markt­platz begrenzenden Gebäude waren prächtig illuminirt. Ebenso bot das gut angeordnete reichhaltige Feuerwerk der zahllosen Menschenmenge viele Ueberraschungen.

Ueber ein schon kurz erwähntes Vorkommnis schreibt man auswärtigen Blättern aus Stuttgart: Eine junge Münchener Dame, die hieher gekommen war, um sich zu verheiraten, hat ihr ganzes Heirats­gut, das sie mit sich führte, verloren. Es sind über 70,000 um welche die junge Dame gekommen

ist. Sie ist die Verlobte eines hiesigen jungen Kauf­manns K., des Bruders des jüngst verstorbenen Afrika­reisenden K-, und hatte sich bei der hiesigen Firma Zeyer und Leibbrand verschiedene Toiletten für ihre bevorstehende Hochzeit bestellt. Ganz bestürzt erschien die junge Dame neulich im Geschäft und fragte, ob man dort nicht ein Packet von ihr gefunden habe, was aber nicht der Fall war. Eben dieses Packet enthielt das ganze Vermögen der Dame, bestehend in Obligationen und Papiergeld, 1000 ^.-Scheinen. Da die junge Dame auch in der Kirche gewesen war, so forschte man auch hier, sowie an verschiedenen anderen Orten nach, allein bis jetzt ohne Erfolg. Von Kaufmann Haun, Königsstraße, werden im Neu. Tagbl." 2000 ^ Belohnung für den Finder des am Dienstag früh zwischen '/->89 Uhr in der Königs­oder Schloßstraße verloren gegangenen Geld-Couverts mit vielen Tausendmarkscheinen ausgesetzt, ebenso für den, welcher den event. unehrlichen Finder zur Anzeige bringt, wenn auch nicht mehr der ganze Betrag vor­handen wäre.

Murrhardt, 15. Aug. Der Beerenreichtum unserer Wälder, welcher der bedürftigen Bevölkerung einen nicht zu unterschätzenden Verdienst gewährt, hat Heuer einen überraschenden Zuwachs erhalten, indem auf einmal die bis jetzt in der ganzen Gegend un­bekannte Preiselbeere in unseren Heidelbeerschlägen stark auftritt. Wie kommt es, daß dieses Pflänzchen, für dessen Wachstum doch schon jahrhundertelang hier die natürlichen Bedingungen gegeben sind, gerade jetzt sich ansiedelt? Woher und wie kam wohl der Same in unsere Gegend? Die dem hohen Schwarz­wald eigentümlichen weißen Heidelbeeren sind vor einigen Jahren bei Sulzbach a. M. (79 km von hier) angetroffen worden. N. Tagbl.

Balingen, 14. Aug. Den hiesigen und Ebinger Bäckern, Mezgern und Konditoren ist seitens des k. Oberamts dieser Tage gestattet worden, ihre Produkte an den Sonntagen außer von Vormittags 68 Uhr, 11 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr, auch noch Abends von 68 Uhr, Winters von 57 Uhr an die Käufer abzugeben, was allseitige Befriedigung hervorruft.

Nord heim, 14. Aug. Letzten Donnerstag ist zwischen hier und Klingenberg Herr Oberamtsarzt Dr. Schmid aus Brackenheim samt seinem Kutscher schwer verunglückt. Die Pferde scheuten und sprangen auf die Seite, so daß das Gefährt auf einen Stein­haufen geriet und umgeworfen wurde. Der Kutscher

wurde vom Bock geschleudert und mußte bewußtlos vom Platze getragen werden. Die Pferde rannten mit dem umgeworfenen Gefährt, in dem sich der Herr Oberamtsarzt noch befand, davon, so daß er an den Händen arg zerschunden wurde, auch war das Dach des Wagens zum Teil in Fetzen zerrissen. Das Unglück wäre noch größer geworden, hätte der Herr Oberamtsarzt nicht die Geistesgegenwart gehabt, die Zügel zu erhaschen und so endlich die wild dahin­stürmenden Pferde zum Stehen zu bringen.

Heilbronn, 15. Aug. Die Frau eines in der äußeren Rosenbergstraße wohnenden Briefträgers bemerkte gestern, von einem kurzen Ausgang zurück­kehrend, wie ein Mann ihre vorher abgeschlossen ge­wesene Wohnung verließ. Die beherzte Frau hielt den Eindringling an, sah ihre Wertsachen nach und vermißte richtig eine Taschenuhr. Nachdem sie den Dieb eingeschlossen hatte, rief sie einen Schutzmann herbei, der denselben, einen vielbestraften Stromer, festnahm. Die gestohlene Uhr hatte derselbe zu ver­stecken gesucht, sie wurde aber aufgefunden.

Meßstetten, 15. Aug. Die Dinkelernte ist bei uns in vollem Gange, dieselbe ergiebt nicht nur eine große Quantität, sondern verspricht auch nach Qualität eine ausgezeichnete zu sein, selbst ältere Leute sagen, daß sie noch nicht bald einen so schönen Stand des Kornösches getroffen haben, namentlich in Bezug auf die Aehren. Auch der Haberösch läßt nichts zu wünschen übrig, namentlich hat dem­selben die günstige Witterung voriger Woche im Wachs­tum recht viel beigetragen und wer vor ca. 4 Wochen durch den Haberösch gewandert ist, und jetzt wieder dadurch kommt, muß nur staunen. Ebenso steht es mit den Kartoffeln, dieselben sind prachtvoll, es ist eine Freude, mit anzusehen, wie sämtliche Kar­toffelstöcke mit Blüten prangen; es werden auch schon Frühkartoffeln geholt und ist der Ertrag ein recht be­friedigender. Vom Hagel sind wir soweit, aus­genommen einiger Grundstücke gegen die Hossinger Grenze, verschont geblieben, möge uns der Himmel auch vor weiterem Hagel behüten, denn wer es schon mitgemacht, daß ihm die Felder verhagelt worden, weiß sicherlich von der Armut, welche derselbe mitbringt.

Tuttlingen, 12. Aug. Die Angelegen­heit des Stadtpflege-Defizits soll durch Vermittlung des Regierungspräsidenten v. Luz und Reg.-Rat Hölldampf in endgültiger Weise erledigt sein, indem sich Stadtschulthriß Storz bereit erklärt hat, 3000 ^ einschließlich der zur Herrichtung des Max Schneckenburgerplatzes gestifteten 1000 zu bezahlen.

Ulm, 13. Aug. Eine Bauersfrau aus Thal­fingen, Bezirksamts Neu-Ulm, wurde auf dem heutigen Wochenmarkt als raffinierte Betrügerin entlarvt. Ein hiesiger Butterhändler, der viel Butter aufkauft, hatte an den letzten Samstagen in der Mitte mehrerer großer Butterballen immer große ungesottene Kartoffeln, die zur Vermehrung des Gewichts in erstere hinein­

gesteckt waren, gefnnden. Er machte Anzeige, und gestern gelang es, die Bäuerin zu ermitteln, bei der sich wiederum inmitten ihrer Butterballen Kartoffeln vorfanden. Die Betrügerin soll in guten Vermögens­verhältnissen stehen.

Ulm, 15. Aug. Gestern Abend gerieten Sol­daten des Infanterieregiments 124 in einer Wirt­schaft der Neustadt wegen eines Mädchens in Streit. Die einschreitenden Wirtsleute wurden zurückgedrängt und es erhielt dabei die Frau auf den rechten Arm einen furchtbaren Hieb mit einem gezogenen Seiten­gewehr, der beinahe die Pulsader durchgeschnitten hätte. Von einem herbeigeeilten Schutzmann wurde der Soldat nach heftiger Gegenwehr überwältigt und der Kasernenwache des Regiments übergeben. Er ist rin schon mehrfach bestrafter Geselle.

Ulm, 15. Aug. Gestern mittag halb 1 Uhr fuhren 4 Personen von der Feldarbeit auf dem Kuh­berg auf einem Bernerwägele in die Stadt zurück. Unterwegs scheute das Pferd, wobei unglücklicherweise das Leitseil brach. Das Pferd rannte mit dem Wagen bis zum Uebergang am Mohrenkopf, wo es halten mußte, da die Schranke geschlossen war. Hier be­merkte man, daß einer der Insassen fehle. Derselbe wurde unterwegs vom Wagen geschleudert. Nach einiger Zeit kam er nach, zu Hause fühlte er sich aber bald unwohl und da Blut aus seinem Ohr floß, wurde er ins Hospital verbracht, wo er kürz dar­auf starb.

Künzelsau. Die heurige Ernte wurde im Allgemeinen vom Wetter in ganz außerordentlicher Weise begünstigt, wenn auch ab und zu ein kleiner Regenguß kam, der etwas störend wirkte. Das Er­gebnis ist bei uns in Beziehung auf Menge und auf Güte ein recht gutes. Die Aehren sind groß, die Körner sehr vollkommen, so daß beim Dreschen ein mehr als befriedigendes Ergebnis sich einstellt. Unsere Bauern sagen selbst, daß sie in vielen Jahren keine solche Ernte gehabt. Auch Oehmd gibt es noch, wenn auch auf der Höhe weniger als im Thale. Die Kar­toffelfelder, die in den letzten Jahren um diese Zeit schon ganz abgestorben waren, stehen größtenteils noch in vollem Blätterschmuck da. Unsere Weinberge stehen gleichfalls schön da und es kann, wenn das günstige Wetter anhält, derHeurige" gut werden. Es ist nur schade, daß nicht mehr Trauben da sind. Doch ist bei dem heurigen trefflichen Stand des Holzes für künftige Jahre wieder besserer Ertrag als in den letzten Jahren zu erhoffen.

Ravensburg, 14. Aug. Die Restaurations­und Verschönerungsarbeiten auf der Veitsburg sind jetzt nahezu vollendet. Eine Zierde ist der neue Pa­villon, der sich, namentlich vom Thal aus gesehen, sehr hübsch ausnimmt. Zur Herstellung der Giebel­felder, Gesimse und Säulen wurde Spohn'scher Zement verwendet. Auch das Wirtschaftsinventar ist neu und der ganze Burghof mit schattenspendenden Kastanien und Linden bepflanzt. Die altehrwürdige, historische

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Frau Walter erschrak heftig, als ihre Gebieterin, das blutbefleckte Taschentuch an die Lippen gepreßt, sichtbar ward; sie eilte ihr entgegen und wollte sie zu einem Sitze geleiten, aber Frau Orme flüsterte:

Nach Hanse hoffentlich ist der Wagen schon wieder da."

Im Begriff, auf die Straße zu treten schritten Frau Orme und ihre Be­gleiterin an drei lebhaft gestikulierenden Herren vorüber und einer derselben fragte den Anderen:

Douglas wo ist denn Ihr Vater augenblicklich?"

In London," erwiedert« die Stimme, die einst für Minnie Merle gleich Sphärenmusik gewesen,aber er reist sehr bald nach Italien."

Frau Orme stützte sich schwerer auf ihre Begleiterin; matt und elend kam sie zu Hause an und sobald sie sich soweit erholt hatte, um reisen zu können, erklärte der Arzt, sie müsse Paris verlassen ein Diktum, dem sie nicht widersprach.

Frau Orme," sagte Frau Walter sanft,warum wollen Sie nicht nach Amerika zurückkehren? Dort würden Sie sich gewiß bald erholen!"

Frau Orme antwortete nicht sofort; ihr selbst war in den letzte« Wochen manchmal der Gedanke nahe getreten, ob sie nicht besser daran thue, alle sonstigen Bestrebungen aufzugeben, ihren Haß- und Racheplänen zu entsagen und an Regina'S Herzen die kurze LebenSfrist, dir ihr vielleicht noch vergönnt war. anSzukosten. Sie sehnte sich mitunter so schmerzlich nach dem Kinde war «S doch das Einzige, was sie auf der Welt besaß und in dem fieberhaften Jagen nach dem ihr und Regina geraubten Rechte, nach dem Namen, den man ihnen Beiden bestritt, waren ihr schon

viel« köstliche Stunden des Beisammenseins entgangen.Und doch überwand

sie diese Versuchung sie mußte den Kampf durchführen, eben um ihres Kindes willen und vielleicht ja, vielleicht gelang »S ihr. Regina den ihr gebührenden Name« zu «ringen.' . . Mochte sie selbst dann sterben ihr Lebenzweck war er­reicht. das dankbare Lächeln ihrer Tochter würde ihr>» bittere Stund» auswirgrn...

Und so sagt, sie dann sanft aber sch:

Ich kehre nicht nach Amerika zurück ich will nach dem Süden gehen, wie es der Arzt wünscht, und wenn ich dort mich wieder gekräftigt habe, kann ich mich mit frischem Blut meiner Lebensaufgabe widmen."

XV. Kapitel.

Frau Palma haben Sie vielleicht einen Augenblick Zell für mich!' Gewiß, Fräulein Orme bitte, treten Sie ein."

Frau Palma blickte erwartungsvoll auf, als Regina der Aufforderung Folge leistete, Olga aber, welche behaglich in einem Lehnstuhl saß und in einem französischen Roman blätterte, rief lachend:

Darf ich dableiben, Regina, oder handelt es sich um ein Staatsgeheimnis? Hoffentlich nicht ich habe gerade ein bequemes Plätzchen gefunden und möchte dasselbe ungern aufgeben."

Bleiben Sie nur," entgegnetc Regina gleichfalls lachend,ich wollte nur hinsichtlich meiner Klavierübungen Frau Palma sprechen. Hettie sagte mir gestern, mein Klavierspiel störe Ihnen täglich den Morgenschlaf und so ist eS selbstverständlich, daß ich meine Übungsstunde verlegt. ES ist so schade, daß der Flügel unten im Musikzimmer steht; zwischen meinen verschiedenen Lehrstunden fände sich da hier und da freie Zell, die ich zum Üben verwenden könnte, aber dann find die Gesellschafts­

zimmer niemals leer."

Nun, so muß die Unannehmlichkeit eben weiter ertragen werden," sagt« Frau Palma achselzuckend,käme ich nicht so spät in der Nacht mit Olga vog den ver­schiedenen Bällen nach Hause, dann hätte ich gar nicht das Bedürfnis, bis in den Tag hinemzuschlafen. Übrigen« ist'S für den herrlichen Flügel auch kein Vorteil, daß er soviel benutzt wird; ich habe eS Elliot schon mehrmals gesagt aber vergeblich

Ra, Mama, um den Flügel brauchst Du Dir keine Sorge zu machen," rief >lga lustig; ich bin sch überzeugt, baß »S demselben nur angenehm ist, daß er